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eigenen Personale zu enlnehmen, für unklar; kann aber die Auffassung des Klagestellers nicht teilen, daß außer Leuten des eigenen Personals noch fremde Kräfte herangezogen werden. Das Schiedsgericht hält es deshalb im Sinne der Kommen- tierung des§ 34 für richtig, die Einstellung des Maschinensetzers Hermann rückgängig zu machen. Das Schiedsgericht Karlsruhe hält ein Niederlegen der Arbeit ohne Anrufung des Schiedsgerichts für tarifwidrig und erblickt in dieser Vertragsverletzung eine Schädigung der guten und wünschenswerten gegenseitigen Beziehungen zwischen der hiesigen Gehülfenschaft und der Prinzipalität. Es ist deshalb die Arbeit am Dienstag früh vom gesamten Personale wieder aufzunehmen. Das Tarifschiedsgericht irrt übrigens: Die Fassung des§ 34 ist nicht unklar. Sie gestattet ohne Zweifel auch die Einstellung eines perfekten Setzers, der nicht dem bisherigen Personal angehört. Aber wir sind allerdings der Meinung, daß Parteigeschäfte in ihrem Entgegenkommen über das hinauszugehen haben, was die Gehülfen- schaft in ganz strenger Auslegung des Tarifes von bürgerlichen Geschäften zu fordern berechtigt wäre. Freilich darf dadurch die Existenz und die Konkurrenzfähigkeit der Parteigeschäfte nicht in Frage gestellt werden. Die Arbeitsniederlegung der Buchdrucker allerdings war in diesem Falle um so unberechtigter, als sie auf einen, selbst nach Meinung des Tarifschiedsgerichts unklaren, d. h. auslegungsfähigen Paragraphen pochten und außerdem die selbst geschaffenen Tarifinstanzcn umgingen. TIiis der fraucnbewecfuncf. II. Generalversammlung des Verbandes fortschrittlicher Frauenvcreine.*) D. H. D. Die zweite öffentliche Abendversammlung fand vor dichtgcfülltem Saale statt. Doch wurden alle diejenigen gründlich enttäuscht, die etwa infolge des Themas besonders interessante Aus- führungen erwartet hatten. Dr. Hanns Dorn- München sprach überReform der deutschen Strafgesetzgcbnng vom Standpunkte der geschlechtlichen Sittlichkeit". Seine rechtsphilosophischen Ausführungen leitete er mit einigen weit ausholenden Betrachtungen über ethische Auffassung der geschlechtlichen Verhältnisse ein. Das Recht baut sich auf auf der Kuliur, es wurzele in den vernünftig gewesenen Be- dingungen einer vergangenen Periode und bereitet den Boden für neue Rechtsanlchauungen vor. Alles Recht erscheint aufS engste verknüpft mit dem sittlichen Recht aller Völker, in ganz besonderem Maße das Strafrecht und darin vor allem jene Gruppen von Rechtssätzen, die von den Erscheinungen aus der geschlechtlichen Sphäre der Menschen handeln. Für die Entfaltung des Menschen zu einer vollen sittlichen Persönlichkeit erlangt kaum eine andere Zone des Lebens eine so tiefe Bedeutung wie die kvrperlich-seelische Anziehung zwischen Mann und Weib. Darum gehört es auch zu den Lebens- fragen eines Volkes, welche Stellung die staatliche Macht als Trägerin der Staatsgewalt zu den Erscheinungen und Problemen des geschlechtlich-sittlichen Lebens einnimmt. Das geschlechtliche Leben des Menschen darf nicht hemmend oder zerstörend der allgemeinen Entwicklung seiner sittlichen Persönlichkeit entgegentreten, sondern soll eine Kraft sein im Dienste der Entwickelung der Individualität. Ueber den Weg zu diesem Ziel aber tobt ein heißer Kampf der Weltanschauungen und Moralsysteme, hier steht der blind über- zeugte Monogamist dem gegenüber, für den auch die Monogamie noch ein Problem ist. Das Strafrecht macht sich zur Aufgabe, für den einzelnen wie für die Gesamtheit alle Hemmungen und Störungen zu beseitigen, die