Hr. 14. 23. Jahrgang.2. Killige im„östiiiittü" Ktlinct Klliülilatt,Aonnerstag» 18. Jannar 1906.Hülfskaffen-Kongreß.Berlin, 17. Januar.Die Verhandlungen des Kongresses der eingeschriebenen freienHülsskassen werden heute früh von Blume- Haneburg wieder-eröffnet und es erhält nach Erledigung einiger geschäftlicher Angelegen-heilen F r e n tz e l- Hainburg das Wort zur Vorlage der von derRedaktionskommission inzwischen ausgearbeiteten Resolution.Die Resolution hat unter Einschaltung eines von Z a f s k e be-antragten Zusatzes folgenden Wortlaut:Der am 18. und 17. Januar in Berlin inr GcwerkschaftShausezusammengetretene Kongreß der freien Hülfskassen, beschickt mit 213Delegierten, die 291 Kassen mit 859 099 Mitgliedern vertreten, pro-testiert nach eingehender Erörterung des betreffenden Gesetzentwurfesder verbündeten Regierungen gegen die in diesem Entwurf geforderteAufhebung des HiilfskassengesetzeS. Der Kongreß verurteilt zwarnicht minder energisch wie die verbündeten Regierungen es tun, jedeunreelle Berwaltungspraxis. Er wünscht die Beseitigungdes S ch w i n d e l k a s s e n w e s e n s, das tatsächlich hier undda sich geltend gemacht hat. Aber diese durch öffentliches Rechts-belvußtsein und staatliches Interesse gebotene Reform kann sehrleicht erreicht werden, ohne daß das Hiilfskassengesetz, das nach demZugeständnis der Regierungen sehr segensreich gewirkt hat, der Auf-hcbllng verfällt. Der Kongreß fordert für alle auf Grund desHülfSkassengesetzes bestehenden Kassen, die nicht erwiesenermaßen sichunerlaubter Geschäslspraxis schuldig machen, die ausdrücklichegesetzliche Anerkennung. In erster Linie sind die berechtigte»Interessen der Berufskassen ins Auge zu fassen, von denen die ver-liün deren Regierungen in den Motiven zu ihrem Gesetzentwurfselbst sagen:«daß sie eine einwandfreie Tätigkeitentfalten und den gehegten Erwartungen ent-sprachen haben".ES steht nach Erinessen deS Kongresses außer Zweifel, daß dieUnterstellung der Hülfskassen unter das Privatversicherungsgesetzgleichbedeutend sein lvürde mit der Hin Wirkungauf die Beseitigung dieser Kassen überhaupt. Tiewürden dadurch gegenüber den anderen Krankenkassen in die denkbarungünstigste Existenzbedingung gestellt werden. Bor allem bleibtauch zu erwägen, daß durch den vorliegenden Gesetzentwurf eine inkeiner Hinsicht zu rechtfertigende Schädigung der bisherin den Hülfskassen versicherten Personen be-wirkt würde. Und zwar in erster Linie derjenigen, die infolgeihres Alters oder einer nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungihre Aufnahme in eine andere Kasse nicht herbeiführen können.Aber abgesehen von all den schweren Schädigungen, die sich für dieHülfskassen aus der beabsichtigten Unterstellung unter dnS Privatversicherungsgesetz ergeben würden, ist zu berücksichligen, daß demPrinzip der Selbstvertoaltung und Selb st be st im-urung auf diesem Gebiete die Gefahr der Ver-uichtung droht, wenn die Kassen rücksichtlich ihrer Eristenz-berechtigung dem willkürlichen Ermessen des ReichSaufstchtSamtesunterworfen werden.Auf Grund all dieser Erwägungen richtet der Kongreß an denReichstag das dringende Ersuchen, de» angefochtenen