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Redaktion und Expedition: Berlin , Cindenltr. 69. fernlprccDer: Amt IT, 198}. 1 Nr. 233. Donnerstag, den 5. Oktober 1905.! gerate semsaeipaiten» Monyu 20 pia. 1 a(Bei arSBeren Auftragen enttprectjcnden Rabatt. Der Anschlag ans die Fahrkarten- Berkänferin Fräulein Effenberg kam gestern zur Verhandlung vor dem Schwurgericht des Landgerichts II. Den Vorsitz führt Landgerichts- direktor Pusch. die Anklage vertritt Staatsanwalt Schmidt, die Verteidigung führen die Rechtsanwälte Dr. Karl Löwenthal und Dr. Wenhauer. Es sind etwa 40 Zeugen geladen. Der Sach- verständige, Gerichtschemiker Dr. Jeserich, hat angezeigt, daß er noch bei einem auswärtigen Schwurgericht unabkömmlich ist und vor Donnerstag an hiesiger Gerichtsstelle nicht erscheinen kann. Der Vor- sitzende wird sich wegen der möglichst frühzeitigen Entlassnng des Dr. Jeserich telegraphisch mit dem dortigen Schwurgerichts- Vorsitzenden in Verbindung setzen. Als Sachverständiger ist Professor Dr. Lassar anwesend. Die auf versuchten Mord und versuchten schweren Raub lautende Anklage richtet sich gegen den 27 Jahre alten, noch unverheirateten Bauarbeiter Karl Schönborn, der einmal mit einer kleinen Geldstrafe von 3 Vtark wegen Körperverletzung vor- bestraft ist. Der Ueberfall auf die Fahrkartenverkäuferin ereignete sich in der Nacht des 2S. Februar auf der Fahrkarteuverkaufsstelle am Zoologi- schen Garten. Die Tat wird dem Angeklagten zur Last gelegt. Dieser bestreitet auf das entschiedenste, der Tater zu sein. Die am Tatorte gefundene Mütze sei nicht sein Eigentum. Er gibt genaue Daten über seinen Verbleib am Abend deS 25. Februar. Den verschiedenen Einwürfe», die der Vorsitzende auf Grund der Bekundungen mehrerer Zeugen in der Voruntersuchung gegen die Angaben des Angeklagten über seinen Aufenthalt am 25. Februar abends und die Vorgänge an den darauf folgenden Tagen macht. begegnet der Angeklagte wiederholt mit einem solchen Wortschwall und solcher Dretstigkeit, daß der Vorfitzende ihn wiederholt sehr energisch in seilte Schranken zurückweisen und ihn dringend auf- fordern mußte, sich aitständig vor Gericht zu benehmen. Er scheine zu glauben, daß er hier die Verhandlungen zu leiten habe, und ver- teste wohl ganz, daß er Untersuchungsgefangener sei, gegen den mit )isziplinaritrafen vorgegangen werden könne. Die erste Zeugin ist die Ueberfallene, Fräulein Hedwig Effenberg. Die jetzt 22 Jahre alte Zeugin gerät beim Betreten des Saales und beim Anblick des Angeklagten in eine hochgradige Erregung, die sich durch lautes Schluchzeil kundgibt. Sie bekundet auf Befragen des Vorsitzenden, daß sie im Dezember v. I. bei der Hochbahn an- gestellt worden sei; sie habe erst im Bureau gearbeitet, und da sie eine gute Rechnerin sei, sei sie mit dem Schalterdienst auf der ver- iehrsreichen Station Zoologischer Garten betraut worden. Infolge des UeberfolleS und der Beschädigung ihrer Gesundheit sei sie jetzt existenzloS, denit sie sei auS dem Dienste der Hochbahn entlassen worden. Als sie am 25. Februar nachts kurz vor 2 Uhr mit dem Kastemacheit und dem Einbeuteln des Geldes beschäftigt gewesen, klopfte es plötzlich an die Tür und eine Stimme rief:.Mache» Sie doch mal aus?" Sie glaubte, daß es der Aufsichtsbcamte sei, als sie aber die Tür öffnete, stand nicht dieser