Krbetter verein bei der Anmeldung, daß sSmmtliche Mitglieder �hre Personalien in die einzureichende Mitgliederliste eigenhändig eintragen sollen. Gefordert hat er daö wohl, aber fein Wille geschieht nicht, denn das Gesetz steht ihm hierin nicht zur Seite. — Aus Breslau wird uns berichtet, dast am lb. September die gegen den Reichstags-Abgeordneten K u n e r t wegen angeb- licher Aufreizung zum Klassenhaß anhängig gemachte Straf- «rfolgung für unstatthaft erklärt wurde, da die Sache verjährt die Verhandlung über eine Beamtmbeleidigung und sechs Majestätsbeleidigungen. deren sich der genannte Parteigenosse schuldig gemacht haben soll, ist vertagt worden. Ncmrtntmslvs. Stadtverordneten• Versammlung. veffentlicheSitz ung vom Donnerstag, den lö.Septdr., Nachmittags d Uhr. ,. �or der Tagesordnung bemerkt Stadtrath Hübner bezüg- -k 5? Ausführungen des Stadtv. Vogtherr in des letzten Sitzung Uder die lässige Kontrolle bei der Ausführung ungeschlachteten Plehes auf dem Zentral-Viehhofe. daß die Verwaltung der letztere» ngend welche Aussichtsrechte in dieser Beziehung nicht besitzt; viese Kontrolle liege vielmehr ausschließlich in den Händen der �eterinärpolizei. Das Kuratorium werde iudeß, wie schon früher, auch neuerdings Schritte thun, um auf Abstellung der gerügten Mißstände hinzuwirken. Ob absichtliche Betrügereien stattgefunden hatten, entziehe sich seiner Beurtheilung. Zur Berathung steht zunächst der Ausschußbericht über die Magistratsvorlage vom 14. Juni, betr. die Aufnahme zweier neuer Straßen 7a und 7b in A b t h e i l u n g X> des Bebauungsplanes und die Eriverbnng des für den projektirten Platz B ebendaselbst erforderlichen Landes. Wie die Vorlage angiedt, bccibsichiigt der Hof-Maurer- nleister Stargardt, um eine bessere Ausnutzung seines an k kl? e l e r st r a ß e bezw. am Platz B belegenen bedeutenden Grundstücks zu ermöglichen, auf demselben die genannten neuen «rraßen anzulegen und hat demgemäß beantragt, Fluchtlinien Ut L'�elben zur Festsetzung zu bringen. Es würden damit die sm Bebauungsplan vorgesehene Straße 7, ein Theil der westlichen Fluchtlinie des Platzes B und ein kurzes Stück der westliche» ytuchilinie der Sparrstraß« bei der Einmündung der Straße 7 ausgehoben werden müssen.— Im Anschluß an das Stargardt'sche Prmikt beantragt die Norddeutsche Lagerhaus- ■Ultiengesellschaft, die neuen Straßen von der Tegeler- straße über das ihr gehörige Grundstück bis zur Torfstraße bezw. vem Nordufer zu führen, um auch dieses Grundstück der Be- vauung zu erschließen. Die Baudeputation hat über beide Anträgt km günstiges Gutachten erstaltet.auch die durch die neuen Fluchtlinien Bedingte Verkleinerung des Platzes B für unbedenklich erklärt. *>«s Terrain für denselben befindet sich im Besitz der Grund- renten-Geselschaft, welche dasselbe zum Preise von 21 M. pro Quadratmeter pfandfrei der Stadtzemeinde übereignen will. -�er Magistrat ersucht die Versammlung um ihr Einverständniß "sst der Festsetzung der Fluchtlinien und mit der freihändigen Erwerbung des zum Platze B erforderlichen Landes von zirka �'33 Quadratmetern zum Preise von 21 M. fürssden Quadrat- Meter. Zu letzlerem Antrage ist in der Begründung noch bemerkt, Baß es im