Kies für unzulässig, weil der Antrag zu spät eingereichtwäre.Der Antrag auf Zurückweisung an den Ausschuß wurdeangenommen. Also im Ausschuß sollen weitere finstere Plänegeschmiedet werden._„Naive" Parlamentarier.In der Zweiten badischen Kammer richtete auf Grundprivater Mitteilungen der sozialdemokratische Abg. L e h-mann an den Minister des Innern Dr. Schenkel dieAnfrage, ob es richtig ist, daß auch in Baden— ähnlich wieim Elsaß— eine Liste von Personen geführt wird, die beimAusbruch eines Krieges in Gewahrsam zu nehmen sind. DerMinister meinte, auf diese Naivität— wenn man dieseEigenschaft bei einem Abgeordneten voraussetzen dürfe— verweigere er die Auskunft. Auch auf die Frage G e ck s, ob am21. Januar die M i l i t ä r b e r e i t s ch a f t im badischen Landedurch die Regierung angeordnet wurde, gab er die un-genügende Auskunft, daß mit der preußischen Regierung fürdie Hülfeleistung des Militärs bestimmte Vereinbarungen be-stehen._Aus dem bayerischen Landtage.(Eig. Ber.)Die Mittwochsitzung eröffnete Ministerpräsident v. Podewilsals erster Redner, um auf die gestrigen Ausführungen der Abgg.Geiger und Dr. C a s s e l m a n n zu antworten. Er suchte seineAusführungen in der Budgetdebatte so darzustellen, als hätte erdurchaus nicht das verfassungsmäßige Recht des Landtages zu einerBesprechung der auswärtigen Politik bestreiten, sondern er habenur erklären wollen, er halte eine derartige Besprechung im baheri.schen Landtage für unangebracht, und zwar aus dem Grunde, weil,wenn auch der Bundesrat durch Bewilligungsbeschlüsse die Politikdes Auswärtigen Amtes sanktioniere, so sei doch der eigentliche Leiterder Reichskanzler, der daher im Reichstage allein in der ihm fürrichtig dünkenden Weise die Antwort auf Fragen nach der Führungder auswärtigen Politik geben könne, während die AuswärtigenMinister der Einzelstaatcn gerade in Rücksicht auf den Reichskanzlergezwungen wären, zu schweigen, und dieses Schweigen sehr miß-deutet werden könne. Im übrigen suchte v. Podwils die„eminente"Bedeutung des Auswärtigen Ausschusses im Bundesrate hervorzuheben, sowie die Berichte der bayerischen Gesandten und die in„reichster Fülle" eintreffenden Mitteilungen des Auswärtigen Amtesan die Regierungen der Einzelstaaten. Podewils verschwiegaugenscheinlich, daß diese Mitteilungen immer ersteintreffen, wenn die Handlungen, die sieschildern, schon vollzogen sind, daß in diesen Mit-teilungen aber nicht angefragt wird, ob etwa die Regierungen derbetreffenden Staaten an diesen Handlungen etwas auszusetzenhaben; sie sind einfach dazu da, post fcstum das Handeln desReichskanzlers resp. der Persönlichkeit, die der eigentliche Reichs-kanzler ist, untertänigst durch ihre Zustimmung zu sanktionieren.Wenig glücklich war Podewils mit seiner Berufung auf die RedeBismarcks vom Jahre 1893 in Kissingen. Er ging augenscheinlichsehr fehl, wenn er annahm, Bismarck habe damals nicht an die aus-loärtige Politik des Reiches, sondern nur an die innere Reichspolitikgedacht.Genosse Boll mar betonte dann auch sofort, daß, wenn auchPodewils seine Stellung seit der Budgetdebatte wesentlich geänderthätte, er dennoch auch heute noch in einem sehr bedenklichen Irrtumüber die Rechte der Einzelstaaten und ihrer Landesvertretungen inbezug auf die auswärtige Politik des Reiches sich befinde. Podewilshabe die auswärtige Politik als eine vom freien Willen des Kaisersabhängige Sache bezeichnet. Eine derartige persönliche Leitung seiaber weiter nichts, als der Absolutismus in krasiester Form, und essei undenkbar, daß Deutschland im 29. Jahrhundert nach solchenPrinzipien regiert> Verden könnte. Was die Anfrage Cassel-manns bezüglich der Auflösung des Lmidtages betreffe, so sei sieganz überflüssig gewesen, da der Kompromiß zwischen Sozial-demokratie und Zentrum seinerzeit ganz allein auf der Grundlagegeschloffen worden sei, daß nach Annahme des Wahlgesetzes dieKammer aufgelöst werde, und keine Partei Anstalten mache, vondiesem Vertrag abzugehen. Auch die Erklärung des Ministers desInnern vor zlvei Jahren zeige deutlich, daß mit der Auflösung alsmit etwas Bestimmtem gerechnet werde.