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Zetzt noch nicht zu beunruhigen, die ohnehin schon schwer unter der Anticilkoholbewegung leiden. Man soll sie doch nur bis 1912 in Ruhe lassen, dann solle ja auch die ganze Materie neu geregelt werden. Weiterberatung heute._' Straflose Schießereien auf Menschen, detailliert aufgestellte Be- Häuptlingen über Korruptionen und erschreckender Aberglaube über Wünschelruten" bildeten die Themata, die die kunterbunte Diskussion der gestrigen Beratungen des Etats für Südweslafrika in der Budget- kommission bracbte. Nachdem ein Regierungsvertreter dargelegt hatte, der in voriger Woche vom Abg. Erzberger gegen den Geheimrat v. König erhobene Vorwurf entbehrte der tatsächlichen Grundlage, gab Oberst Ohne sorg Aufklärung über die Angelegenheit des früheren Hauptmannes Kannenberg. Die dem Manne nachgesagte Erschießung einer Frau und ihres Kindes ist zwar nicht Wahr- heit, aber skandalös genug der wirkliche Vorfall. K. saß eines Abends vor seinem Zelt. In einer nahe gelegenen Eingeborenenhütte war Lärm. K. schickte darauf zweimal Boten in die Hütte mit einem Ruhegebot. Als diesem nicht Folge geleistet wurde, schoß er erst in die Luft, ging dann auf die Hütte zu und gab einen scharfen Schuß in das Innere der Hütte ab; einer auf dem Bette liegenden Frau drangen eine Anzahl Schrotkörner in das Gesäß und in den Oberkörper. Einzelne Schrotkörner saßen so tief, daß der Arzt sie nicht entfernen konnte. Angeblich soll der Schuß das Dach der Hütte bezw. eine Wanne getroffen haben, von wo die Körner abgeprallt sein sollen. Für diese Schießerei ist der Hauptmann nicht bestraft worden, weil die Frau keinen Strafantrag gestellt hat. Daß eine solche frivole Körperverletzung, begangen durch einen Be- amten, ohne weiteres zur Strafverfolgung führen mußte, scheinen unsere herrlichen Koloniehäuptlinge nicht anzunehmen. Auf eine Anfrage über den Ankauf von Reittiere» und deren Verwendbarkeit bemerkte Oberst Ohnesorg: In Argentinien sind lööl) Pferde und b8S9 Maultiere augekauft worden. Die Verlustziffeni sind ungefähr diese: von 10 315 deutschen Pferden sind 7530 eingegangen; von den argentinischen Pferden 000; vo» 9781 afrikanischen Pferden 7318. Insgesamt sind von rund 21 000 Tieren 15 500 eingegangen, sodaß die Verluste also ganz enorme sind. Abg. Erzberger verlangte Auvkunst, ob tatsächlich beabsichtigt sei, das Gebiet der Ovambo neger zu okkupieren und den Leuten ihr Land zu nehmen. Eine solche Maß- nähme würde einen neuen schweren Krieg mit dem sehr kriegerischen Volk bedeuten. Lächerlich und verurteilenswert sei das Verfahren bei den Landenteignungen. An den Anschlage- tafeln der Regierungssitze werde einfach der Umfang der geplanten Annektionen mit dem famosen Hinweis bekannt gegeben, Interessenten können innerhalb vier Wochen Einspruch erheben. Da nun die Neger nicht deutsch lesen können, und in den räumlich großen Bezirken von dem jeweiligen Anschlag nichts erfahren, gehen sie ihres Landes Verl u st ig, ohne davon Kenntnis zu erhalten. Daher nillßten Eingeborenen-Kommisfare ernannt werden, die den Negern die nötigen Aufklärungen geben. Prinz v. Hohenlohe sagte das letztere zu und erklärte, zurzeit ser nicht beabsichtigt, den Ovambos das Land abzunehmen. Sie seien die besten Arbeiter. Die Landregelung mit den Eingeborenen sei so gedacht. daß ein Teil der Neger in der Nähe der weißen Ansiedelungen, auf denen sie als Arbeiter zu verwenden sind, der andere Teil der Neger in der Nähe der Missionäre domiziliert werden solle, die eine Art Vertrauensmänner bilden sollten. Abg. S ü d e k u m bekämpfte die