Interesse der Stadtgemeinde liege, die günstige Ge- legenheit zum Erwerbe des Terrains für Platz B nicht vorüber- ßehen zu lassen, zumal auch der geforderte Preis«in an- gemessener sei. Der niedergesetzte Ausschuß hat sich mit der Anlage der «traßen 7a und 7b einverstanden erklärt, da es, wenn auch iln dringendes Verkehrsinteresse dazu nicht B o r l i e g e, doch wüuscheiiswerlh erscheine, dies« Terrains der Bebauung zu erschließen; dagegen hat er die Bewilligung der 33 393 M. für den Erwerb des Platzes einstimmig abgelehnt, da doch die Unternehmer allein den Nutzen aus der Anlage B« Straßen ziehen würden, und e? ihnen doch auch lediglich Barauf ankomme, ihre Grundstücke so vortheilhaft als möglich auszunutzen. Vielmehr beantragt der Ausschuß die neuen Straßenanlagen nur unter der weiteren Bedingung zu grnehmi- gsn, daß auch das Platzterrain unentgeltlich und kostenfrei an Bw Stadt abgetreten wird. .Ohne Debatte tritt die Versammlung nach dem Referat des Berichterstatters Rast den Ausschußvorschlägen bei. Für eine Reihe von Spezialrechnunge» ans den EtatSjahren 1889/90 und 1890/91, sowie über 8 Baurechnungen wird auf Antrag des Rechnungsausschusses Decharge ertheilt. Zur Beschickung der Weltausstellung in Chicago durch Modelle und Zeichnungen hiesiger Bau-Anlagen Oicht der Magistrat die Znstimmung der Versammlung und die Bewilligung von 27 000 M. zur Anfertigung der betr. Modelle Und Zeichnungen nach. Zur Ausstellung sollen gebracht werden t- das Modell der Sprceregulirung mit Umbau der Damm- Mühlen, 2. Zeichnungen der größeren städtischen Anlagen, wie Brücken, Wasserwerk, Krankenhäuser. Irrenanstalt, Markthalle, Biehhof u. s. w. Der Magistratsantrag wird angenommen. Zu den Kosten der Anschaffung von vier neuen eisernen Oese», IBwi» zur Ausbesserung der Dächer und der Kirchcnfenster, der Wände und des Anstrichs, zur Herstellung von 4 neuen Jalousie- fenstern im Thurm und zum Belegen der Emporentreppen der Andreaskirch« soll ein Patronatsbeitrag von 3090 M. aus der Stadtkasse gewährt werden. Stadtv. F r ä n z e l beantragt Ausschußberathung, da Namentlich die Frage geprüft werden müsse, ob die Stadt im Falle des Unvermögens der betr. Kirchengemeinde auch zur Ge- Währung der Reparaturkosten verpflichtet sei. Die Vorlage geht an einen Ausschuß von K Mitgliedern. Mit dem Entwurf zum Bau einer Jochbrücke über die Anterspre« zur Verbindung der A l t o n a e-r st r a ß e mit der Straße 32» bezw. der Jagowstraße erklärt sich die Versamm- «u>g einverstanden. Die bis zum Schluß des laufenden Rechnungsjahres voraus- Uchtlich entstehenden Ausgaben in Höhe von 1b 000 M. für die dem Magistrat obliegende» Vorarbeiten zur Gebäude st euer» Revision werden bewilligt. Nachdem die Pächter der Restanrationen in den Markt- hellen IX bis XII auf ihren Antrag aus dem Pachtverhältniß zulassen sind, weil sie infolge deS geringen Verkehrs die Pacht- Beträge nicht ausbringen konnten, haben bei der Neu-Ausfchreibung Bur die bisherigen Pächter, und zwar jeder nur für sein bis- Beriges Lokal Gebote abgegeben. Während die Nestanrationen auf 6000, 6000, 3000, und 4500 M durch die Mitglieder des Markt- Mllen-Kuratoriums s. Z. abgeschätzt wurden, betragen die