durch einen dritten auf dem Wege zur sittlichen Vollkommenheit hervorgerufen werden; jedoch ist dies nicht absolut in allen Fällen möglich. Die erste Voraussetzung für die Stawierung eines strafrechtlichen Schutzes wird stets die Durch- führbarkeit des Schutzes sein, ferner die Schutzwürdig- k e i t und Schutzbedürftigkeit. Und, wie Seuffert sagt: .Der deutsche Strafgesetzgeber wird nicht auf neue Straftaten Bedacht zu nehmen, sondern eine Vermmdernng der bestehenden zu erwägen haben." Das Problem des Zweckes der Strafe steht im Mittelpunkte des heutigen Streites der Straftheorie. Die Strafe darf nicht verhängt werden, um Vergeltung zu üben, sondern, damit Staat und Gesellschaft sich des Genusses der menschlichen Lebensgüter in Sicherheit freuen könne». Sie hat den Zweck, künftige verbrecherische Angriffe zu verhüten, in ihrer Zahl zu der- mindern. Da jedoch das Strafrccht äußerlicher formaler Kriterien für die Behandlung eines Falles bedarf, für die Erscheinungen des geschlechtlichen Lebens aber gerade die inneren, oft schwer oder gar nicht erkennbaren Tatsachen unterscheiden, so erwächst hier in besonderem Maße die Gefahr einer ungerechten De- strafung im absoluten und relativen Sinne. Jedes Strafgesetz, das die geschlechtliche Lebenssphäre betritt, muß die doppelte Aufgabe er- füllen, die breite Masse vor Angriffen zu schützen, ohne sich selbst als Ein- und Angriff darzustellen in die ethische Entwickelung einer seineren Empfindung. Die erste große Gefahr für das Individuum entsteht, noch bevor es das Licht der Welt erblickt, durch schuldhafte Rafsenverschlechterung. Nichl minder schutzbedürftig sind die Un- mündigen, die noch nicht die Reife besitzen, aus eigener Kraft und Einsicht die Forderungen des sittlichen Lebens zu erfüllen. Aber auch der erwachsene Mensch und ganz besonders das erwachsene Weib kann aus phtisiologischen und psycho- logischen Momenten des Schutzes seiner geschlechtlichen Lebens- bedingungcn nicht entraten; Gewalt, Mißbrauch aller pfychologischen und menschlichen Abhängigkeitsverhältnisse, be- trügerifches Verhalten, die Gefahren gesundheitlicher Natur und schließlich die Verletzung des sittlichen Gefühls bilden die hier mög- lichen Hemmungen und Störungen. Der Referent erörtert hierauf in 14/fftüiidiger Rede alle in Betracht konimenden Bestiimnungen des geltenden Strafgesetzbuches und übt an einigen besonderen Para- graphen eingehendere Kritik. Die bayrischen Strafbestimmungen über das Konkubinat, den 8 175 bekämpft er besonders, verlangt die Hiiiaufsetzung des weiblichen Schutzaltcrs und fordert entschiedene Verschärfung des Kuppeleiparagraphen nach der Seite, daß jede minderjährige weibliche Person entsprechend geschützt sei; auch§ 18t, der das Zuhälterwesen betrifft, müsse schärfer gefaßt sein, ebenso müßten im Falle der Uebertragung venerischer Krankheiten strengere, besser zufassende Strafschutzbestimmungen zu treffen sein als jetzt, wo diese Fälle als Körperverletzung betrachtet werden. Die Paragraphen, die sich mit dem Mädchenhandel befassen, erklärt er bei richtiger Hand- habung für ausreichend. Die Fruchtabtreibung sollte nur dann bestraft werden, wenn Interessen dadurch gefährdet würden. Be- merkenswert sei, daß Japan z. B. das Delikt der Blutschande, die bei uns schwer geahndet werde, gar nicht kenne. Der Beischlaf sollte nicht ohne weiteres mit dem Begriff der unzüchtigen Hand- lung identifiziert werden. Die Anwendung des§ 174 auf das Verhältnis zwischen Privatlehren,, zum Beispiel Musik- lehrern nfiv. und Schülern erscheine zu weit gegangen und habe noch weniger