Auflösung der Stammesorganisation, ebenso auch das Projekt, die Missionare gewissermaßen zu Eingeborenen- Tribunen zu ernennen. Die Missionare sollen sich ausschließlich ihren idealen Aufgaben widmen. Weiter brachte Genosse Südekum zur Sprache, daß nach Informationen, die er aus Kapstadt erhalten hat, die Regierung beim Einkauf von Reit- und Zugtieren schwer übervorteilt worden ist. Besonders richten sich die Anklagen gegen den deutschen Konsul in Kapstadt , Herrn v. Jakobsen, und gegen den amtlichen Tierarzt Dr. Frank, die zusammen große Lieferungen an Reit- und Zugtieren für die Regierung zu besorgen hatten. Ein Herr Blumenthal habe Schlachtochsen zu 290 M. pro Stück offeriert; die Lieferung sei an einen Herrn Scharfschehr für 350 M. pro Stück gegeben. Sch. sei ein intimer Freund des Konsul s. Blumenthal habe ferner Zugochsen zu 250 Mark pro Stück angeboten, die Lieferung habe ein gewisser Krüger zu 300 Mark pro Stück erhalten. Die Vermittelung der Krügerschen Lieferung besorgte ein �konsulatsbeämter v. Bülow. Krüger ist ein Bierhändler. Ein gewisser Gerber habe dem Konsul Esel zu 100 Mark pro Stück angeboten; die Lieferung haben Krüger, Schultze und der amtliche Tierarzt Dr. Frank zu 240 Mark pro Stück erhalten. Bei der Abnahme von Eseln und Maul- tiercn lasse sich der amtliche Tierarzt 00100 Mark In- spektionskosten für das Stück bezahlen. Weiter soll Dr. Frank cur sehr große Zahl von Maultieren an die Regierung für 490 M. pro Stück geliefert haben, die er selbst für 450400 M. pro Stück gekauft habe. Ein Händler Friedländer habe der Regierung 500 Maultiere zu 370 M. pro Stück angeboten, Dr. Frank habe die Tiere als unbrauchbar zurückgewiesen, sie dann durch dritte Hand sehr billig ankaufen lassen und hierauf die von ihm erst als un- brauchbar zurückgewiesenen Tiere an die Regierung zum Preise von 490 M. pro Stück abgegeben. Bei einer großen Esellieferung (1500 Stück) von Sachs und Levy in Johannesburg für die Re- gierung sei die letztere in ganz außerordentlicher Weise überteuert worden. Dr. Frank habe sich von dieser Firma 10 M. Unkosten pro Stück der so teuren Tiere bezahlen lassen. Gcheimrat Dr. Seitz erklärte, daß die von Südekum vor- getragenen Fälle ihm unbekannt sind... Eine längere Debatte zeitigte die Regierungsforderung von 1 223 320 M. für weiße Hülsskräfte in der Zentral-, Justiz- und Lolalverwaltung und für die Landespolizei. Die Mehrforderung beträgt 420 780 M.. darunter allein für die Polizei 274 000 M. Die Forderung wurde mit dem Hinweis auf die. 14 000 Soldaten be- kämpft, die gegenwärtig noch in Südwestafrika stehen. Ein Geheim- rat teilte mit. daß allein in Swakopmund jetzt durchschnittlich achtzig weiße Mensche» im Gefängnis sitzen. Die folgende Debatte betraf die Wünschelrute. St. P a a s ch e und konservative Redner begeisterten sich nämlich für die Wünsche!- rutc und muteten der Kommission allen Ernstes zu. an diesen Unsinn zu glauben. Der Vizepräsident des Reichstages erzählte, daß ein Herr v. Bülow mit der Wünschelrute in einem ihm fremden Terrain sofort die Stelle aufgefunden habe, wo der Blitz zwei Pferde er- schlagen hatte. Der Konservative v. Riepenhause» hat sich selbst einmal die Augen verbinden lassen, eine Wünschel- rute in die linke Hand genonunen, der v. Bülow eine Rute in die rechte Hand und auf einmal senkten sich die Ruten; die beiden Zauberkünstler hatten richtig Wasser gefunden. Auch der Edle v. Böhlendorf-Kölpin ist von der wundertätigen Wünschelrute fest überzeugt. Bekanntlich hat sogar die Reichs» regierung denLandrat v. Uslar in dieKolonien ge- schickt, der mit der Wünschelrute