Außerordentlicher österreichischer Gewerkschaftskongreß. (Telegr. Bericht.) Wien , 9. Dezember. Zweiter Verhandlungstag. Zu Beginn der heutigen Sitzung wurde namens der Mandats- Prüfungskommission bekanntgegeben, dah auf dem Kongreß 63 Or- ganisationen mit 244 899 Mitgliedern durch 398 Delegierte ver- treten sind. Als erster sprach für die Holzarbeiterorganisation Delegierter S c a r e t. Redner beschäftigt sich zunächst mit dem Vorschlage der Tschechen, nationale Reichsvereine zu schassen. Im Interesse der ökonomischen Aufgaben und der kulturellen Bestrebungen könne nicht zugegeben werden, daß nationale Streitfragen in die Or- ganisationen hineingetragen werden. Heute bestehe noch ein har- monisches Zusammenwirken innerhalb der Organisationen; es würde aber in dem Augenblicke gestört, wo die nationale Frage in den Vordergrund gestellt werde. Wo die Tschechen in der Minorität seien, würden sie sich immer als Unterdrückte der Deutschen fühlen; umgekehrt aber würden die Deutschen , wo sie in der Minorität sind, klagen, man wolle sie nach Prag ausliefern. Wer in einer Organi- satwn keine Disziplin wolle, der wolle auch keine Organisation. j(Lebhafter Beifall.) In einem Moment, wo alle Kräfte zusammen- gefaßt werden müßten und die Arbeiterschaft sestgeschlossen dastehen müsse, sei es geradezu ein Verbrechen, an die festgefügten Or- ganisationen Hand anzulegen.(Lärm auf Seiten der Tschechen, Beifall bei den Deutschen .) Im Namen der Bauarbeiterorganisation referierte D e- dencka-Wien in tschechischer Sprache. Er erklärte sich gegen den Vorschlag der Prager Kommission, die GewerkschaftSorgani- sationen in nationale Gruppen zu teilen. DaS würde geradezu einer Desorganisation gleichkommen. Wir fühlen uns, betonte er, den Deutschen nicht untergeordnet, sondern nur den Statuten, die wir uns selbst gegeben haben.(Beifall.) Die mährische Delegation gab hierauf gleichfalls eine Erklärung ab, in welcher sie betont, an der bestehenden Form der Zentral- organisation festhalten zu wollen. Delegierter A r be i t l- Bielitz wendete sich scharf gegen die Delegierten, welche in der gestrigen Sitzung erklärt hatten, daß die Beschlüsse des Kongresses für sie nicht bindend sein würden. Die Tschechen setzten damit ja geradezu dem Kongreß das Messer auf die Brust. Wenn jeder für sich das Recht beansprucht, Beschlüsse, die ihm nicht passen, nicht zu halten, dann ist jede Disziplin aufgelöst. (Stürmischer Beifall.) Die Ünternehmer seien ja auch ohne Unter- schied der Nation organisiert. Und diesem Unternehmertum sollte eine in Atome zersplitterte Arbeiterschaft gegenüberstehen. Sei da ein Kampf möglich?(Beifall.) Die Durchführung eines solchen nationalen Programms würde auch an dem Widerstand der Arbeiter- schaft selbst scheitern. Ter Kampf für die nationale Gliederung der Organisationen wird gar nicht von den Gewerkschaftlern geführt, sondern von den Politikern.(Lebhafter Beifall.) In den poli- tischen Organisationen ist die nationale Autonomie berechtigt, da bedeutet sie Zusammenschluß, in der gewerkschaftlichen Organisation aber Zerstückelung der Kräfte. Die tschechische Arbeiterschaft hat in ihrer großen Mehrheit gegen die Forderungen der Präger Kom- Mission entschieden.