Berechtigung beim Arzt und seinen Patienten. Der weitestgehende Schutz vor Verletzung unseres sittlichen Gefühls sei gewiß dringend wünschenswert, aber er begegnet unüberwindlichen praktischen Schwierigkeiten, wenn mißbräuchliche Anwendung aus- geschlossen sein soll. Redner glaubt zum Schluß, daß. wenn er zu- viel Vorschläge gemacht haben sollte, in dieser Versammlung dazu berechtigt zu sein, dem, es handele sich nicht um Lösung der politischen Aufgabe, nur Erreichbares zu proklamieren, sondern uni Erfüllung einer Kulturaufgabe. Dazu sei in eminentem Sinne gerade die Frauenbewegung berufen. In der Diskussion wendet sich Fräulein P a p p r i tz zunächst gegen den Umstand, daß dieBescholtenheit" einer weiblichen Person be, Sittlichkeilsdelikten stets als mildernder Uinstand angesehen werde, und erinnert an den Altonaer NotzuchtSprozetz. Ebenso charakterisiert sie die NnSrede desNichtkennenS des Kindesalters" und bestreitet, daß Wohnungsnot als mildernder Uniftand gelten dürfe. Herr Dr. Rofenberg meint, man könne niemals genug ) Wegen Raummangel mußte der Bericht einen Tag zurück- gestellt werden. Strafbestimmungen streichen, weil die vorhandenen Strafbestimmungen ja erst die Vergehen schaffen, wie z. B. die Fälle des Elektrizitäts- diebstahls, der ganzen sozialen Strafgesetzgebung beweise. Unter dem Deckmantel,die Frau müsse genügend geschützt werden", greift das Gesetz gerade die Frauen am heftigsten an und läßt den tvahren Schuldigen in allen diesen Fragen, den Mann, laufen. Nicht die Kindesmörderin ist schuldig, denn sie ist im Augenblick der Geburt immer willens- und bewußtlos und unverantwortlich für ihr Handeln, wie alle Mediziner erklären, und handelt unter unwiderstehlichen Zwangseinflüssen, sondern der Mann, der sie diesem Drucke schutzlos überläßt, ist der Schuldige, der vor den Richterstuhl gehört. Hier liegt eine schreiende Un- gerechtigkeit der Männerwelt, die das Strafgesetzbuch gemacht haben, gegen die Frauen vor. Der Kindesmord als Strafbesonderhcit muß aus dem Strafgesetzbuch entferiit werden. Blutschande müßte milder angesehen werden, denn die Wohnungsverhältnisse sind mächtiger als die Menschen, und daß die Rassenveredlung dadurch nicht gefährdet ist, beweisen uns gerade jetzt die als Rasse hochwertigen Japaner. Frau H o l m a r wendet sich gegen die Bestrafung des Konkubinats, das oftmals sittlich viel höher zu werten sei als die leere Ehe. Herr B a b kritisiert die An- läge des Referats, der Redner habe, anstatt einen großzügigen ethisch-sittlichen Standpunkt aufzurollen und von diesem aus Vor- schlüge zu machen, ein juristisches Kolleg gehalten, das hier nicht am Platze und zwecklos war,§ 184 ist das schlimmste Verhängnis für sittliche Aufklärung, durch ihn werde die Freiheit der Wissen- schaft aufgehoben in dem Moment, wo sie, Aufklärung schaffend, in populärem Gewände vor das Volk tritt. Dieser Para- graph muß einfach gestrichen werden. Wenn man ein Buch kaust, hinterher den Inhalt als unsittlich denunziert, und es wird anstatt des Käufers der Verkäufer oder der Verfasser bestraft, so spricht das allen sittlichen Empfindungen Hohn. Frl. Dr. Augspurg sieht die Ursache der milden Rechtsprechung gegen die Verbrecher an Kindern in der psychischen Unmöglichkeit für den Richter, allein über diese Dinge richtig zu urteilen. Hier müsse unbedingt die Frau zugezogen werden. In der Frage des Kindcsmordes möchte sie wünschen, daß die deutsche Strafgesetzgebung sich die skandinavische zum Muster nehme, wo wegen KindeSmord nicht so sehr die Mutter, als der Kindesvater, und zweitens die