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man hat offenbar die Gelegenheit benutzt, schlechte Kohlen ab- I zuschieben so ist das Seeamt in Flensburg verpflichtet, von Amts­tvegen die Aften an die Staatsanwaltschaft abzugeben und eine Untersuchung gegen das Kohlensyndikat zu veranlassen, das schamlos genug gewesen ist, für seinen Profit das Leben von Hunderten von Seeleuten aufs schwerste zu gefährden.

Man kann unter diesen Umständen den Vertretern des Kohlen­syndikats zugestehen, daß sie einen gesetzlichen Grund zur Ver­weigerung des Zeugnisses haben; denn nach§ 54 der Strafprozeß ordnung kann man die Aussage verweigern auf Fragen, durch deren Beantwortung man sich strafrechtlicher Verfolgung aussetzt. Diesen berechtigten Grund hat ja freilich der Syndikatsvertreter nicht angegeben, als er sich weigerte, die zwanzig Zechen zu nennen, welche die Kohlen geliefert haben, sondern einen sehr lächerlichen Vorwand. Er scheute sich nicht bei den Haaren die nationalen Interessen" herbeizuziehen: diese erfordern nach der Ansicht des Syndikatsvertreters, daß die ausländische Konkurrenz des Kohlensyndikats von dem verbrecherischen Verfahren bei der Beladung der Kohlendampfer der russischen Ostseeflotte nicht unterrichtet werde. Die Verschweigung der einzelnen Zechen gegenüber der ausländischen Konkurrenz ist um so gleich­gültiger, als das Ausland ja nicht mit diesen Zechen, sondern mit dem Syndikat verkehrt und konkurriert. Aber nicht die Rücksicht auf die Konkurrenz, sondern die Absicht, das freche Attentat des Kohlensynditats auf das Leben deutscher See­Leute zu vertuschen, veranlaßt die Schweigsamkeit des Syn­dikats. Nicht durch ein Zeugniszwangsverfahren vor dem Seeamt, das höchstens 300 Mart Geldstrafe verhängen kann,

sondern durch eine gerichtliche Untersuchung gegen das Syndikat und die schuldigen Zechen muß diese skandalöse Angelegenheit aufgehellt werden.-

Husland. Desterreich- Ungarn .

Ein Manifest der ungarischen Koalition.

Die foalierten Parteien haben ein Manifest erlassen, in dem sie in Erwiderung auf das von dem König vorgelegte Pro­gramm erklären, daß einige Punkte desselben mit der Verfassung

Konstitutionelle und Revolutionäre.

Aus Petersburg wird der Russ. Corresp." geschrieben: In dem Bestreben, eine Vereinigung der gesamten oppositionellen Elemente herbeizuführen, ist hier gerade jeßt eine Liga für das allgemeine Wahlrecht" in das Leben gerufen worden.

hauptung begegnet, daß das Koalitionsrecht beschränkt werden sollte. ( Heiterkeit.) Wohl aber wenden sie sich gegen Agitationen in ihren Betrieben und wahrheitswidrige Behauptungen der Agitatoren. Nach dem Ruhrstreit haben die Unternehmer keinen Arbeiterverein zerstört.( Seiterfeit.) Die bestehende Rechtsordnung enthält keine Anerkennung der Berufsvereine. Im Betrieb muß die autoritäre Das Programm dieser Liga ist das folgende: Stellung des Unternehmers geschützt werden. Die Tarifverträge " Die Liga für das allgemeine Wahlrecht" bezweckt die Ver- sind dadurch von geringem Wert für den Unternehmer, weil die einigung sämtlicher oppositionellen Gruppen, sowohl der organisierten Arbeiterorganisation teine Gewähr dafür übernehmen kann, daß ihm wie der unorganisierten auf folgender Plattform. zu den vereinbarten Säßen Arbeiter zur Verfügung stehen. 1. Die einzige Aufgabe der auf Grund des Gesetzes vont Brentanos Vorschlag fordert als notwendiges Korrelat eine neue 6. August 1905 einzuberufenden Gossudarstwennaja Duma muß Art der Erbuntertänigkeit.( Lebhafter Beifall eines Teils der die Konstituierung einer Volksvertretung auf Grund des all- Versammlung.) gemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts sein, die Zu­erkennung gesetzgeberischer Macht an die Volksvertretung, die Defretierung der Freiheit der Presse, Versammlungen und Vereine, die Unantastbarkeit der Persönlichkeit und die politische Amnestie. 2. Die Bildung der Liga, welche nur ein temporäres Ziel ver­folgt, beseitigt keineswegs die Gruppierung in Parteien und Ver­bände.