(Beifall.) Der Delegierte der mährischen Holzarbeiterorganisation Wa n e k erklärte sich in längerer Rede gegen das Prager Programm. Für die Textilarbeiterunion sprach H a n u s ch. Er legte Ver- Wahrung gegen die Behauptung ein, daß man gewaltsam germani- sieren wolle. Die Organisation sei nicht künstlich durch einzelne Personen geschaffen, sondern habe sich in natürlicher Weise auS den wirtschaftlichen Kämpfen entwickelt. Redner beantragte schließ- lich die Ablehnung des Prager Programms. Der Delegierte der Buchdruckerorganisation Dworaczek wandte sich gegen das Organ der tschechischen Sozialdemokraten in Prag , welches gleichfalls die Kongreßbeschlüsse für nicht bindend erklärt hatte. Er müsse Verwahrung gegen eine nationale Gliede- rung der Organisationen einlegen und empfehle die Ablehnung des Prager Programms. Der Vertreter der mährischen Bergarbeiterorganisation B r d a-Mährisch-Ostrau tritt der Erklärung der Tschechen ent- gegen, daß die Beschlüsse des Kongreesss für sie nicht bindend sein würden. Die Bergarbeiter seien gegen jede Zersplitterung der Organisation und für Aufrechterhaltung der Zentralisation.(Leb- haster Beifall.)„.,. Für die Schneidergewerkschaft sprach Gisela- Wien unter großem Lärm. Die gegen die Reichsgewerk,chaftskommission er- hobenen Klagen seien durch die sprachlichen und kulturellen Be- dürfnisse der Tschechen hervorgerufen. Wenn man noch weiter so fortfahre, werde man noch alle Tschechen in das Prager Lager treiben. Redner spricht sich dann aber f ü r die Zentralorganisation aus und wünscht ein Programm, auf das sich beide Parteien einigen können. � �, Der Delegierte der Alpenländischen Kleidermacher Fiedler erklärt, daß der Vorredner nicht im Namen des Reichs. Verbandes gesprochen habe, sondern nur im Auftrage der tschechischen Schneider in Wien . Namens der Schuhmachergewerkschaft sprach sich Moller für die Erhaltung der Zentralorganisation aus.. Der Sekretär der tschechischen Gewerkschaftsorganisation „anosch erklärte, zur Entscheidung der streitigen Angelegenheit ei nur der tschecho-slawische Kongreß kompetent.(Heftiger Wider- spruch.) Wenn man fortfahre, die tschechischen Genossen als Chauvinisten oder Nationalisten zu bezeichnen, dann sei daS der letzte Kongreß, den die Tschechen besucht haben.(Große Unruhe.) Die Tschechen verteidigten nur ihre Rechte und ihre eigene Or- ganisation, aber nicht aus nationalen Motiven, sondern aus dem einzigen Grunde, um sich diese Organisation zu erhalten. ES sei durchaus zu bestreiten, daß durch die Anerkennung der nationalen Verbände die Zentralorganisation zerstört werde. Nachdem noch einige Delegierte sich gegen die Bildung nationaler Organisationen erklärt hatten, erhielt Reichs-Gewerk- wurde. Hueber ist der Ucberzeugung, daß das Resultat des Kon- während von tschechischer Seite auf das Schlußwort verzichtet wurde. H u e be r ist der Ueberzeugung, daß das Resultat des Kon- gresses ein' sehr erfreuliches sei. Schon aus der Debatte allein habe sich klar der Sieg des Zentralisationsgedankens ergeben. Er empfahl zum Schluß Ablehrnna des tschechischen Programms und beantragte namentliche Abstimmung.— Das ziffern. mäßige Resultat der Abstimmung wird in der morgigen Sitzung bekannt gegeben werden. Die schätzungsweise Zählung ergab un- gefähr 199 999 Stimmen gegen das tschechische Pro- g r a m m, für dasselbe wurden 2364 Stimmen gezählt. Die Tschechen mit zirka 49 999 Stimmen enthielten sich der Abstimmung. Die drei Gewerkschaftskommissionen Wien , Prag und Brünn traten nach der Sitzung zur Beratung des Einigungsprogramms zusammen. Morgen wird der Kongreß geschlossen. GewefKfcKaMi�bes. National-sozial-liberale Hülfe bei einer christlichen Berräterei! Eine öffentliche Gärtnerversammlung fand am Donnerstag in den Jndustrie-Festsälen, Beuthstraße, statt. Dieselbe war veranstaltet worden von der sogenannten„Tarifkommission" des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands und des „christlich- nationalen" Detltschen Gärtuerverbandes. Der letztere, der in ganz Berlin und dessen Vororten