Gebote Nur SOOO, 3000, 1600 und 1000 M. Gleichwohl hat der Magi- strat in Anbetracht der Umstände die Gebot« angenommen und neue Verträge abgeschlossen, bezüglich der Markthalle IX, Pückler- Ntaß». aus drei Jahre, mit den übrigen Pächtern nur bis "3- September 1893, um die weitere Entivickelung des Verkehrs Abzuwarten. „ Die Versammlung ertheilt dem Magistratsvorschlag ihre Zu- Nlmmung. f Zur Herstellung einer Gittermauer an Stelle des ur- iprünglich in Aussicht genommenen neuen hölzernen Einsriedigungs- Zaunes für den st ä d t i s ch e n F r i e d h o f in der GerichtS- Nraß« 37/33 sucht der Magistrat die Zustimmung der Versammlung nach. Die Kosten werden insgesanmit 36 000 M. Betragen. Die Vorlage wird angenommen. .. Nachträglich ist«ine schleunige Vorlage betr. die Amor- der neu aufzunehmenden Anleihe von 70 Millionen Mark ans die Tagesordnung gesetzt worden. Die Minister des Innen, und der Finanzen knüpfen bekanntlich die Genehmigung der von den städtischen Behörden beschlossenen An- leih- an die Bedingung, daß dieselbe mit IVe pCt. statt mit I pCt. jährlich getilgt werden soll, da den genannten Ministern eine stärkere Tilgung bei dem starken Anwachsen der städtischen Schuld, welches auch mit dieser Anleihe noch nicht zum Still- stände kommen dürfte, geboten erscheint. Ohne Debatte wird die Vorlage genehmigt; die Tilgung mit IV» pCt. ist damit beschlossen. Das Ergebniß der zu Beginn der Sitzung vollzogenen Er- fatzwahlen m verschiedene Ausschüsse war bei Schluß der öffent- lichen Sitzung noch nicht festgestellt. Schluß 6V« Uhr. Tokrales. Die Vorstände der hier am Orte domizilirten eingeschriebenen Hilfskassen und Gewerkschaften, sowie der hiesigen Filialen und Annahmestellen auswärtiger Hilfskassen und Gewerkschaften bitten wir um Angabe ihrer Adressen, damit wir in der Lage sind, auf die sehr oft an uns gerichteten Anfragen prompte Aus- kunst zu ertheilen. Die Redaktion des„Vorwärts". Gegen die drohend« Cholcragefahr soll— wohl auf Anordnung des neuernannten ReichskommissarZ für Gesundheits- pflege im Stroingebiet der Elbe, Herrn von Richthofen,— für die Quais und Ankerplätze die Anordnung getroffen worden sein, daß der hiesige Polizeidampfer jetzt ständig die Spree befährt, um scharfe Kontrolle bezüglich etwaiger Erkrankungen von Schiffern auf den hier ankernden Kähnen und Zillen zu halten. Auf dem behördlichen Fahrzeug ist jetzt ständig ein Arzt anwesend, um im Nolhfalle plötzlich eintretender Ebolera-Erlranlungen von Schiffern sofort die erste Hilfe leisten zu können. AnS dem Krankenhanfe Moabit . Die zur Beobachtung in obenerwähntes Krankenhaus eingelieferten choleraverdächtigen Personen— darunter Familie und Schiffsmannschaft des Kahn- Inhabers Lindeniann— befinden sich alle wohl und munter. Im Laufe des gestrigen Tages(Mittwoch) sind drei Personen, in der heutigen Nacht zwei Cholcraverdächtige ein- geliefert worden. Unter Letzteren befand sich auch eine Frau, die des Guten zuviel gethan und— nach Verabfolgung eines „sauren Herings" alsbald wieder aus dem Krankenhause«nt- lassen werden konnte. Der Bestand von choleraverdächtigen Per- sonen im Barackenlazareth betrug am heutigen(Donnerstag) Vor- mittag 47 Personen, es