3. Als Organe der Liga dienen das Zentralwahlkomitee und die lokalen Wahlfomitees. Das Zentralwahlkomitee besteht aus den Vertretern der Vorstände der Parteien und Verbände. Die lokalen Komitees werden aus den örtlichen Vertretern der von der Liga umfaßten Verbände und Parteien gebildet.

4. Die Kandidaten zur Gossudarstwennaja Duma werden für die verschiedenen Bezirke nach erfolgter Vereinbarung zwischen Lokal- und Zentralfomitee aufgestellt. Für Petersburg bezeichnet jede in die Liga eintretende organisierte Gruppe alle Kandidaten; die endgültige Entscheidung steht dem Zentralfomitee zu."

den gemäßigtsten politischen Elementen unmöglich sein wird. Die Anschauung gewinnt mehr und mehr an Boden, daß es auch mit der jetzigen russischen Regierung an einem friedlichen Ausbau des russischen Staates zu arbeiten. Es mehren sich die Zeichen, daß reaktionäre Rücksichtslosigkeit heute wieder das ausschließliche Programm ist. Flugschriften, Broschüren usw. werden wieder, wie in den schlimmsten Beiten, massenhaft konfisziert. Die Oberpreß verwaltung verhindert nach Möglichkeit jegliche politische Diskussion und man übergibt die Zensur der Blätter Leuten, die als literarische Henkersknechte bekannt sind.

Unterstaatssekretär a. D. Rottenburg- Bonn ironisiert die Harm­losigkeit, welche Leidig zur Schau getragen hat. Die Riesenbetriebe haben eine Aehnlichkeit mit dem Feuer, welches ohne Bezähmung und Bewachung verheerend wirkt. Diese Bewachung lege man in die Hände des Staates.( Beifall.)

Arbeitersekretär Giesberts: Auch der Arbeiter hat ein Interesse an dem Gedeihen des Betriebes, aber er verlangt, daß seine Organi­sation als gleichberechtigter Faktor bei der Vereinbarung des Arbeitsvertrages angesehen werde. Im Gegensatz zu der Be­hauptung Leidigs haben die Unternehmer in vielen Fällen, wie beim bayerischen Metallarbeiterstreik, den Arbeitern das Koalitionsrecht nehmen wollen. Die icht im Bergbau eingeführten Arbeiteraus­schüsse müssen zu paritätischen Bergarbeitskammern entwickelt werden. Giesberts nimmt Brentano gegenüber die Wohlfahrts­einrichtungen der Unternehmer, die zum Teil unsere Sozialgesetz­gebung vorbereitet hätten, in Schuß; richtig sei freilich, daß sie zuweilen die von Brentano geschilderten Wirkungen hätten.

Bergmeister Engel verwahrt sich gegen die Charakteristik der feine Kampfmittel der Arbeitgeber, sondern zum Besten der Arbeiter Arbeitswilligen durch Brentano . Die Wohlfahrtseinrichtungen seien geschaffen. Die deutschen Arbeitgeber entlassen ihre Arbeiter auch bei sinkender Konjunktur nicht.

