Nr. 286. 22. Jahrgang.2. StildjlC ittü.AwW" Knlim WMM.Donnerstag, 7. Dezember IM.k�errendaus.L. Sitzung. Mittwoch, den s. Dezember, t Uhr.Am Ministertisch: Dr. B e s e l e r.Das Andenken an die verstorbenen Mitglieder wird w derüblicken Weise geehrt.Aus der Tagesordnung stehen in erster Linie: GeschäftlicheMitteilung« rr.Präsident Fürst zu Inn- und Knyphausen macht Mitteilung vonder Konstituierung der Abteilungen und von den eingegangenenLorlagen.Hierauf werden die Herren Generalleutnant Freiherr v. Haustein, Kommerzienrat H a n i e I. Großadmiral v. K ö st e r undGraf v. Kayserling-Rautenburg in der vorgeschriebenenForm vereidigt.Damit ist die Tagesordnung erledigt.Nächste Sitzung: Donnerstag 1 Uhr sKleine Vorlagenund Gcsetzeniivurf betreffend die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst.)Schluß 1'/« Uhr.Hbgeordnctenbaue.s. Sitzung vom Mittwoch, den o. Dezember 1006,vormitta gS 11 Uhr.Am Ministertisch: v. Budde.Auf Vorschlag des Abg. Stengel(frk.) wird das alte Präfl-dium durch Zuruf wiedergewählt.ES folgt die Verlesung der InterpellationenS t r o s s e r<k.) und v. Schenckendorfß über das S p r e m-berger Eisenbahnunglück.Auf Anfrage des Prästdenten erklärt ein RegierungS-kommiffarin Vertretung seines im Augenblick abwesenden Chefs,daß dre Regierung die Interpellation sofort beantworten werde.Abg. Strosser begründet seine Interpellation: Aus Anlaß desUnglücks ist eine lebhaste Erörterung darüber entstanden, obgenügend Vorkehrungen getroffen sind, um solche Unfälle nach Mög-lichkeit zu vermeiden und ob für die Verletzten genügend gesorgtsei. In der Presse ist darauf hingewiesen, daß das Personal über-bürdet sei. Auf den Stationen zweiter Klasse müssen die Beamtenheute oft den Telegraphen bedienen und zugleich Fahrkarten verkaufenund das Gepäck besorgen. Sie haben oft 7 Tage in der Woche12 Stunden Dienst. Von der Station Görlitz ist zweifellos nichtdas Erforderliche geschehen, sonst würde sofort ein Sanitätszug vondort losgelassen worden sein. Bedauerlich ist, daß die Meldungenvon dem Unfall zu spät eingegangen sind und auch die Presse nichtsofort benachrichtigt wurde. Ist es wahr, daß die Eisenbahnverwal-tung für den Transport der Leichen einen Borschuß von 30V Ml.gefordert hat? Die Staststik beweist, daß wirtschastliche Gründenicht für die eingleisigen Strecken sprechen. Die heutigen Zuständelassen doch eine gewisse Rückschrittlichkeit und öde Plusmachereierkennen. Den Erlaß gegen den Alkoholgenuß billige ich. erallein genügt aber nicht. Wenn es sich auch nicht leugnen läßt,daß prozentual bei der Eisenbahn von allen Betrieben die meistenUnglücksfälle vorkommen, so haben wir doch zum Minister das Ver-trauen, daß alle Beschwerden bei ihm ein geneigte« Ohr finden,und er sie mit seiner bekannten Energie beseitigt.(Beifall.)Abg. v. Schenckendorff(natl.): Meine Interpellation will in-haltlich dasselbe wie die des Vorredners. Die Sicherheit des Be-triebeS darf nicht von einem Beamten abhängig sein. Schon vor14 Jahren hat das Ministerium erklärt, die Strecke Berlin— Görlitzsolle nur.einstweilen'' eingleisig bleiben. Dieser.einstweilige'' Zu-stand dauert jetzt noch immer an l(Die Ausführungen de« Rednersbleiben im einzelnen auf der Tribüne unverständlich.)Eisenbahnminister». Budde: Ich bin den Interpellanten dankbar,daß sie mir Gelegenheit geben, dies« Angelegenheit hier vor demLande zu besprechen; denn ich habe schwer gelitten unter den vier-zehn Opfern der Katastrophe.