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SlumenstSbe werden in Geschwenda   in Thüringen   her- gestellt. Die Arbeit ist eine sehr einfache, ihr Ertrag der denkbar niedrigste. Sie wird nicht im Auftrage eines Unternehmers, sondern auf eigenes Risiko durch den Arbeiter angefertigt, der Holz kauft, Stäbs und Etiketten daraus schneidet und die Ware dann beim Kaufmann abzusetzen sucht, der oft nicht in Geld, sondern in von ihm feilgehaltenen Materialwaren bezahlt. Eine der betrübcndstcn Erscheinungen ist die, daß bei der Blumenstabherstellung eine weit- gehende Kinderausbeutung betrieben wird. Von seiner eigenen Arbeit kann auch der bedürfnisloseste Arbeiter nicht sein Leben fristen. So wird denn nicht nur die eigene Familie zur Arbeit herangezogen, sondern auch fremde Kinder, die für einen Wochenlohnvon 1 M. 6t§l,5 0M. vor und nach der Schule bis spät abends beim Stäbeschnitzer arbeiten. SolcheArbeitgeber" beschäftigen 6 bis 12 fremde Kinder, und so ist es ihnen möglich, s.inen nach dortigen Begriffen auskömmlichen Verdienst zu erzielen. Aon der Existenz eines Kinderschutzgesetzes scheint man hier nichts zu wissen. In der Ausstellung sind Erzeugnisse dieser Industrie vorhanden, die nur von den Mitgliedern einer Familie zwei Er­wachsene und drei Kinder hergestellt sind. Diese fünf Personen bringen es auf einen gemeinsamen Wochcnverdienst von 7, 8, auch wohl 11 12 M. Darüber hinaus scheint es ohne Ausbeutung fremder Kinder nicht zu gehen. Perlmutterknöpfe. In Franken Hausen am Kyffhäuser  wird die Herstellung von Perlmutterknöpfen betrieben. 15 Unter­nehmer beschäftigen rund 500 Personen, die zumeist Heimarbeiter sind und das Material Muschelschalen vom Unternehmer ge­liefert bekommen. Eine besondere Werkstatt hat keiner der Heim- arbeiter. Die Arbeit, welche viel gesundheitsschädlichen Staub ent- wickelt, wird in der Wohnstube, der Schlafkammer oder der Küche ausgeführt. Mehrere ausgestellte Photographien gewähren uns einen Einblick in diese trostlosen Stätten der Heimarbeit. Auf einem der Bilder sehen wir, daß die Frau des Knopfmachers unmittelbar neben der Drehbank des Mannes mit Zigarrenmachen be- schäftigt ist. Eine erfreuliche Tatsache wird uns mitgeteilt: Die Perlmutterknopfdreher sind fast alle im Deutschen   Holzarbeiter- verband organisiert, sie haben auch im Jahre 1900 einen erfolg- reichen Streik durchgeführt. Trotzdem sind die gegenwärtigen Löhne nicht viel besser als die anderer Heimarbeiter. Nach den in der Ausstellung vorhandenen Angaben bewegen sich die Wochenlöhne bei kvstündiger Arbeitszeit, die anscheinend allgemein innegehalten wird, meist zwischen 12 und 18 M. Die Stücklöhne sind in der Fabrik wie in der Heimarbeit durchweg die gleichen. Gold- und Politurlcisten» wie sie zu Bilderrahmen verwandt werden, stellt der Verband der Vergolder aus. Es sind Erzeugnisse der Berliner   Industrie, die nur zum Teil Heimarbeit ist. Die rohen Leisten werden in der Fabrik mittels Maschinen hergestellt. Auch die weitere Bearbeitung Vergolden, Farbigmachen usw. geschieht in der Fabrik, doch hat sich für diesen Teil der Produktion in neuerer Zeit die Heimarbeit mehr und mehr ausgebreitet. Die in der Hausindustrie fertiggestellten Leisten sind zwar weniger sorgfältig ausgeführt wie die in der Fabrik vollendeten, aber die durch das Zwischenmeistershstem im Vergolderberufe hervorgerufene Heimarbeit wird trotzdem von den Fabrikanten begünstigt, weil sie erheblich billiger ist als die Fabrik- arbeit. Nach den Feststellungen des Vergolderverbandes werden für die gleichen Muster hei gleicher, nur weniger sauberen Ausführung in der Hausindustrie nur etwa halb so hohe Stücklöhne bezahlt, wie in der Fabrik.   