vor ihr, sondeni ein Mann in der Uniform eines Hochbahn- schaffners, der in den kleinen Raum trat und sagte:Ach, ich habe ja so starke Zahnschmerzen. Haben Sie nicht ein bißchen Watte da?" Sie antwortete:.Ja, gewiß I" Sie ging an ihr Täschchen und »ahm dort etwas Watte heraus. Plötzlich erhielt sie einen heftigen Schlag auf den Kopf, sie weiß nur, daß ihr die Sinne schwanden. Als sie wieder aufsehen konnte, sah sie den Menschen; sie schrie wieder laut und der Mensch lief eiligst zur Tür hinaus. Auf Anordnung des Vorsitzenden muß der Angeklagte aus dem Anklageraum heraustreten, sich den Uuiformmantel anziehen und die Dienstmütze aufsetzen und an die Zeugin herantreten. Er tut dies in sehr dreister Weise und sagt zu der Zeugin:.Nun bitte, Fräu- lein, sehen Sie mich recht genau an!" Weitere, recht dreiste Rede Wendungen deS Angeklagten unterbricht die Zeugin plötzlich mit den, krampfhaften Aufschrei: Ja. Sie find's l" Der AngeNagte sucht sie mit einem großen Wortschwall davon zu überzeugen, daß sie sich entschieden irren müsse. Fraulein, wie können Sie denn so was sagen? Sehen Sie mich hübsch anl Woran wollen Sie mich denn erkennen? Zeugin(erregt): Sie sind'sl Ich erkenne Sie an dem großen Schnurrbart und den Augen! Angekl. ldreist): Ach so. also jeder, der einen großen Schnurr- bart hat, ist verdächtig! Der Angeklagte war dabei so dicht an die Zeugin herangetreten, daß der Vorsitzende den anwesenden Schutzmann beorderte, sich dicht neben den Angeklagten zu stellen. Gegen die Zuverlässigkeit der Rekognoszierung des Angeklagten durch die Zeugin erhebt Rechts- anwalt Löwenthal verschiedene Einwendungen, indem er auf deren Erregung, die mangelhafte Beleuchtung:c. hinweist und daraus aufmerksam macht, daß die Zeugin bei den früheren Gegenüber stellungen immer gesagt habe, sie könne den Angeklagten mit Bestimmtheit nicht erkennen, wenn es ihr auch so sei, als ob er es sein könnte. Es werden die betreffenden Protokollierungen bekannt- gegeben. Der Staatsanwalt stellt fest, daß die Zeugin m der Nacht, als um dieselbe Stunde, zu welcher der Ueberfall geschehen, ein Lokaltermin an Ort und Stelle stattfand, bei der Vorführung des Angeklagten gesagt hat: sie könnte es fast beschwören, daß es der Täler ist I Jetzt ist die Zeugin der Ansicht, daß sie im Innern daö Gefühl habe, daß es der Angeklagte ist. Frau Effenberg, die Mutter der Neberfalleuen, kann nur sagen, daß ihre Tockster, als sie nach dem Ueberfall nach Hause gebracht wurde, sagte: sie würde den Täter nicht bestimmt erkennen können. Ihre Tochter sei nach dem Ueberfall sehr nervös geworden, sie sei sehr aufgeregt, schreie bei Aufregungen plötzlich auf, falle auch manchmal um. Auf eine Frage des Rechtsanwalts Löwen- thal bestätigt die Zeugin, daß ihre Tochter von der Direktion der Hochbahn entlasten worden sei, keine Rente von dieser erhalte und Enischädigungsansprüche gegen sie zu haben glaube. Bei Frau H o w e d e I hat der Angeklagte ebenso wie noch zwei andere Schlafburschen gewohnt. Anfang Februar wollte er rücken. sie inhibierte jedoch seinen Wegzug, indem sie mit Erfolg die Jnne- Haltung eine» Kündigungstermins geltend machte. Als sie von dem Ueberfall in der Zeitung gelesen, habe sie nach der Personalbeschrei- bung des Täters, ebenso wie ihr« Tochter, das Gefühl gehabt, daß am Ende Schönborn gewesen