Wasser suchen soll. Diese Wünschelrutendebatte spricht ganze Bände für die geradezu erschreckende geistige Rückständigkeit der Junker und der ihnen eng verwandten Nationalliberalen. Von den sozialdemokratischen Kommissionsmitgliedern wurde beantragt, der Reichskanzler möge eine vollständige deutsche Urbersetzung des französischon Gelbbuches über die Marokkofrage her- stellen lassen und den ReichstagSmitgliedern die Uebersetzung über- mittel». Die Beschlußfassung wurde auf heute vertagt, um zuerst dem Auswärtigen Amte Gelegenheit zu einer Aenßerung über den Antrag zu geben. Inzwischen möge die Wünschelrute den hervor- ragendsten Körperteil der edlen Kolonialfexe suchen und dann ihres Amtes walten. Eue der Partei. Vorwärts". Unter diesem Titel erscheint seit kurzem in Lodz ein neues Kampforgan für unsere Partei. Wann es erscheint, wie oft es erscheint, das alles geht aus dem Titelblatt nicht hervor. Man will es offenbar zwanglos nach Bedarf als eine immer wiederkehrende Flugschrift erscheinen lassen. Interessante Aufschlüsse über die Art der Agitation in Rußland gibt der Notizcnteil, dem wir deswegen auch in unserem Blatte Raum geben möchten. Wir lesen da: Am 10. Januar sollte in der Fabrik von F. K. PoznanSki eine Diskussion mit P. P. S. über Gewerkschaften stattfinden. Es versammelten sich zirka 1000 Arbeiter und da Diskussion infolge des Nichterscheinens des Vorstehers der P. P. S. nicht stattfinden konnte, sprach unser Genosse von der gegenwärtigen Lage und den Zielen des Proletariats. Am 17. Januar versammelten sich in der Fabrik von M i t k e, D l u g a 113 zirka 150 Arbeiter, welchen unser Genosse das Programm 8. V. erläuterte und das Programm der dl. O. einer scharfen Kritik unterwarf. Am 18. Januar sprach unser Genoffe in der Fabrik von R o s e n b l u m u. H e 1 1 m a n, in Gegenwart von 100 Arbeitern, von der jetzigen Revolution und der Klassenbewegung des Pro- letariats. Am selben Tage war eine Versammlung in der Fabrik von Martens u. Zemek, Dluga 57. Unser Genosse unterzog einer Kritik die gegenwärtige Staatsform und erläuterte die Be- deutung des sozialistischen Staates. Versammelt waren zirka 100 Arbeiter. Am 20. Januar versammelten sich in der Fabrik von R. Kellier zirka 300 Arbeiter. Unser Genosse sprach vom Kampfjahre, vom 22. Januar und der Errungenschaft der Re- Volution. Am 24. Januar in der Fabrik von A. Daube wurde unser deutscher Genosse von den dort Versammelten mit Ovation begrüßt. Er hielt eine längere Ansprache und entfernte sich als- dann durch den zweiten Ausgang, nach der Wölczanskastraße. Der Fabrikant, der von der Versammlung Wind bekam, ließ die Polizei zu sich in das Kontor holen mit der edlen Absicht, unseren Genosse» beim Verlassen des Saales verhaften zu lassen. Als ihm das Warten zu langweilig wurde, lies er in den Fabriksaal, wo er alle Arbeiter bei ihrer Arbeit ruhig arbeitend antraf. Wütend über das Mißlingen seines Planes fing er zu schimpfen an und drohte zwölf Arbeitern, welche, seiner Ansicht nach, den Redner holen ließen, sie sofort zu entlassen, da er nicht gesonnnen sei, seine Leute von solchen Rednern aufhetzen zu lassen. Wir raten Herrn Daube, seine Zornesansbrüche ein wenig zu hemmen. Er wird sich schließlich doch daran gewöhnen müssen, daß seine Arbeiter, trotz seines Zornes, sich auch ferner das Klassenbewußtsein aneignen werden. Am 30. Januar erklärte unser Genosse in der Fabrik von Rothe u. Hugo den dort versammelten 50 Arbeitern die Not- wendigkeit sich unter der Fahne der 8. v. zu organisieren. Am selben Tage versammelten sich in der Fabrik von W i s l i ck i zirka 150 