<Po deWils hatte inder heutigen Rede erklärt, die Regierung habe noch nicht dazuStellung nehmen können, ivcil das Wahlgesetz in der Ersten Kammernoch zwei Lesungen zu passieren habe und schließlich auch noch derGenehmigung der Krone bedürfe.)Der freisinnige Abg. Dr. Müller- Hof vertrat in bezug aufdie Kompetenzen des Landtages die gleichen Anschauungen seinesParteifreundes Dr. C a s s e l m a n n. Er forderte weiter, daßmöglichst schnell der Auslieferungsvertrag gekündigtwerde, den Bayern mit Rußland abgeschlossen hat,damit endlich das politische Asylrecht in Bayern wieder her-gestellt werde.Endlich bemerkte der Zentrumsführer Dr. v. D aller noch,daß auch seine Partei die Auflösuirg des Landtages wünsche, dochhandle es sich dabei um ein Recht der Krone, in das die Kammernicht eingreisen dürfe.Zu allgemeiner Ueberraschung sah sich der Ministerpräsidentnicht veranlaßt, ein zweites Mal das Wort zu nehmen. In derSpezialdebatte erklärte Genosse Müller unter Hinweis auf dasdiplomatische Kaffeekränzchen in Algcciras, es müsse mit aller Deut-lichkeit darauf hingewiesen ivcrden, daß unpopuläre, aus persön-licher Laune etwa angezettelte Konflikte keineswegs im Kriegsfalledie Sympathie der Massen für sich haben können.—Hualand.Oesterreich.Ministerphrasc».Wien, 18. Februar.(Abgeordnetenhaus.) Bei der fortgesetztenVerhandlung über die Rckrutenvorlage erklärte der Landes-Verteidigungsminister v. Schönaich, er hoffe trotz der hochgehendenpolitischen Wogen auf Annahme der Vorlage.„Solange derMilitarismus, der auch bei uns keine Sympathie hat, be-steht, ist es heilige Pflicht desjenigen, der die Verantwortungfür die militärischen Einrichtungen trägt, auf Durchführungalles desjenigen zu bestehen, was für die Schlagfertigkeit desHeeres unbedingt erforderlich ist." Ihm sei es viel lieber.wenn die militärischen Forderungen auf Grund eingehender scharferPrüfung bewilligt würden, als wenn sie mit fatalistischem Achsel-zucken hingenommen würden.(Lebhafter Beifall.)Gegenüber dem Abg. Schramek, welcher behauptet hatte, daß der1814 von Preußen inaugurierte Militarismus zu Not und Elend derarbeitende» Schichten führe,„konstatierte" der Minister: wer dieWeltgeschichte verfolge, müsse zugeben, daß der Weg Preußens seit1814 auf Hohen geführt habe, die diesen Ausblick wohl nicht ge-währen.(Lebhafte Zustimmung.)Frankreich.Kostspielige Mordorganisation.P a r i s. 14. Februar.(Eig. Ber.)Im gestrigen Ministerrat teilte der KriegsministerCtienne mit, daß er das Projekt der Errichtung des mobilenGendarmcriekorps bereits durchstudiert habe. Diese neueTruppe, die bekanntlich in Streikfällen verwendet werden soll.wird im ersten Jahre„nur" 1 700 000 Fr. kosten, später sollsich diese Ausgabe aus 3 300 000 Fr. erhöhen— die Pensionennicht eingerechnet. Die Arbeiter werden also künftig jährlichüber 3 Millionen mehr als bisher auk-nbringen haben, damitder Bourgeoisstaat sie mit vollkommener Exaktheit niedersäbelulassen kann, wenn sie sich erkühnen, um eine würdigere Lebens-Haltung zu kämpfen.—_Der Kolonialskandal.Paris, 14. Februar.