von Auskunft durch Vermtttelung des Kaiserlichen Gesundheits-amts mit den ihr bezeichneten Behörden des Reichs und derBundesstaaten unmittelbar in Verbindung zu setzen und Sach-verständige zu Erhebungen an Ort und Stelle zu entsenden.Hamburg. 14. September. In der heutigen Sitzung derBürgerschaft waren 5 Konnnissare deö Senats anwesend. Burger-Meister Mönckeberg„wies in längerer Rede die gegen die Hain-burgische Verwaltung erhobenen Vorwürfe der Vertuschung desAusbruchs der Cholera sowie des Leichtsinns hinsichtlich der Vor-beugung und der Apathie gegenüber der stetigen Verschlechterungder sanitären Verhältnisse zurück"!!!! Hierauf wurde, da Nie-wand weiter das Wort nahm, der dringliche Antrag des Senatsauf Bewilligung einer weiteren Million Mark zur Bekämpfungder Cholera einstimmig angenommen. Der Antrag Wörmannauf Prüfung der sanitären Verhältnisse durch eine Kommission.bestehend aus 3 Senatoren und 6 Bürgern, wurde nach längererDebatte einstimmig angenommen. Die Kommission wurde sofortgewählt und soll morgen ihre Thätigkeit beginnen. An dieseKommission imirde der Antrag Reiche auf Bohrung von artesischenBrunnen sowie der Antrag Brunck. die Schöpfstelle der Stadt-Wasserkunst elbaufwärts oberhalb des„Zollenspieker" zu verlegen,verwiesen.— Warum noch immer kein Nothstandskredit?Soll wieder der Bettelsack geschwungen werden, wie 1842 nachdem großen Brande? Die schöne Rede wegen der Vertuschung istdoch nicht ernst zu nehmen.Bremen, IS. September. Die Bürgerschaft genehmigtenach dem Antrage des Senats die Summe von 50 000 OT. fürAbwehrmaßregeln gegen die Cholera und votirte den Sanitäts-behörden den Dank für deren energisches Einschreiten.Stettin, 15. September. Amtlich wird mitgetheilt, daß seitder letzten Meldung hier weder ein Erkrankungs- noch ein Todes-fall infolge der Cholera vorgekommen ist.Aus L ä g e r d o r f(Holstein) schreibt man uns: An derasiatischen Cholera ist ein Sohn des Arbeiters Pietschmann ge-storben, ein anderer erkrankt. Erkrankt ist im benachbartenM ü n st e r d o r f die Frau des Schiffers Warnke aus Itzehoe.Die Familie ist in der Münsterdorfer Baracke einquartirt.Aachen, 15. September. Die Aachen-Münchener Feuer-versicherungs- Gesellschaft hat für die Hamburger Nothleidenden10 000 M. gespendet.Antwerpen, 15. September. Eine leichte Zunahme derEpidemie macht sich seit gestern hier bemerkbar. Etwa 10 neueErkrankungsfälle, von denen mehrere in der Stadt selbst vor-kamen, sind konstatirt worden. Zwei Kinder und ein Schissersind auf Fahrzeugen und ein Arbeiter in einem Kaffeehause ge-storben.Lugano. 15. sSextember. An den italienischen Grenz-stationen Porlezza, Chiasso, Ponte Tresa und Ponte Ceresto findeteine Tesinfeklion der Wasche der Durchreisenden statt. DeutschenReisenden ist die Mitnahme ausreichender Legitimationspapierezu empfehlen.Paris, 15. September. Gestern waren hier 59 Er-krankungen und 44 Todesfälle an Cholera gemeldet, in St. Quen14 Erkrankungen und 13 Todesfälle, in Ronen 6 Erkrankungenund 3 Todesfalle, in Havre 11 Erkrankungen und 7 Todesfälle.Paris, 15. September. In der gestrigen Sitzung derMedizinischen Akademie verlas Despres eine Denkschrift überCholeraheilung durch Chloroform; derselbe will durch seineMethode bei 80 bis 90 pCt. Heilung erreichen.In T o u l o u s e ist ein Todesfall an Diarrhoe unter cholera-ähnlichen Erscheinungen vorgekommen.London, 15. September. 