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Nr. 274. 22. Jahrgang.

zählungen.

3. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt. Mittwoch, 22. Movember 1905.

Volkswirtschaftliche Rundfchau.

Gewerbegerichtsgeseh in allen Orten mit mehr als 20 000 Gin-| Frankreich  , Bulgarien   und Serbien   ihre Bevölkerung in 5jährigen

Die preußischen und deutschen   Volks wohnern ein Gewerbegericht errichtet werden muß. In Orten mit Zwischenräumen, die meisten anderen Staaten, die in Betracht yon Gastwirtschaften und dergleichen vom Nachweise eines vor- An sich ist es schon bedeutungsvoll, wie groß die Bevölkerung handenen Bedürfnisses ab. Ferner unterscheidet die Gewerbe- ber verschiedenen Weltteile, der einzelnen Länder in den Weltteilen, ordnung in ihrem§ 139c, der von der Ruhezeit in offenen Ver- der Teile der Länder ist. Mannigfache Vergleiche ergeben sich. Wir taufsstellen handelt, zwischen den Orten mit weniger und mehr als stoßen auf wichtige Beziehungen, die für andere Wissenschaften, so 20 000 Einwohner. Auch im Krantenversicherungsgeseh, im Gefeße für die Geschichte, insbesondere aber für die Geographie von großer über die Befundung des Personenstandes und die Eheschließung in Bedeutung sind. Die Kenntnis der Fläche eines Gebietes und ihrer den Bestimmungen über die Einreihung der einzelnen Orte in Bevölkerung gibt uns die Möglichkeit, die Dichtigkeit der Bevölkerung Serviceklassen spielt die Volkszahl eine Rolle. Und in noch höherem fennen zu lernen, d. h. das Verhältnis der Volkszahlen zum Raum. Maße als die Gesetzgebung und Verwaltung des Reiches benötigen Wie dieses verschieden ist nach der durchschnittlichen Jahres-, oder die Einzelstaaten und deren niedrigere Verwaltungsgemeinschaften Sommer- oder Wintertemperatur, je nach der Höhe der Wohn­sowie die Gemeinden einer Feststellung der Volkszahl. orte über den Meeresspiegel, je nach Flachland oder Gebirgsgegend und so weiter.

weniger als 15 000 Einwohnern hängt die Erlaubnis zum Betriebe tommen, nach Ablauf von je 10 Jahren.

Als Professor van der Borght als Leiter der ersten statistischen Stelle im Reiche ernannt wurde, war man sich nicht recht klar, was von dieser unerwarteten Ernennung zu erwarten war. Jett tann man wenigstens drei Leistungen feststellen, die von ihm mehr oder minder zu verantworten sind, der Aufschub der Berufszählung, der von mißtrauischen Leuten auf andere, als die offiziell bekannt gegebenen Gründe zurückgeführt wird, vor allem auf die Absicht, den beim Antritte des neuen Präsidenten völlig vorliegenden Plan den Wünschen agrarischer Interessenkreisen anzupassen und eine Ver­schiebung in dem wirtschaftlichen Beamtenkörper herbeizuführen, damit der Bearbeiter der letzten Berufszählung durch einen mit den Wünschen der Agrarier völlig vertrauten Mann ersetzt werden fönne. Die zweite Leistung ist die Beschränkung und Benjurierung Der wissenschaftlichen Arbeiten der Mitglieder des reichsstatistischen Amtes. Die dritte Leistung ist nun die demnächst in die Praxis übersetzte Erfindung der kleinen Volkszählung".

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Aus Anlaß der bevorstehenden Zählung wollen wir einen Blick werfen auf Begriff und Bedeutung der Volkszählung und auf die Ergebnisse der vorangegangenen Bählungen der Bevölkerung" in Preußen und im Deutschen   Reiche.

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Was ist eine Volkszählung? Georg von Mayr   sagt furz in seiner Statistik und Gesellschaftslehre": Die auf die direkte Ermittelung der Bestandmasse der Bevölkerung gerichtete Massen­beobachtung heißt" Volkszählung". Als Volkszählung im engeren Ginne, als welche auch die am 1. Dezember 1905 vorzunehmende zu betrachten ist, bezeichnet Mayr jene Bestandsermittelungen der Bevölkerung, deren Zweck es ist, die Zahl der Bevölkerung und deren Unterscheidung nach natürlichen und sozialen Gesichtspunkten von allgemeiner Bedeutung festzustellen. Die demnächst stattfindende Volkszählung ist aber vornehmlich nur ein Mittel zur Feststellung des Bevölkerungsstandes.