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nicht übereinstimmen. Namentlich wird von der Erklärung des Die Generalversammlung der Sozial- mediate starbeiterschaft puta unnachgiebigkeit mit

Königs, daß bezüglich der Kommandosprache Konzessionen aus­geschlossen seien und bleiben, gesagt, daß diese Erklärung das Selbstbestimmungsrecht der Nation tatsächlich aufheben oder doch ohne gefeßliche Grundlage verstümmeln würde. Die Blätter be= zeichnen die gestrigen Erklärungen des österreichischen Minister= präsidenten Freiherrn von Gautsch als eine unbefugte Einmischung in innere ungarische Angelegenheiten, welche er, wenn auch mit allerlei Verklausulierungen, zugestanden habe.-

Afien.

Zur Lage in Japan .

Der, Matin" berichtet aus Totio: Der Kaiser beschäftigt sich persönlich mit dem Memorandum, welches ihm unterbreitet worden ist und in dem verlangt wird, daß er die Ratifizierung des Friedensvertrages nicht vornehme. Die Zahl der diesbezüglichen Betitionen beläuft sich auf zirka 100. Die Haupt­führer des Volkes suchen die Ratgeber des Mikado für sich zu ge­winnen, um so eine Ratifizierung des Friedensvertrages zu ver­hindern. Die Zeitung, Asahi" ist nach zweimonatlichem Verbot wieder erschienen. Baron Komura wird nun bestimmt am Mitt­woch die Heimreise antreten.

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Totio, 26. September. Die Anklagen, welche seitens der Russen gegen die Japaner erhoben worden sind, betreffend Mord und Plünderung auf Sachalin werden japanischerseits als bollständig grundlos bezeichnet.

Die Revolution in Rußland.

politiker.

Mannheim , 26. September.

Professor Lujo Brentano faßte seinen gestern sfizzierten Vertrag über Das Arbeitsverhältnis in den Riesenbetrieben" in folgenden Leitsäßen zusammen:

I. Das heutige Arbeitsverhältnis beruht auf einem Vertrage zwischen gleichberechtigten, freien Personen. Doch kennt das Recht nur erst den individuellen noch nicht den kollektiven Arbeitsvertrag. Dieser unfertige Zustand des Rechts ist die Hauptursache der heutigen Arbeitsstreitigkeiten.

II. Das Arbeitsverhältnis in den Riesenbetrieben beruht auf einseitiger Festsetzung der Arbeitsbedingungen durch den Arbeitgeber. Von diesem Standpunkt aus erscheint schon das bestehende Recht als revolutionär, noch revolutionärer das Streben, das Grundprinzip des heutigen Arbeitsvertragsrechts durch Einführung des kollektiven Arbeitsvertrags zur Wahrheit zu machen.

III. Teils aus technischen, teils aus ökonomischen Gründen sind die Arbeitsbedingungen, um deren Festsetzung es sich im kollektiven Arbeitsvertrage handelt, weder individuelle, noch können sie individuelle sein. Bei Ablehnung des kollektiven Arbeitsvertrags ist es daher nicht die Freiheit des Arbeiters, nach seinem besten Er­messen zu handeln, die man wahren möchte, sondern die Freiheit des Arbeitgebers, durch Verhandeln mit einzelnen Arbeitern deren Ge: samtheit seinen Willen aufzuzwingen.