(Eig. Ber.) Die Regierung der„demo-kratischen" Republik nimmt immer mehr die Sitten an, die beiunverantwortlichen Staatslenkern im Schwange sind. Ein Beispieldafür lieferte der klägliche Ausgang der mit großem Aplomb unter-nommenen„Untersuchung" der Mißstände im französischen Kongo.Als die Greueltaten der G a u d und T o q u o bekannt wurden,schickte die Regierung den berühmten Forscher B r a z z a nach Afrika.Der Bericht, den der sterbende Brazza mitbrachte, war für diefranzösische„Kulturarbeit" in Afrika so vernichtend, daß manschleunigst eine neue Kommission ernannte, die eine Untersuchung derBrazzaschen Untersuchung anstellen sollte! Und da die vessimislische Noteim Brazzaschen Bericht offenbar davon herrührte, daß der Autor dasKongoland zu gut kannte, so berief die Regierung in die Kom-Mission lauter Leute, die eine mit Ignoranz ziemlich nahe verwandte— Unbefangenheit in bezug auf den zu untersuchenden Gegenstandaufwiesen. Die neue Kominission bestand aus den zufällig in Parisanwesenden Gouverneuren von Jndochina, Madagaskar und West-afrika. Die Herren, in deren Wirkungskreisen ja auch manche an-sechtbaren Dinge vorgekommen sein sollen, fanden denn auch, daßim Kongo beinahe alles gut sei.Der von Brazza so sehr belastete Gouverneur G e n t i I gehtnach dem Kongo zurück, und Herr Clementel, der Kolonien-minister, beschloß— von der Ueberzeugung geleitet, daß man derNeugierde der Welt nicht noch mehr Vorschub leisten dürfe— dieAkten der Brazzaschen Untersuchung entgegen einer früheren Zu-sage geheim zu halten. Aber auch die Verhandlungen der zweitenKommission und selbst der vom Deputierten L a n e s s a n aus-gearbeitete Bericht werden nicht vorgelegt INun steht die Verhandlung der von Herrn R o u a n e t ein-gebrachten Interpellation über die Kongoskandale bevor, und die Re-gierung weigert sich, das zur Beurteilung der Verhälnisse notwendigeMaterial zu liefern. Herr Clementel trägt lediglich— mit ziemlicherBreite— die Schlüsse vor, die er aus den Akten gezogen hat. Sielaufen auf einige recht belanglose Verwaltungsreformen hinaus, sindaber an den entscheidenden Punkten sehr wortkarg. Das ist das er-bauliche Ende der angekündigten„rücksichtslosen Untersuchung".Herrn Savorgnau de Brazza hat man feierlich und pompös aufStaatskosten beerdigt, sein Werk wirft man in aller Hast in dieGrube.—_Ein neues Manifest der AntiMilitaristen.Paris, 14. Februar.(Eig. Ber.)Die Antimilitaristen haben ein neues Mainfest angeschlagen,das sich in Inhalt und Ausdruck ziemlich mit demjenigen deckt, wegendessen der Prozeß gegen H e r V o und Genossen angestrengt wordenist. DaS Originelle daran sind die 299s. Unterschriften, die darunterstehen. Die Regierung ist begreiflicherweise in einer gewissen Ver-legenheit. Man kann doch nicht gut allen 2999 den Prozeß machen,einen Riesensaal zur Verhandlung einrichten und die Angeklagten—gleich ihren Vorgängern— auf ein bis vier Jahre eiinperren.Ignorieren kann man das herausfordernde Manifest auch nicht, weilman damit zugestände, daß die Agitation Hervös tatsächlich auchvom Standpunkt der bürgerlichen Ordnung keine öffentliche Gefahrund daß der Prozeß doch eben nur eine Verfolgung von Mei-n u n g e n gewesen ist. Der gestrige Ministerrat hat sich lange mitder kitzlichen Frage beschäftigt und ist schließlich zu dem Schluß ge-kommen, die„Anstifter" zu verfolgen! Man wird also wohl diebekannteren Agitatoren der revolutionären Gewerkschaften herausgreifen und sie unter Anklage stellen. Damit lvird auch denKapitalisten ein besonderer Dienst erwiesen, da die Achtstundenbewegung der Konföderation der Arbeit, die in derletzten Woche einen kräftigeren Zug angenommen hat, ans diese Artihrer wertvollsten propagandistischen Kräfte beraubt werden kann.So bekommen auch diejenigen, die die Amnestierung der Ver-urteilten vom Dezember bekämpfen, ein neues Argument, wenndie� Staatsanwälte ausmalen, wie tief sich schon dasGift der Vaterlandslosigkeit in den Körper der Nalion ein-gefressen hat.