Gesetzentwurfabzulehnen.Sollte der Reichstag indes wider Erwarten im Prinzip den,Entwurf der verbündeten Regierungen zustimmen und sich für Auf-Hebung des Hülfskassengesetzes. entscheiden, so erwartet der Kongreß,daß der Reichstag wenigstens folgende Bestimmungen in das Gesetzaufnimmt:ff 9 des Entwurfes einzuschalten, als:Absatz 2. Die im Absatz 1 bezeichneten Versicherungsvereinesind als„kleinere Bereine" in, Sinne des§ 63 Abs. 1 des Gesetzesüber die privaten VersicherungS-Unternehmungen<Reichs-Gesetz-blatt 1901, Seite 125) anzusehen.Absatz 3. Der ausschließliche Gerichtsstand dieser Ver-sicherungSvereine ist bei dem Gerichte, in dessen Bezirk derVerein seinen Sitz hat, wenn nicht die Satzung ein anderes be-stimmt.Absatz 1. Sie haben einen Reservefonds im Mindestbetrageder durchschnittlichen Ausgabe der letzten fünf Rechnungsjahreanzusammeln, und erforderlichenfalls bis zu dieser Höhe zu er-gänzen.Absatz 5. Solange der Reservefonds diesen Betrag nicht er-reicht, ist demselben mindestens ein Zehntel des Jahresbetrages derKassenbeiträge zuzuführen.Absatz 6. Auf Versicherungsvereine dieser Art finden die Vor-schriften des 115 Absatz 2 und 3 des Gesetzes über die privatenVersicherungsunternehmungen keine Anwendung. Dagegen sinddie Vereine befugt, örtliche Verwaltungsstellen zu errichten.Absatz 7. Eine Vereinigung dieser Versicherungsvereine zueinem Verbände behufs gegenseitiger Aushülfe kann unter Zu-flimmung der Generalversammlungen der einzelnen Vcrsicherungs-vereine und auf Grund einer schriftlichen Satzung erfolgen.Absatz 8. Die gemäߧ 121 Absatz 2 des Gesetzes über dieprivaten Versicherungsunternehmungen vorzunehmende Prüfungdes Geschäftsbetriebes und der Vermögenslage der Versicherungs-vereine vorstehend gedachter Art erfolgt auf Kosten der Aufsichts-behörde.Außerdem fordert der Kongreß als das mindeste, was gerechteErwägung gebietet, die Aufnahme der Bestimmung in das Gesetz.daß die Gültigkeit der jetzt geltenden Bescheinigung bis zum31. Dezember 1997, statt wie in dem Gesetzentwurf vorgesehen, bis31. Dezember 1996 ausgedehnt wird, weil sonst die Hülfskassen mitihrer Neuordnung nicht fertig werden würden."Die Resolution wird von allen Rednern: Schneider(Berlin),S i ,n a n o w s k i(Berlin). N i e m e y e r(Hamburg). Meyer(Frankfurt) und Zafske(Hamburg) befürwortet und darauf ein-stimmig a ir g e n o in in e it.Der Kongreß tritt dann in eine Beratung der Anträge.Die Lichterfelder Kranken- und Sterbekasse für sämtlicheBerufe(E. H. 51) beantragt:I. Der Hülfskasfenkongreß wolle eine ständige sechsaliedrigeKommission mit dem Sitz in Berlin niedersetzen, welche folgendeFunktiviien zu übernehmen hat:1. Agitation gegen den Entwurf des neuen Gesetzes über dieHnliSkassen durch Presse und Flugschriften, eventuell Massen-Petitionen an den Reichstag sowie überhaupt Durchführungder Beschlüffe des HülsskassenkongresfeS.2. Ueberwachung von Kasjenneugründungen und breiteste Eer-öffentlichung der sogenannten Schwindelkassen und derenGeschäftsgebahren.g. Rat- und Hülfeerteilung an alle ersuchenden Kassen und derenMitglieder, speziell nach eventuellem Inkrafttreten des nettenGesetzes.Die Kommission