ist auch hierbei eine rapide Ab- nahm« dieser Kranken, die an Brechdurchfall, Diarrhöe u. s. w. leiden, zu bemerken. Robert Lindeinann ist in der heutigen Nacht beerdigt worden. Bezüglich des an der Choiepa asiatioa verstorbenen Schiffers Lindemann erfahren wir noch: Die Lindemann'sche Familie ist nicht in Zerpenschleuse, sondern in Plaue bei Rathe- now ansässig; der Vater des Verstorbenen hatte mit seinem Fahr- zeuge, auf welchem auch Robert L. beschäftigt war, vor etwa drei Wochen Hamburg verlassen und vor 8 Tagen bei Rathenow eine Ladung Steine nach hier eingenommen. In letzterer Ort- schaft ist der junge Lindemann mehrere Male mit dem an der asiatischen Cholera dortselbst verstorbenen Arbeiter und Schifksknecht Kessen in Berührung gekommen und scheint vurch diesen den Keim der Ansteckung erhalten zu haben. Schon an diesem Montag Morgen haben sich bei L., der in- zwischen mit dem Vater nach hier gekommen, Vorboten der Seuche gezeigt, trotzdem aber war der junge Mann nicht zu be- wegen, sich zu Bett zu legen, besuchte vielmehr mit Freunden— gleichfalls wohl Schiffern— verschiedene hiesige in der Nähe des Ankerplatzes belegene Kneipen, um seinen Geburtstag, der an diesem Tage war, zu feiern. L. hat übermäßig getrunken, wodurch die Krankheit naturgemäß schnell zum Ausbruch kam. Die Zille des L. ist vorläufig unter dem gesperrten Joch der Lessingbrücke verankert. AnS dem Lnzareth deS NuterftichnugSgefSngnisseS zu Moabit hat in der vergangenen Nacht ein zu schwerer Zucht- hausstrafe verurlheilter Verbrecher in höchst verwegener Weise seine Flucht bewerkstelligt. Vor einiger Zeit wurde von der hiesigen Strafkammer ein AngeNagter Namens Beck zu sieben Jahren Zuchthaus verurtheilt, nachdem er schon an anderer Stelle mit 8 Jahren Zuchthaus bedacht worden war. Der An- geklagte, welcher somit 15 Jahre Zuchthaus zu verbüßen hat, liegt seit einiger Zeit in einer Zelle des Gefängnißlazareths, welches nach der Rathenoiverstraße zu an das Hauptgebäude grenzt und von Letzterem nur durch einen kleinen Hof» räum getrennt ist. Die Zelle des Beck hat nach dem Hofe zu ein kleines Zellenfenfter, welches noch dazu durch ein eisernes Gitter in vier ganz kleine Abtheilunge» ge- trennt ist. Die Dimensionen sind so gering, dab die Flucht eiueS Menschen durch dieses Fenster fast als eine Unmöglichkeit erscheint. Und doch hat Beck, der die Gewandtheit eineS Schlangenmenschen besitzen muß, es fertig gebracht, durch dieses kleine Loch zu entkommen. Als man heute früh seine Zellenthür öffnete, war der Bogel ausgeflogen und es waren deutliche An- zeichen dafür vorhanden, daß er seinen Weg durchs Fenster ge- nommen. Wie der Flüchtling über das hohe, den Hofraum nach der Straße zu abschließende eiserne Gitter gekommen und unbehelligt hat entivischeu köiineii. obgleich nicht weit davon ein Militär- posten steht, ist ein Räthsel, welches noch der Aufklärung bedarf. Es wird vermuthet, daß der am 14. November 1354 geborene Tischler Emil Beck den Plan zur Flucht sehr sorgsam aus- gearbeitet hatte und ihm bei der Ausführung des Wagestückes Helsershelfer zur Seite standen. Selbstmord durch Stnrz auS dem Fenster! In dem Hause Grenadierstraße LI wohnt seit einiger