Eine Reihe gesundheitsschädliche Folgen der Leistenbearbeitung machen sich hei der Heimarbeit, weil sie in engen unzureichenden Räumen betrieben wird, in besonders hohem Grade bemerkhar. Wo jede Ventilation fehlt, da atmet der Arbeiter den aufwirhelnden Staub von Bronze aus Blattmetall, die schädlichen Dünste von Oel, Terpentin, Schellack, Spiritus usw. ein und ruiniert seine Gesundheit. Aus diesen Gründen, und weil die Heimarbeit ein fortgesetztes Herabdrücken der Löhne auch für die in der Fabrik beschäftigten Arbeiter zur Folge hat, hekämpft der Vcrgoldcrverband seit Jaljten die Heimarbeit und das Zwischenmeistertum in diesem Berufszweige. Aber die Erfolge, welche in dieser Hinsicht schon erlangt wurden, sind immer wieder zunichte gemacht worden durch die Fabrikanten, die natürlich nur ihr Geschäftsinteresse im Auge haben und daher die Ausbreitung der Heimarbeit in jeder Weise fördern. Tins der Partei. Ultrnmontane Verleumder abgeurteilt. ES ist bekannt, wie nach dein großen Bergarveiterstreik die -ü'rramontane Presse eine tolle Hetze in Szene setzte, die sozial- demokratische Partei habe für die Bergleute bestimmte Streikgelder unrechtmäßigerweise zu audercu Zwecken verwendet. So sollten 20 000 M. Streikgelder nach Rußland   gesandt worden sein, 6000 sollten sich die Essener Genossen beiseite geschafft haben usw. Ueber die genannten Punkte ist ja bereits gerichtliche Klarheit geschaffen worden. Blieb noch die Aburteilung der u l t r a in o n t a n e n T r e m o n i a". der schlinimstcn Hetzerin übrig, die allem die Krone aufgesetzt hatte durch die Behauptung, die Dortmunder  Arbeiterzeitung" habe sich für Streikgelder eine neue RotatiouSmaschine angeschafft. Das Blatt glaubte sich dadurch dem Strafrichter entziehen zu können, daß es die Behauptung in Frageform aufstellte. Was daS Blatt aber sagen wollte, war deutlich genug. Tatsächlich habe» denn auch andere bürgerliche Blätter, so das StöckerschrReich", die positive Behauptung aufgestellt, dieArbeiterzeitung" habe sich von den Streikgeldern der Bergleute eine neue Rotations- Maschine aufgestellt. Genosse G e r i s ch, der Verleger derArbeiter- zeitung", hat dann gegen dieTremonia  " Klage angestrengt, die am Dienstag vor dem Dortmunder   Schöffengericht zur Verhandlung stand. Durch die Beweisaufnahme wurde festgestellt, daß die Arbeiterzeitung" allerdings eine neue Rotationsmaschine angeschafft hat, die aber schon lange vor dem Streik bestellt worden war und aus den Betriebsmitteln derArbeiter- zeitung" bezahlt wird. Kein Pfennig der Streikgelder ist dazu verwandt worden. Die Behauptung derTremonia  " erwies sich als pure Verleumdung. Rechtsanwalt Dr. Wallach-Essen geißelte in schärffter Weise die frivole Hetzerei des ultramontanen Blattes, dessen Redakteur Dr. Hoffmann aber nicht den Mut besitze, offen die Absicht der Beleidigung zuzugeben. Dr. H o f f m a n n hatte gegen Genossen Gerisch Widerklage angestrengt wegen einer vom Landes- vcrtrauensniann Genossen König