13 Erkrankungen und S Todes-fälle an Cholera wurden gemeldet.Haag, 14. September. Das Verbot der Einfuhr undDurchfuhr von Waaren aus Hamburg und Altona ist auf alleElbhäfen ausgedehnt worden.Amsterdam, 15. September. Nach amtlicher Meldungist am 12. d. Mts. in Sliedrecht ein Mann an der asiatischenCholera gestorben. In Rotterdam ist gestern Abend ein jungerMann unter choleraverdächtigen Erscheinungen heftig erkranktund in das Barackenhospital gebracht worden. Ob asiatischeCholera vorliegt, ist noch nicht festgestellt.Stockholm, 15. September. Das Kommerzkollegium hatdas Königreich Italien für von der Cholera angesteckt erklärt.König Oscar hat im Staatsrath den Antrag der Medizinal-Verwaltung, längs der Staatseisenbahnen besondere Gebäude zurAusnahme von während der Fahrt mit den Bahnen an derCholera Erkrankter zu errichten, abgelehnt; solche Kranke stndden Epidcmiehospitälern zuzuweisen, welche den Bahnstationenzunächst liegen. Die Einfuhr von Lumpen, gebrauchten Bettenund Wäsche aus Dänemark und Norwegen ist verboten worden.Sofia, 14. September. Au der bnlgarisch-serbischenGrenze ist eine dreitägige Quarantäne angeordnet. Die direktenEisenbahuzüge werden einen Kilometer vor der Station Zaribrodangehalten, woselbst die Reisenden sich in Zelten und Barackender Quarantäne unterziehe» müssen.Petersburg, 15. September. Nach einer Meldung ausTeheran sind dort vom 0. bis zum II. Septeniber 235 Per-sonen an der Cholera gestorben. Im Lager des Schahs sind130 Choleratodesfälle vorgekommen. Auch in Jspahan ist dieCholera aufgetreten.N e w- I o r k, 14. Septeniber. An Bord der hier inQuarantäne liegenden„Scandia" ist heute ein neuer Cholerafallvorgekommen. Ferner sind auf dem von Altona angekommenenDampfer„Helgoland" zwei Personen an Cholera gestorben. DieDampfer„La Champagne".„Belgenland" und„Maasdam" stndaus der Quarantäne entlassen worden.N e w- A o r k, 15. September. Der Gesundheits-Kommissarder Stadt, Bryant, hat erklärt, es wären zwar Cholerasälle hierkonstatirt, es handle sich dabei aber nur um eingeschleppte Fälle.Er werde bemüht sein, die Herkunft der Fälle zu ermitteln, undsei der Ansicht, daß die Krankheit bald verschwinden werde. Auchder Superintendant für das Gesundheitswesen, Edson, meint, dieCholera werde nicht epidemisch auftreten, es würden nur sporadischFälle vorkommen, mit Beginn der kalten Jahreszeit werde dieSeuche ganz verschwinden.Das Organ der„Iluabhäugigcn", der„Sozialist", brachteauf die Züchtigung, die wir ihm wegen seiner Behandlung derRomen'schen Angelegenheit zu Theil werden lassen mußten, einenweiteren Artikel über den Meineid Und die Sozialdemokratie, indem fich folgende Stelle befindet:„Wir müssen den sozialdemokratischen Wahnzerstören, daß es gewissermaßen Pflicht jedes Genossen sei,vor Gericht unter allen Umständen die Wahrheitzu sagen, gleichviel, welche Folgen aus diesen Bekenntnissenerwachsen