über kaum 80 Mitglieder verfiigt, hat bekanntlich mit der ausgesprochenen Absicht, eine etwaige Lohnbewegung zu unterbinden, in echt christlicher Weise hinter dem Rücken des rund 1700 Mitglieder zählenden Allgemeinen Deutschen Gärtnervereins mit dem k- Unternehmerverband einen Tarifvertrag abgeschlossen, der die Löhne der Gärtnergehülfen von 18 M. bis herab zu 16,20 M. pro Woche bis zum 1. April 1907 festlegen will, obgleich laut aufgenommener Statistik schon 1904 der gezahlte Durchschnitts- lohn 19,20 M. betrug! Der Redakteur der„Sozialen Praxis", Herr Dr. Z i m m e r- mann, gab sich nun in der Versammlung dazu her, für jenen Auch-Tarifvertrag seine Autorität als Nationalökonom und als Angehöriger der— von allen bürgerlichen Richtungen bei der Arbeiterschaft noch relativ den meisten Kredit ge- nießenden— Gruppe der sich um die„Soziale Praxis" scharenden bürgerlichen Sozialreformer in die Wage zu werfen. In seinem Referat bezeichnete er jenen durch schmählichen Arbeiterverrat zustande gekommenen Vertrag als eine„gute Grundlage und als einen erfreulichen Fortschritt für das Prinzip der Tarifgemeinschaft im Gärtnereigewerbe" und nahm auch sonst die Partei der christlichen Arbeiter-Verräter. Wenn auch die Wissenschaft des Herrn Dr. Zimmermann über jene Tarifgemeinschaft sich auf einseitige Mitteilungen stützte, die ihm von den Unternehmern und dem„christlichen" Ge- hülfen-Verbande geworden waren, so kann ihm dies noch lange nicht als Entschuldigung dienen. Die Genoffen Georg Schmidt, KamrowSki, Löcher und A l b r e ch t vom Allgemeinen deutschen Gärtner- verein übten denn'auch unerbittliche Kritik. Die von etwa 700 Gärtnern besuchte Versammlung nahm zum Schlüsse nur gegen die Stimmen der 30 Arbeitgeber und ebenso vieler Christlichen eine Resolution an, die jenen Tarifvertrag als für die Berliner Gärtnergehülfen nicht bestehend charafterisiert und verspricht, mit allen Mitteln dahin zu arbeiten, daß Löhne erzielt und eventuell tariflich festgelegt werden, die den gerechten und billigen Ansprüchen der Gärtnergehülfen entsprechen. Die Stimmung in der Versammlung war eine ziemlich gereizte. Die Christlichen dürften voraussichtlich nicht wagen, noch ein zweites Mal an die Oeffentlichkeit zu treten. Und Herr Dr. Zimmermann hat auch seinen wohlverdienten „Dank"._ Berlin una Umgegend. Achtung, Bauklempner! Die Differenzen bei der Firma Pflaum u. Großmann sind erledigt, nachdem nun die Firma ihren tariflichen Verpflichtungen nachgekommen ist. Deutscher Metallarbeiter-Verband. Ortsverwaltung Berlin . Achtung, Maurer! Die Differenzen bei der Firma Lach- mann u. Zauber am Kaiserhof wurden in der gestrigen Achtzehnerkommissionssitzuna dahin geregelt, daß ab Montag, den 11. d. M., die Arbeitszeit den bestehenden Tarifbestim- mungen entsprechend für alle Maurer 7 Stusiden beträgt und alle früher dort beschäftigten Kollegen wieder ein- gestellt werden. Auf Antrag des Vertreters der Firma soll im Laufe der Woche eine Unterkommission an Ort und Stelle darüber befinden, ob angesichts der angeblichen Dringlichkeit der Arbeit eine längere Arbeitszeit zugestanden werden kann. Die Verbandsleitung. I. A.: E. ThönS. Lohnbewegung der Töpfer. Am Freitag waren die Baudepu- tation und Verbandsfunktionäre versammelt, um über die weiteren Schritte der Lohnbewegung zu beraten. Gleichzeitig hielt auch die Lohnkommission eine gemeinsame Sitzung mit der Kom- Mission der Arbeitgeber ab. Nachdem sich die Versammlung zunächst mit anderen gewerkschaftlichen Angelegenheiten beschäftigt hatte, erschien die Lohnkommission und erstattete Bericht über die Ver- Handlungen mit den Arbeitgebern. Während