herausgegebenen Broschüre. In dieser Broschüre ist auf die Zentrumspresse im allgemeinen das Siglsche Wort angewendet:Sie lügen wie die Teufel und schwindeln aus Prinzipl" Dadurch soll unglaublicherweise der Genosse Gerisch den Redakteur Dr. H o f f m a n n von derTremonia  " beleidigt haben l Selbst- verständlich hat Genosse G e r i s ch mit der Broschüre gar nichts zu tun, kennt sie nicht einmal. Der Vertreter des Beklagten, Rechtsanwalt Wulff, will aber behaupten, Genosse Gerisch habe sie geschrieben. Das Gericht verkündete, daß der Artikel derTremonia  " eine schwere Beleidigung des Genossen Gerisch dar- stelle, auch die Absicht der Beleidigung gehe aus dem Artikel hervor. Mildernd falle ins Gewicht, daß es sich um einen politischen Kampf handele. Dr. Hoffmann, der Redakteur der Tremonia  " sei deshalb mit 100 Vi. z u b e st r a f e n. Genosse G e r i s ch sei aber von der Widerklage freizusprechen. Die nciigewählten sozialistischen   Kirchcnräte in Münch«» sollen-sich mit der Absicht tragen, die Einführung von Kirchensteuern in einzelnen katholischen Pfarrbezirken zu hintertreiben. Wenigstens meldet so ein uns zugegangenes Blatt. Eine solche Handlung würde wenn sie wirklich beabsichtigt ist gegen das Parteiprogramm verstoßen. Man mag die Beteiligung an den Kirchenwahlen je nach Auffassung und Temperament als Verstoß gegen die Parteiprinzipien oder als harmlose Schrulle ansehen, von den Gewählten, die sich doch nun einmal als Vertreter der Partei geben, muß man verlangen, daß sie sich den Forderungen des Pro- gramms unterwerfen. Im Programm aber heißt eS: Ausgehend von diesen Grundsätzen fordert die sozialdemo- kratische Partei Deutschlands   zunächst:... 6. Erklärung der Religion zur Privatsache. Abschaffung aller Auf- Wendungen aus öffentlichen Mitteln zu kirch- lichenund religiösen Zwecken. Die kirchlichen und religiösen Gemeinschaften sind als private Vereinigungen zu betrachten, welche ihre Angelegenheiten vollkommen selbständig ordnen. Da dieser Grundsatz nicht nur für Reichs- und Landtags- Abgeordnete, nicht nur für Stadtverordnete und Stadträte, sondern kurzweg für jeden Parteigenossen gilt, also auch für Krrchenräte soweit sie sozialdemokratisch denken und handeln wird unseren Münchener   Kirchenräten nichts übrig bleiben, als für die Ein- f ü h r u n g von Kirchensteuern, d. h. die Aufbringung der Mittel für die Kirchen aus den Reihen der Gläubigen, ein- zutreten und dahin zu wirken, daß die Gemeinden, an deren Spitze sie durch Wahl oder Kuhhandel mit berufen sind, die An- nähme aller öffentlichen Mittel verweigern! Jede Ablehnung oder Verminderung der Kirchensteuer verstieße gegen das Programm._ Totcnliste der Partei. In Königsberg   verstarb nach langem Leiden an Herzlähmung unser Parteiveteran MaxHerbig im Alter von 74 Jahren. Ein Mann von echtem Schrot und Korn, bis an sein Lebensende erfüllt von den großen demokratischen Idealen seiner Jugend, hat er alle Zeit für Volksrecht und Volks- freiheit gestritten und auch gelitten. Früh erkannte er, daß ehrliche Durchführung demokratischer Grundsätze nur von der Arbeiter- klasse zu erwarten wäre. Er gründete den Königsberger Arbeiterverein und legte bannt den Keim zur Königsberger Arbeiterbewegung, welcher er sein Leben lang die Treue gehalten hat. Herbig verkörpert in seiner charaktervollen Person ein Stück der