— Eine gewisse Reserve muß ich mirauferlegen, weil ich dem Strafrichter nicht vorgreifen darf. MeineKommissare haben den Unfall so aufgeklärt, wie selten ein Unfallklargelegt ist. Wenn ein Professor für Eisenbahnwesen seinenScbüleru ein Beispiel geben wollte, könnte er dieseswählen und hinzufügen, daß dieser Betrieb beweise, daß auch einecingelrifige Strecke durchaus sicher sei.— Wie kann man auch damitrechnen, daß sieben Personen ihre Pflicht nicht tun? Der StattonS-assistent, der die Haupwrsache war, war ein Beamter, der bereitsvier Jahre auf dem Amt tätig war und kein Gewohnheitssäuferwar. Der Mann war aber an diesem Tage infolge von Unglück bc-trunken, er hat eine Depesche der Station Schleife überhaupt nichtfielesen. hat dumme« Zeug telegraphiert und die Depeschen nach deralschen Seite gegeben.Der Zugführer in Spremberg ist gegen die Instruktion ohneschriftliche Order auf einen bloßen Zuruf hin abgefahren. Der End-Weichenstsller hat seine Schuldigkeit nicht getan, er soll auch betrunkengewesen sein. ES war auf dieser Stucke eine großartige Betriebs«bummetei, in die ich jetzt eingegriffen habe. Ich stehe nicht an. zuerklären, daß die Verwaltung daran die Schuld trägt; denn sieist für ihre Beamten verantwortlich. Von diesem einen Unfall kannman aber nicht auf eine allgemeine Bummelei schließen. Dergute Geist der Verwaltung wird dafür sorgen, daß so etwasnicht wieder vorkommt.(Beifall.) Die Kritik der Presse mußich ertragen, sonst hätte ich nicht Minister werden dürfen. Ich be-streite der Presse aber, daß Fiskalität vorliegt. Mittel haben mirnie gefehlt! Fehlten sie mir einmal, so würde ich nicht niehr Mi-nister sein.(Beifall.) Der Vorwurf, daß die Eingleifigkeit Schuld andem Unglück trage, ist unberechtigt. Niemand spannt vier oder sech»Pferde vor den Wagen, wenn zweie genügen. Di« Statistik beweist,daß auf den zweigleisigen Strecken viel mehr Unglücksfälle vor-kommen als aus eingleisigen. Daß die Nachrichten etwas spät ein-gegangen find, ist richtig. Auch ich habe erst nachmittags umö Uhr ein Telegramm bekommen, weil der Beamte sichgenau an seine Instruktion gehalten und dabei denMinister vergessen hat.(Heiterkeit.) Die Leichen sind unentgeltlichbefördert worden. Mit der Einführung des Blocksystems kann mannur xrodarim(schrittweise) vorgehen. Ich will jetzt für Görlitz einschöne« Schnellzugspaar»eu einrichten. Wenn Sie meinen, da»gehe auf der eingleisigeu Strecke nicht, kann ich es ja wieder streichen(Heiterkeit.) Solche Unfälle kommen gewöhnlich dort vor, wo wenigzu tun ist; denn, wer viel zu tun hat, hat gewöhnlich tmnter Zeit.wer wenig zu tun hat, niemals.(Heiterkeit und Beifall.)Aus Antrag des Abg. Goldschmidt(frs. BP-) findet eine Be-sprechung der Interpellation statt.«bg Dirsten(srk.) erklärt sich mit den Mitteilungen de«Ministers im allgemeine» einverstanden. Nur die Zweigleisigkeitder Stucke müsse unbedingt gefordert werden.(Beifall rechts.)Abg. G-ldschmidt(frs. Bp.) ist auch der Meinung, daß der Un-fall nicht passieren konnte, wenn die Strecke zweigleisig gewesenmäre.