die Arbeiter eine Er- höhung der Position für Veltener Arbeit von 19 Proz. forderten, beharrten die Unternehmer bei der Verweigerung einer prozen- tualen Erhöhung des Tarifes, erklärten sich aber bereit, Lohn- erhöhungen auf einzelne Positionen zu gewähren. Das Ergebnis der letzten Verhandlung war, daß die Kommission der Arbeitgeber auf die verschiedenen Arten weißer Oefen Zulagen von 1 bis 2,S9 Mark bewilligten, was eine Lohnerhöhung von 8 Proz. bedeutet. Die Kommission der Arbeitgeber, welcher auch der Ober- meister der Innung angehört, versicherte, daß sie die genannten Zugeständnisse in der Meisterversammlung vertreten werde. Auch die Lohnkommission der Arbeiter empfiehlt die Annahme der Be- willigung. Die endgültige Entscheidung haben die demnächst statt- findenden beiderseitigen Versammlungen zu treffen, die jedenfalls den Vereinbarungen, welche die Kommissionen trafen, zustimmen werden. 0eutfe>>e» Reich. Der Streik der Kieler Straßenbahner hat mit einer Nieder. läge geendet. In der letzten Versammlung der Streikenden wurde mitgeteilt, daß am Donnerstagnachmittag eine Kommission, be- stehend aus vier Personen, beim Stadtrat Möller vorstellig ge- worden sei, um Auskunft zu erhalten, welche Schritte der Magistrat getan habe, um von seinem im Vertrag mit der Straßenbahn fest- gelegten Recht, nach achttägiger Unterbrechung des Betriebes diesen selbst zu übernehmen, Gebrauch zu machen. Die Antwort lautete, daß der Direktion am Freitagfrüh eine Aufforderung zugehe, sofort den vollen Betrieb auf allen Strecken zu eröffnen, daß aber eine Einwirkung dieser Aufforderung auf die augenblickliche Lage der Streikenden nicht zu erwarten sei. Es wurde der Versammlung dann ein längeres Schreiben des Polizeipräsidenten zur Kenntnis gegeben, des Inhalts, daß die Straßenbahndirektion bereits eine ganze Anzahl Neueinstellungen vorgenommen habe und hoffe, in wenigen Tagen den Betrieb voll aufnehmen zu können. Trotzdem fei die Direktion bereit, die sich bis 9. Dezember meldenden Aus- ständigen nach Bedarf wieder einzustellen bezw. vorzumerken, um bei späterem Bedarf auf diese zurückzugreifen. Diese Einstellungen sollten unter den zugestandenen Bedingungen, 3,5b M. Tagelohn, achttägige Kündigungsfrist usw. erfolgen. Mit allen gegen zehn Stimmen wurde beschlossen, sich am Freitagvormittag bedingungs- los der Direktion zur Verfügung zu stellen.— Die Streikenden waren in der Mehrzahl unorganisiert. Trotzdem und ob. gleich die„Sympathie des Publikums" sich in keiner Weise materiell äußerte, hielten sie wacker stand, bis sie dem Mangel an Mitteln und der Zufuhr auswärtiger Streikbrecher erlagen. Der Kampf hat ihnen aber vor allen Dingen dieNotwendigkeit der Organisation gezeigt. Sämtliche Zuschneider in den Konfektionsgeschäften zu Her- ford reichten am Freitag ihre Kündigung ein, nachdem ihnen eine gestellte Lohnforderung abgelehnt war.— Zuzug ist fernzuhalten. Die Parteipresse wird um Abdruck gebeten. Die Leipziger Rotenstecher sind in eine Tarifbewegung ge- treten, die vor allem die Einführung des Achtstundentages bei ent- sprechender Lohnerhöhung und gleichzeitig einen Ausgleich zwischen den einfacheren und schwierigeren Tarifpositionen sowie die Fest- legung einer Lehrlingsskala zum Ziele hat. Die Prinzipalität lehnt die Verkürzung der Arbeitszeit strikte ab. AuS diesem Grunde wurden die übrigen Vorschläge der Prinzipalität von den Gehülfen mit zwei Dritteln aller Stimmen verworfen; man be- schloß, noch einmal Verhandlungen anzubahnen. Sollten die Prinzi- pale in diesen neuen Verhandlungen auf die Hauptforderungen: Verkürzung der Arbeitszeit. Zählen der Textsilben und Lehrlings. skala nicht eingehen, so werden die Gehülfenvertreter weitere Ver- Handlungen abbrechen. flu»la»d. Lohnbewegungen in der Schweiz . In Sitten, dem Hauptorte des Kantons Wallis , stehen seit drei Wochen die Schreinergehülfen im Streik. Sie verlangen de» Zehnstundentag. minimalen Stun- denlohn von 45 Rappen, Anerkennung der Organisation und Wiedereinstellung der Streikenden. Die ersten zwei Forderungen wollen die Unternehmer bewilligen, die anderen weisen sie ab.