wird erstmalig durch den Kongreß aus derReihe ihrer Teilnehmer gewählt, während ErgänzungS- bezw. Neuwahlen durch die von dem Kongreß zu ernennenden sechs Klaffenvorzunehinen find.Die Kommission gibt sich ihre Geschäftsordnung selbst undbestimmt ebenso ihre Funktionäre.Die Kosten dieser Kommission übernehmen die am Kongreßbeteiligten Kassen anteilig nach Höhe ihrer Mitgliederzahl.4. Durchführung der Freizügigkeit der Hlllfskaffenmitglieder imSinne des diesbezüglichen Antrages der Lichterfelder Kranken«und Sterbekaffe.H Der Kongreß verpflichtet alle beteiligten Kassen zur Aufnahmefolgender Statillbestimmmig:„Mitglieder anderer Hülfskassen<8 75 H.-K.-G.), deren Statuteine nämliche Bestimmung enthält, finden bei Zuzug aus anderenOrten Aufnahme ohne Erfüllung der Bestimmungen über Eintritts»geld, Lebensalter und ärztliche Untersuchung, sofern sie sich inner-halb 11 Tagen nach Austritt bezw. Verzug aunielden und denNachweis erbringen, daß sie ihre Bcitragspflicht bis zu ihremAustritt erfüllten. Jedoch haben diese Mitglieder keinen Anspruchauf Uiiterstützuiig für eiiicn Krankheitsfall, welcher zur Zeit desUebertritts bereits bestanden hat."Der Antragsteller führt in der Begründung aus, daß ihm voll-kommen ferngelegen habe, mit dem Antrage der Zentralkommissionein Mtßtraueiisvotuin auszusprechen, und er könne sich auch keines-ivegs der Ansicht anschließen, daß die Zentrale die Interessen derHülfskassen vernachlässigt habe.Nach einer längeren Debatte für und gegen die LichterfelderAnträge wird»mter Ablehnung des ganzen übrigen Teiles der letzteSatz, welcher die Durchführung der Freizügigkeit der Kassenmitgliederverlangt, angenommen.G l a g ä ii- Breslau spricht für folgenden Antrag der B r e S»lauer Hülsskassen:„Sofern der Entwurf Gesetz werden sollte, möge die Zentral-leitnng einen Statuteiieutwnrf nach den dann neugeschaffenen Grund-sätzen ausarbeiten und diesen Entwurf den ans dem Kongreß ver-treten gewesene» Kassen rechtzeitig erhältlich machen, um so möglichsteEinheitlichkeit zu schaffen."In der Debatte über diesen Antrag wird die Schwierigkeit unddas Wünschenswerte seiner Durchführung hervorgehoben und schließ-lich der Antrag mit 76 gegen 58 Stimmen angenommen.Die Ausführung der Kongreßbeschlüsse loird der bisherigenKommission, die auch den Kongreß vorbereitet hatte, weiter über-trage».S ch a a d- Altona hält alsdann die Sch l u ß r e d e. Der Kongreßkönne auseinandergehen mit dem Bewußtsein, daß diese Veranstal-timg nicht unbeachtet vorübergehen lverde. Der Kongreß habe mitEinmütigkeit kundgegeben, daß sie nicht gewillt seien, die den Arbeiterngünstigen Kassen abschlachten zu lassen. Es habe sich auch gezeigt,daß sich Männer im Reichstag finden werden, die im Interesse derGerechtigkeit Front machen werden gegen die Vergewaltigung derHülfskassen. Mit der Hoffnung, daß unserer Agitation es gellngeiiwerde, den Schlag abzuwehren, schließe ich den Kongreß.Schluß 12 Uhr.CtUtrstlvkchmmlltng des sofialdemokratischknZentrallvahlvereius für Notsdam-Spandau-Osthavelland.Die Generalversammlung fand am Sonntag im TeßnowschenLokale in Hakenfelde statt.Anwesend find vom Zentralvorstand die Genossen