könnten. Wir brauchen eoch nur einen praktischenFall ins Auge zu fassen, um sofort zu erkennen, was ein ziel-bewußter und ehrlicher Genosse zu thun hat. Sollen wir, wenndaS Gericht uns zitirt, alles enthüllen, waS wir wissen? Sollenwir unsere eigenen Genossen belasten? Sollen wir die Justizaus den rechten Weg leiten und ihr das Material zu Anklagenund Verfolgungen bereitwilligst in die Hände spielen'{ EinSchlucke, der das vollbrächte!"Gegenüber diesem Grundsatz deS Organ? der„Unabhängigen"konnte sogar der„Reichsbote", daS Blatt Clöcker'S, der selber«inen falschen Eid geschworen, die Erklärung riskrren:„Diese Anschauungen(sind) derart, daß es ernstlichin Erwägung zu ziehen ist, ob sie in einem geordnetenStaate gelehrt werden dürfen; denn es liegt auf der Hand, daßsie die vollendetste Berbrechermoral enthalten. Wenn erst denMitgliedern einer Partei der Meineid nicht blos erlaubt, sondernsogar zur Pflicht gemacht wird, sobald das Interesse der Partei»n Betracht koniml. so werden die also Unterrichteten sich sagen:wenn uns der Meineid für das Parteiinteresse erlaubt ist, dannmuß er uns auch da, wo es sich um unser eigenes Interesse bezw.um das Interesse unseres Gegners handelt, erst recht erlaubt sein.Dann können die Gerichte ihre Säle zuschließen oder sie müssenwieder zu Folter- uud Marterwerkzeugen greffen, wenn sie dieWahrheit erfahren wollen."Es liegt eine gewisse Logik selbst in dieser Tartuffiade.Nun die Meinung eines sozialdemokratischen Blattes.„Ist die Wahrheit eine„bürgerliche" Einrichtung?"fragte schon neulich dem„Sozialist" gegenüber ironisch das„Volksblatt für Teltow-Beeskow" und führte dann zutreffendu. A. aus:„Weit ab von uns weisen wir die u n e h r e n h a f t e Zu-muthung, es wäre„moralische Freiheit", wenn manbereit wäre,„im höheren(Partei-) Interesse ohneWeiteres feierlich die Unwahrheit zu sagen."„Frei von Moral" ist freilich Derjenige, der, um einer Sachezu dienen, Lügen und Verleumdungen wissentlich verbreitet, undwenn er vor die Wahl gestellt wird:„beweise oderwiderrufe!" das erstere nicht kann und zum anderen nichtden moralischen Muth hat. Da sind wir gegen einen„Ge-nossen" durchaus nicht milder im Urtheil als gegen einenGegner. Wir nageln eine solche moralischeNiedrigkeit an den Schandpfahl ohne Ansehm derPerson.Man ist deshalb durchaus noch nicht gezwungen„Geheim-nisse zu verrathen, deren Enthüllung unserer Sache schaden kann."Dagegen giebt es ein Mittel, das istSchweigen! Ein solches ehrenvolles Schweigen wird man frei»lich nicht brechen, weil die doch inimerhin nicht sehr großeUnbequemlichkeit des Zeugnißzwangs-Verfahrens droht. Habendoch zu anderen Zeiten ehrenhafte Männer Folter und Todertragen, aber weder ihre Geheimnisse verrathen noch gelogen.Die Lüge entehrtjeden, der sie gebraucht, undchadet in der Regel auch der Sache, für die sie an-gewendet wird.Lügen heißt aber die Unwahrheit gegen besseres Wissen vaagen, wo eine Verpflichtung besteht, die Wahrheit zu sagen.Diese Verpflichtung besteht ohne Zweifel überall da, wo eine drittePerfon glauben muß, sie erfahre von mir die Wahrheit, undalso am allerersten da, wo ich selbst versichert habe