Pfarrer Naumann- Berlin: Solange ein Streit das einzige Ventil ist, kann die Denkweise des Arbeiters nur radikal sein. Hier­mit hängt die wie wir seit Jena sagen müssen dauernde Niederlage des Revisionismus in der Sozialdemokratie zusammen. Die Großindustrie sagt, wir können mit den Arbeitern nicht ver­handeln, weil sie so radikal sind! Der wahre Kausalzusammenhang ist umgekehrt. Der Radikalismus liegt nicht im Naturell der deut­schen Arbeiter, sondern ist das Erzeugnis der wirtschaftlichen Not­Staatserhaltend sind diejenigen welche den Radikalismus durch faltem Bewußtsein stärken.( Bravo !) Die Unternehmer behaupten, deshalb nicht mit der Sozialdemokratie verhandeln zu können, da die Sozialdemokratie die Gesellschaftsordnung umstürzen will. Das aber, was man als Umsturz bezeichnet, ist gerade dasjenige am sozialdemokratischen Programm, was heute durch die kartellierte Großindustrie verwirklicht wird, nämlich die Aufsaugung der Privat­betriebe durch zentrale Leitung der Produktion. Die Kartelle vec­wirklichen den Margismus auf absolutistisch- aristokratische Weise. Der Sozialdemokrat ist für dieselbe Organisation nur in demo­kratischer Gestalt. Daher heute der Kampf, ob die neue Produktion aristokratisch oder demokratisch geleitet werden soll. In diesem Kampfe sind die Arbeitswilligen Hülfskräfte der staats­zerstörenden Mächte. Wir müssen den Arbeitern empfehlen, hineins zugehen in die Organisation.( Lebhafter, anhaltender Beifall.)

Arbeitersekretär Fischer- Treutlingen beklagt es, daß die Fabrik­direktoren oftmals die Bildung von evangelischen Arbeitervereinen verhindern. Selbst der evangelische Pfarrer, der vielfach unter der Botmäßigkeit des Direktors stehe, trete oftmals der Bildung von evangelischen Arbeitervereinen hindernd in den Weg. Man könne sich alsdann nicht wundern, wenn die Arbeiter sagen: Die Kirche ist eine Klaffeninstitution, die im Dienste des Großkapitals stehe. Derartige Vorkommnisse machen es erklärlich, wenn die Sozial­demokratie immer größere Fortschritte mache.

Dr. Tille- St. Johann: Die Tätigkeit der modernen deutschen Riefenbetriebe hat am allermeisten geleistet für die Schaffung deuts scher Arbeitsgelegenheit. Nirgends sind die Arbeitslöhne so hoch, wie in ihnen. Im Saarrevier ist der Durchschnittslohn 1200 M. Unsere Großbetriebe besorgen auch die technische Ausbildung der mehr als Tarifverträge. Niemand wird Mietsverträge unter dem Die gemeinsamen Arbeitsbedingungen eines Riesenbetriebes leisten Bwange eines Schiedsgerichtes schließen.( Lachen.) Würde vielleicht eine der anwesenden Damen damit einverstanden sein, daß sie durch Schiedsspruch gezwungen würde, ein Dienstmädchen zu engagieren. ( Widerspruch und Heiterkeit.) Man schmäht arbeitswillige Arbeiter und preist die Outsider", die nicht ins Kartell gehen.( Widerspruch.) Die Kathedersozialisten treiben zum Sozialismus! Ich vermisse Gründe für Einführung des konstitutionellen Fabrikbetriebs. So lange 195 000 Bergarbeiter kontraktbrüchig werden, so lange fehlt diesen Kreisen die sittliche Reife.( Lebhafter Widerspruch.) Von einer Gleichstellung von Arbeitern und Unternehmern kann über­haupt keine Rede fein.( Vereinzelter Beifall, vielfaches Zischen.)