Paris,Bauer, Seeger, Schollert und Hamann, der Kandidatdes Kreises, Genosse D r. K. Li e b k n e ch t, als Revisoren die Ge-nossen Pieper- Spandau, S t a a b- Potsdam und Lehman»-Marwitz, von der Lokalkommission Genosse Linz- Spandau,Agitationskommission Dobrolaio- Berlin und sechster BerlinerWahlkreis Genosse Frey thaler. Außerdem sind 15 Orte durch23 Delegierte vertreten.Zum Vorstandsbericht nahm Genosse Paris das Wort. AnBriefen seien 336 abgegangen, 211 eingelaufen. Was die Lokalfrageanbetreffe, so sei hier ein Fortschritt zu verzeichnen. In Staakenist es den Genossen gelungen, ein größeres Lokal frei zu bekommen.Ein Lokal in Eiche stand den Genossen, trotz großer Mühe, seitJahren nicht zur Verfügung, jetzt ist auch hier ein Lokal frei. Was die Lokal-frage im allgemeinen anbetreffe, so müssen die Genossen in sämtlichenOrten ihr Augenmerk darauf richten, noch mehr Lokale zu bekommen.Die schriftliche Agitation ist in folgender Weise von statten gegangen:17 999 Flugblätter kamen von Velten aus auf die einzelnen Ortezur Verteilung, desgleichen 12 999 Märkische Landboten. Die Nach-frage hiernach ist eine größere geworden. Auch die im verflossenenJahre stattgefundenen Stadtverordneten- und Gemeindewahlen habeneine bedentende Anzahl Flugblätter nötig gemacht. Die Stadt-verordiieteiiwahlen haben in Spandau mit einer Niederlage aufunserer Seite geendet. Redner kritisiert das Verhalten der königlichenArbeiter bei der Wahl. Die eigenartigen Verhältnisse in Spandauseien zum größten Teil ausschlaggebend bei dergleichen Wahlen. Esfei aber Sache der Spandauer Genossen, diese Scharte wieder aus-zuwetzen. Auch die Stadtverordnetenwahlen in Potsdam haben füruns keine Erfolge gezeitigt. Ebenso haben in Staaken die Gegnergesiegt. Hier habe aber jedenfalls die Lokalfrage wiederumeine Rolle gespielt. Die Mitgliederzahl des Zentralwahlvereins istgegen die im vorigen Jahre im» zirka 299 gestiegen und beträgt 2363.Die Zahl verteilt sich auf folgende Orte: Velten 689, Marwitz US,Kremmen 50, Hennigsdorf 106, Vehlefanz 56, Potsdam-Eiche 803,Bornim-Bornstedt 73, Geltow 39, Nauen 114, Ketzin 42, Spandau713, Staaken 32, Bötzow 25, Fehrbellin 5, Linum 5 undPerwenitz 1. Die Verhältnisse der Presse haben sich imallgemeinen gebessert. Es waren im vorigen Jahre 1697 Abonnentender„Brandenburger Zeitung" zu verzeichnen. Diese Zahl istbis jetzt bereits auf 2912 gestiegen. Abonnenten des„Vorwärts"sind zirka 1299 vorhanden. Aber diese Erfolge dürfenuns nicht abhalten, tatkräftig weiter zu arbeiten. Ein tüchtig StückArbeit ist noch zu leisten.Den Kassenbericht gibt an Stelle deS durch Krankheit verhindertenKreiskassierers Schmidt Genosse Paris. Einer Einnahme von7516,51 M.