in irgendeiner Form, ich werde die Wahrheit sagen.Das ist nicht etwa«ine Forderung der„bürgerlichenMoral", im Gcgentheil, die bürgerliche Moral ist sehrgeneigt, der„Schiiiderhaunesmoral" Recht zu geben, die denaugenblicklichen Vortheil über die Wahrheit setzt. Diese Moraldes Vortheils, der Ausbeutung, gerade ist es, die wir bekämpfen...Man kann irren, nian kann getäuscht werden, man kanndeshalb Unwahrheiten verbreiten und behaupten. Den Vor-sichtigen wird es seltener passeren, dem Leichtfertigen ost. Schondie Leichtfertigkeit ist ein moralischer Fehler. Wer aber widerbesseres Wissen die Unwahrheit sagt, der ist eben ein Lügner,man kann ihm zuweilen mildernde Umstände bewilligen, wenner aber nur deshalb lügt, um einen Erfolg zu erreichen, der ihmwünschenswerth erscheint, dann wendet er Mittel an, die auchdie freieste Moral nicht billigen kann, die auf re in mensch-licher Grundlage sich ausbaut. Ter Lügner aus Grund-sah, um des Erfolges willen, zerstört die Grundlage jedesmenschlichen Zusammenlebens, das Vertrauen, erklärt denKrieg, den unbarmherzigen Krieg Aller gegen Alle. Wer giebtmir die Gewähr, daß mein Freund von heute, welcher die Lügeals Waffe gegen den gemeinsamen Gegner sich zu gebrauchen er-laubt, nicht mein Feind von morgen ist und nun mir mitdenselben Waffen dient? Wer bürgt mir einem Lügner gegen-über überhaupt dafür, daß er mir heut noch Freund ist, od das,was er mir heut sagt, nicht schon alles Lügen sind? Wer kanndem Lügner jemals glauben?Mir dem Aufhören von Glauben und Vertrauen aber istjede gemeinsame Thätigkeit unmöglich gemacht, auch die unsrige.Deshalb haben wir ein Interesse an der Wahr-h a f t i g l e i t."Wenn nun jene„Unabhängigen", die noch Selbstachtunghaben, es sehr übel nehmen, daß wir auch ihren leiden-schastlichsten Betheuerungen den Zweisei an ihrer Wahrhaftigkeitentgegensetzen, so müssen sie sich das schon gefallen lassen. Ganzrichtig sagt hierzu das vorstehend zitirte Parleiblatl:„Wer sich in der Gesellschaft von Personen befindet undbleibt, die erklären, sie pfeifen auf Wahrheit, Ehre und gutenNamen, der muß doch wohl erlauben, daß man ihn nach dieserzweifelhaften Gesellschaft taxirt und seine Glaubhaftigkeit, selbstwenn er feierlich versichert, die Wahrheit zu sagen, nicht sehrhoch schätzt."Den Parteigenossen überall aber geben wir den Rath, dieGrenzlinie zwischen sich und den„Unabhängigen" aufs allerschrossstezu ziehen. Mit Leuten, die wie der„Sozialist" beweist, derArbeiterbewegung aus purer Bosheit, lediglich um sie zu ruiniren,da sie, weil isolirt. Positives nicht leisten können, mit vollemBewußtsein die widerwärtigsten Hindernisse bereiten, mit solchenverlorenen Menschen diskutirt man nicht.»»