Vielen erscheinen die Zählungen als eine ganz unnüße Be­läftigung der Bevölkerung. Diese Auffassung ist ein Irrtum. Die Bolfszählungen find sehr fostspielige Unternehmungen, die von der Staatsgewalt sicherlich unterlassen würden, wenn man sie entbehren fönnte. Mischler sagt, alle Statistit sei Verwaltungsstatistit. Das zerstört einen anderen Irrtum, nämlich den, daß die Statistik nur wissenschaftlicher Bmede wegen von der Staatsgewalt gepflegt werde. Mag die Wissenschaft aus den statistischen Ergebnissen auch nachträglich die staatlichen Verwaltungen nicht direkt oder überhaupt nicht interessierende Kombinationen, Vergleiche und Schlüsse ziehen, so hat doch jede statistische Erhebung amtlicher Art wichtige 8wede der Verwaltung zu erfüllen oder fünftige Aufgaben derselben vorzubereiten. Dies gilt vor allem für die Volkszählungen im Deutschen   Reiche und dem früheren Zollvereine. Bahn hat in seiner Verarbeitung der Ergebnisse der Bolkszählung vom 1. Dezember 1900 im Deutschen   Reiche( Statistit des Deutschen Reiches Band 150 und in den Jahrbüchern für Nationalötonomie und Statistit III. Folge Band XX) auf die große Bedeutung der Volkszählungen für die Verwaltung hin­gewiesen.

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Aber nicht bloß für bestehende Verwaltungszwecke, sondern auch für zukünftige Aufgaben der Gesetzgebung und Verwaltung ist die genaue Kenntnis der Volkszahl entweder direkt, oder als Ver­gleichsmoment, beztv. als Grundlage der Berechnung von großer Bedeutung. So ist es bei allen steuerpolitischen Plänen von großer Wichtigkeit, die Volfszahl zu kennen und mit ihr gewisse Grund­lagen der Steuern in Vergleich zu ziehen, oder zur Kontrolle der Besteuerung und ihrer Wirksamkeit die Veränderung in dem Be­völkerungszustande fennen zu lernen. Die Volkszählung wird gerade durch ihre neutrale Form die Basis einer Kontrolle für alle speziellen Erhebungen der Verwaltungen nicht nur in der Steuerpolitik, sondern auch in der Kriminalpolitik, in der Ab­rechnung der Arbeiterversicherung, der Sparkassen, der Zollerträge nisse usw. Nicht minder ist die Volkszählung bedeutungsvoll für die Kontrolle des Militärersahgeschäftes, der durch Wanderungen entstandenen Verschiebungen der Bevölkerung, der Ausländer, ber Veränderungen im nationalen Besitzstande und dergleichen. Viele Gemeinden suchen, wenn auch sicherlich nicht gefördert durch das reichsstatistische Amt, die Fragen der Volkszählung um einige weitere, ihren besonderen Zweden dienliche zu vermehren, so insbesondere durch Feststellungen der Wohnungsverhältnisse, wie bies im Jahre 1900 z. B. in Berlin   geschah und im Jahre 1905 in Düsseldorf  , Chemnik und Karlsruhe   in Baden   durch Zusatzfragen geschehen wird.

Für jede einzelne Frage der Volkszählungen läßt sich der Nach­weis erbringen, daß sie bestimmten Berwaltungszwecken oder der Erfassung besonderer Eigenschaften der Bevölkerung zu dienen hat. So ist z. B. die Altersgliederung der Bevölkerung von Bedeutung für die Feststellung der Zahl der schulpflichtigen Kinder und der für den Militärdienst in Betracht kommenden Bevölkerung, ferner für die Invaliditätsversicherung, für das Verhältnis der Groß zu den Minderjährigen usw. Ebenso ist für eine richtige Kriminal statistik wichtig festzustellen, wie viele Personen innerhalb und außerhalb des strafmündigen Alters stehen.