Königsberger Parteigeschichte. Ein HochverratSprozeß. Die Wahlrechtsbewegung hat auch in Oesterreich   der Arbeiterklasse allerlei Verfolgungen und Chikanen eingetragen. Dieser Tage wurde in Jungbunzlau   gegen zwei Redakteure des in Nimburg erscheinenden sozialdemokratischen Blattes Zachmy Obcanske" wegen Hochverrat verhandelt. Am 11. Dezember war in diesem Blatte ein Artikel:Die Vorzeichen des Sturmes" und ein Gedicht erschienen, in denen zum Kampfe fiir das Recht des Volkes aufgefordert wird. In diesem Artikel kam das WortBarrikade" vor. Der Verantwortliche ersetzte, nachdem das Pflichtexemplar an die Behörde bereits abgegangen war, das WortBarrikade" durchGeneralstreik". Gegen die beidenVerbrecher" war ein hochnotpeinliches Verfahren eingeleitet, sie toaren zwei Monate in Haft gehalten worden und die Verhandlung wurde geheim durchgeführt. Äußer der Frage auf Hochverrat wurde den Geschworenen noch die Eventualfrage aus Versuch der Verleitung zu ungesetzlichen Handlungen gestellt. Die Geschworenen beantworteten beide Fragen einstimmig mit Nein, woraus die Angeklagten freigesprochen und sofort auf freien Fuß gesetzt wurden._ 3u9 der frauenbcwegunci. Eine Täuschung.Der einzige Verband in Deutschland  , welcher Heimarbeiterinnen aufnimmt, ist der christliche Gewerkverein für Heimarbeiterinnen". So£ schrieb am 13. d. Mts. dieTägliche Rundschau". Zur Belehrung derer, die das bis jetzt übersehen haben, sei hier betont, daß alle freien Gewerkschaften Heimarbeiter und und Heimarbeiterinnen aufnehmen. Eine erkleckliche Zahl der Mit- glieder des Verbandes der Schneider und Schneiderinnen dürften Heimarbeiter sein; ebenso auch bei den Tabakarbeitern. Der Verband der Wäschearbeiter und Wäschearbeiterinnen hat während des Streiks dieser Arbeiter allein in Berlin   gegen 700 Heim- arbeiteriimen gewonnen. Bei den Blumenarbeitern hat sich in letzter Zeit ebenfalls eine beträchtliche Anzahl Blumen-Heimarbeiterinnen zur Mitgliedschaft gemeldet. Die Heimarbeit-AuSstellung beweist eS doch deutlich genug, daß die Gewerkschaften viele Mitglieder unter den Heimarbeiterinnen haben. Wie wäre sonst eine so reichhaltige Beschickung der Aus- slellung möglich? Nirgend ist bei den freien G e w e r k- s ch a f t e n die Uebermittelung der Gegenstände durch Zwischenmeister erfolgt. Es ist demnach eine bewußte oder unbewußte Täuschung, wenn man derartig operiert. Allerdings ist dieTägliche Rundschau" ja gerade keine' Zeitung, welche in weiten Kreisen der Arbeiterschaft ge- lesen wird, dennoch ist es bei dem nun für die Heimarbeiterinnen erweckten Interesse nötig, diese grobe Unwahrheit richtig zu stellen. Für uns kann es keinesfalls gleichgültig sein, ob die Heim- arbeiterin zur denkenden und handelnden Kämpferin erzogen wird, oder aber zu einer zum Himmel um Hülse flehenden Dulderin, die auch ferner dem geriebensten Ausbeuter ihre Kräfte opfert und den Segen für ihr Opfer vom Himmel erwartet. Wir haben die Gefahr, welche durch die Konkurrenz der Heim- arbeit dem Fabrikarbeiter droht, längst erkannt mid darum werden alle Verbände ihre Werbearbeit unter den Heimarbeiterinnen eifriger wie je fortsetzen, um möglichst viele von ihnen vor der Ver- simpelung durch die Alleinseligmachenden zu bewahren. Verein für Frauen nnd Mädchen der Arbeiterklasse. Die Führung durch die Meunier-Ausslellung durch Dr. Max Osborn   findet am Dienstag, den 20. Februar, abends 8Vs Uhr pünktlich statt. Treff- punkt lvkeunier-Ausstellung, Potsdamerstr. 