•Rttckgang deS Freisinns. Bei der LandtagZ-Wahl inGera hat der Freisinn im I. Wahlkreise gegen 1839 dieselbeStimmenzahl beHallen, nämlich 220. Im 2. Wahlkreise ging ervon 253 auf 198, im 3. Wahlkresse von 236 auf 194 zurück.Bisher im Besitze aller drei Mandate, büßte er sie diesmalsämmtlich ein. In den beiden Wahlkreisen, wo Stichwahl nöchig,stehen sich die Kandidaten der Sozialdemokraten und des national-liberal-konservativen Reichsvmms gegenüber, im dritten Wahl-kreise siegte bekanntlich der Sozialdemokrat Hahn über die beidengegnerischen Kandidaten. Bei der vorigen Wahl erhielt unserePartei in Gera insgesammt 523, diesmal 1192 Stimmen, alsomehr als das Doppelte. Der Freisinn erhielt bei der 1889«Wahl 709, diesmal nur 612. Die NationaNiberal-Konservativenbekamen das vorige Mal 531 Stimmen und brcch'en es diesmalauf 563, ihre Zahl stieg also um ein Geringes. Zusammen-gerechnet erhielten die Ordmingsparteien 1175 Stimmen, so daßdie Sozia ldeniolratie mit 1192 Stimmen die absolute Mehrheitin Gera auch bei der Landtagswahl erreicht hat. Aus dem 4. und5. reußischen Wahlkreise wird ebenfalls ein gewaltiges Anwachsenunserer Stimmenzahl gemeldet. Das Resultat selbst steht nochans. Nach Allem können die reußischen Parteigenossen mit demErfolg ihrer Thätigkeit zufrieden sein. Sie haben ihre Sachebrav gemacht. �#Zum„Ni'ickaang" der Sozialdemofratie. Die„NeueBadische LandeSzeitung" schreibt:„Möglicher Weise dürfte esdemnächst einen dentscheu parlamentarsschen Bertretungskörpergeben, in welchem die Sozialdemokraten die Majorität besitzenund dieser wäre der Landtag des Herzogthums Koburg-Gotha.In dem Wahlkampfe für denselben, dessen neunzehn Abgeordnetedurch Wahlmänner, also indirekt, gewählt werden, haben nämlichdie Sozialdemokraten auf dem flachen Lande große Erfolge er-rungen. Fallen auch noch die bevorstehenden Wahlen in denStädten ähnlich aus, was mehr als wahrscheinlich ist. so hatman mit der Thatsache zu rechnen, daß die Sozialdemokraten dieMajorität im Landlage erlangen werden, in dem sie bis jetzt nochnie ein Mandat besessen hatten. Wohl haben sie in der badischenKammer wie in der von Reich jüngerer Linie, Meiningen undWeimar einige beziehungsweise eine« Sitz iniie, daß aber diesozialdemokratische Fraktion in einem Landtage über die Mehr-h«t verfügen wird, steht in der Geschichte der deutschen Bundes-staaten und weit darüber hinaus ohnegleichen da." Die Er-klärung sür diese Fortschritt« unserer Partei findet das Blatt einer-feits im'unpopulären Regiment deS Ministeriums Strenge, anderer-seits in der geschickten Agitation des Reichstags-Abgeordiieteu Bock,Die„Neue Badische Landeszeitung" ist ein Blatt, das mit Bor-liebe vom„Rückgang" der Sozialdemokratie spricht. Es dürsteihr demnach um so bitterer sein, zu hören, daß ihre Befürchtungbezüglich der städtischen Wahlkreise wohl begründet gewesen. Sosind z. B. in Waltershauscn, also einer Stadt, bei den Wahl-männer-Wahlen unsere sämmtlichen 22 Kandidaten gewähltworden.«»Wie der„ReichSbote" fälscht und lügt. Die Magdeburger„Volksstimme" nahm in ihrer Donnerstags-Abendnummer gegenden bübischen Grundsatz entschieden Stellung, welchen„Der So-zialist" hinsichtlich des Meineids predigt. In demselben Artikelfertigte die„Bolksstimme" den„Reichsboten" ab, der bemerkthatte:„Als vor einiger Zeit der Metallarbeiter Drichel nach Ver-büßung einer vierjährigen Zuchthausstrafe(man hatte in seinerWohnung in Magdeburg Dynamit vorgefunden) entlassen wordenwar, warnte vor ihm, als einem„Kronzeugen", nicht nur der„Sozialist", sondern auch der„Vorwärts" und die Magdeburger„Volksstimme", und