Personen, welchen unser Genosse den Stand- Punkt unserer Partei den anderen Parteien gegenüber klarlegte und den Klassenkampf erläuterte. Am selben Tage fand in der Bäckerei v. KopczhnSki eine Versammlung statt. Es wurde von der nächsten Aufgabe der Arbeiterklasse sowie von der.Duma" gesprochen. Wer der kühne deutsche Genosse ist, der so unter Ein- setzung seines Lebens die Fahne des Sozialismus hochhält und der russischen und polnischen Arbeiterschaft die Lehre des Marxismus Predigt , geht aus keiner Stelle des Blattes hervor. Vielleicht wird nie ein Lied, ein Heldenbuch den Namen dieses. Helden nennen. Vergessen wird seine Tätigkeit deswegen im Buche der Geschichte nicht werden, und daß sie schon Früchte trug, zeigt das Verhalten der Arbeiter, die ihren Lehrer und tührer den Händen des Häschers und damit dem sicheren ode entrissen I_ Achtung. Spitzel! Unser belgisches ParteiblattLe PeupIe" teilt das Signalement und das Porträt eines russischen Spitzels mit, der in Deutschland und in Belgien tätig ist. Er ist klein, blond (färbt aber seinen Schnurrbart), hat eine heisere Stimme, tränende Augen und trägt oft eine blaue Brille. In Berlin und in der Schweiz ist er bei der Ausweisung zahlreicher russischer Genossen der Polizei behülflich gewesen._ Allzu scharf gespannt zerbricht der Bogen. Den Görlitzer Arbeitern hatte man durch Bedrohung der Wirte mit allen möglichen Nachteilen ihr Versammlungsrecht rlluso- risch gemacht. Sie drehten nun den Spieß um. Seit dem roten Sonntag besuchten sie kein Lokal mit Saal, hielten kein Vergnügen ab und mieden die Veranstaltungen der Wirte. Die Folge davon ist die folgende Erklärung in Görlitzern Blättern: Tie unterzeichnete» Saalbesitzer verpflichten sich, allen poli. tischen Parteien und allen wirtschaftlichen Vereinigungen jeder- zeit ihre Versammlungsräume zu gesetzlich erlaubten Zwecken zur Verfügung zu stellen, soweit sie Nachweis.,») nicht anderweitig bestellt sind. Sollte das durch Artikel 29 der preußischen Ber- fassung(alle Preußen sind berechtigt, sich ohne vorgängigc obrig- keitliche Erlaubnis friedlich und ohne Waffen in geschlossenen Räumen zu versammeln) gemährleistete Versammlungsrecht von irgend welcher Seite zu beeinträchtigen versucht werden, so ver- pflichten sich die Unterzeichneten, mit allen gesetzlich erlaubten Mitteln solidarisch, und zwar unverzüglich, gegen solche Maß- nahmen vorzugehen. Oskar Röder , Europäischer Hos. August Schulze, Konzerthaus. C. F. Gaertner , SchützenhauS. Otto Gähler, Tivoli. Adolf Fürll, Stadt Prag . Ferdinand Nopper, Aktien-Brauerei. Herm. Sckiröder, Deutsche Eiche . Adolf Böhm . Gewerbehaus. August Wcißke, Kronprinz. Albert Faber, Englischer Garten . Aloys Wersche!, Kat. Vereinshaus. Göttlich Bansmann, Wilhelm-Thcater. DaS ist eine Erklärung gegen dieOrdnungsftützen", die den Wirten durch ihre Drohungen bisher das Leben schwer machten. Noch einmal der Fall Löbe. Mehrere Parteiblättcr haben sich durch die Erklärung des jetzt im Gefängnis weilenden Genossen Löbe über die Ursache zur Zurückziehung seiner Revision noch nicht für befriedigt erklärt. Sie meinten, wenn die Arbeitsfähigkeit Lobes durch die Aussicht auf die ihm drohende lange Strafe litt, dann hätte man ihn entlasten oder ganz von der Arbeit befreien müssen. Die BreslauerBolkswacht" stellt demgegenüber fest, daß>Genosse Löbe vom Tage seiner Verurteilung ab beurlaubt war, daß ihm auch fernerhin jeder Urlaub gewährt wurde. Seine Kollegen haben ihm sogar den Vorschlag gemacht, noch eine Reise zu unternehmen. Genosse Löbe hat jedoch alle diese Vorschläge abgelehnt, da sein Fleiß und sein