(Sehr richtig l links.) Die Betriebssicherheit ist ebenso wichtig,wie die Berkehrsförderuug, zu der sich der Minister durch Eüiführmlgeines v-Zugspaares bereit erklärt bat. Im Spremberger Fallscheint die Technik in bezug auf die Blockierung der Streckenickt ganz auf der Hohe gewesen zu sein. Weiter ist dteForderung nach erstklassigem Personal aufzustellen, da? nichtüberbürdet werden darf. Möge der Minister dafür sorgen, daß sicheine derartige BetriebSbummelci wie in Spremberg nicht an anderenOrten wiederhole.(Beifall links.)einzelnen Beamten vorgelegt würde. Wir verirauen auf denMinister, daß er alles tun wird, um die Betriebssicherheit zu steigern.Ein Antrag auf Schluß der Debatte wird angenommen. DieInterpellation ist damit erledigt.Hierauf wird über die Jmerpellation der Abg. Htlbck u. Gen.wegen der Eisenbahnverkehrsstockungen verhandelt, zu deren sofortigerBeantwortung Minister v. Budde sich bereit erklärt.Abg. Hilbck(natl.) begründet die Interpellation mit dem teil-weise unerhörten Wagenmangel im rheinisch- westfälischenKohlengebiet. Die durch die Steigerung der Lebensmittelpreiseschon ohnehin aufgeregten Arbeiter werden durch die Un-zulänglichkeit des Betriebes geradezu zu Sozialdemokratengemacht I Der Wagenmangel stellt sich hauptsächlich zur Zeitder Zuckerrübenkampagne ein, aber die Vermehrung desWagenparks steht überhaupt in keinem Verhältnis zu demwachsenden Bedürfnis der Industrie. Ich bitte den Minister, unszu sagen, was er zu tun gedenkt, um dem Uebelstande, der auch dieEisenindustrie schädigt, abzuhelfen.(Beifall.)Minister v. Budde: Es ist richttg. daß wir zeitweilig nicht imstände waren, genügend Wagen zu stellen. Das kommt aber daher.daß der Verkehr sich wider Erwarten stark entwickelt hat. Wir sindauch zurzeit noch nicht in der Lage, den Verkehr vollständig zu be-wältigen, wegen des starken RübenverkehrS. Wir können nicht soweit gehen, die Fabriken bis an den HalS zu beschäftigen, so daßwir neue Gleise für leere Wagen schaffen müssen.(Heiterkeit.) Fernermüssen die Rangierbahnhöfe etwas ausgebaut werden, da uns dieJacke jetzt etwas zu eng ist.(Heiterkeit.)Auf Anttag des Abg. v. Pappenheim(k.) beschließt dasHauS die Besprechung der Interpellation und vertagt sich sodann.Nächste Sitzung S o n n a b e n d 11 Uhr.(Novelle zum Ein-kommensteuergesetz, Novelle zum Kreis« und Provinzialabgaben-gesetz.)Schluß i Uhr.________Zur Aendernng der Organisationnahmen die Berliner Parteigenossen am Dienstag abend in7 Versammlungen Stellung.Erster Wahlkreis. Die Versammlung tagte in den Armin-hallen. Nach einem kurzen Hinweis des Genossen O p p e l aufdie Bedeutung der bevorstehenden Generalversammlung für Groß-Berlin wurden als Delegierte zu derselben gewählt die GenossenCohn, Fischer, Bohn, Petermann, WolderSki, Schuster. Bolzmann,Oppel, Strehl, Dieseler, Ege, Bittner, Schabedal, Seiler. Fürden Vorstand des Verbandes von Groß-Berlin wurden aufgestellt:Oppel für den ZlktionSauSschuß, WolderSki als dessen Ersatzmann;für die Preßkommission Dieseler, als Ersatzmann Pctermann; fürdie AgitationSkommission Schuster, als Ersatzmann Bohn; für dieLokalkommission Ege, als Ersatzmann Bittner.