Zeit der Schmiede- meistcr Herr O l s ch i n s k y mit seiner 52-jShrigen Mutter und deren Töchtern. — Der Gatte der Frau O. war vor Jahresfrist gestorben und die Letztere betrauerte den Tod ihreS Mannes tief; durch unglückliche Umstände war daS Vermögen der Familie verloren gegangen und wiewohl der Sohn Mutter und Ge- schwister anständig ernährte, so scheint Frau O. sich doch die er- littenen Schläge dos Schicksals derartig zu Herzen genommen zu haben, daß sie zu sterben beschloß.— In der heutigen Nacht er- wachte plötzlich die älteste Tochter und sah die Mutter angekleidet auf dem Sopha sitzen. Auf die Frage des Mädchens, warum sie denn nicht schlafe, meinte Frau O.„laß nur mein Kind, ich werde bald lange schlafen".— Was die Mutter mit dieser Aeußerung gemeint, sollte der Tochter bald in furchtbarer Weise klarwerden. Gegen Vi Uhr bemerkt« der patrouillirende Wächter der Grenadier- straße, daß eine Person aus dem Fenster der zweiten Etage deS obenerwähnten Hauses heraussprang und im nächsten Zlugenblick lag die Lebensmüde, in welcher alsbald Frau O. rekognoszirt wurde, mit zerschmettertem Kopf auf dem Trottoir der Straße. Die Unglückliche, welche wenige Minuten daraus verschied, wurde nach dem Leichenschanhanfe gebracht. Ueber de» Selbstmord des Direktors des Bau- oereins„W e i ß e n s e e". Herrm Karl Geriete, gehen uns folgend� Mittheilungen zu. G., der etwa 60 Jahre alt war, hatte, wie aus hinterlaffenen Papieren hervorgeht, sein ziemlich bedeutendes Privatvermögen fast bis auf den letzten Pfennig an der hiesigen Börse im Differenzspiel verloren. Am Montag Mittag fuhr G. nach Neubabelsberg hinaus und verblieb bis spät Abends in dortigen Restaurants. Am Dienstag früh fanden Matrosen des Dampfers auf dem Griebnitzsee die Leiche des G. auf der Dampserbrücke liegen; der Unglückliche, welcher sich eine Kngel durch den Kopf geschossen, hatte angen- scheinlich nach Abfeuern der Waffe ins Waffer springen wollen, um so jede Spur von sich zu verwischen, war aber tödtlich ge- troffen auf der Brücke zusammengebrochen. Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich Dienstag Nach« mittag auf dem Neubau Weberstr. 8. Dort wollte ein Arbeiter ans einer Dachluke nach dem darunter befindlichen Stockwerk einem Kollegen eine Leiter zureichen, diese entglitt seinen Händen und traf die auf dem Hofe spielenden dreijährigen Kinder Paul Trümper und Wally Goldmann. Der Knabe wurde nur unbe- deutend verletzt, das Mädchen erlitt jedoch einen Schädelbruch und wurde mittelst Krankenwagens nach der lluiversitätsklinik befördert. An seinem Aufkommen wird gezweifelt. Polizeibericht. Am 13. d. M. wurde ein zweijähriger Knabe vor dem Hause Zeughofstr. 8 von einem Gefchäftswagen überfahren. Er erlitt einen Bruch des linken Unterschenkels und wurde nach dem Krankenhause Bethanien gebracht.— Im Humboldthain, in der Stahe des Denkmals, wurde Nachmittags ein unbekannter, etwa 20— 25 Jahre alter Mann mit Schuß- wunden in der Brust todt aufgefunden. Augenscheinlich liegt Selbstmord vor.— Am 14. d. M. Nachmittags fiel em elf- jähriger Knabe von einem vor dem Hause Waldemarstraße 20 angebrachten Hängegerüst, welches er unbefugterweise erklettert hatte, aus der Höhe des zweiten Stocks auf den Bürgersteig herab und erlitt Verletzungen am Hinterkopf.