sein könnte. Dieser ist an demjiuf den 25. Februar folgenden Sonntag von ihr weggezogen. Am Tage darauf, also drei Tage später, sei die Polizei in ihre Wohnung ae- lommcn und habe sich nach Schönborn erkundigt. Da habe sie si l auf Befragen genau erinnert, daß Schönberg in der kritischen Freitag- I Nacht erst nach 2 Uhr nach Hause gekommen sei. Es sei nicht wahr. i daß er schon um 1 Uhr zu Hause war. Seitdem bei ihr ein Ein- 'wuchsdiebstahl vorgekommen, handhabe sie die Sache so, daß, wenn die Schlafburschen später ausbleiben, sie den Schlüstel von innen in der Küchentür stecken lasse. Die Schlafburschen müssen dann. wenn sie heimkehren, durch die Küche durch und sie müsse ihnen die Tür öffnen. In der Freitag-Nacht sei sie aufgewacht und habe sich gewundert, daß Schönborn noch nicht zu Hause sei. Sie habe ein Streichholz angezündet und durch einen Blick auf die Weckeruhr sich überzeugt, daß es schon 2 Uhr war. Erst nach einiger Zeit sei Schönborn nach Hause gekommen und sie habe ihm im Dunklen die Küchentür geöffnet. Ob er eine Mütze oder einen Hut aufgehabt, oder im bloßen Kopf gekommen, könne sie nicht sagen. Sie weiß auch nicht, wann der Angeklagte seine Uniform zu seinem Bruder geschafft hat. Ein Beil hat sie nie in seinem Besitze gesehen. Die Zeugin bleibt trotz mehrfacher Vorhaltungen dabei, daß sie sich in der Zeit nicht täusche. Rechtsanwalt Dr. Werthauer hält es für auffällig, daß eine Frau, die drei Schlafburschen beherberge, die doch ziemlich unregel- mäßig nach Hause kommen, sich so genau erinnern wolle, wenn einer von diesen drei Tage vorher nach Hause gekommen sei. Wenn eine aus dem Schlafe erwachende Frau bei dem Lichte eines Streichholzes einen Mick auf eine kleine Weckeruhr werfe, so sei es doch auch leicht möglich, daß sie die Zahl eins für eine Zwei ansehe. Auf Antrag des Verteidigers wird die Frau beauftragt, diese Weckeruhr an Gerichtsstelle zu schaffen. Während der Aussagen dieser Zeugin schlägt der Angeklagte erregt und kopfschüttelnd mit der Hand auf die Schranke. Präs.: Sie regen sich ja merkwürdig auf! Wenn Sie sich unschuldig fühlen, brauchen Sie sich doch nicht so aufzuregen. Angekl.: Da soll man sich nicht aufregen, wenn einem vielleicht zehn Jahre Zuchthaus drohen und man hat nichts gemacht! Der Zeuge Gastwirt S ch i e p e r weiß, daß an dem fraglichen Abend Schönborn mit zwei anderen Arbeitern in sein Lokal ge- kommen sei und dort bis etwa 10 Minuten nach 11 Uhr sich auf- gehalten habe. Er hat mehrere Male den Besuch des Schönborn erhalten und bekundet, daß nach seiner Meinung dieser zwei Mützen besesten habe, von denen die eine mit Kalk bespritzt und die andere noch neuer war. Ob er an dem kritischen Abend eine Mütze oder einen Hut getragen, weiß der Zeuge nicht, behauptet dagegen be- stimmt, daß Schönborn ein größeres Paket bei sich gehabt habe. Große und Manilowski haben von einem solchen Paket nichts gesehen. Das Paket soll übrigens, wie Zeuge Sch. auf Befragen bekundet, kleiner gewesen sein, wie der zusammengelegte Dienstmantcl des Angeklagten. Der Angeklagte bestreitet entschieden, ein Paket bei sich gehabt, oder gar, wie der Zeuge Sch. behauptet, mit diesem über das Paket gesprochen zu haben. Zeugin Pochnow, die Braut des Angeklagten, war früher Dienstmädchen bei einem Rentier Schulz. Sie hat öfter den Besuch