zwar aus dem Grunde, weil er im Neve-Prozeß als Belastungszeuge fungirt, also die Wahrheit ausgesagthatte."Die„V o l k s st i m m e" erwiderte darauf wörtlich:„Was die Ausführungen des„Reichsboten" gegen die„Volks-stimme" anbetrifft, so entstellen dieselben wider besseres Wissenallgemein bekannte Thatsachen. In unserer Warnung seiner-zeit nannten wir allerdings Drichel einen„Kronzeugen",aber daß«in Angeklagter in e'j?em Hochverralhsprozeßnicht gut auch als eidesfähiger und viVidigter Zeuge fungirenkann, das dürfte selbst den Redakteuren des„Reichsboten" klarsein, und sie hätten mit der Nase darüber stolpern müssen, dennsie sprechen selbst davon, daß Drichel damals zu 4 Jahren Zucht-Haus verurtheilt worden war. Aber auch als Angeklagter kannman sehr gut als Kronzeuge fungiren— wir in Magdeburghaben Erfahrung in solchen Dingen, man denke nur an denPolizeispitzel Speck, der auch auf der Anllagebank saß— undweil Drichel sich dazu hergegeben hatte, deshalb warnten wirvor ihm,— wir wissen nicht, ob wir dem„Reichsboten" so vielAnstandsgefühl zutrauen können, diese Thatsache seinen Lesern zuunterbreiten— wir werden ja sehen.Was aber die Stellung zur ganzen Meineidsfrageanbetrifft, so hat gerade die.Volksstimme" von vorn-herein entschieden gegen die Auffassung Stellung g«-nommen, als ob es einem Sozialdemokraten erlaubtsein könnte, im Interesse seiner Partei einen Meineid zu schwören— ob die Gründe hierfür in d« religiösen Auffassung des Eideslagen oder ob wir uns von einer anderen Ethik leiten ließen,kommt nicht in Betracht.—Obwohl wir also den Meineid schlechterdings verwerfen, sowird dennoch auch nach unserer Auffassung von der Ehre derSozialdemokratie jeder als Parteigenosse unmöglich sein, der selbstals Zeuge vor Gericht Parteigeheiinnisse verräth. Das ist freilichein Dilemma, das für feige Knechtsseelen, wie es die Hinter-männer des„Sozialist" stnd, und für den„Reichsboten" unlösbarist. Wir verlangen von einein Parteigenossen, daß er nicht nntgroßen Worten bramarbasirt wie es die Unabhängigen thun,sondern daß« sich durch seine Thaten revolutionär beweist._E s ist nichts als eine gewissenlose Feig-h e i t— abgesehen von der hanebüchenen Dummheitunter dem Eide zu lügen. Wer alS Parteigenoss«unter dem Eide nach Dingen gefragt wird, die ihnselbst komproinittiren, den deckt§ 54 der Strafprozeßordnung,wer nach Dingen gefragt wird, welche die Partei komproinittiren,der hat die Pflicht, das Zeugniß zu ver wer gern-Freilich muß der Betreffende dann auch die Konseqilenzen selbsttragen und die eventuell 6 monatliche Haft aus sich uehuien.Das ist revolutionär gehandelt und nicht revolutionärschwadronirt; ein Standpunkt freilich, den die Redakteure de?„Sozialist", die ja nur andere hineinlegen können, nicht verstehen,den auch der„Reichsbote" nicht verstehen wird, weil ihm echterMannesmuth und jene Aufopferungssähigkeit für das Partei-interesse fehlt, welche gerade die Besten unserer Partei auszeichnet;an solchen Männern werden auch die vom„Reichsboten" bc-zeichnender Weise in Vorschlag gebrachten Folterwerkzeuge w»-kungslos werden.Diese Taktik ist es, die wir in der Meineidsfrage immerempfohlen haben, und die kürzlich erst hier in Magdeburg meinem Aufsehen erregenden Falle zur Anwendung gekommen ist.