— Nachmittags wurde ein Bäckerlehrling in der Backstube seines Lehr- Herrn, in der Schenkend orfstraße, erhängt gesunden.— Abends- stürzte sich ein wohnungsloser Drechsler aus dem Küchenfenster der im zweiten Stock des Hinterhauses Danzigerstr. 142 belegenen Wohnung seiner Ehefrau, mit welcher er im Zerwürfniß lebt,; auf den Hof hinab und erlitt hierbei so bedeutende Verletzungen,. daß seine lleberführung nach dem Krankenhause am Friedrichs-- Hain erfolgen mußte.— Ebenso stürzte sich am 15. d. M. früh eine Frau aus dem Fenster ihrer in der Grenadierstr. 32 im. zweiten Stock belegenen Wohnung auf den Bürgersteig herab, erlitt einen Schädelbruch und verstarb auf der Stelle.— Am' 14. d. M. fanden drei kleine Brände statt. Gegen de« Chefredaktenr der„Kreuz-Zeitung ", Frei- Herrn von Hammer st ein, richtete sich eine Privatklage des Licent. G r ä b n« r, welche heute das Schöffengericht beschäftigte. Licent. G r ä b n e r ist Vorsitzender des„Vereins zur Bekämpfung des Antisemitismus" und Herausgeber der Vereinszeitschrift. In der letzteren war auf Grund eines Berichts, den die Zeitung „Das Volk" über eine Versammlung des Rektors Ahlwardt ge- bracht hatte, die Behauptung aufgestellt worden, daß das„Volk" über diese Art von Versammlungen begeisterte Berichte bringe. Das„Volk" hatte in einer scharfen Abwehr diese Behauvtuug als eine„freche Lüge des Licent. Gräbner" bezeichnet, und die „Kreuz-Zeitung " hatte diesen Abwehrartikel abgedruckt und in milderer Form nur von„Lüge" gesprochen.— Der Vertreter des Privatklägers. Dr. E. Friedemann, beantragte die Bestrafung des Freiherrn von Hammerstein, da hier zweifellos eine Beleidigung vorliege, die um so schwerer wiege, als für den Inhalt der Vernns- zeitschrift ein ganz Anderer verantwortlich sei und Licent. Grabner von dem betr. Arttkel gar keine Kenntniß gehabt habe.— Assessor Naumann, als Vcrthetdiger des Angeklagten, beantragte, die Verhandlung vorläufig zu vertagen, bis ein gegen den Redakteur des„Volk", B a l l a, aus demselben Grunde er- hoben« Anklage erledigt sein wird.— Rechtsanwalt F r i e d e- mann widersprach der Vertagung und machte darauf aufmerk- sam, daß demnächst die Sitzungen des Reichs- und Landtages, deren Mitglied Frhr. v. Hnmmerstein sei, wieder beginnen und dann in absehbarer Zeit eine Erledigung der Angelegenheit über- Haupt nicht zu erwarten sei.— Der Gerichtshof lehnte eine Ber- tazung ab und verurlheilte den Angeklagten mit Rücksicht auf seine wiederholten Vorstrasen wegen Beleidigung zu 100 Mark Geldbuße event. 10 Tagen Hast. Ei« jugendlicher Schwindler, der, nach seinem ersten Debüt zu urlheilen, es noch weit bringen kann, ist der 17jährige Lehrling Richard Wolter, der gestern in Gemeinschaft mit feinem Mitlehrling Paul Weilrecht sich wegen Urkunden« s ä l s ch u n g und Betruges vor der 7. Strafkammer zu ver- antworten hatte. Wolter kaufte eines Tages in dem bekannten Wertheim 'schen Geschäft in der Rosenthalerstraße ein Paar Stiesel und mehrere ander« Kleinigkeiten für den Gesammtpreis von 9,33 M Er bekam einen hierüber lautenden Koupon, gegen dessen Bezahlung er an der