Arbeits- eifer ihm das Untätigsein unleidlich machten. Lediglich der eigenen Entschließung des Verurteilten ist die Zurückziehung der Revision geschuldet. Die mangelnde Befähigung. Ter Fabrikarbeiter Licht ist zum Schultheißen von I ch t e r s- Hausen gewählt worden. Die gothaische Regierung versagte jedoch seine Bestätigung mit folgender Begründung: Nach den angestellten Ermittelungen steht folgendes fest: Licht hat in seiner Arbeitsstätte, der Nadelfabrik, bereits vor vielen Jahren sozialdemokratisch? Flugblätter verbreitet, er war sowohl bei den Landtags« als Reichstagswahlen für die Sozialdemokratie die AuS« kunftsperson über die Wählerlisten und bei den Landtag?- Wahlen im Jahre 1900 sozialdemokratischer Wahl- mann. Er hat früher die Jchtershäujer Geschäftsstelle des Volksblatt" gehabt und bis in die letzte Zeit dieE r- f u r t e r Tribüne" den Genossen zugänglich gemacht. Licht selbst bestreitet auch in seiner Beschwerd- seine Zugehörig- keit zur sozialdemokratischen Partei nicht. Es mag richtig sein, daß er in den letzten Jahren mehr in den Hintergrund getreten ist. Dies ändert aber an der Tatsache nichts, daß er nicht nur der Partei angehört, sondern daß er als erster für die Sozial- demokratie in Ichtershausen zielbewußt agitiert und sie b o ch- gebracht hat. Daher besitzt Licht, wie das Staatsministerium mehrfach entschieden hat, nicht die besondere Befähigung, die für das Amt eines Schultheißen als Vertreter der Staatsgewalt gc- fordert wird und das Landratsamt hat mit Recht seiner Wahl die Bestätigung versagt. Richter. Wenn Licht das alles, was ihm hiervorgeworfen" wird, richtig ausgeführt hat, ist er zweifellos ein Mensch von besonderer Befähigung, der ebenso wie die Sozialdemokratie auch die Gemeinde Ichtershausen in die Höhe gebracht hätte. Muß denn an der Spitze einer gothaischen(Gemeinde absolut ein ton- s ervatives Licht stehen?_ Dieblaue" Ente. Die bürgerliche Provinzpresse imponiert ihren Lesern nicht bloß init theoretischen Vernichtungen der Sozialdemokratie, sondern unterhält sie auch besonders gern mit kleinen Histörchen von der Gefühlsroheit der Sozialdemokratie. Was. da mitgeteilt wird über die angeblichen Gebräuche, namentlich bei sozialdemokratischen Hoch- fiten und Begräbnissen, erinnert stark an die Reiseerlebnisse kühner orscher bei den Niam-Niam und anderen sagenhaften Völker- stäimnen, mit dem einen Unterschied in der Wirkung, daß der deutsche Spießer dem Gelehrten nicht gern glaubt, aber auf seinen Spezial-Schmock schwört, der ihn mit Lügennachrichten über die Sozialdemokratie füttert. Jüngst brachte die Mansfeldischc Presse folgenden«Fall sozial- demokratischer Gefühlsverrohung": In Berga a. d. Elster starb bor einigen Tagen eine Witwe, deren einzigster Sohn der sozialdemokratischen Partei angehört. Um seinen politischen Standpunkt aller Welt kundzugeben, ließ er den Sarg seiner Mutter feuerrot anstreichen. Da sich aber der Geistliche weigerte, vor einem solchen Sarge einherzuschreiten, erhielt der Sarg in aller Eile einen passenderen Anstrich." DieGreizer Zeitung", welche die Notiz auch übernommen hatte, mutzte nun eine Berichtigung bringen, in welcher der Sohn der Verstorbenen erklärt, daß er kein Sozialdemokrat sei, daß der Besteller dem Tischler zuerst die Auswahl der Farbe überließ, daß er jedoch später, ohne daß der Geistliche je den Sarg noch seinen ersten Anstrich gesehen hätte, eine andere als die ge- lieferte Farbe wünschte. Es handelt sich also bei der ganzen Sache also nicht um einen roten" Sarg, sondern um eineblaue" Ente! Der Fall Cramer. Die Vertrauensleute der sozialdemokratischen