— Da aber die agitatorische Wirkung einerVerhandlung vor den Geschworenen vermieden werden soll,ist die Regierung auf den Gedanken gekommen, die angeklagtenUnterzeichner womöglich vor das Zuchtpolizeigericht zu bringen undüberdies— wenn es angeht— nur gruppenweise! Zu diesem Zweckwird jetzt die Frage„studiert", ob man die Anklage nicht auf dasAnarchistengesetz von 1894 basieren könne. Dein Spießerchauvinismiiswird durch die Aburteilung einiger Dutzend Arbeiter jedenfalls einewohlseile Befriedigung verschafft. Etivas anderes ist freilich dieFrage, ob diese Verurteilungen der antimilitaristischen Bewegung Ein-halt tun und ob sie ihr nicht vielmehr Solidarität und Rückhalt auchin jenen Kreisen der Arbeiterschaft gewinnen werden, wo man dieHerveschen Auffassungen nicht teilt.—Das Bourgeoisparlament gegen das Wahlgeheimnis.Paris, 14. Februar.(Eig. Ber.)Der Senat hat vor einiger Zeit die von der Deputiertenkammerbeschlossene Abänderung des Wahlgesetzes abgelehnt. Indessen fandsich schließlich doch eine Mehrheit, die für die wichtigsten der vor-geschlagenen Reformen, vor allem für die Einrichtung von Wahl-zellen, stimmte. Kaum aber war so die Aussicht auf wirklich ge-Heime Wahlen eröffnet, da fand sich in der Depntiertenkammer ausallen bürgerlichen Parteien eine neue Opposition gegen die Reformzusammen. Gestern vereinigten sich zahlreiche Deputierte, die gleich-zeitig Bürgermeisterämter bekleiden und kamen überein, daß das„Wahlklosett" aus dem Gesetz gestrichen werden müsse. Die Haupt-rolle spielte jenes uralte berühmte Argument, daß sich mancheWähler absichtlich zu lange in der Zelle aufhalten und dadurch dieanderen in der Ausübung ihres Wahlrechts behindern könnten IMit so albernen Vorwändcn soll die Fortdauer der von den Aus-bcutern und Amtsstubenthrannen geübten Wahlerpressungen durch-gesetzt werden. Die Bürgermeister wollen insbesondere die Kontrolleüber die Gemeindeangestellten nicht aus der Hand gebe». In diesemWiderstand gegen das.Klosettgesetz" gibt sich gleichzeitig die brutaleHerrschsucht der Bourgeoisie und die schamlose persönliche Profit-macherei ihrer Politiker kund.—Jtalieu.Der„Avanti" beschuldigt die„Tribuna": über 68 494.75 Lire.die sie für Calabrien gesammelt hat, nicht abgerechnet zu habenund drückt Zweifel an der Glaubwürdigkeit eines Teils der übrige»Belege ans. Unser Parteiblatt fordert eine Enquete des Pressevereinsüber die Sache.England.Halbe Antworten. London, 15. Februar.(W. T. B.) Premier-minister Campbell-Bannerman empfing heute eine Abordnung desKongresses der Trade-Unions. Er erklärte ihr, das Beispiel de?Generalpostmetsters, der die Bereinigung der Postbediensteten anerkannte,werde von den übrigen staatlichen Verioaltiingszweigen befolgtwerden. Er sei für die Eiiiführnng einer allgemeinen Altersver-sicherung, doch müsse er mit Rücksicht auf die Kostenfrage die Ab-ordnung an den Schatzkanzler verweisen.— Asquith erklärte der Ab-ordnung. der Altersversorgungsplan habe seine Sympathie, doch seikeine unmittelbare Hoffnung vorhanden, daß der Staatsschatz ge-»iigende Mittel für diesen Zweck besitzen werde.