Hausbewohner, Arbeitgeber-c. be- straft würden, weil diese es nicht hätten dazu kommen lassen dürfen. Herr Dr. Borgius spricht sich für Straf- freiheit bei allen Vergeheil an Kindern aus, weil an diesen Kindern in der Regel nichts mehr zu der- derben sei. Kinder erleiden keinen sittlichen Schaden, wenn sie anstatt mit Gespielen sich mit Erwachsenen sexuell der- gehen. Gegen diesen Standpunkt wenden sich leidenschaftlich Frl. Lischnewska und Dr. S ch i r r m a ch e r. Herr Dr. D o r n weist in seinem Schlußwort den Vorwurf des Herrn B a b zurück und dankt für die vielen Anregungen aus der Diskussion. Er hofft, daß die künftige Strafgesetzgebung zu einem Instrument gestaltet werden könne, das nicht der Kultur des geschlechtlich-sittlichen Lebens im Wege steht, sondern ihr dienen kann. Uns will es auch bedünken, als wäre die Aufgabe dieses Abends nicht die gewesen, die sämtlichen in Betracht kommenden Straf­paragraphen zu erörtern und für jeden einzelnen davon Vor- schlüge auf Milderung oder Verschärfung zu machen, sondern als wäre es notwendig gewesen, den ganzen klaffen- den Zwiespalt zwischen dem geschlechtlich-sittlichen Leben des Einzel- menschen wie der Gesellschaft und der Strafaesetzgebung aufzudecken. Die geschlechtlich-sittlichen Beziehungen Zwilchen Mann und Weib vertragen umsoweniger eine Einmischung der Oeffentlichkeit und des Gesetzes, je feiner, zarter und ethischer sie von den einzelnen Individuen gestaltet werden sollen. Von diesem kulturellen, ethischen Standpunkte aus die Forderung zu erheben, daß diese Einmischung der Oeffentlichkeit, des Staates und der Strafgesetzgebung beseitigt werden müsse, Vorschläge zu machen, die Wege zu zeigen, wie dieses innigst zu wünschende Ziel erkämpft werden könne das wäre unseres Erachtens umsornehr Pflicht des Kongresses der radikalen Frauenbeivegung gewesen, als sie sich ja in Eiiizelbestrebungen auf ähnlichen Kampfgebieten schon sestgelegt hat. Allerdings, daß sich dieses Ziel unter den heutigen Verhältnissen, will sagen, in der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung, wo auch das eigenste, innerste Leben des Menschen, sein Geschlechtsleben, vonkapitalistischen Bedingungen abhängig geworden ist, nie wird erreichen lassen, darüber besteht bei uns wenigstens kein Zweifel. Aber das ist kein Hinderungsgrund, das Problem ins Auge zu fassen, es durch- zusprechen und den Versuch zu wagen, sich auf dem Wege dahin zurechtzufinden. Die Verbesserungsarbeit an den einzelnen be- stehenden Bestimmungen dürfte ruhig dem praktischen Kleinkriege des Alltags überlassen werden, denn die kann in dem besten Referat eines Abends ohnedies nicht befriedigend geleistet werden. Generalversammlung des deutschen Verbandes für Franenstimmrrcht. L. H. D. Der Verband bemühte sich, an den Vorbereitungen zu politischen Wahlen tätige Mitarbeit zu leisten; daß er sich dabei denliberalen" Parteien zur Verfügung stellte, ist zwar nicht selbstverständlich, aber bekannt. Wie die bürgerlichen Frauen be- haupten können, radikal zu sein, fortschrittlichen Ideen zu dienen. politische Gleichberechtigung der Frauen zu erkämpfen und sich bei den letzten LandtagSwahlen in Bayern den liberalen Parteien zur Verfügung stellen und auf ihre Arbeit noch stolz sein können, wo alle bayerische Parteien sich gegen die Libe- ralen als die Verräter am Wahlrecht erhoben, das müßte un- begreiflich erscheinen, wenn eS sich nicht um bürgerliche Frauen handelte, die noch niemals konsequent geblieben sind, wo ihre Kon- sequenz sie unbedingt zur Sozialdemokratie führen müßte. Da- gegen hat sich der Verband mit