IV. Nicht anders verhält es sich mit dem Schutz der sogenannten Arbeitswilligen. Diese pflegen entweder fremde Arbeiter zu sein, die meist ohne Kenntnis der Streitfrage während einer Arbeits­Der Moskauer Semstwo- Kongreß. streitigkeit erst herangezogen werden, um die eigenen Arbeiter zum Arbeiter kostenlos; die leistungsfähigsten von ihnen werden gehoben. Moskau , 26. September. ( Petersb. Telegr.- Agentur.) Wohlfahrtseinrichtungen bestimmter Art gefesselt, außerstand gesezt Nachgeben zu nötigen, oder jene Minderheit von Arbeitern, die durch Die heutige Sigung der Vertreter der Semstwos und der sind, von den ihnen von der bestehenden Gesetzgebung eingeräumten Städte befaßte sich ausschließlich mit dem politischen Pro- Rechten Gebrauch zu machen. gramm für den kommenden Wahlfeldzug. Das Programm V. Die Abneigung der Vertreter der Riesenbetriebe gegen den bestimmt, daß die Vertreter der Semstwos und der kollektiven Arbeitsvertrag hat ferner zur Organisation der Haupt­Städte folgendes zu verwirklichen suchen sollen: Die obli- stelle deutscher Arbeitgeberverbände durch den Zentralverband gatorische Gleichheit für Bürger und Vertreter der öffent- deutscher Industrieller geführt. Seitdem ein energisches Auftreten lichen Gewalt, die in gleicher Weise vor den gemeinen Gerichten der Arbeitgeberverbände gegen Tarifverträge und zahlreiche Aus­verantwortlich sein sollen, ferner die Anerkennung der Sperrungen wirklich Arbeitswilliger, weil diese von ihrem Organi­sationsrecht Gebrauch gemacht haben. unbedingten Gleichheit der persönlichen Rechte aller Bürger des Reiches sowie der Gleichheit der Rechte der Bauern mit denen aller anderen Klassen. Andere Programmpuntte sind: Die Befreiung der ländlichen Bevölkerung von der administrativen Bevormundung, die unaufschiebbare Forderung derÜnverlegbarkeit der Person und des Wohnsizes, die Freiheit des Gewissens, der Presse, des Wortes und der Versammlungen, die Abschaffung der Pässe, die Organisation einer Volksvertretung, die an der gesetzgeberischen Gewalt und an der Aufstellung des Staats­budgets beteiligt ist und Kontrolle übt über die Gesetzlichkeit und Richtigkeit der höheren und niederen Verwaltungsakte. Das Programm enthält ferner das Prinzip der Organisation einer universellen russischen Vertretung ohne Klassenunterschied. Die Sigung befaßte sich zum Schlusse mit den Wahlrechten der Frauen, ohne jedoch zu einem endgültigen Ergebnis zu gelangen. Bisher haben sich von 200 Abstimmenden 165 für dieses Programm erklärt.

Bei der weiteren Beratung trat der Semstwo- Kongreß für die völlige Trennung der Justiz von der Verwaltung, für die Unabsetzbarkeit der Richter und die Wiederherstellung des Wahlrichterinstituts ein, ferner für die ausnahmslose An­wendung des Geschworenengerichts, die Abschaffung der Todes­strafe, die Aufhebung der administrativen Bestrafung, des ver­stärkten Schutzes und des Kriegszustandes, sowie für die Er­teilung einer Amnestie für Verurteilte.

Der Antrag, einen Aufruf an die Bevölkerung zu richten, sowie den Frauen das Wahlrecht zu erteilen, wurde abgelehnt.

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Die Bewegung auf den Hochschulen.

Dem Tag" wird aus Petersburg telegraphiert:

VI. Gegenüber solchen Bestrebungen erscheint die gesetzliche An­erkennung der Berufsvereine als unzureichend, um den erwünschten sozialen Frieden zu sichern. Als notwendig erscheint außerdem: 1. Ersetzung der Ausnahmegesetzgebung des§ 153 der Ge­werbe- Ordnung durch die Bestimmungen des deutschen Strafgesetz­buchs über körperlichen Zwang und Drohung.

3. Der Erlaß von kasuistischen, zwingenden Vorschriften, durch welche der Mißbrauch der Wohlfahrtseinrichtungen als Machtmittel ausgeschlossen wird.

4. Die Statuierung eines Zwangs für Arbeitgeber und Ar­beiter mit Vertretern der Organisationen der Gegenpartei über die Arbeitsbedingungen zu verhandeln.