120. Der Vorstand. Groß-Lichtcrfclde und Umgegend. In der Sitzung am 11. d. M. hielt Dr. Silberstein einen Vortrag überSchulhygiene". Redner beleuchtete die mancherlei Mängel, die dem heutigen Schulwesen in bezug auf die Gesundheit unserer Jugend anhaften. Der anregende Vorwag wurde von den Anwesenden beifällig aufgenommen. Dis- kussion fehlte. Neun neue Mitglieder traten dem Verein bei. Treptow  - Baumschulenwcg. Am Sonntag, den 18. d. M., be­sichtigen die Mitglieder des hiesigen Frauen- und Mädchen-Bildungs- Vereins gemeinsam die Heimarbeit-Ausstellung. Treffpiuikt pünktlich 3l/g Uhr nachmittags Unter den Linden 38(vor der Ausstellung). Abfahrt von Baumschulenweg 2 Uhr 12 Min. Einlaßkarten a 15 werden dort verausgabt. Zahlreiche Teilnahme wünscht _ Der Vorstand. Gerichts-Zeitung. Von einem praktischen Arzt uud einer Oberwärtcrin im Sicchenhause. Differenzen zwischen der früheren Oberivärtcrin und einem früher im Siechenhause angestellten Arzt beschäftigte gestern das Schöffengericht des Amtsgerichts I   unter Vorsitz des Assessors Hell niehrere Stunden hindurch. Die ftühere Oberwärterin Katharina M a g a ß unter Beistand des Rechtsanwalts Dr. Hahn stand als Klägerin dem Assistenzarzt Dr. Manfred Fränkel unter Bei- stand des Rechlonnwalts Leonhard Fried mann gegen- über. Letzterer hatte die Widerklage erhoben. Dr. Fränkel wurde bescknildigt, die Privatklägerin an drei verschiedenen Tagen wörtlich und tätlich beleidigt zu haben, und zwar durch Worte wie:Sie freches Frauenzimmer, scheren Sie sich hinaus, verlassen Sie die Station, ich werde dafür sorgen, daß Sie hinaus- geschmissen werden, Sie können in das Zuchthaus kommen" usw. und dadurch, daß er sie unter kräftigem Anpacken ihres Armes so hinauSgezerrt haben soll, daß sie blaue Flecken am Arme davon» getragen. Auch der Privatklägerin werden in der Widerklage ver- schiedene Verfehlungen vorgeworfen. So soll sie in bezug auf sich selbst und Herrn Dr. Fr. geäußert haben:Erst kommt die Hausfrau und dann der Diener", ferner:Ich bin nicht Ihr Frauenzimmer", suchen Sie sich ein solches auf der Friedrichstraße  ", sie soll auch das Wort:Un- Verschämtheit" gebraucht und angedeutet haben, daß Dr. Fr. mit einer Wärterin einVerhältnis" habe. Zlvischen beiden im Siechenhause tätig gewesenen Parteien hat, wie es scheint, offener- Kriegszustand geherrscht. Dr. Fränkel gab die Möglichkeit zu bei Gelegenheit erregter Szenen beleidigende Worte gegen die Ober- Wärterin gebraucht zu haben, schilderte aber seine Erregung als eine berechtigte, da die Klägerin von vornherein versucht habe, ihm durch offene und versteckte Wider- setzlichkeit seinen Dienst zu erschweren. Sie habe sich heraus- genommen, seine im Interesse der Kranken und als Ausfluß seiner ärztlichen Verantwortlichkeit getroffenen Anordnungen zu kritisieren und selbst andere Anordnungen zu treffen zum Schaden der Patienten. Der Angeklagte führte eine Anzahl von Fällen auf, die nach seiner Versicherung seine höchste Empörung hätten herausfordern müssen und die er zum Gegenstande schriftlicher Beschwerden gemacht habe. So behauplete er unter anderem: die Klägerin habe eine Patientin, die ihr geklagt. daß ihr Gipsverband sie drücke, ruhig mehrere Stunden