— Der Metallarbeiterstreik in Thun dauert fort. Polizei, Streik- brecher und Unternehmer üben Terrorismus und blutige Gewalt- taten aus. Die Streikenden sind vogelfrei; werden sie mißhandelt, so erhalten sie obendrein von den behördlichen Hausknechten des Unternehmertums Strafe. — Der Streik der Schneider in der Berner Uniformfabrik, bei dem es sich hauptsächlich um die Ent- lassung eines Zuschneiders handelt ist mit dem Erfolg der Arbeiter beendet worden.— Die Werkstättenarbciter der schweizerischen Bundesbahnen fordern den Neunstundentag.— Aarau haben die Schriftsetzer in allen Buchdruckereien ihre 14tagige Kündigung eingereicht. Der Abschluß dcS dänischen Textilarbeiterftreiks. Wie bereits eine Depesche meldete, ist der Streik der dänischen Textilarbeiter beendet. Er dauerte seit dem 1. Juli dieses Jahres. Die Arbeit ist bereits am Freitag, so weit es die technischen Voraussetzungen zuließen, wieder aufgenommen worden. Die Arbeiter haben bei dem langen Streik nicht alles erreicht, was sie sorderten, und mutzten sich auch mit einem auf ziemlich lange Zeit berechneten Ucbereinkommen zufriedengeben. Der neue Vertrag soll bis zum 1. Januar 1911 gelten. Das Bestreben der Arbeiter, einen für alle Fabriken einheitlichen Lohntarif zu schaffen, ist zwar ge- scheitert, doch bietet das Uebereinkommen selbst sowie die mit den einzelnen Fabriken vereinbarten Lohntarife teilweise recht be- deutende Verbesserungen der Lohn- und Arbeitsverhältnisse. Die Arbeitszeit ist in den Fabriken, wo 19 Stunden und darüber ge- arbeitet wurde, für vier Monate der Jahre 1996 und 1997 um eine halbe Stunde verkürzt worden, und dann tritt für sechs Monate des folgenden Jahres dieselbe Arbeitszeitverkürzung ein. Außerdem fft dafür gesorgt worden, daß Arbeiter bei Klagen über Lieferung schlechten Materials oder bei anderen Differenzen nicht, wie es bisher oft geschah, entlassen werden, sondern, daß, wenn nötig, mit Beistand eines Vertreters ihrer Organisation ihre Beschwerde regelrecht geprüft wird._ Letzte Nacbncbten und Deoefcben. Zecheneinsturz. Tcplitz, 9. Dezember. (B. H. ) Die Amalien-Zech« in Friesen ist eingestürzt. Ein Arbeiter ivurde getötet, mehrere verletzt. Verurteilte OrdnungSsäule. Güstrow , 9. Dezember. (W. T. B.) DaS Schwurgericht ver» urteilte den Amtsrichter Paschen in Stavenhagen wegen Fälschung öffentlicher Urkunden. Unterschlagung amtlicher Gelder und wegen Betruges unter Zubilligung mildernder Umstände zu fünf Jahren Gefängnis und fünf Jahren Ehrverlust. Täuschung durch die Regierung. Budapest , 9. Dezember. (Sä. T. 95.) Der leitende Ausschuß der Koalition hat eine Proklamation an die Ersatzreseroisten erlassen, in welcher dargelegt wird, daß die Verfügung ihrer Einberufung auf einer falschen Auslegung des Gesetzes beruht, deren Zweck sei, das Rekrntenbewilligungsrccht des Reichstages zu vereiteln. Väterchen will nicht flüchten. Petersburg, 9. Dezember. (B. H.) Trepow hat«ruf feine Stellung als Palastpräfekt verzichtet. Bisher hat der Zar feine Einwilligung dazu noch nicht gegeben. Die GerüöHte. daß die Zarenfamilie im Januar zu längerem Aufenthalt sich nach Ri«o cm» Gardasee begeben werde, werden in Hofkreiscn als unbegründet be» zeichnet und sind darauf zurückzuführen, daß ein Großfürst dort eine Villa gemietet hat._ Preßfreiheit mit Fußangel». Petersburg, 8. Dezember. (W. T. 93.)