aller Kraft daran begeben, für die evangelischen' Frauen das kirchliche Stimmrecht zu erobern und glaubt, hier bald gute Resultate erzielen zu können. Der Verband agitierte lebhaft für die wenigen vorhandenen Wahlrechte der Frauen an den Krankenkassen, richtete Eingaben an den Reichstag und den bayrischen Landtag und verzeichnet eS mit besonderer Genugtuung, daß die freisinnige Bvlkspartei zum Provinzialtag nach Flensburg Fräulein Zietz als Delegierte entsandte. Die Hamburger Wahl- verschlechterung, bei der die Hamburger Damen eine Protestver- sammlung veranstalten wollten, aber nicht konnten, rief eine Debatte hervor, in der Dr. Anita Augspurg erklärte, daß ihr der genannte Zweck, wo eS sich um absolute Mäuncrrechte handelte und die Frauenforderungen natürlicherweise zurückstehen mußten, nicht prinzipiell genug war, besondere Anstrengungen und Mittel auszuwenden. Hierauf hält Frl. H e h m a n n einen Vortrag über die politische Mitarbeit der Frauen. Sie führt aus, daß wenn man das politische Leben der verschiedenen Nationen mit einander vergleicht, z. B. Amerika mit Deutschland , so müsse man das deutsche Volt als ein gänzlich unpolitisches bezeichnen. Auch die Deutschen hatten starke und stark empfindende politische Persönlichkeiten, auch unter den Frauen, wie Emma Herwegh , Luise Otto-Peters u. a. Aber den Frauen im allgemeinen kann politisches Verständnis auch von objektiven Geschichtsschreibern nicht zugesprochen werden. Es kann ihnen der Vorwurf nicht erspart werden, daß sie über VereinSduselei, BildungS- und Erwerbsftage das politische Interesse vergessen haben. Alle, die dem Gesetz Untertan sind, sind auch berechtigt, die Gesetze mit zu machen. Erst hätten wir nnS volitische Freiheit erobern müssen, denn sie sind das Fundament, auf welchem das Gebäude der Frauen- freiheit ruhen soll. Das Versäumte ist nicht wieder nachzuholen. Aber wir sollen unsere Zeit benutzen, daß, wenn irgend eine Kampfes- zeit für daS deutsche Volk wieder hereinbrechen sollte, auf dem Kampffelde auch Frauen bereitstehen. Die deutschen Frauen sind in der parlamentarischen Beilage derFrauenbewegung" im Juni darauf hingewiesen worden, daß sie daS Recht haben, die Eintragung in die Kommunalivahllisten zu verlangen und aufgefordert worden, daS zu tun. Der Appell ist wirkungslos verhallt. Nun hat ein kleiner Bruchteil von Frauen ihr politisches Ver- stänbnis dadurch bewiesen, daß sie an Wahlvorbereitungen teilnehmen bei der Sozialdemokratie, beim Zentrum, bei den Konservativen; ein verschwindend geringer Bruchteil auch bei den Liberalen. Die bürgerlichen Frauen haben aber von der Beteiligung an den Arbeiten der liberalen Parteien das meiste zu erwarten; denn der Sozialdemokrat tritt in der Praxis die Rechte der Frau gerade so mit Füßen wie jeder andere Mann. Wir brauchen nur an Belgien zu denken. Und wir werden von den Liberalen mit offenen Armen aufgenominen. Es handelt sich in erster Linie um Beteiligung der Frauen an den Reichstags-, Landtags- und Kam- munalwahlen. Wir müssen aber auch unsere stark beschäftigten Ab- geordneten mit Material versehen. Wir haben viel nachzuholen, was bisher versäumt worden ist: vor allem die politische Gleichstellung der Frauen allen anderen Forderungen voranzustellen. Aus der Diskussion ist zuirächst das bemerkenswerteste eine veritable Flottenrede von Frl. Lischnewska, die es als ihre Aufgabe bezeichnet, dieselbe Flottenbegeisterung, die der Jugend der besitzenden Klassen in den Schulen schon mit Erfolg eingeimpft ist, auch in die Herzen der Arbeiterkinder zu pflanzen. Frau Cauer schildert