— Hierauf er-statteten Lucht und Strehl einen kurzen Bericht über die Partei-konferenz für Berlin.— Unter„VerschiedeneS'beantragte Schulzeine Resolution, welche bedauert, daß verschiedene Gewerkschaften,entgegen den Abmachungen zwischen Partei- und Gewerkschafts-instanzen, am Dienstag Versammlungen abhalten. Die Resolutionfordert, daß in dieser Hinsicht Wandel geschaffen werde.— AufErsuchen des Vorsitzenden Strehl zog der Antragsteller die Reso-lution bis zur nächsten Generalversammlung zurück, damit derneuen Organisation für Groß-Berlin Gelegenheit gegeben werde,diese Angelegenheit zu regeln.Zweiter Wahlkreis. In der Generalversammlung des Sozial.demokratischen Wahlvereins wurde vor Eintritt in die eigentlicheTagesordnung der Bericht der zur Untersuchung der gegen den Ge-nossen Lankow erhobenen Vorwürfe eingesetzten Kommission ent-gegengenommen. Genosse Schubert berichtete eingehend überden Verlaus und das Ergebnis der Untersuchung. Die Kommissionhat sich schließlich vier Fragen folgenden Inhalt? vorgelegt und siewie folgt beantwortet: 1. Konnten die Genossen Fischer und Wernerauf Grund dcS ihnen vorliegenden Tatsachenmaterials zu derUeberzeugung kommen, daß der Verdacht gegen den GenossenLankow begründet war? Diese Frage wurde mit 6 gegen 1 Stimmebejaht. 2. War Fischer verpflichtet, dem Vertrauensmann Mit-teilung zu machen? Die Frage wurde einstimmig mit Ja bcant-wartet. 3. Reicht das Material aus, um Lankow der Tat zu über-führen? Einstimmig: Nein. 4. Liegen genügende Verdachtsgründevor, um zu empfehlen, daß Lankow in der Partei keine Ehren-ämter mehr bekleiden soll? Diese Frage wurde mit S gegen eineStimme bejaht.— Die Generalversammlung lehnte es ab, überdiese Angelegenheit nochmals zu diskutieren und erklärte sich mitdem Ergebnis der Beratung der Kommission einverstanden.Darauf gab Genosse S ch w e m t e einen mit Rücksicht auf dieumfangreiche Tagesordnung kurz zusammengefaßten Bericht überdie Brandenburger Provinzialkonferenz, wobei er besonders her-vorhebt, wie wichtig und notwendig die Landarbeiteragitation ist.Sodann erfolgten die Dclegiertenwahlen zur Verbandsgeneralver.fammlung. Den 3250 Mitgliedern des Wahlvereins entsprechendwaren 66 Delegierte zu wählen, die auf die einzelnen Abteilungenje nach der Mitgliederzahl verteilt worden sind, so daß von derersten Abteilung 8 Kandidaten, von der zweiten 6, von der dritten3, von der vierten 6. von der fünften 7. von der sechsten 12, vonder siebenten 12 und von der achten Abteilung ebenfalls 12 Kan-didaten aufgestellt wurden. Die sämtlichen vorgeschlagenen Kan-didaten wurden von der Generalversammlung gewählt.Dann folgte der V o r st a n d s b e r i ch t. Der VorsitzendeGenosse Werner führte auS, daß im verflossenen Halbjahr dieKleinagitation fortgesetzt worden ist, wenngleich nicht mit demErfolge wie im vorhergehenden. Es ist die Frage erwogen worden,ob es nicht zweckmäßiger sei, wieder mehr Agitationsversammlungenabzuhalten, doch trat das Bedürfnis dazu in den Abteilungen nichtbesonders stark hervor, und außerdem mutzte auf die vielen not-wendig gewordenen Generalversammlungen Rücksicht genommenIverden. Die Mitgliederzahl des WahtvcreinS ist im Laufe desHalbjahres um 313 gestiegen.