liegen lassen, ehe sie dem Arzte Mittheilung machte, so daß das Bein der Kranken stark angeschwollen war. In einem anderen Falle habe sie einer Patientin, die Morphium bekonrmen sollte, eigenmächtig Chloralhydrat gegeben. Bei einer Pattentin. die an Urin- verHaltung gelitten, habe sie die angeordnete und dringend notwendige Katheter isierung unter- lassen, so daß die Patientin im Fieber vom Arzte aufgefunden worden sei. Nach der über sie erstatteten Beschwerde habe die Ober- Wärterin sich erlaubt, mit ihm nur noch schriftlich zu verkehren. Der unerhörteste Fall sei der gewesen, daß die Klägerin einer Kranken, der sie einen Einlauf von Digitalis   geben solljte, statt dessen irrtümlich 93 Proz. Spiritus gegeben und dann verstanden habe, ihren Irrtum in raffiniertester Weise zu verdecken. Die einige Tage darauf verstorbene Patientin habe furchtbar geschrieen, die Oberwärterin habe sich aber gar nicht um die Patientin gekümmert, zu deren gunsten erst eine Intervention anderer Personen nötig gewesen. Dieser Vorsall sei Gegenstand eines gegen die Klägerin anhängig gemachten Verfahr e n s, welches ch s ch w e b e. Der Angeklagte trug nochmehrere derartige Fälle vor, die nach seiner Meinung grobe Pflichtwidrigkeiten der Klägerin darstellten und seine Erregung als berechtigt erscheinen lassen sollten. Die Privatklägerin erklärte alle diese Vor- würfe für unbegründet. Sie habe zehn Jahre im Siechenhause ihres Amtes treu und gewissenhaft gewaltet und erst mit der amt- lichen Tätigkeit des Dr. Fraenkel habe sich ein unleidlicher Zustand herausgebildet. Sie habe die Anordnungen des Dr. Fr. nie anders ausgeführt, als sie sie verstanden habe, und wenn sie ein Ver- sehen begangen haben sollte, was sie bestreite, so sei der Umstand daran schuld, daß die sortgesetzte schroffe Behandlung durch Dr. Fraenkel sie ganz nervös gemacht habe. Dieser habe sie immer angeschrien, daß die Patienten in ihren Betten hochgeflogen seien, er habe sie stets in einem nicht passenden Ton behandelt und auf jede Weise schikaniert. Ihr habe es gänzlich fern gelegen, mit ihm nur noch schriftlich zu verkehren, er habe sie aber direkt dazu aufgefordert. Die sämllichen Behauptungen der Widerklage bestreite sie. Auf Befragen erklärte die Zeugin, daß sie nach regelrechter Aufkündigung ihres Dienstes durch das Kuratorium aus ihrer Stelle geschieden sei. In der Beweisaufnahme bekundete unter anderem der Oberwärter Schneider: Dr. Fraenkel habe die Klägerin oft angeschrien,daß die Wände knackten", er habe ihr bei einer Gelegenheit gesagt:Wenn Sie das nicht'mal behalten können, dann sind Sie nicht fähig, Oberwärterin zu sein, dann kann ich Sie nicht gebrauchen." Es habe oft furchtbare Auftritte gegeben, bei denen die Ober- Wärterin geweint habe. Er, der Zeuge, habe dem Ober- inspektor einmal gesagt:Wenn Fräulein Magaß noch vier Wochen mit dem Dr. Fränkel zusammen arbeiten muß, so müssen wir sie nach Herzberge bringen." Er habe die Klägerin immer nur als bescheidenes, an- ständiges und tüchtiges Mädchen kennen gelernt. Auch der Ober- inspektor und ein anderer Oberwärter geben der Klägerin ein gutes Zeugnis. Auf der anderen Seite wurde auch dem Dr. Fr. von einer Zeugin das Zeugnis ausgestellt, daß erein guter Doktor sei und alle gut behandelt habe", eine andere Zeugin bekundete, daß die Pattentinnen heute noch sagen, Fräulein