Für die Statistik der Bevölkerungsbewegung, der Zahl der Che­schließungen, Geburten und Todesfälle bildet das Ergebnis der Volkszählungen einen wichtigen Ausgangspunkt und speziell die Feststellung der ehemündigen Männer und Frauen eine nicht be­beutungslose Kontrollmaßregel. Bei den sich entgegenstehenden Interessen städtischer und ländlicher Bevölkerung, die für unsere Gesetzgebung und Verwaltung von großer Bedeutung sind, ist die Konstatierung der Bevölkerung nach Landstädten, Klein, Mittel­und Großstädten und nach der Gliederung der ländlichen Be­völkerung besonders deswegen wichtig, weil hier eine tendenziöse Verarbeitung des Urmateriales unüberwindlichen Schwierigkeiten begegnet und somit ein Kontrollmittel gegen eine spätere tendenziöse Behandlung der Berufsstatistit geschaffen wird.

Die Ungleichheiten geben Anlaß zur Erforschung ihrer Ver­urfachung und damit bedeutungsvolle Anregungen zu einer tieferen Erfenntnis der die Vermehrungsvorgänge der Menschheit regelnden Urfachen. Wo wir aber dauernde Gleichheit der Feststellung finden, werden wir von einer gewissen Gefeßmäßigkeit reden können. Freilich sind wir in der Erkenntnis der gefeßmäßigen Vorgänge noch sehr weit zurück und vieles, was einst als Gesek galt, hat sich nachher nicht als allgemein gültig erwiesen.

Eine tiefere Beobachtung führt auch das Verhältnis der Ges burten und der Sterbezahlen auf soziale Ursachen zurüd. Aehnlich wie die Zahl der Eheschließungen, die der Verbrechen, vor allem der Eigentumsdelikte im Zusammenhange steht mit den Lebens­bedingungen der Bevölkerung, so z. B. mit den Preisen für die unentbehrlichen Lebensmittel, wie Getreide und Fleisch, mit der Fülle der Arbeitsgelegenheit oder mit dem Mangel derselben, so gilt dies auch für das Verhältnis der Ledigen zu den Verheirateten, für die raschere oder langsamere Verminderung der Bevölkerung und ebenso für den Grad ihrer Vermehrung und zwar besonders für die eheliche Vermehrung und die uneheliche.

Bu ganz besonders bedeutungsvollen Schlüffen kommen wir dann, wenn wir die Glemente der Volkszählungsergebnisse für längere Perioden erfolgreich kombinieren können mit den Angaben der Berufsstatistit. Schon das, was wir heute über die proletarische Kindersterblichkeit, über das durchschnittliche Lebensalier in ver­schiedenen Berufen statistisch feststellen konnten, eröffnet uns wert­bolle Aussichten für fruchtbare soziale Betrachtungen in der Zukunft. Schon heute wissen wir aber auch, daß für wichtige Bevölkerungs­vorgänge andere Maffenerscheinungen in der Arbeiterklasse festzu­stellen sind, wie in den befizenden Klassen, so hinsichtlich der Zeit der Eheschließung, so bezüglich der Legitimierung vorehelicher Kinder, so vielfach bezüglich der Zahl der Kinder und deren Lebens­fähigkeit.

Die Volkszählungen ergeben auch neben der allgemeinen Dichtigkeit der Bevölkerung Aufschlüffe über die Art der Ansammlung in gedrängt oder zerstreut zusammenwohnender Be­völkerung. Bon welch großer Bedeutung diese Frage für die ge­samten Rebensbedingungen der Bevölkerung, für die Entscheidung steuerpolitischer Fragen ist, bedarf einer weiteren Auseinander­segung nicht. Zwischen der Dichtigkeit und den Anhäufungsver­hältnissen bestehen Beziehungen, die man am genauesten in der Ent­widelung des Umkreises der Großstädte und in dem Abzug der Be­völkerung vom flachen Lande zu beobachten vermag.