—Dänemark.Das ProstitutiouSgcsetz.Der in Nr. 24 des„Vorwärts" erwähnte Gesetzentwurf zurAbschaffung der reglementierten Prostitution ist mit einigen Aende-rungen am Dienstaa vom Lands»bina angenommen worden. Leiderist eS nicht gelungen, die Bestimmungen zu beseitigen, die der Polizeidas Recht gibt, Prostituierte nach dem Landstreichergesetz zu be--handeln, linser Genosse C. C. Andersen wies darauf hin, daßdurch diese Bestimmung der Polizeiwillkllr wieder Vorschub geleistetwird und daß es gerade die allerärmsten unter den Prostituierten sind,die darunter leiden werden. Aber die Mehrheit war taub gegendiese Einwendungen, und Andersen blieb schließlich der einzige, dergegen den Paragraphen stimmte. Der ganze Gesetzentwurf wurdedann mit 29 gegen 14 Stimmen abgenommen, nachdem man ihmnoch einen neuen Paragraphen, der ein Verbot der Reklame fürArtikel zur Vorbeugung der Empfängnis enthält, eingefügt hatte.In dieser Gestalt ist nun der Gesetzentwurf dem Folkethingüberwiesen worden.—Griechenland.Athen. 14. Februar.(W. T. B.) Die Deputierten-kammer wurde aufgelöst, die Wahlen wurden auf den 8. Aprilund die Einberufung der neuen Kammer auf den 3. Maifestgesetzt.—Amerika.William I. Brya», der bekannte Führer der demokratischenPartei, bringt sich als alter Trustgegner wieder in empfehlende Er-innerung. Er macht bekannt, daß er sein Amt als Vertrauensmannin der Verwaltung der Illinois- Hochschule niederlege, da er seineDienste nicht länger einem Institut weihen könne, welches von AndrewCarnegie und anderen Trusthäuptern Geschenke annehme und sichdadurch in Abhängigkeit begebe! Mit Unwillen habe er erfahren,daß die Illinois- Hochschule durch die Geschenke der Kapitalistensich bestimmen lasse, gewisse nationalökonomische Wahrheiten, die denTrusts unbequem seien, nicht zu lehren.Bryan, der sich auf einer Weltreise befindet, schreibt dies vonHongkong aus; er behält also, wie es scheint, die amerikanischePoiilik scharf im Auge. Der Kampf gegen die Trusts ist für diedemokratische Partei ein Köder, der den Massen hingcworfeirwird, um ihre Stimmen zu fangen. Im Jahre 1896 kandidierteBryan für die Präsidentschaft> unter der Parole derSilberwährung, er wurde aber von Mac Kinleh geschlagen.Im Jahre 1999 versuchte Bryan es noch einmal und stellte dieTrustfrage in den Vordergrund; aber wieder siegte Mac Kinley.Trotz der zweimaligen Niederlage ist Brhan noch außerordentlichpopulär und anerkannter Führer des radikalen Flügels der demo-kratischen Partei, die jetzt hauptsächlich mit der Bekämpfungder großen Trusts ihren Einfluß auf die Massen zuerhalten strebt. Man will durch gesetzliche Maßregeln dieTrustbildung verhindern, und man beschuldigt die rcpubli-kanische Partei, die bestehenden Anti-Trustgesctze nicht zur An-Wendung zubringen, sondern im Gegenteil die Trusts bei jeder Ge-legenheit zu begünstigen. Zu diesem bösen Spiel der Radikalen mitder Trustsrage macht der konservative Flügel der demokrati-schen Partei gute Miene; denn er will von Bryans Antistrustkampfebensowenig wie von der Silberwährung etwas wissen. Man mußaber mit Brhan und seinen» Einfluß rechnen, zumal da Bryan seitden letzten Jahren an William Randolph Hearst, dem Millionär undZcitungsbesitzer, der aber selbst nach der Führerrolle strebt, eine guteHülfslrast gewonnen hat.—_Soziales*Umgehung von Arbeiterschutzvorschriften. Wie schwer es denGerichten fällt, Arbeiterschutzvorschriftcn den strafrechtlichen Schutzzu geben, zeigt folgend« Verhandlung über einen Verstoß gegen dieSonntagsruhcvorschristen. Trotz des klaren Verstoßes sind die Unter-nehmer bislang von drei Landgerichten freigesprochen. Die Spedi-teure Böhm und Koppen zu Stettin waren wegen Uebertretungder§§ 195b und 146a der Gewerbeordnung angeklagt worden, weilihre kaufmännischen Gehülfen und Lehrlinge Sonntags währendder Kirchzeit, der verbotenen Zeit, für sie im Kontor tätiggewesen waren. Das Landgericht Stettin sprach die An-geklagten frei, da jeder Angestellte hätte unterschreiben müssen, daßihm verboten worden sei, sich zur fraglichen Zeit im Kontor auf-zuhalten und zu arbeiten. Das Landgericht meinte, die Angeklagtenseien dadurch vor Strafe geschützt, daß sie jenes Verbot aussprachenund es sich hier um ein„freiwilliges" Tun der Angestellten handele.