(darunter befinden sich 1125,65 M. für die Russen) stehe eineAusgabe von 1908,83 M. gegenüber. Hierunter befinden sich1925,65 M. für die Russen.) Die Ausgabe» für den Russenfoudssind um 599 M. größer als die Einnahmen, weil 699 Mari von dervorigen Generalversammlung bewilligt waren. Den Kassenbestandbeträgt 1599 M, Listengeld zur Ueberwachung an die Russen175,75 M. Zu Punkt Anträge beantragt der Genosse Paris übereine Entschädigung des Kreiskassierers zu beraten.Es folgt nun die Beratung der gestellten Anträge, diese lauten:1. Antrag Spandau: Der Zentralvorstandsbericht soll vierWochen vor der stattfindenden Kreis-Gellerakversammlimg denZweigvereinen zugehen.2. Antrag Spandau: Zulassung elneS Mitgliedes in der„V(JrwärtS"-Prekkommission.3. Antrag Spandau: Zulassung einer kleinen Aenderung derOrganisationsform für Spandau,' 1. Antrag Nauen: Zur Agitation für die Landbevölkerung all-jährlich ein Flugblatt herauszugeben.5. Antrag Paris: Vergütignng des Kreiskassierers.Im Laufe der Debatte ging noch ein Antrag Liebknecht ein:Die heutige Generalversammlung beschließt, dahin zu Wirten, daßvom„Vorwärts" für die Spandauer eine Extrabeilage heraus-gegeben wird. Die Kosten hierfür haben die Spandauer Genossenaufznbriiigsn.Genosse Trompler- Spandau zog darauf im Namen derSpandauer Delegierten den Antrag 2 zugunsten des Antrags desGenossen Dr. Liebknecht zurück. Antrag l wurde angenommenmit der Aenderung, daß anstatt vier Wochen vor der Kreis-General-Versammlung der Bericht 11 Tag« vorher erscheint. An Stelle deSAntrags 3 wurde der Antrag Liebknecht einstimmig angenommen.Der Antrag 3 gelangte nicht zur Abstimmung. Antrag i wurde einstimmig angenommen.Dem Kassierer wurden 199 W. Vergütung bewilligt. AufBeschluß der Delegierten erfolgte eine Vereinfachung der Ab»rechnungSformulare.Auf Antrag des Genossen Krumnow-Ketzin wurde be»schloffen, daß die nächste KreiSgeneralversammlung in Ketzin tagt.Nunmehr erhielt der Genosse Dr. K. Liebknecht zu seilten,Vortrage:„Das OrganisationSstatut" das Wort. Redner tritt füreine straffe Zentralorganisation ein und streift kurz die Beschlüsse,welche auf demm letzten Parteitag« in dieser Frage gefaßtwurden. Auch berührt Redner die Stellung der süd«-deutschen Genossen zu der„Borwärts"frage, das heißt dazu, ob der„Vorwärts" Zentralorgan bleiben oder Lokalblatt werden soll.Ferner geht Redner auf unsere augenblickliche politische Lage ein,erwähnt die russische Revolution, die M->iikkofrage, die Vorgänge inSachsen und den Fall Löbe. Zum Schluß kommt Redner auf denam Sonntag, den 21. Jannar geplanten LandtagSwahlrechts-Proiestzu sprechen. Folgende Resolution gelangte einstinunig zur Annahme:Die Getteralversammlung geißelt die freche Anmaßung unsererDiplomaten, über die Köpfe des deutsche» Volkes hinaus überKrieg und Frieden heimlich zu entscheiden. Sie geißelt die Be-strebungen einer reaktlouären Clique, aus Anlaß des Marokko-Konfliktes, der das deutsche Voll kühl bis ans Herz läßt, dieeuropäische» Kulturvölker in einen brudormörderischen Kriegzu hetzen. Die Generalversammlung erklärt, daß dieseÄriegstreibereieu nur dem Zweck dienen können und sollen,das revolutionäre Proletariat zu Boden zu Wersen, daS inerster Linie die Kosten eines Krieges zu tragen habe»tvürde. Die Generalversammlung spricht dem französischen Prole-tariat seine vollste brüderliche Sympathie aus uno bestätigt vonneuem, daß die Interessen des internationalen Proletariats gegen-über einem Kriege und gegenüber der internationalen Neaktioneins sind.Genosse Staad- Potsdam erstattet den Bericht der Preß-kommissio» der„Brandenburger Zeitung". Die„BraiidenburgerZeitung" habe