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Nr. 44.

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8. Jahrg.

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Fernsprecher: Amt 6, Nr. 4106.

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Beuth- Straße 2.

Sonnabend, den 21. Februar 1891.

Expedition: Beuth- Straße 3.

Wahlrechts- Schmerzen. indeß heißen. Denn in Wirklichkeit ist das Ganze eine braucht man sich nicht lange aufzuhalten.

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Die Junker Jeremiade über das böse allgemeine Wahlrecht und ein behandeln Verfassungsparagraphen stets nach dem Vortheil, Das Reichstags- Wahlrecht ist seit dem gründlichen offenes Bekenntniß zu Gunsten des elendesten aller Wahl- den sie ihnen bringen und ändern und legen Alles so aus, Mißerfolg des Kartellgesindes den Männern der ver- fyfteme, eine Aufforderung an alle Gutgesinnten, die einig wie es in ihren Kram paßt. Das Stück Papier  " ist ja frachten Hurrah- Mehrheit ein Gräuel. Die ganze Schlacht- darin sind, dem Volk Sand in die Augen zu streuen und doch nur der Niederschlag bestehender Machtverhältnisse. reihe der reaktionären Organe stand im Gefecht gegen ein es dann zu schinden und zu schaben nach löblicher Junker- Auf diese aber kommt es an, Bildung und Besitz", lies, Wahlrecht, das die Bildung" und den Besitz durch den art, fest zusammenzustehen und alle Gelüste nach Aus- das Kapital, Grundbesitz, Handelskapital, Industriekapital, blinden Hödur, durch die Massen bändigte, und wie all dehnung des Reichstags- Wahlrechts auf Preußen, ja sollen die Klinke der preußischen Gesetzgebung in der Hand die lieblichen Redensarten lauteten, mit denen die Köln  . nur nach etwelchen kindlichen Palliativmittelchen entschlossen behalten, deshalb der Lärm. Und ist es nicht rührend, wenn, eine Thräne im Auge, Herr von Zedlig als Lohn Beitung", die Pindter'sche Allgemeine" und das ganze zu unterdrücken. Beitungsgeschwister des Kartells wahrlich nicht kargte. Hören wir das Schreckenskind selbst: Gegenüber für Gegenüber für die entsagungsvolle Steuerreform- Thätigkeit der Die Miquel'sche Steuer- Reform" that nun die Er- dem Andrängen auf Einführung des Reichs Wahlrechts Bourgeois" die Verewigung des Zensus- Wahlsystems fordert? örterungen über eine Aenderung des preußischen Wahl- in Preußen gilt es, das bestehende Dreiklaffen- System in Daß sie nur nicht aus eigener Initiative schon längst ihre rechts wieder lebhafter gestaltet, und die Staatsweisen der einer lebensfähigen und lebenskräftigen Gestalt definitiv Sonderinteressen gegenüber dem Gemeinwohl" zurückgestellt bürgerlichen Parteien zerbrechen sich den Kopf, ob und festzulegen." Diese lebensfähige und lebenskräftige Ge- haben, sondern warteten, bis Herr Miquel mit seiner gegebenen Falles wie dies elendefte aller Wahlsysteme, wie stalt" soll, man höre und staune, eine Veränderung des would be- Reform fam! Daß sie refignirt zu wenig einst Fürst Bismarck   offenherzig gesagt hat, umzuformen ist. bisherigen Verfahrens nach dem Muster des Wahl- Steuern zahlten und so nebenbei auch wohl Etliches Selbstverständlich ist der Kernpunkt bei all diesen Debatten der, verfahrens für Stadtverordnete auf der Grundlage des defraudirten, diese Guten und Schönen, diese Stützen des Die Reform" zu Nuz und Frommen der bevorrechteten Klassen Dreitlassen- Systems sein. Man muß an geistigem Maras- preußischen Staates, diese verdienstlichen, wohl verdienenden durchzuführen, also den Pelz zu waschen und ihn nicht mus leiden, wie die Mandarinen- Ritterschaft, um für diese Bourgeois! Mit gutem Gewissen," ruft pathetisch Zedlitz   aus, die Fortschrittspartei Jahrzehnte lang dieser Frage gegen- richtigen Begeisterung bringt es die greifenhafte Athem- und dem dadurch bedingten Nachdrucke wird daher bei der über beobachtet hat; wir wissen, wie die ganze Bourgeoisie noth des von Zedliz, der an dem famosen Vorschlag Feststellung des definitiven Wahlgesetzes in Verbindung fich mit Zähigkeit an eine Einrichtung flammert, welche gar manche Schattenseiten er ist ihm zum Theil mit dem Abschluß einer Steuerreform, deren eines Haupt­Durch den Ausschluß des werkthätigen Volkes die Gesetz- noch zu radikal!!- entdeckt hat. Solch' ein Wahl- ziel die stärkere Heranziehung der wohlhabenden Theile der gebung zu einem Monopol der Besitzenden macht; wir verfahren, nicht Fisch, nicht Fleisch, das immer und aller- Bevölkerung zu den Lasten des Staates bildet, an dem wissen, wie man es verstanden hat, die legislatorische orten dem Kapital die ausschlaggebende Stellung zuweisen Drei klassen Wahlsystem unentwegt festzu­Maschinerie im Interesse der Großen auf Kosten der muß, hat kein Recht aufs Dasein. Es ist Beit, daß es halten sein, welches für die kulturelle und wirthschaftliche Kleinen spielen zu lassen. Unsere entschiedene Ablehnung aus der Kommune verschwindet, und es ist eine reaktionäre Entwickelung eine ungleich sicherere Gewähr bietet, als das gegen eine Institution, die sich auf den Geldfack gründet Schrulle, das miserable Zensusverfahren durch diese Ver- Reichstags- Wahlrecht, und nicht entfernt solchen politischen und die politischen Rechte mit der kapitalistischen   Elle zu- ballhornung upzuvermüntern". upzuvermüntern". Allgemeines, gleiches, Bedenken unterliegt, wie dieses. In Neiche mag es unter mißt, versteht sich von selbst. geheimes Stimmrecht für alle öffentlichen Körperschaften, dem Schutze der Verfassung fortbestehen; aber auch das