— Das Kammergericht hob demnächst dies Urteil auf undverwies die Sache zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidungan das Landgericht zu Stargar d, also an ein anderes Land-gericht. Das Kammergericht sprach damals aus, daß dasStettiner Landgericht vollkommen den Sinn der sozialpolitischenGesetzgebung verkannt habe, wenn es sich genügen lasse, daß die An-geklagten jenes Verbot ausgesprochen hätten und daß die Angestellten„freiwillig" tätig gelvesen wären. Das Gesetz verlange einen Schutzder Gehülfen auch gegen deren Willen. Der Arbeitgeberhabe die Pflicht, nicht nur die verbotene Tätigkeit nicht zu gestatten,sondern auch durchgreifende Matznahmen zu treffen, um eine solcheTätigkeit zu verhindern.— Das Landgericht Stargard sprachdann die Angeklagten ebenfalls frei. Es führte aus, daß die An-geklagten genügende Vorkehrungen zur Durchführung des Verbotesgetroffen hätten. Sie hätten nämlich den„dienstältesten" Gehülfen'Krüger verpflichtet, auf die Beachtung des Verbotes zu achten. Wenndieser es nicht tat, konnten sie nichts dafür. Auch habe der eineChef öfter sich davon überzeugt, daß zur strittigen Zeit Sonntagsdie Tür zum 51ontor verschlossen gewesen sei. Allerdings sei sievon den Leuten von innen verschlossen worden. Indessen, was sietun konnten, hätten die Angeklagten getan.Das Kammergericht hatte sich nun jetzt auf die Revisionder Staatsanwaltschaft zum zivettenmal mit der Sache zu befassen.Es hob auch das letzte Urteil auf und verwies die Sache an dasLandgericht P r e n z l a u, also wieder an ein anderes Gericht.Ausgeführt wurde, es genüge nicht, daß man Krüger für dieDurchführung des Verbotes verantwortlich machte. Mindestens sei151 der Gewerbeordnung übersehen worden, wonach neben demBetriebsleiter oder der Aufsichtsperson der Gewerbe-treibende selber strafbar sei, wenn er es bei derAuswahl oder bei der Beaufsichtigung dieserPersonen an der erforderlichen Sorgfalt habe fehlen lassen.kommunales.Stadtvcrordncten-Versammlung.7. Sitzung vom Donnerstag, den 15. Februar,nachmittags 5 Uhr.Der Vorsteher Dr. Langerhans eröffnet die Sitzung um6V2 Uhr.Der Ausschuß zur Vorberatung der Vorlage wegen Fort-führung der elektrischen Hoch- und Untergrundbahn ist gewählt undhat sich konstituiert; von der sozialdemokratischen Fraktion gehörenihm die Stadtverordneten Borgmann, Ewald, H 0 f f m a n nund Singer an.Ter Magistrat hat der Versammlung bezüglich der Stellen derleitenden Äerzte der einzelnen Abteilungen desRudolf Virchow-Krankenhauses die im„Vorwärts"schon eingehend dargelegten Vorschläge über Anstellung und Besoldunggemacht.Bon den Stadtverordneten Prof. Dr. Landau(A. L.) undunseren Genossen Dr. Wehl, Dr. B e r n st e i n und Dr. Z a d c kwerden verschiedene Positionen der Magistratsvorlage bemängelt.Tie Vorlage geht nach einer längeren Debatte an einen Ausschußzur nochmaligen BeMung.Die Angelegenheit wegen freihändigen Verkaufs desGrundstücks Adalbertstraße 98 ist Gegenstand einerAusschußberatuug gewesen.Nach einer längeren Debatte, in der Stadtverordneter GenosseBorgmann die Zurückvertveisung der Angelegenheit an den Aus.schuß beantragt, wird in der Abstimmung die Zurückverweisung ab-gelehnt und nach einem Antrage Ladewig die Ermächtigung gegeben,das Haus zum Mindestpreise von 195 999 Mark freihändigzu verkaufen.