Max Weber - Heidelberg : Der Kontrattbruch der 195 000 Arbeiter fei allerdings eine auffallende Erscheinung, noch auffallender aber die Sympathie der ganzen Oeffentlichkeit ohne Unterschied der Parteien für die Arbeiter. Für Dr. Tille sei jezt auch der Reichs­2. Gesetzlicher Schutz des Sich- Koalierens, nicht nur des Sich- fanzler nicht mehr verkehrsfähig. Mich interessiert an den Groß­nicht- Koalierens. betrieben vor allem die Frage: Was wird charakterologisch aus den Menschen, die in diese Bedingungen. hineingestellt sind, mit denen wir uns heute beschäftigt haben? In den Blättern des Saarreviers erschienen zur Zeit der Reichstagswahlen Annoncen, in welchen Arbeiter versichern, daß sie nicht für eine bestimmte Partei gestimmt haben. Kanaillen! sage ich. Aber wer erzieht diese Kanaillen? Das System, das Tille vertritt. Ich kenne die Stickluft, welche im Saar­revier herrscht, aus eigener Erfahrung. Alles zittert vor der Groß­industrie. Die einzige Macht, die ihr entgegensteht, ist die katholische Kirche nicht der preußische Staat. Unsere Unternehmer kommen vielfach über den spießbürgerlichen Herrenkibel nicht hinweg. Der Redner erörtert dann den gegenwärtigen Rechtszustand, nach welchem der Arbeiter bestraft wird, wenn er einem Arbeitswilligen sagt: " Meine Minna tanzt nicht mehr mit Dir!" Das ist glatt und einfach eine Schande! Das Recht auf Feigheit wird geschützt. An dem Fortbestehen der Gewerkschaften haben wir ein starkes Inter­esse; denn sie sind innerhalb der Sozialdemokratie, mit der wir auf Generationen hinaus zu rechnen haben, und für deren Forteristenz der tägliche Kleinkrieg mit dem preußischen Staate sorgt, die ein­zigen, welche sich nicht ducken vor den Parteipfründnern, bei denen, wie jeder Parteitag mehr zeigt, jeder Idealismus ertrunken und begraben ist.( Lebhafter Beifall.)

5. Zur Durchführung des Verhandlungszwangs die Be­stimmung, daß Staatsaufträge und Arbeiten anderer öffentlicher Korporationen nur an Unternehmer vergeben werden dürfen, die sich verpflichten, alle Arbeitsstreitigkeiten in ihren Betrieben vor Einigungsamt und Schiedsgericht zum Austrag zu bringen und, die keinerlei Verbindung angehören, welche das Verhandeln mit Arbeitervertretern verweigert.

6. Zu dem gleichen Zweck muß für jedes Gewerbe eine Organi­sation der Arbeiter geschaffen werden, die unter Wahrung des Fortbestands der bestehenden Berufsvereine sämtliche Arbeiter des betreffenden Gewerbes umfaßt.

7. Die frei gewählten Vertreter beider Parteien, als welche auch Personen, die weder als Arbeitgeber, noch als Arbeiter dem Gewerbe angehören, gewählt werden können, haben unter Vorsiz eines Unparteiischen alle Streitfragen über abzuschließende Ar­beitsverträge zu regeln. Als Unparteiischer hat, wo eine Wahl des letzteren durch die Parteien selbst nicht zustande kommt, der Vorsitzende des Gewerbegerichts des Bezirks zu fungieren.

8. Was im follektiven Arbeitsvertrage vereinbart wird, muß für alle an dem betreffenden Gewerbe Beteiligten die gleiche recht­liche Gültigkeit haben wie die Bedingungen des individuellen Ar­beitsvertrags.