mit einem Defizit von 19 M. wöchentlich gearbeitet.welches aber durch die neuen technischen Einrichtungen wieder weitgemacht werde. Er, Redner, sowohl als auch sämtliche Preß-koinmissionS-Mitglieder feie» gegen die Stellungnahme der„Branden-burger Zeitung" im„Vorwärts"-Köiiflikt gewesen.Die Tagesordnung war hiermit erschöpft. Der Vorsitzende.Genosse Paris, schloß um 6'/, Uhr die Versammlung mit einemHoch auf die internationale Sozialdemokratie.Versammlungen.Der sozialdemokratische Wahlverein für den 4. Berliner Reichs-tagswahlkreiS hielt für das K ö p e n i ck e r Viertel am16. Januar in der„Drachenburg" vor dem Schlesischen Tor eineVersammlung ab. Nachdem der verstorbenen Mitglieder ehrendgedacht worden war, erledigte man verschiedene Partei- und Ver-einsangelegenheiten. Namentlich wurde, anknüpfend an die jetztvollzogene Einteilung des Wahlvereins in fünf Agitationsbezirkc,eine möglichst intensive Agitation angeregt.Reichstagsabgeordneter« ch ö p f I i n hielt dann an Stelle desverhinderten Genossen Grunwald einen beifällig aufgenommenenVortrag über„Reichsfinanzreform und Sozialdemokratie". EineDiskussion fand nicht statt.Ein Vertreter des Verbandes der Gastwirtsgehülfen sprach denWunsch aus, daß die Organisationen das Bestreben des Verbandes,den Kellnern angemessene Arbeitsbediltgungcn zu schaffen usw..unterstützen möchten.Vierter Wahlkreis. Für das Görlitzcr Viertel fand amDienstag im Lokal„Südost" in der Waldemarstrahe eine Vcrsamm-lung statt. Genosse I e n s ch hielt einen Vortrag über dos Thema:„Glaube des Proletariats". Der Redner stellte dem religiösenGlauben, der die eigentliche Bestimmung des Menschen ins Jenseitsverlegt, die Anschauungen des modernen Proletariats gegenüber,welches an die Verwirklichung der höchsten Menschheitsideale ineiner nicht zu fernen Zukunft glaubt. Der Vortrag fand lebhafte»Beifall. Im Sinne des Referenten sprach noch Genosse Stumpc.Die Versammlung endete mit der Aufforderung seitens des Vor-sitzenden und Referenten zum regen Bestich der am Sonntag statt-findenden Protestversammlungen und dem Ersuchen, sich am Sonn-tag, aller etwaigen Provokationen zum Trotz, ruhig und besonnenzu verhalten.Sechster Wahltreis.„Fnte�nationaliLinus undSozialismus" war das Thema eines Vortrages, den GenosseDr. Michels aus Marburg am Dienstag in einer gut besuchtenVersammlung des Wahlvereins hielt, die im Swinemünder Gesell-schaftshaus stattfand. Ter Redner bemerkte einleitend, daß diegrößte Aufgabe, die Karl Marx erfüllt habe, die sei, mit den bürge r-liehen Vorurteilen aufgeräumt zu haben, und so habe er auch denBegriff des Staats auf seinen eigentlichen Wert zurückgeführt underkannt, daß der Staat nie etwas anderes gewesen ist, als ein Aus-schuh der jetveilig herrschenden Klassen. Im Spraehgebrauch versteheman nun allerdings unter„Vaterland" etwas anderes als unterdem Worte„Staat": praktisch meinten die Herrschenden jedoch mitdem Vaterland, das man lieben solle, den jetveilig bestehendenStaat. Der Redner wies hier auf die erzwungene Umkrempelungder„patriotischen Gefühle" hin, wie sie innerhalb Deutschlands be-sonders stark im Jahre 1866 bei der preußischen