des Angeklagten erhalten. Das auf dem Gerichtstische liegende Beil kennt sie nicht. Den Angeklagten habe sie seit seinem Ausscheiden aus dem Dienst am 1. Februar nie mehr in Uniform'gesehen, von seinem Mantel wisse sie nichts, ein Paket habe er nie zu ihr mit- gebracht. Weitere Erörterungen mit anderen Zeugen drehen sich um die Frage, ob vielleicht das Motiv zu dem Raubmordversuch darin zu finden sei. daß der Angeklagte befürchten muhte, von seinem Schuld- ner, dem er seine Spargelder geborgt, nicht die 600 M. zu erhalten, die er von diesem zum Zwecke der Heirat zurückverlangt hatte. Dem Angeklagten kann nicht widerlegt werden, daß er die Hoffnung haben konnte, das Geld von dem Schuldner zurück zu erhalten. Ein als Sachverständiger herbeigeholter Kürschner aus der Kruppstraße stellt durch Messungen fest, daß wohl die Mütze, die in der Baubude beschlagnahmt wurde, dem Angeklagten passe, aber die am Tatort zurückgelassene Mütze ihm zu klein sei. (Die Anklage nimmt nicht an, daß der Angeklagte diese letztere Mütze sich angeschafft habe, um sie zu tragen, sondern, daß er sie sich zu dem verbrecherischen Zweck verschafft habe.) Frau H o w e d e l stellt nunmehr ihre herbeigeholten beiden Weckeruhren, an deren Zuverlässigkeit, Gangart usw. die Verteidiger verschiedene Betrachtungen knüpfen, aus den Gerichtstisch nieder. Große Heiterkeit erregt es. als in demselben Augenblick der Wecker der einen Uhr laut zu tönen beginnt. Frau H. soll zum Schluß der heutigen Sitzung beide Uhren genau gleich stellen und an Ge- richtsstellc belassen, und dann soll morgen festgestellt werden, ob sich Differenzen zeigen. Architekt S ch ö n b o r n, ein entfernter Verwandter des Ange-> klagten, hat seinerzeit, als er die Geschichte von dem Ueberfall und die Personalbeschreibung des Täters las, an den Angeklagten gedacht und vermutet, daß dieser auch vernommen werden würde. Er schilderte den Angeklagten als einen fleißigen und sparsamen Menschen, der zu der kritischen Zeit bei ihm noch etwa 300 M. gut stehen hatte und auch von seinem(des Angeklagten) Bruder das nötige Geld zum Anschaffen der Hochzeitsmöbel bekommen haben würde. Zeuge P r e u ß. der Halbbruder des Angeklagten: Der Mantel des Angeklagten sei seit Anfang Februar dauernd in seiner(des Zeugen) Behausung gewesen. Es sei ganz ausgeschlossen, daß er ohne sein Wissen während der Nacht einmal herausgenommen sein könnte. Kriminalinspektor K r a u se hat die»n der Mutze vorgefundenen Haare sorgfältig oerpackt und an die Staatsanwaltschaft eingesandt. Tie Recherchen haben sich speziell auch auf einen Mann namens Kühn erstreckt, von dem der Angeklagte behauptet hatte, daß me Personalbeschreibung auf diesen Paste. Es habe sich jedoey ergeben. daß nach der Meinung der Beamten, die mit dieser Recherche wnter betraut wurden, dieser Kühn gar nicht m Frage kommen könne. ES folgen noch mehrere Zeugen ohne wesentliches Interesse. Einige bekunden, daß der Angeklagte bei der Arbeit nur e.ne MüA gehabt und beim Nachhausegehen stets einen Hut ausgesetzt habe Alsdann wird die Sitzung auf Donnerstag SM Uhr vertagt, partd-Hngclegcnbciten. Groß Lichterfelde - Steglitz - Friedenau . Donnerstag, abends 8 Uhr, findet im B i r ke n w ä l d ch e n. Schützenstrabe, Steglitz , eine öffentliche Versammlung statt. Tagesordnung: Bericht vom Parteitag. Die Genosten der genannten Orte werden ersucht, zahlreich zu erscheinen. Mittenwalde . Sonntag, nachmittags 4 Uhr, findet bei E. Schmidt zu Mitteuwalde eine öffentliche Versammlung für Männer und Frauen statt; wir bitten die Parteigenossen, zu dieser Versammlung auch ihre Frauen mitzubringen, denn die letzte Versammlung wurde gerade wegen der Frauen aufgelöst. Boxhagcn.RummclSburg. Heute(Donnerstag) abends S Uhr im Lokale der Witwe Weigel, Tiirrschmidtstr. 