(liebet Ehdttuhnen.)j Ein kaiserlicher Ukas enthält provisorische Verordnungen für die periodisch erscheinende Presse. Die allgemeine und besondere Prä» ventivzcnsur für periodisch erscheinende Publikationen, Zeichnungen und Holzschnitte wird abgeschafft, ausgenommen sind die Publi» kationen, welche auf dem Land« erscheinen. Administrative Matz, regelungcn und Bestrafungen für periodisch erscheinende Publikationen werden abgeschafft. Die Brrantwortlichkeit für Preßvergehen wird lediglich durch die Gerichtshöfe festgestellt. Das Recht des Ministers des Innern, die 9Zeröff«ntlichung oder 95esprechung von Fragen, die die Regierung betreffen, zu verbieten, wird aufgehoben. Schließlich wird eine lange Reihe besonderer Fälle aufgezählt, die gerichtliche Verfolgungen nach sich ziehen. Die angedrohten Strafen bewegen sich zwischen einer Geldstrafe von 399 Rubel und Gefängnisstrafe oder Deportation. (Die Regierungsräte des Zaren bemühen sich umsonst, da in der jetzigen Situation niemand dergleichen Erlasse befolgt, R. d. „V.">_ Der Verkehr wird immer schwieriger. Kattowitz , 9. Dezember. (28. T. 93.) Die Eisenbahndirektion sieht sich gezwungen, den Güterverkehr nach Rußland über Herby, Czcnstochau und Sosnowicemit der Warschau -Wiener 93cchnimOrts- und Uebergangsverkchr bis auf weiteres von Sonnabendmittag zu sperren. Infolge der verschärften Zollrevision in Sosnowice und Herby trat eine starke Stauung der Frachten ein, weshalb russischerseitS die von Preußen aufgegebenen Frachten nur in beschränktem Maße cm- genommen werden. Die Stauung übte eine Rückwirkung auf die preußischen Grenzbahnhöfe aus, so daß wegen Ueberfüllung der Bahn- Höfe die weitere Güterannahme eingestellt wurde. Streik in der Handelsmarine. Zara, 9. Dezember. (B. H. ) Die Matrose» der Dampf- schiffahrts-GesellsckM Topicht u. Co. sind in den Streik getreten. Sie verlangen dieselbe Arbeitszeit und denselben Lohn wie die Ma- trosen des österreichischen Lloyd. Sie«erden gebraucht. Moskau , 9. Dezember. (B. H. ) Den Offizieren der Maudschurri.Armee wurde verboten, in die Heimat zurückzukehren wegen der in der Armee ausgebrochen«» Meutereien. Internationale Solidarität. Brüssel, 9. Dezember.(93. H.) Das internationale sozialistische Bureau beschloß, am 22. Januar nächsten JahreS eine internationale Sammlung zu veranstalten, deren Ertrag den russischen Revolu- tionären zufließen soll. Die Sammlung wird durch die ganze Welt gehen._ Bauernunruhen in Italien . Taurisano(Provinz Lecce ), 9. Dezember. (W. T. B.) Gestern kamen hier Unruhen der ländlichen Bevölkerung vor. Nachdem schon am Vormittag Demonstrationen stattgefunden hatten, zogen am Abend etwa 199 Bauern unter aufrührerischen Rufen nach dem Rat- Haus, das von einigen Karabiniers bewacht war. Sie warfen nach diesen mit Steinen. Erst als gütliche Mittel nichts fruchteten und mehrere Karabiniers durch Steinwürfe verwundet waren, machten die Mannschaften von der Waffe Gebrauch. Ein Bauer wurde ge- tötet, drei wurden verwundet. Tie Erregung im Orte dauert an. Ein chinesisches Parlament? Tientsin, 9. Dezember. Eine chinesische Kommission gestern von hier nach dem Auslände abgereist, um dort die Parlamentsein- richtungen zu studieren._ «erantw. Redakteur: HanS Weber, Berlin . Inseratenteil verantw.: Th.Glocke, Berlin . Druck u. Verlag: VorwärtSBuckidr.u.VerlogsanstaltPaul Singer St Co.. Berlin SW. Hierzu 8 Beilagen.
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