Assessor Oppenheimer( Ludwigshafen ): Grzellenz v. Rotten­ burg habe angeführt, die Anilinfabrik von Bayer in Elberfeld habe Arbeiter entlassen, weil sie einem Berufsverein angehörten. Er habe deshalb telephonische Erkundigungen eingezogen. Es sei ihm von der Firma Bayer mitgeteilt worden: es seien nur diejenigen Ar­beiter entlassen worden, die der sozialdemokratischen oder Hirsch­Dunder'schen Gewerkschaft angehörten.( Rufe: Nur!). Erzellenz v. Rottenburg sagte aber: es feien alle Arbeiter entlassen worden, die einer Organisation angehörten.

Der Unterricht an den russischen Hochschulen hat immer noch nicht wieder begonnen. Ueberall werden große Studentenmeetings Aus der Debatte, die dem sozialreformerisch vorgeschrittenen abgehalten. An der hiesigen Universität fand eine Studenten- Ver­sammlung statt, an der 2000 Studenten teilnahmen. Mit 1700 Stimmen Vortrag Brentanos folgte und die wir auch gestern bereits stizziert haben, seien nach einem Bericht der" Frankf. 3tg." noch folgende Regierungsrat a. D. Dr. Leydig( Berlin ): Er müsse wieder= wurde folgende Resolution beschlossen: 1. Die Verkündung Einzelheiten wiedergegeben: holt aussprechen, wenn das, was ein großer Teil der Redner ver­neuer Studentenstreits soll bis zu dem Zeitpunkt aufgeschoben Regierungsrat a. D. Dr. Leidig vom Zentralverband deutscher langte, zur Ausführung komme, dann gelange man mit beiden Füßen werden, der aus Erwägungen revolutionärer Taktik dazu geeignet Industriellen bezeichnete die Aussperrungen als Abwehrmaßregeln in den sozialdemokratischen Zukunftsstaat.( Beifall und Wider­erscheinen wird; 2. ausschließlich in diesem Sinne soll die Universität der Industriellen gegen die neuere Taktik der Gewerkschaften, welche spruch.) Brentano polemisiert sehr scharf gegen Tille. wieder eröffnet werden, also namentlich um die Entfaltung der sie durch Einzelstreiks mürbe machen wollen. Das Arbeitsverhältnis Professor v. Philippovich - Wien als Vorsitzender gibt einen kurzen großen vorbereitenden Arbeit für den heraunahenden entscheidenden ist allerdings eine private Angelegenheit des einzelnen Unter­Kampf innerhalb wie außerhalb der Universität zu ermöglichen; nehmers und des einzelnen Arbeiters. Die Gewerkschaften sind Ueberblick über die Diskussion. Es gab früher zwei Wege für die 3. alle Mittel zur Verstärkung der revolutionären Taktik der nur ein kleiner Teil der gesamten Arbeiterschaft und haben des Unternehmer, sich zu ruinieren: nicht zu verstehen, wie man pro­Studentenschaft sollen angewendet werden, insbesondere sollen halb keinen Anspruch für die große Mehrheit derer, die fich duziert, und nicht zu verstehen, wie man Produkte absetzt. Es gibt nicht organisieren wollen, Bestimmungen zu treffen. Sie stehen heute noch einen dritten: nicht zu verstehen, wie man mit Menschen allgemeine Volksmeetings veranstaltet sowie die Organisation einer zudem im engen Zusammenhang mit politischen Parteien, namentlich umgeht. Der Vorsitzende wendet sich auch gegen den engherzigen akademischen Legion in Angriff genommen werden, als eines Truppen- der auf Umwälzung der bestehenden Wirtschaftsordnung abzielenden Geist, in dem heute das geltende Recht von den Richtern ausgelegt teils, der sich an die Armee anschließt, die für Voltsfreiheit und Be- Sozialdemokratie, wie namentlich der Parteitag in Jena wieder wird.( Lebhafter Beifall.) freiung der Arbeiterklasse kämpft. bewiesen hat. In den Arbeitgeberkreisen ist mir niemals die Be­

Die Verhandlungen wurden auf Mittwoch vertagt.