naß zu machen. Wir wissen, welch' klägliche Haltung Gestalt" sich zu begeistern. Ja, nicht einmal zu einer

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Es ist widerfinnig, im Deutschen   Reiche das allge- wie im Reich, so auch im Staat und in der Gemeinde, ist nur denkbar, wenn die Wahlsysteme der Bundesstaaten meine gleiche geheime Stimmrecht zu haben und in Preußen das ist unsere Parole. und namentlich Preußens ein gewisses Gegengewicht gegen

den Zensus zum Maßstabe der Wahlberechtigung zu Doch wie begründet der freikonservative Politiker dasselbe enthalten."

machen. Es besteht eben, weil es widersinnig ist. Denn seine Ansicht? Weshalb soll das Dreiklassen- System fest- Wir gratuliren den Herren zu dem guten Gewissen",

der Profit der bürgerlichen Kreise ist sicher und unan- gelegt werden? Nicht blos deshalb, weil dieses System

getastet, die Bebrückung des Volkes geht leichter vor sich, eines der Fundamente der preußischen Verfassung ist, zu welchem sie über Nacht gekommen sind; sie werden es wenn Niemand, der ein wahrer Volksvertreter ist, seine sondern auch, weil es die Gewähr dafür liefert, daß neben nöthig, sehr nöthig haben. Im Uebrigen spricht die Stimme im Landtage erheben kann, wenn nicht die poli- der Masse auch Bildung und Besitz gebührend zur poli- reaktionäre Beichte für sich selbst. Das Volk muß zu Worte kommen auch in den Lands tische Einsicht, sondern die Rente, nicht das Volt, sondern tischen Geltung gelangen. Die wohlhabenden Schichten die dirigirenden Klassen im Rath des Staates fizen und des Volkes sind im Begriffe, durch die Bereitwilligkeit, tagen, und es ist angebracht, den Kampf für die Aus­über Wohl und Wehe der Steuerzahler zu entscheiden mit welcher ihre Vertreter noch über die Vorschläge der dehnung des allgemeinen gleichen geheimen Wahlrechts haben. Regierung hinaus einer höheren Belastung der größeren auf Preußen energisch zu führen und durch verständlich­Bezeichnend für die Auffassung der Sachlage, wie sie Ginkommen zu Gunsten der kleineren und mittleren Ein- verständige Demonstrationen den Willen der Massen zu Das Volt mag sich vorsehen. Wenn die von der Majorität der Landrathskammer gehegt wird, kommen zustimmen, den Beweis zu liefern, daß sie das bekunden. ist ein Artikel, den das enfant terrible der Rechten, der Ab- ihnen von der Verfassung gewährte Wahlrecht in vollem Junker mit einer unbeschreiblichen Gebärde davon reden, daß das Reichstags- Wahlrecht bestehen mag", so sei geordnete Frhr. v. 3ebliz- Neukirch  , im Deutschen   Maße verdienen." Wochenblatt" veröffentlicht hat. Wahlrechts- Fragen" be- Bei der Phrase von dem Klassensystem als" Funda- dafür gesorgt, daß die Hochburgen des Zensus- Wahlrechts titelt er seinen Aussatz, Wahlrechts- Schmerzen müßte er ment der Verfassung", die rein dekoratives Beiwerk ist, ins Wanken gerathen.

Feuilleton.

Nadbrud verboten.]

Bei Mama.

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XX.