Magaß habe nicht die Anordnungen des Arztes befolgt. Die Tatsachen der Widerklage konnten in bestimmter Form durch Zeugen nicht bekundet werden. Auch der leitende Arzt des Siechen- Hauses, Sanitätsrat Dr. Graesfner, wurde vernommen. Er schickte voraus, daß Dr. Fraenkel im Unfrieden aus der An st alt geschieden sei und gesagt habe, er tverde gegen ihn eine Klage bei dem ärzt- lichen Ehrengericht einreichen. Der Zeuge bekundete, daß er selbst und auch die anderen jüngeren Aerzte der Anstalt nie Veranlassung gehabt haben, über Führung und Lei st un gen des Frl. Magatz zu klagen! Dagegen sei ihm vom Dr. Fraenkel eine ungewöhnliche Fülle mündlicher und schriftlicher Beschwerden über sie zugestellt worden. Wenn Fräulein M. die vom Angeklagten be- haupteten Versehen gemacht habe, die natürlich nicht vorkommen dürften, so sei zu ihrer Entschuldigung anzuführen, daß die s y st e- malischen Beschimpfungen und Bedrohungen, denen sie ausgesetzt gewesen, geeignet waren, ihr seelisches Gleichgewicht zu stören. Nachdem die Beweisaufnahme bis hierher gediehen war, regte der Vorsitzende einen Vergleich an, der aber nach längerer Verhandlung scheiterte. Schließlich ergab sich die Notwendigkeit, die Sache zu ver- tagen und noch eine Reihe weiterer Beweise zu erheben. Nach dieser Verhandlung müssen ja im Siechenhause recht er- bauliche Zustünde geherrscht haben. VcreinSrecht und religiöse Vereine. Bekanntlich sieht Z 1 des preußischen Vereinsgesetzes die Anmeldepflicht für Versammlungen vor, in denen öffentliche Angelegenheiten erörtert werden sollen, während Z 2 des Gesetzes die Vorsteher von Vereinen, welche eine Einwirkung auf öffentliche Angelegenheiten bezwecken, verpflichtet, Statuten des Vereins und das Verzeichnis der Mitglieder binnen drei Tagen nach Stiftung des Vereins und jede Aenderung der Statuten oder der Vereinsmitglieder binnen 3 Tagen der Ortspolizei zur Kenntnisnahme einzureichen, derselben auch auf Erfordern jede darauf bezügliche Auskunft zu erteilen. Der Absatz 3 des 8 2 bestimmt ferner:Die Bestimmungen des 8 1 und des 8 2 beziehen sich nicht auf kirchliche und religiöse Vereine und deren Versammlungen, wenn diese Vereine Korporationsrechte haben". Das frühere preußische Obertribunal hatte während der Kulturkampfzeit aus dieser ausdrücklichen Vorschrift die kühne Schluß- folgeiung e contrario saus dem Gegenteil) gezogen, daß kirchliche und religiöse Vereine, die keine Korporationsrechte hätten, st e t s und ohne weiteres die Vorschriften der 88 1 und 2 befolgen müßten. Der Absatz 3 des 8 2 ergäbe eben, daß das Gesetz kirchliche und religiöse Vereine ohne Korporationsrechte grundsätzlich als solche ansehe, die eine Einwirkung auf öffentliche Angelegen- heiten bezweckten. Dieser Auffassung folgte das Land­gericht Duisburg   als Berufungsinstanz in einem Straf- verfahren gegen Depa als Vorsitzenden des St. Antonius- P o l e n v e r e i n s zu Laar, indem es Depa wegen Nichtbeachttuyz des 8 2 Absatz 1 schon deshalb für strafbar erachtete, weil diejei: Verein u. a. kirchliche beziehungslveise religiöse Ztvccke verfolge. Das K a m m e r g e r i ch t hob dies Urteil am Dienstag auf und verwies die Sache mit folgender Begründung noch einmal an das Landgericht zurück: Der Schluß, den das Landgericht mit dem früheren Obertribunal aus dem Absatz 3 deS 8 2 des Gesetzes ge»