Wenn im Bollverein die Bolkszählung eine Grundlage der Boll abrechnung zwischen den zollvereinigten Staaten war, fo bildet Wenn man bedenkt, wie mannigfaltig die Bedeutung der Volks­innerhalb des Deutschen Reiches die Volkszählung die Basis für zählungen für die Physik des Staates und der Gesellschaft" ist, Die gegenseitige Abrechnung unter den einzelnen Bundesstaaten, so darf man sich die fleine Belästigung, die mit der Volkszählung und zwar namentlich für die endgültige Feststellung der Matrikular berknüpft ift, nicht verdrießen lassen. Es handelt sich bei den Bolts­beiträge und für die Abrechnung über die gemeinsamen Boll- und Bon nicht zu unterschäßender Wichtigkeit sind weiter die Ver. zählungen um Arbeiten, die sich in der vollsten Oeffentlichkeit ab­Steuereinnahmen. Ebenso fommen die Ergebnisse der Volkszählung gleiche, die zwischen den Volkszählungen verschiedener Länder spielen. Ernst Engel   fagte schon richtig bor 50 Jahren, daß das in Betracht für die Abrechnung der Ueberweisungen nach der gezogen werden können. So ist gegen die vom Bundesre sche befruchtende Element der Statistik die Deffentlichkeit sei. Aber das Frandensteinschen Klausel. Auch die Abrechnungen des Reiches mit regelmäßig betonte Notwendigkeit der Armeevermehrung unzu- Interesse der Bevölkerung an der Statistik und die Willigkeit, diese den Bollausschlüssen( Helgoland und der Hafen bei Geestemünde  - wenden, daß die Bevölkerungstüchtigkeit im Deutschen   Reiche von Arbeiten zu fördern, wäre bedeutend größer, wenn zwischen den Bremerhaven  , das Hamburger Freihafengebiet, einzelne badische Bählung zu zählung gewaltig zunimmt, während sie in Frankreich   Erhebungen der Einzeldaten und den Beröffentlichungen der Era Ortschaften usw.) finden auf Grund der durch die Volkszählungen fast vollständig gleich bleibt. Die durchschnittliche jährliche Zunahme gebnisse feine zu lange Zeit verstreicht. Dies liegt auch im Inter­festgestellten ortsanwesenden Bevölkerung statt. Aehnliche Besim Deutschen Reiche betrug nach den letzten Volkszählungsergebnissen effe der Statistik selbst, damit diese, um nochmals ein Wort von rechnungen finden für die indirekten Steuern in diesen Gebieten, 1,50 Broz., während sie in Frankreich   bloß 0,38 Proz. beträgt. Engel zu gebrauchen, noch einen Fingerzeig für die Zukunft, und dann für einzelne thüringische Gebietsteile hinsichtlich der Brau- Wir fommen mit dieser Bemerkung schon auf ein anderes nicht bloß einen Rückblick für die Vergangenheit gewähre. Man steuer statt. Ferner ist die Volkszählung von Bedeutung für die Gebiet, auf die bedeutungsvolle Tatsache, daß die Voltszählungen würde bei einer vascheren Veröffentlichung des statistischen Er­Abrechnung des Reiches mit den, Bollanschlüssen( Zuremburg und neben ihrer Zwedbestimmung für die Verwaltung und Gesetzgebung gebnisses nicht das Wort von der statistischen Mafulatur geprägt awei österreichische Gemeinden). auch wissenschaftlich zur Erkenntnis wichtiger sozialer Maffen haben und es wäre leichter für die Erhebungen der amtlichen erscheinungen von sehr großer Bedeutung sind. Die Volkszählungen Statistik und für ihre Ergebnisse Interesse vorauszusehen. Das find eben schon durch die Entwickelung des staatlichen Organismus tann aber sicherlich nicht geschehen, wenn, wie diesmal, erst wenige infolge der zahlreichen Aufgaben, die dem modernen Staate gestellt Wochen vor der neuen Volkszählung vom Bremer statistischen Amte sind, nicht nur Feststellungen der Stopfzahl, fie zählen nicht nur die die Resultate der letzten Volkszählung vom Jahre 1900 veröffent Bevölkerung, fie stellen auch eine Menge von Besonderheiten der licht werden. selben dar, und durch ihre regelmäßige Wiederholung ermöglichen Das 19. Jahrhundert zeichnete fich trop gewaltiger Be­fie die Beobachtung eines Gleichbleibens oder Wechsels dieser Bevölkerungsabgabe Europas   an die anderen Weltteile durch eine fonderheiten. Durch die Regelmäßigkeit, mit der in allen Stultur- außerordentlich starke Boffsvermehrung aus, die im engsten Zu­staaten Volkszählungen stattfinden, wird eine Vergleichbarkeit der fammenhange stand mit der Entwickelung der wirtschaftlichen Ergebnisse derselben in verschiedenen Ländern und des Verhältnisses Faktoren, mit der technisch- ökonomischen Revolution durch den der auf dem Wege der Volkszählung statistisch erfaßbaren demo- Siegeslauf der Maschinerie. Mancherlei Anzeichen sind vorhanden, graphischen( boltsbeschreibenden) Elemente ermöglicht, wie wir dies daß die Volfsmehrung im 20. Jahrhundert einen langsameren Gang eben hinsichtlich der Bevölkerungszunahme angedeutet haben. Wohl nehmen wird. Die bevorstehende Zählung, vor allem aber die war es bisher nicht durchzuseßen, daß die Volkszählungen in allen darauf folgende im Jahre 1910, die wiederum eine Art Welt­Ländern in den gleichen Zwischenräumen und an demselben Tage zählung sein wird, werden uns lehren, ob diese Vermutungen der stattfinden, doch ist eine starte Annäherung der Vergleichbarkeit Bevölkerungsstatistiker durch die Ergebnisse der Bevölkerungs­erzielt worden. Außer dem Deutschen Reiche   zählen bisher nur aufnahmen ihre Bestätigung finden.