43: Volksversammlung. Tagesordnung: Der Kampf in der Elektrizitätsindustrie. Um zahl- reiches Erscheinen ersucht Das GelverkschastSkartell. Vorort- l�acdricbten. Charlottenburg . Tie Kreisversammlung für den Reichstagswahlkreis Teltow- BceSlow-Storkow-Charlottenburg, die sich mit der Berichterstattung vom Parteitage beschäftigte, fand am Dienstag in Charlottenburg im dortigenPolkshause" statt. Genosse G r u h l-Nowawes als erster Berichterstatter referierte im besonderen sehr ausführlich über die Verhandlungen, die sich auf das Organisationsstatut beziehen. Es entspricht nach seiner Annahme in der Hauptsache den von unserem Kreise gefaßten Beschlüste, namentlich die viel umstrittene Frage, den Ausschluß eines Genossen aus der Partei betreffend, sei jetzt in zufriedenstellender Weise geregelt. Der zweite Dele­gierte, Genosse Boxheimer- Groß-Lichterfeldc, berichtet über die Verhandlungen in dem Streit zwischenLeipziger Volkszeitung" und Vorwärts". Prinzipielle Verstöße gegen die Grundanschauungen der Partei seien von keiner Seite gemacht. Der Redner ist der Meinung, daß Stretigkeiten trotz der gefaßten Beschlüste in Jena in dieser Hinsicht auch nicht verschwinden werden; nur möge man nicht immer eine so große Empfindlichkeit an den Tag legen. In bezug auf die Frage der Maifeier und die des politischen Massen- streiks ist der Redner der Ansicht, daß die Gewerkschaftsmitglieder einen Teil ihrer Führer zu anderer Ucberzeugung zu bringen haben. Genosse B ö s k e» Ripdorf als dritter Delegierter hob zunächst den Punkt aus der Rede des Genossen Mollenbuhr hervor, der sich mit der Referentenfrage befaßte. Man solle nicht immer »große" Redner bevorzugen, um volle Säle zu bekommen, sondern junge Kräfte ausbilden. Die Maifeier habe durch die Rede des Ge- nassen Fischer genügende Würdigung auf dem Parteitage erhalten. Die einzelnen Gewerkschaftsmitglieder denken ja auch ganz anders wie verschiedene Führer der Gewerkschaften, das haben zur Genüge die Debatten, die sich an den Kölner Gewerkschaftskongreß an- schlössen, bewiesen. Bei der Frage des politischen Massenstreiks sei der Standpunkt von Bernstein und Friedeberg genügend kritisiert worden. Die Delegierte der Frauen des Kreises, Frau Jäger- Rixdorf, verbreitete sich über die Frage der Jugendorgani- sati on und trat für Verbreitung derGleichheit", sowie �ür eine intensive Agitation unter den Frauen ein. In der Diskusston trat zunächst Genosse Fenske für denParlamentarismus" ein und kritisierte das Bestreben der lokalen Gewerkschaften, die nur Un- einigkcit in die Masten einführen. Die Leute, die sich jetzt um Friede» berg schaaren. werden das Schiff auf den Grund bringen. Genosse F l c m m i n g ist unbedingt dafür, daß jetzt die Einigkeit zwischen Partei und Gewerkschaft überall geschaffen werde. Genosse Schmidt bedauert, daß die proportionelle Vertretung