—Von der Empfehlung des Meineides aber weiß sich die Parteiund speziell die„Volksstimme" frei, nicht trotzdem, sondernweil wir revolutionär handeln, aber nicht revolutionär schwa-droniren."—Und was thut dieser Mfertigung gegenüber der christlich-evangelische„Reichsbote"? Er schreibt in seiner Freitags-Nummer:„Die sozialdemokratische„Volksstimme" behauptet, sie hattedeshalb vor Drichel als Kronzeugen gewarnt, weil derselbe,elbst Angeklagter, in dem Hochverralhsprozeß nicht zugleich alseidesfähiger Zeuge hätte fungiren sollen. Uebrigens gesteht die„Volksstimme" zu,„daß jeder als sozialdemokratischer Partei-genösse unmöglich sei, der als Zeuge vor Gericht Parteigcheim-nisse verräth. Wir verlangen von eine», Parteigenossen, daß ernicht mit großen Worten bramarbasirt, wie es die Unab-hängigen thun, sondern daß er sich durch seine Thaten revo-lutionär beweist".— Das heißt doch nichts anderes,als: Wir verlangen dasselbe wie die Unabhängigen, nurreden wir nicht so laut davon; der Parteigenosse darf, wenn«rals Zeuge vor Gericht gestellt ist und über Parteisachen zeugensoll, nichts verrathen, d. h. er muß die Uiuvahrheit sagen undbeschwören."Ein einfacher Vergleich der Ausführuiigen unseres Magde-burger Bruderorgans mit dem„Zitat" des Stöckerblattes zeigt,wie letzleres fälschen und lügen muß, um den Vorwurf derMeincids-Beschönigung gegen unsere Partei aufrecht erhalten zukönnen. Das fromme Blatt thut also gerade das, wessen e-unsere Partei bezichtigt, eS lügt, zwar nicht unterm Eid, abervor aller Welt und>n bewußter Weise, zu dem Zwecke, umeinen politischen Gegner zu verderben. Was verächtlicher ist,ein Meineid, wie ihn Stöcker geschworen, oder eine Verlogenheitund Verleumdungssucht, wie wir sie hiermit beim„Neichsbotenfestgestellt haben, darüber die Wahl zu treffen, müssen wir derRedaktion des Pfassenblattes überlassen.»«Eine schweizerische sozialdemokratische Bibliothek wirdgemäß einem Züricher Konferenzbeschluß von der schweizerischensozialdemokratischen Partei, dem Grutliverein und dem Geiveck-schaftsbund herausgegeben. Ein Komitee, das aus je zwei Mit-gliedern dieser Organisationen besteht, hat diesen Beschluß durch-zuführen. Der Vertrieb der Bibliothek geschiebt durch tu«Grütli-Buchhandlung. Auf derselben Konferenz wurde ein An-trag angenommen, wonach auf die Tagesordnung des nächste»internationalen Kongresses, der in Zürich stattfindet, die Punk»»gesetzt werden:„Taktik der Sozialdemokratie namentlichBezug auf die direkte Gesetzgebung durch's Volk" und„Gegen-seifige internationale Verpflichtungen der sozialistischen Parteien-DaS VerkehrSlokal der Äetzer Genossen befindet sich �der Oelstraße, im Cafs El. Anna. Zugereiste Genossen werde»«sucht, sich des Sonntags Abends dort einzufinden oder sichden Vertrauensmann M. Thiel, Gerberflr. 35, zu wenden.Arbeitnfreundliche Blätter werden um Abdruck gebeten.»*Polizeiliches, Gerichtliches tc.— In Dahlen(Sachsen) verlangte, wie die„Würzen-.Zeitung" mittheilt, der Bürgermeister von dem neugegründeten