Kasse die Waare in Empfang nehmen sollte. Statt dessen radirte er vor der Thür des Geschäfts die auf dem Koupon vermerkte Summe aus und fügte an Stelle derselben den Preis von O.lS M. hinein. Der zweite Angeklagte ließ sich dann bereden, gegen Zahlung von 18 Ps. an der Kasse daS Paar Stiefel in Empfang zu nehmen. Der Verkäuferin kam aber der Umstand, daß für 13 Pf. ein Paar Stiefel ausgehändigt werden sollte, sehr bedenklich vor und als sie den Koupon näher besah, entdeckte sie die Rasur. Weilrecht ergriff nunmehr die Flucht, wurde aber am anderen Tage auf der Straße von einen, Haus- diener des Geschäfts wieder erkannt und verhaftet. Die Folge war die Anklage gegen die beiden jugendlichen Lehrlinge. Während Wolter im Termin seine Schuld eingestand, bestritt Weilrecht ent» schieden, gewußt zu haben, daß bei der ganzen Sache etwas Unrechtes im Spiele gewesen sei. Aus Antrag des Rechtsanwalts Dr. Haas« wurde der Lehrherr dieses jungen Menschen über die phänomenale— Dummheit des Letzteren vernommen. Der Lehrherr bestätigte denn auch. daß der Junge ganz brav und wahrheitsliebend sei, sich aber durch besondere Dummheit aus- zeichne und deshalb von seinen Kollegen häufig zu allerlei Dummheiten gemißbraucht werde. Sein schmeichelhaftes Gut- achten schloß der Lehrherr mit der Versicherung,„daß ihm in seiner 30 jährigen Praxi? ein so einfältiger Lehrling, der in seiner Dummheit auf Alles eingehe, noch mcht vorgekommen sei." — Der Gerichtshof trug dieser geistigen Unbeholfenheit Rech- nung, indem er Wcilrecht freisprach. Wolter wurde dagegen zu einem MonatGefängniß verurtheilt. «in berüchtigtes Verbrecherpaar wurde gestern der zweiten Strafkammer de? Landgerichts I in den Personen des Drechslers Ernst Feinbube und der Wittwe Marie Boldt,� geb. Krohn, vorgeführt. Beide Angeklagten haben seit vielen Jahren dem Ladendiebstahl obgelegen, sie sind im Zuchthause ergraut. Jetzt wurden ihnen wiederum fünf derartige Diebstähle zur Last gelegt, wobei noch erschwerend ins Gewicht fällt, daß sie die bis dahin unbescholtene Schneiderin Anna Brünne bcein- flnßt hatten, sich ihnen anzuschließen. Als im April der übliche Markt in der Frankfurter Allee abgehalten wurde, begaben sich alle drei auf einen gemeinschaftlichen Raubzug. Es wurden solche Buden ausgesucht, in denen nur ein Verkäufer anwesend war. Feinbube beschäftigte denselben, indem er sich ver- schieden« Maaren vorlegen ließ und während dieser Zeit führten die beiden Frauen Diebstähle auS, indem sie die erreichbaren Maaren in den Korb hineinschoben, den sie unter einem großen Umschlagetuche versteckt hielten. Die Brünne zeigte sich als eine gelehrige Schülerin, denn sie hatte in ihrem Korbe außer anderen Gegenständen drei Paar Stiefel, als sie von einem Kriminal- beamten gefaßt wurde. Sie legte vor Gericht ein offenes Ge» ständniß ab und erreichte dadurch, daß sie mit einer Gesängniß- strafe von einem Jahre davonkam. Feinbube wurde jiu fünf Jahren Zuchthaus und den üblichen Nebenstrafen, die Boldt zu drei Jahren Zuchthaus verurtheilt. Die Wittwe Minna Haupt und der Kaufmann Julius Töpfer standen gestern wegen gemeinschaftlicher Urkunden«/
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