der Wahl- kreise auf den Parteitagen nicht in das Organisationsstatut aufge- nommen sei. Bei dem jetzigen Beschluß haben Wahlkreise mit noch nicht 500 Wählern ebensoviel zu sagen, wie die Berliner und andere große Wahlkreise. Die Regelung der Maifrage sei nur zu begrüßen. Auch mit der Aufklärung der Frauen, die naturnotwcndigcrweise mit der Aufklärung der Kinder zusammenhängt, müssen sich die Ge- nosscn mehr befassen. Genosse Schiffer meint, daß man dem Genossen Friedeberg Dank schuldig sei, denn ohne seine Agitation für den Generalstreik wäre die Frage des politischen Mastenstreiks nicht in Jena verhandelt worden, Friedeberg suche nicht den Parla» mentarismus zu beseitigen, sondern er wolle nur dessen Schäden heilen. Schiffer bekennt sich als Lokalorganisierter und beklagt leb- Haft, daß man seinen Freunden die Parteiehre nehmen Ivolle. Genosse Habicht ivendet sich gegen den Vorredner. Dieser bc- urteile die Verhältnisse in den zentralorganisierten Gelverkschaften ganz falsch, eine Versumpfung sei nicht vorhanden. Man solle nicht unnütz übertreiben. Wir mühten jetzt mehr für die Durchbildung der Masten sorgen, deshalb sei der Beschlutz mit Freuden zu konstatieren, daß dieNeue Zeit" an die leitenden Genossen zu billigcrem Preise abgegeben werden soll. Genosse G r u h l erklärt mit Genugtuung, daß sämtliche Redner sich mit den Beschlüssen von Jena einverstanden erklärt haben und verbreitet sich zum Schluß noch über die pro- portionelle Vertretung auf den Parteitagen, wie sie Genosse Schmidt wünschte. Der weitere Tagesordnungspunkt:Wahl einer Delc- gierten zur Brandenburger Provinzialkonferenz" wird dadurch er- ledigt. daß Frau Bäumler- Schönebcrg als solche ohne Wider- spruch gewählt wurde. Frau Thiel- Tempelhof als weibliche Bertraueusperson des Kreises teilte mit, daß am Mittwoch, den 11. Oktober in Charlottcnburg eine öffentliche Frauen ver- s a m m l u n g zwecks Gründung eines Frauen- und Mädchen- BildungsveremS für Charlottcnburg, stattfindet. Der Vorsitzende, Genosse Paul Hirsch , berichtete ferner, daß am Sonntag, den 3. d. M. in Berlin nebst Bororten eine Flugblattverbrei. t u n g als Protest gegen den Fleischwucher erfogt; er ersuchte um zahlreiche Beteiligung. Ferner weist er auf die Parteitagsprotokolle hin, die jedenfalls an den nächsten Zahilabenlen schon verausgabt werden und zum Preise von 10 Pf. für Wahlvereinsmitglieder zu haben sind. Auch sollen die Genossen den Ausgesperrten der Elektro- Industrie ihre volle Sympathie entgegenbringen und sie nach Kräften unterstützen. Mit einem dreifachen Hoch auf die Partei endete die Versammlung. Schmargendorf . Dir Gemeindcvertretnnz im B»r»rt Schmargendorf hat die An- stellung eine« Gemeinde- und AmtSbanmeisterS mit einem Anfangs- gehalt von 4500 M. beschlossen. Für den Posten ist der bisherige technische Beirat Regierungsbaumeister Schulz ausersehen. Die Ge- meinde beabsichtigt auch, elektrische Dtraßenbeleuchtunz einzuführen. zu welchem Zweck ein Berttag mit dem Elektrizitätswerk Süd-West abgeschlossen werden soll. Friedrichsfelde . Mit Lysol vergiftet hat sich der Saitlenneister K. Habermann in der Berlin «rstt.'55 zu Friedrichsfelde . Habermann ist eiu beliebter und geachteter Mann und scheint die Tat in einem Anfalle von geistiger Störung vollbracht zu haben. Er war Mitglied der frei«