„Vorwärtg".Alion„cnten sind jetzt6440 im Kreise vorhanden. DaS Flugblatt über die Fleischteuerungwurde in 90 000 Exemplaren, der Aufruf zur Einsichtnahme in dieKommunalwählcrlisten in 85 000 Exemplaren verbreitet. Die Bro-schüre.Religion ist Privatsache" wurde unentgeltlich, das Protokolldes Jenaer Parteitages für 10 Pf. an die Mitglieder abgegeben.In der Kleinagitation zu den Stadtverordnetenwahlen im Kreisehätte mehr geleistet werden können. In den beiden ländlichenWahlkreisen, die den Genossen des zweiten Kreises zur Bearbeitungüberwiesen sind, haben sich die Verhältnisse günstig entwickelt. InJüterbock-Luckenwatde sind bedeutende Fortschritte gemacht worden.Ein Zentralwahlverein wurde dort gegründet, Lokale sind gewonnenworden und auch die materiellen Verhältnisse sind gute. In Kalau-Luckau sind die Fortschritte nicht so bedeutend, was namentlich aufdie außerordentliche Armut der Bevölkerung zurückzuführen ist.—Im verflossenen Halbjahr hielt der Wahlverein des zweiten Wahl-kreises 9 Generalversammlungen ab; ferner fanden 4 BezirkSver-sammlungen und 15 BorftandSsitzungen statt. Der Vorstand mußtesich auch mit verschiedenen AuSschlußanträgen befassen; zwei davonwaren gestellt wegen Verstöße gegen den Boykott der.Philhar-utonic" bei der Schillerfeier der„Neuen freien Volksbühne". Einerder beiden Genossen hatte fein Vergehen insoweit entschuldigt, daßder Vorstand eS bei einer Rüge bewenden ließ. Der GenosseMichaelis hatte jedoch erklärt, daß er mit mehreren Genossenden Boykotibruch mit der Absicht begangen habe, die AushebungdeS Boykotts herbeizuführen. Seine Gründe wurden vom Vorstandnicht für stichhaltig erachtet und der Vorstand schloß ihn ans. Erappellierte an die Generalversammlung. Ein anderes Ausschluß-verfahren schwebte gegen den Genossen Siegmund, und zwar wegenVergehens gegen die Grundjätze seiner Gewerlschasi. Er kamjedoch dem Ausschluß durch Austritt ans dem Wahlverein zuvor.Der Vorstand beschloß, ihn nicht wieder aufzunehmen, so langeer nicht von seiner Gewerkschaft wieder aufgenomtnen wird.Der Kassenbericht, den der Kassierer Schmidt verlas, wiesdie Einnahmejumme von 13 914,60 M. auf. Die Ausgaben, dar-unter 3300 M. an die Parteilasse und 773,66 M. für Agitation.beliefen sich auf 12 498,80 M.. so daß 1416,70 M. als Bestandverblicben.— Ueber den Vorstandsbericht fand eine lebhafte Tis-kussion statt, die sich hauptsächlich auf den Ausschluß deS GenossenMichaelis bezog. Nachdem sich mehrere Redner für oder gegenden Ausschluß geäußert hatten, wurde an Michaelis die Frag«' ge-rickstet, ob er erklären wolle, daß er die unbedingt notwendige Disziplin gebrochen habe, und daß er sich solche Verstöße nicht wiederzuschulden kommen lassen wolle. Das erst" gab er zu, über daszweite gab er jedoch keine befriedigende Erklärung ab. Darauf be-schloß die Versammlung mit 149 gegen 144 Stimmen, den Beschlußdes Vorstandes aufrecht zu erhalten. Nachdem dann noch einige per-sönliche Differenzen besprochen wurden, erklärte sich die Versamm-lung gegen eine Stimme mit dem Vorftandsbericht einverstanden.Dann gab Genosse Könlgs Bericht von der Preßiommission.Er teilte mit, daß die Abonnentenzahl des„Vorwärts" von 37 090auf 99 090 gestiegen ist, von denen 30 000 auf die Vororte kommen.Die Vorortbeilage müsse zum 1. Januar