zunächst ihre ganze politische Entwicklung und persönliche Anteilnahme an allen politischen Verhandlungen namentlich des Reichstages. Sie kann aber ihr Bedenken über eine Verbindung mit dem zersplitterten Liberalismus, die für sie ja ein inniger Herzenstvunsch wäre, nicht unterdrücken. Denn noch kein liberaler Mann ist für die Rechte der Frauen zu haben gewesen. Nur wenn der Liberalismus zu einer großen Partei sich noch verschmelzen könnte, dann könnte sie hoffen, daß der Liberalismus durch den Bund mit den Frauen noch eine große Macht werden könnte. Frau Abel hofft dies, weil in Bayern sich doch der Liberalismus, wenn auch vorläufig aus taktischen Gründen, zusammenschloß. Sie fürchtet aber, die bayrische Frau sei nicht dafür zu erziehen, denn die Klostererziehung verschließt die Frau dem öffentlichen Leben. Anita Augspurg behauptet in der gewohnten Weise, daß die Sozialdemokratie in allen ihren Taten prinzipiell die Rechte der Frauen verleugne, das beweise, abgesehen von den Vorgängen in Belgien ,.eben jetzt wieder das Bündnis zwischen Sozialdemokratie und Zentrum. Die bayrische Frau stehe dem öffentlichen Leben nicht verständnislos gegenüber, mangelhafte Teilnahme am politischen Leben ist nur auf fehlerhafte Leitung zurückzuführen. Frau N u b en- Hamburg bedauert, daß Frl. Heymann sowohl in ihrem Vortrage wie auch die ganze nachfolgende Diskussion sich nur an die liberalen Frauen ge- wendet habe, und nicht an die Frauen in ihrer Allgemeinheit. Die Vorwürfe gegen die Sozialdemokratie sind insofern falsch, als in allen großen Versammlungen und Frauenkonferenzen der sozialdemo- kralischen Frauen die Sozialdemokraten ihneir stets und treu zur Seite stehen und daß Frau Zetkin in der nächstenGleichheit" wohl Veranlassung nehmen werde, sich gebührend mit den heute zutage getretenen Anschauungen auseinanderzusetzen. Herr v. G e r l a ch beleuchtet den Zwiespalt innerhalb des Liberalismus. Er als Liberaler begrüße mit lebhafter Freude die Anteilnahme der Frauen an den Kämpfen der Liberalen, aber er niüsse sie ersuchen, nur den entschiedensten Linksliberalis>nus zu unterstützen, der andere sei dessen noch(?) nicht würdig. Dadurch würden die Frauen allerdings zur Regeneration des Liberalismus beitragen können. Die Gegen- sätze gegen die Sozialdemokratie dürften niemals so scharf betont werden, daß ein eventuelles Zusammengehen unmöglich gemacht werde. Er wüßte sich nichts Wirkungsvolleres zu wünschen, als wenn bei Angriffen auf wichtige Frauenrechte einmal Frau Zetkin und Frau Cauer zusammengehen könnten, das würde ein großer Tag sein. Diese Möglichkeit darf nicht durch Verbitterung auS- geschlossen werdeil. Die Frauen müßten die Stellung des Zentrums auf dem Straßburger Katholikentage, die Rede des P. Auracher für ihre Bewegung entsprechend ausnützen. Auch Frl. L ü d e r s wendet sich ans taktischen Gründen gegen die Festlegung des Ver- bandes für Frauenstimmrecht für das liberale Lager. Frl. Hey- mann wendet sich in ihrem Schlußwort gegen die Kolonial- und Flottenrede des Frl. L i s ch n e w s k a und bedauert eS. daß schon in der Schule die Kinder durch Flottenlieder für eine emseittge politische Anschauung bearbeitet werden. Sie ist der festen Ueber- zeugung, daß die Frauen durch ihre Arbeit für den Liberalisnms viel dazu beitragen können, die Fahne des Liberalisnins hochzuhalten, sie setzt volles Zutrauen auf die jungen Elemente im Liberalismus. Die sämtlichen Ausführungen von Frau Rüben haben sie in der Ansicht be- stärkt, daß sie auf dem richtigen Wege sei. Wir können uns nur an die liberalen Parteien halten, weil wir nur in ihnen in der Lage sind, das besondere Moment, das wir in das politische Leben zu tragen fähig sind, zur Geltung zu bringen: die frauenrechtle- rischen Tendenzen.