Annektierung zu-tage trat, und schilderte daniii den Internationalismus derherrschenden Klassen, die als Kaufleut« ihre Waren in dem Lairdeeinkaufen, wo sie am billigsten sind, und als Arbeitgeber ohne irgendwelche nationalen Rücksichten die billigsten und willfährigsten Ar-beitskräfte heraitbolen. So seien die nationalen Gegensätze zwischender Bourgeoisie der verschiedenen Länder nur scheinbar vorhanden,während überall eine scharfe Scheidung zwischen dem Proletariatund den Besitzenden hervorträte. Der Redner führte verschiedeneBeweise dafür an, wie sich die Gegensätze der Lebensauffassung derbeiden Klassen in der Moral, der Rechtspflege usw. geltend machen.Die selbstverständliche Pflicht des Proletariats sei eS, auch hierinternational zu sein: Das Baterland des Proletariats sei seineKlasse und in weiterem Sinne hie ganze Menschheit. Wohl könneauch der Proletarier im engexen Sinne des Wortes sein Vaterlandlieben, und zwar insofern dieses allen eine gut« Mutter sei, die allenihren Kindern die gleiche Fürsorge widme und Gerechtigkeit tvaltenlasse. Hier handele da» Proletariat im Sinne der Worte Goethesaus dessen Gesprächen mit Eckermann:„Was heißt denn: seinVaterland lieben, und was heißt es denn: patriotisch wirken? Wennei» Dichter lebenslänglich bemüht war, schädliche Vorurteile zu de-kämpfen, engherzige Ansichten zu beseitigen, den Geist seines Vollesaufzuklären, dessen Geschmack zu reinigen und dessen Gesinnungs-und Denkweise zu veredeln: was soll er denn da besseres tun undwie soll er da patriotischer wirken?"— Der Vortrag fand lebhaftenBeifall. Zur Diskussion verlangte niemand das Wort. Der Vor-sitzende forderte zn eifriger Agitation für die Versammluiigeii amSonntag auf und crmahnte die Genossem auf die ekelerregendenHetzereien der Scharfmacherpresse vom Schlage der„Post" hin-weisend, allen Provokationsversuchcn entschieden entgegen zu treten.Die Arbeiter der Straße«ibah»-Hauptwerkstättei, befaßten sicham Dienstag im Bernhard Rose-Thcater erneut mit der jüngst er-folgten Maßregelung der Krankcukassei,-Dele-gierten. In dieser Angelegenheit war auf Beschluß der vorigenVersammlung eine Kommission beim Direktor Dr. Micke vorstelliggeworden. Di« Antwort des H«rrn Direktors hat die Kommissionallerdings nur wenig befriedigt; sie beschränkte sich lediglich aufeinige nichtssagende Erklärungen, wie sie in einer Berichtigung, dievon der Direktion auf den letzten Versammlungsbericht hin an diePresse versandt wurde, enthalten war. In der Berichtigung wurdenämlich bestritten, daß die Entlassung der Delegierten wegen ihrerZugehörigkeit zur Organisation erfolgt sei; sie habe sich lediglichwegen der„verminderten Arbeitsgelegenheit" notwendig gemacht.Eine politische Maßregelung habe nicht stattgefunden, sie hätte auchkeinen Sinn gehabt, da ja an Stelle der onsgeschiedenen Delegiertenihre Stellvertreter aufrücken, die ebenfalls vom Verbände ausgestelltworden seien. Andererseits aber könne die Direktion unter ihrenBediensteten nicht Leute dulden,„die agitieren und ihre Kameradenverhetzen".— Mit Recht wurde in der Versammlung betont, daßhier em Satz den anderen aufhebt. UebrigenS sei es auch falsch, daß