Die Friedenspräsenzstärke des Deutschen Reiches bemißt sich nach der durch die Volkszählung ermittelten Bevölkerungsziffer. Auf Grund der Volkszählung wurde durch das Wahlgesetz vom 31. Mai 1869 die Abgrenzung der Reichstagswahlkreise vor genommen; fie blieb allerdings leider bis zum heutigen Tage, trok Ser gewaltigen Verschiebung der Bevölkerung, unverändert. Ebenso hat man bei der Regelung des Münzwesens den Gesamtbetrag der Scheidemünzen nach der Kopfzahl der Bevölkerung geregelt, indem festgestellt wurde, daß auf den Kopf der Bevölkerung nicht mehr als 2,50 M. Nidel- und Kupfermünzen und 15 M. Silber­münzen geprägt werden dürfen. Aber nicht nur die Feststellung der Gesamtzahl des Deutschen Reiches und der Bevölkerung der einzelnen Bundesstaaten ist für Berwaltungszwede wichtig, nicht bloß die Unterscheidung der männlichen, also des in militärischer Beziehung in Betracht kom­menden Bevölkerungsteiles, sondern auch die Feststellung der Bolts­zahl aller Ortschaften. Bekannt ist unseren Lesern, daß nach dem

Hus der Frauenbewegung.

An die Parteigenoffinnen Berlins  !

Durch die Bestimmungen des§ 8 des preußischen Vereinsgefezes tst zwar dem weiblichen Teil der Bevölkerung, den Frauens personen", wie es so schön im Gesetze ausgedrückt ist, untersagt, politischen Vereinen als Mitglieder anzugehören. Dieses bestehende gefegliche Unrecht tann jedoch die Proletarierin nicht hindern, eine politische Ueberzeugung zu haben, Sozialistin zu fein,

Unfer Partei, die gleiches Recht für alle auf ihre Fahne ge­schrieben hat, zeigt im Abfag 2 des§ 10 des Organisationsstatuts, welcher lautet: Die Vertrauenspersonen sind berechtigt, freiwillige Beiträge entgegenzunehmen und durch besondere Marken zu quittieren", den Weg, den die Parteigenossinnen beschreiten tönnen, um ihre Barteizugehörigkeit zu befunden und damit dem§ 1 des Organisationsstatuts, welcher lautet: 8ur Partei gehörig wird jebe Person betrachtet, die sich zu den Grundsägen der Partei bekennt und diese dauernd durch Geldmittel unterstützt", voll zu genügen.

Für diesen gwed werden von den weiblichen Vertrauens­personen Karten für freiwillige Beiträge an Genofsinnen verabfolgt, die, um es möglichst bequem zu machen, bei folgenden Genofsinnen zu haben sind:

i. Laden; Frau Banzeram, N. Bappel- Allee 128, I; Frau Bauschke, NW. Rostockerstr. 43, Duergeb. I; Frau Wulff, NW. Rostockerstr. 9, Hof part.

Militarismus.

Seit langen Jahren rufen die enormen Ausgaben, die für den Moloch Militarismus" aufgewendet werden, berechtigte Entrüftung im Volfe hervor. Besondere Ursache, dieses System einmal genauer anzuschauen, haben auch die Frauen, da sie die gewaltigen Summen, die der Moloch verschlingt, mit aufbringen müssen. Denn jeder Deutsche   ist diesem Moloch tributpflichtig; die deutsche Bevölkerung bezahlt nach einer Berechnung aus dem Jahre 1903 jährlich pro Stopf rund 21 M. für Heer und Marine.