--- Es unterliegt für uns wohl keinem Zweifel, daß der Tag nie- mals kommen wird, au dem Frau Zetkin und Frau Cauer, will sagen die proletarische und bürgerliche Frauenbewegung zusammengehen werden, eS müßte denn sein, daß das Unmögliche geschähe, daß die bürgerlichen Frauen ihre Klasse verließen und zum Proletariat übergingen. UnS trennt eine ganze Welt von einander, wir können uns mit ein- ander nicht verständigen. Wir kämpfen nicht um fraucurechtlerische Tendenzen; wir kämpfen für die Menschenrechte aller Völker, aller der unterdrückten, entrechteten, enterbten Klassen, für die Männer, die Frauen, die Kinder. In unseren kleinen und kleinsten Kämpfen verlieren wir niemals dieses Ziel aus den Augen und deshalb haben wir nichts gemein mit der bürgerlichen Frauenbewegung, der es geht, wie ihrer Klasse: sie wird in den bevorstehenden großen Kämpfen der Menschheit zerrieben werden. Ihr kann nicht, aber uns wird die Zukunft gehören. Zlvölste Gtlterllloersainmlung des Tllbakllrbeiter- Ntlbllndes. DienStagvormittagS-Sitzung. AuS der Montagnachmittags-Sitzung ist nachzutragen, daß auf Vorschlag v. Elms eme siebengliedrige Kommission eingesetzt wurde, die alle auf Aenderung der Statuten gehenden Anträge und Vor- schlüge beraten soll. In der Dienstagvormittags- Sitzung wurde in der Diskussion des Vorstandsberichts fortgefahren, v. El in weist den Vorwurf zurück, daß die Sortierer ihr neues Organ bereits schon fertig in der Tasche hatten, als ihr Ausschluß vomTabakarbeitcr" erfolgte. Eine Ver- ständigung wurde damals pure abgelehnt, damals aber wäre sie leicht möglich gewesen. Es sei gesagt worden, die leitenden Per- sonen der Sortierer seien schuld, aber bewiesen habe man nichts. Gerade unter den Mitgliedern eben sei feindselige Gesinnung wegen des Verhaltens der Tabakarbeiter vorhanden. Wenn der Tabak- arbeiter- Verband gemäß den Beschlüssen von Berlin 1894 die fakultative Arbeitslosenunterstützung einführen wollte. um den Sortierern die Verschmelzung zu ermöglichen, so haben die letzteren recht daran getan, dies abzulehnen, denn die fakultative Form wäre der Tod der Arbeitslosenunterstützung gewesen. Man habe gedroht, wenn die Sortierer nicht wollen, dann werde man sich an die Generalkommission wenden; er sage, die Generalkommission werde über einen Verband, der L0 Jahre bestehe, nicht so ohne weiteres zur Tagesordnung übergehen können. Der Protest gegen die Sortierer, der in einer Resolution Heising zum Ausdruck konime, werde auch nichts nützen, da eben die Sortierer auf dem Standpunkte stehen, daß sie im Rechte seien. Der Tabakarbeiter-Verband sei überhaupt im Grunde nur ein Zigarrenmacher-Berband, der auch Zigaretten- und Kautabak- arbeiter aufnehme. Die Resolution Henke sehe in dem Verlangen der Sortierer, alle Sortierer ihrem Verein zuzuführen, zu Unrecht eine Animosität, das Verlangen sei durchaus berechtigt; die wenigen Sortierer im Tabakarbeiter-Verbande könnten dem Verbände auch nichts nützen, wohl aber seien sie den Sortierern zur Einheitlichkeit ihrer Lohnbewegungen nötig. Mit Gewalt sei nichts zu machen. Was die Sektionsfrage angehe, so scheine man Sektion und Branchen- organisation zu verwechseln. Sektionen, die nach den örtlichen Ver- Hältnissen geschaffen werden, seien für die Sortierer durchaus nötig; in Hamburg z. B. würde man ohne Sektion nicht auskommen. Wenn aber Deichmann nur behufs Herbeiführung der Verschmelzung