eingehen. Ter Preis derInserate mutz erhöht werden, weil sonst bei der großen Auslage dieKosten nicht mehr gedeckt iverden. Vom 1. Januar ab wird der„Vorwärts" auf besseres Papier gedruckt, was ein« Erhöhung derAusgaben um 24 000 M. zur Folge hat. Eine Ermäßigung deSAbonncmentsgeldeS ist wegen des Ausfalles, der damit verbundenwäre, nicht möglich. Den Angestellten, mit unter 40 M. Wochenlohn ist wegen der Lebensmittelteuerung ein« Zulage von 1 M. gewährt worden. Danach ging der Redner auf den Redaftionskonflittein und schilderte die Verhältnisse, die eine Veränderung notwendigmachten, sowie die Maßnahmen, die schließlich zur Kündigung derRedakteure führten. Er erklärte zum Schluß, daß es dem Partei-vorstand und der Preßkommission nicht möglich gewesen sei. aufanderem Wege den Wünschen der Parteigenossen Geltung zu der-schafsen, und daß den sechs Redakteuren in keiner Weise Unrechtgeschehen sei.— Genosse Rich. Fischer bemerkte zunächst, erglaub« nicht, daß es nötig sei. die Vorortbeilage eingehen zu lassen;es könne nicht schwer fallen, sie so zu gestalten, daß sie bestehenbleibt. Die Redakteurfrage, führte der Redner weiter aus. hätteer gern übergangen. Es sei Aufgabe, dafür zu sorgen, daß dieWunden, die der Partei dadnrch geschlagen worden seien, zu heilen.Der Redner wandte sich jedoch entschieden gegen die Ansicht, daß dieAngelegenheit nicht auf andere Weise zu regeln gewesen wäre. SeinerAuffassnng nach sei den sechs Rodakteuren schweres Unrecht zu-gefügt worden. Man hätte den Redakteuren, die in Betrachtkamen, wie Freunden und Genossen sagen sollen, daß sie von denParteigenossen als ein Hindernis angesehen würden, dann hätteman sicher seinen Willen erreickit und der Skandal wäre vermiedenworden.— Die Ausführungen des Redners wurden mehrmals durchWiderspruch aus der Versammlung unterbrockien.— Genosse Fülle,rechtfertigte sich gegen den nachträglich in die Erklärung der sechsRedakteure eingefügten Vorwurf, er habe hinter dem Rücken der,.VorwärtS"-Redaktion für die„Leipziger Volkszeitung" gearbeitet.Das sei durchaus nicht der Fall; diese seine Mit-arbeiterschaft sei im„Vorwärts" lange bekannt gewesenund habe sich nur auf Neutrale Gebiete erstreckt. Gradnaueroder E i S n e r von dieser offenkundigen Tatsache noch besonders Mit»teilung zu machen, habe er keine Verpflichtung gehabt. Der Rednersetzte dann weiter auseinander, wie er vor Jahren Mtarbeiter der„Leipziger VolkSzeitung" geworden ist und wie sich fein Verkehrmit deren Redaktion lediglich auf Angelegenheiten bezog, die mitdiesem Verhältnis in Verbindung standen.— Sodann gab GenosseMeyer von der Pretzkommission noch in längeren Ausführungenein« Ueberficht über die Zustände, die zu dem RedaktionSkonflitt im.Vorwärts" führten. Auch er erklärte, daß es nicht möglich war.auf anderem Wege zum Ziele zu kommen und gedeihliche Verhält-niss« zu schaffen, wenngleich er hinzufügte, daß die Pretzkommissionheute bielleicht anders handeln würde. Man habe die Absicht ge-habt, die Redakteure, denen gekündigt werden sollte, in keiner Weisewirtschaftlich zu schädigen und wollte sie selbst noch nach Aprilnächsten Jahus besckiäftigen, soweit sie dann noch keine andereStellung gefunden haben sollten.