Der Steuerzettel verzeichnet diese Laft freilich nicht. Kein Gerichtsvollzieher pfändet diese Summe. Wir bezahlen sie in den durch Zölle und indirekte Steuern fünstlich erhöhten Preisen unserer wichtigsten Lebens und Genußmittel. Wäre diese fünftliche Ver­teuerung, die dem Militarismus dient, nicht da, so würde der inappe Lohn des Arbeiters viel weiter reichen. So fönnte die Mutter den Kindern größere Brotschnitten schneiden und brauchte sie nicht vornehmlich auf Kartoffeltoft zu sehen, unzureichend für den Aufbau eines gesunden Körpers, der gesunden Geist beherbergt. Und bitter muß es die Mutter empfinden, daß bei jeder Ber­größerung der Familie auch der Tribut an den Militarismus wächst. Bom Kinde schon nimmt er die Steuer, denn das Kind verzehrt ja auch die vom Militarismus verteuerten Lebensmittel. Der Kinder­fegen, von dem die Bibel spricht, er wird in unserer verderbten Ge­sellschaft zum Fluch!

Frau Döring, W. Steinmegstr. 28, Sof IV; Frau Lug, SW. Waterloo- Ufer 9, im Laden; Ottilie Baader  , S. Blücherstr. 49; Frau Kulide, S. 42 Prinzenftr. 102, III; Frau Hönide, SO. Wienerstr. 43, i. 2.; Frau Deutschmann, O. Borndorferstr. 11; Diese Militärlaften beuten das arbeitende Bolt bis zum Weiß­Frau Schädlich, O. Friedenstr. 49, Quergeb. part.; Frau Marg. bluten aus; wie ein Krebsgeschwür am menschlichen Körper Ver­Bengels, O. Gubenerftr. 42, 2. Aufg. IV; Frau Beipert, NO. Marien- beerungen und Verwüstungen anrichtet, so berübt der Militarismus burgerstr. 22, Quergeb. I; Frau Stunze, N. Straßburgerstr. 12, Quer Verwüstung am Gesellschaftsförper und untergräbt die Volkswohl­geb. IV; Frau Matschle, N. Wolgasterstr. 8, v. III; Frau Schmidt, fahrt, daß Not und Elend in breiten Boltsschichten nicht ver­N. Brunnenstr. 91, Seitenflügel II; Frau Seeger, N. Kolbergerstr. 3, schwinden.

Ad. Br.

Der Militarismus ist ein 8willingsbruder des Kapitalismus  . Während dieser Staubbau mit der Arbeitskraft des Proletariats treibt, für möglichst niedrige Löhne die Arbeitskraft der Bevölkerungs­mehrheit ausbeutet, suchen die gefeßgebenden Körperschaften die ge­waltigen Summen, die der Militarismus verschlingt, durch Steuern und Verbrauchsabgaben aus den Taschen des Proletariats heraus­zuholen.

Schon jetzt warten Kriegsminister und Marine- Staatsekretär sehnsüchtig auf die Goldströme, die der neue Zolltarif für dieses System bringen wird. Alle Milliarden, die der Militarismus ver­schlingt, werden vorwiegend durch die Besteuerung der Armen und Aermiten aufgebracht, und wahrlich, die Summen sind nicht gering! Im Jahre 1880 betrug die Gesamtausgabe für Heer und Marine 463 Millionen Mart, im Jahre 1903 waren schon 1065 Millionen Mart notwendig, um die laufenden Ausgaben zu decken und immer neue Quellen werden gesucht und gefunden, um Futter für diesen Moloch herbeizuschaffen. In der nächsten Reichtags- Session wird wiederum versucht werden, aus dem Tabak und dem Bier neue Summen herauszupreffen.

Tausende und Abertausende junger fräftiger Söhne des Volfes werden alljährlich aus ihren Berufen herausgerissen, um sich einem Drillsystem zu unterziehen, das den Menschen zur Maschine ent­würdigt.

Durch den Militarismus werden die Klaffengegensäte verschärft und das Volk vom Volfe getrennt, Wenn es befohlen wird, müßt 3hr auf Vater und Mutter schießen!

Angesichts solcher Tatsachen fann es nicht wunder nehmen, daß die Mutter ihren unter Schmerzen und mit Gefahr des eigenen Lebens geborenen Sohn nur ungern den bunten Rock anziehen läßt. Weiß sie doch von vielen Nachrichten über schändliche Soldaten­mißhandlungen, was eventuell auch ihrem Sohne paffieren lann. Denn das militärische Drillsystem treibt rohe, gefühllose Vorgesezte gar leicht zu Soldatenfchindereien, wodurch schon manches blühende Merschenleben frühzeitig vernichtet worden ist. Durch den aller