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Grausam, entseßlich langweilte sie sich; ihre Verzweiflung müthliche Menschen, mit denen sie sich belustigen konnten, konnte so heftig werden, daß Fanny darüber erschrat. Das tanzen konnten, schwätzen konnten; nur ein Bischen mehr Leben war eitel Lüge. Es gab absolut kein Glück. Für über die Schnur hauen, ein Bischen mehr Bockbier trinken uns Frauen existirten nicht einmal Surrogate; die Männer dürfen, nicht so entsetzlich gebunden sein durch Feigheit und behielten sogar die Kaffeehäuser für sich selbst; ganz abge- Vorurtheile rechnet davon, daß sie das Alleinrecht hatten, zu fofettieren. Und wenn nur hie und da etwas vorginge," sagte Bessere Stellungen?- Weitaus nicht. Was wir brauchten, Fanny. Weißt Du, ich wünschte fast, wir kriegten Revo­Roman von Arne Garborg  . war mehr Freiheit im Leben; aber wenn wir sie erhielten, lution; da geschähe doch etwas!" Es geschah Fanny etwas, früher, als sie sich's vor­Ihre Mitschülerinnen waren hoffnungslos weiblich. so wagten wir feigen, elenden Unterrockwesen nicht einmal fie Unmöglich mit ihnen zu reden. Sie scheuchte sie einmal auch zu gebrauchen; wir waren eben unmöglich! Drum war das gestellt hatte. Eines Abends kehrte sie heim und war alle von sich. Das Storthing hatte beschlossen, das Mini- gauze Emanzipationsgewäsch ein schrecklicher Fehler; eine glücklich. sterium Selmer vor's Reichsgericht zu stellen; das Volk war in Frau vermochte das Leben absolut nicht auszuhalten, außer sie Gabriel Gram hatte Fanny all diese Jahre hindurch zwei Heerlager getheilt und die Leute des einen schalten die war dumm, erz-, grund-, stockdumm; deshalb sollte sie lieber Leute des anderen Verbrecher und Schurken; sogar in den gar nichts lernen; sie sollte nur zum Hausthier und zur Männin geplagt, erst als ein Räthsel, dann als ein böses Gewissen. Mädchenschulen sprach man von Politik; an Fanny wandte erzogen werden, und um sich wohl zu fühlen in all der man sich einmal mit der Frage, ob sie glaube, daß irgend Grauslichkeit, welche mit dem Verheirathetſein zusammen- gewesen. Natürlich galt sie in ſeinen Augen für eine ein Venstremand nun, nach dem Reichsgerichtsbeschluß, noch hing; brrr!- D, welche Ungerechtigkeit von Gott, daß er der dümmsten Gänse von Kristiania  . etwas anderes sein könne, als ein bewußter Schelm- einige Menschen zu Weibern   machte! Fanny war fürchterlich feig in dieser Zeit. Sie lebte von nahm Ebba aus ihrer Kommode einen kleinen stahlblanken Die schuldige Achtung, Fräulein; aber ich bin mit Ihnen um Gotteswillen... ein Revolver!-fertig!"- D, und er, der gerade ein so sehr interessanter geborgtem Geld, und wenn sie da schließlich keinen Bosten Gegenstand bekani!- aber diesmal wurde sie böse und antwortete. Manuf!! Gott   fteh Dir bei, Kind; er ist doch wohl nicht ge- Mensch war! Du prächtiger, lieber Freund", schmeichelte Das Gespräch, welches durch ihre Dummheit damals konnte ebenso gut die Ehrenhaftigkeit der Leute anzweifeln, laden?!"- Ebba, Du einzig treuer, Du einziger, per Rath weiß..." abgebrochen worden, hätte sie nun Lust verspürt, fortzusetzen. - Ist er geladen, frage ich?" Er hatte etwas gesagt, was sie damals nicht einmal anzu­jonetten bedrohten, meinte sie. Ihre Mitschülerinnen| schau Dir ihn an; ist er nicht herzig Sie legte ihn hören wagte; mun hätte sie viel darum gegeben, wenn sie ging fie einſam inmitten der Schaar. Großer Gott, welche wieder weg." Ja, natürlich ist er geladen; das ist ja ge- es wüßte. Und so sollte er denn sein ganzes Leben lang glauben, daß sie dieselbe Gans noch immer sei, eine ge­wünschte im Gespräch mit einer Un- rade das Gute an ihm!"- Doch zu anderen Zeiten konnte Gbba überströmend wöhnliche Aftenpost"-Leserin, bei welcher Vernunft nicht Gbba Troft. Wenn luftig sein. Und wenn die zwei Freundinnen bei guter Laune angriff; uf, sie hätte sich zu Tode ärgern mögen. has Dasein zu unerträglich hub, rettete, fie sich zu Ebba waren, so sagten sie einander, das Mergerlichste sei gerave, hinauf und trank Bodbier. und die beiden Freundinnen daß sie nicht lebensüberdrüssig waren; nur etwas mehr halfen einander sich langweilen. Denn Ebba langweilte sich auch. Unterhaltung, etwas mehr Freiheit.

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hängerin der Linken gesehen zu werden!

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Wenn er sie auf

- Eines Abends der Straße traf, grüßte er höflich, allein halb abwehrend.

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Da hatte sie ihn an einem Märzabend bei Mar­tussen getroffen. Sie wurde ganz verwirrt, als sie ihn ... ein paar recht ge- lerblickte; zum Glück hatte sie heute das schwarze Kleid