— Nachdem es bereit? über 1 Uhrgeworden war. wurde die Diskuflion geschlossen und folgende Re-solution gegen wenige Stimmen angenommen:„Die Generalversammlung erklärt sich mit dem Vorgehen desPartcivorstandeS und der Pretzkommission im„Vorwärts"-Konflikteinverstanden und spricht beiden Körperschaften ihr vollstes Ver-trauen ausSie mißbilligt auf das schärfst« das Verhalten der sechs atiS-geschiedenen Redakteure deshalb, weil sie es unterliehen, den inder Partei vorgeschriebenen Instanzenweg zu gehen und stattdessen die gesamte Parteipresse mißbrauchte», um gegen den Partei-vorstand und die Preßkommission die schlimmsten Vorwürfe zuerheben und damit die Partei auf daS schwerste zu schädigen."Die übrigen Punkte der Tagesordnung wurden der vor-geschrittenen Zeit wegen vertagt.Der Sozialdemokratische Wahlverein für den dritten BerlinerReichstagS-Wahlkreis hielt seine gutbesuchte Generalversammlungim großen Saale des Gewerkschaftshauses ab. Den Anschlußan den Verband der sozialdemokratischen Wahl-vereine Berlins und Umgegend betraf der erste Punktder Tagesordnung. Bekanntlich hatte der Wahlverein sich in einerfrüheren Generalversammlung zwar prinzipiell für den projektier.ten Verband erklärt, seinen Beitritt aber von verschiedenen Bc-dingungen abhängig gemacht. Der Vorsitzende Genosse St. Fritzempfahl nun nach einem kurzen Rückblick über die bisherigen Ver-Handlungen zur Neuorganisation in Groß-Berlin, von den damalsgestellten Bedingungen abzusehen und den Anschluß an den Ver-band zu beschließen. Die Bedingungen seien zwar nicht erfüllt,aber es wäre doch unmöglich, daß der eine Wahlkreis beiseite stehenkönne, wo so vielerlei gemeinsam zu erledigen sei. Uebrigens seiinsofern ein Zugeständnis gemacht worden, als auf der erstenGeneralversammlung des neuen Verbandes der Referent der Vor-bereitungskommiffion die Erklärung abgeben soll, daß die Auf-stellung von Kandidaturen nach wie vor jedem Kreise überlassenbleiben soll. Die damals angenommenen Abänderungsanträge desdritten KreiscS könnten ja im Verband selbst neu gestelltwerden.Nach diesen Ausführungen des Genossen Fritz wurde ohneDebatte der Anschluß deS Wahtvereinö für dendritten Kreis an den Ver'band beschlossen. Dannschritt man zur Wahl von 46 Delegierten zur Gencralversammluitades Verbandes.Ueber die Verhandlungen der brandenburgi-scheu Provinzialkonferenz referierte Genosse G e h r'-mann, indem er in großen Zügen ein übersichtliches Bild davonentwarf. Besonders berücksichtigte Redner die Fragen der Agitationin der Provinz. Durch Schilderung des sozialen und rechtlichenElends der Landarbeiterschast zeigte er, wieviel noch hier seitensder Sozialdemokratie zu tun sei. Er schloß mit der Erwartung,daß die von der Konferenz geleistete Arbeit auch gute Früchtetragen möge.(Zustimmung.) In der Debatte wurde von denGenossen MöbnS, Kahlen, Dtttmer u. a. die Frage der besten Artder Landagitation erörtert. M ö b u s wünscht, daß die Agitation»-kommission für die Provinz den Genossen, die gern etwas auf demLande tun wollen und sich an sie oder einzelne ihrer Mitgliederwendeten, mehr entgegeit komme, auch durch Gctduiiterstützung.—Genosse D i m m t ck als Mitglied der Brandenburger Agilatious-lommiffioiy nahm dazu daS Wort. Er hat de» ÄuSsührungcn