Partei des Wahlkreises Darmstadt-Groß-Gerau waren am Sonntag in Groß-Gerau versammelt, um zur Mandatsnieder- legung des Genossen Cramer Stellung zu nehmen. Nach längerer Beratung wurde die Resolution der Darmstädter Parteivcrsammlung akzeptiert. Bezüglich der einzuleitenden Agitation wurden die Beschlüsse der Agitationskommission in Darmstadt gutgeheißen und eine Wahlkreiskonferenz für den 4. März nach Darmstadt einberufen. Einstimmig wurde beschlossen, der WahlkreiSkonferenz den Genossen B e r t h o l d als Kandidaten vorzuschlagen. Totenliste der Partei. Die wiirttembergischen Parteigenossen haben den Tod eines ihrer tätigsten Mitglieder zu beklagen. Genosse Friedrich Herrmann, der zehn Jahre lang in der Expedition derSchwäbischen Tagwacht" tälig war und während dieser Zeit rastlose AgitationSarbett verrichtet hat, ist, noch nicht 35 Jahre alt, freiwillig aus dam Leben geschieden. Man fand seine Leiche in der Nähe des VierwaldstätterseeS . Am 1. Oktober 1905 hatte er seine Stellung in derTagwackit" aufgegeben, um Teilhaber in dein Geschäft eines Freundes in Ulm zu werden. Welche Motive seinen Einschluß bestimmt, und ob er sich bei Begehung der Tat im Zu- stände vorübergehender geistiger Trübung befunden hat, kann nicht sestgestellt werden. Herrmann war zwei Jahre lang Vertreter der Partei auf dem Stuttgarter Rathause, war Reichs- und Landtags- kandidat in den verschiedensten Kreisen gewesen, die er auch mehrfach auf Parteitagen vertreten hat. Die Parteigenossen werden sein An- denken stets in Ehren halten. Eingegangene Vrucsilckriften. Die Fastiiiichtsrnimmer des«Wahren Jacob- ist soeben er. schienen. Wir erwähnen aus dem Inhalt derselben die farbigen Bilder Der neueste Barrikadenkamps in Deutschland " undFürstliche Faswacht", die weiteren BilderOesterreichs Schmerzen-,Ein Unzusricdener".Bülow und das Duell".Demaskiert",Wie der kleine Hansel das Lausen lernte", Der kostümierte Erbprinz",Neue Jagdgruppen für den Berliner Tier­ garten ",Aus unseren Kolonien" undIm Zeichen der Fleischnot". Der tertliche Teil der Nummer bringt die GedichteKarneval",Kaschingsttaucr", Der Hamburger Wahlrechtsraub",Ein frommer Wunsch" und außer zahl- reichen kleineren Beiträgen noch das größere satirische Feuilleton«Faswachts- sitzung deS deutschen Reichstags". Der Preis der 12 Seiten starken Nummer ist 19 Pf. Dr. H. Bayer. Die Menftruatwn in ihrer Beziehung zur Kou- zeptionssähigkeit. 32 Seilen. M. 1.. Verlag: Schiesier u.«chweikhardt, Sttaßburg i. E. Dr. I. Wolf. Zcitschrist für Sozialwilsenschaft. Sest 2. Monatlich ein Hest. Preis: vierteljährlich M. 5,. Einzelheit M. 2,. 12 Heste bilden einen Band. Verlag: G. Reimer, Berlin W. 35. Wegweiser durch das neue bayerische Wahlrecht nebst Wahl, kretS-Emteilung. Für die Wähler zusammengestellt von W. Herzberg. Verlag: Gerisch u. Cie., Ludwigshasen a. Rh. E. Funke. Was mutz jeder Versicherte von der Arbeiterverstchening wissen? 31 Seiten. Preis 35 Pf. Verlag: Fr. Bahlen, Berlin W. 8. Von der«Neuen Gesellschaft-, Sozialistische Wochenschrist. Heran»- geber: Dr. Heinrich Braun und Lily Braun . Verlag: Berlin W. 15. Preis für das Einzelheit 10 Pf., pro Monat 40 Pf., pro Vierteljahr 1,20 M., ist soeben das 8. Hest des 2. Bandes erschienen. Dr. Paczkolvski. Wie erlangt man gefunden Schlaf, heitere Sttm- muna, Arbeitsjreudigkeit? 32 Seiten. Preis 80 Ps. Verlag: E. Dcmrnc, Leipzig . Siebenter Jahresbericht des Kartelles deutscher und österreichischer Rad- und Motorfahrer-Verbände pro 1905. 39 Seiten. Druck: H. Hasner, München . R. Goldscheid . VcrelendungS. oder Meliorationstheorie? 54 Seiten. Gehcstet 60 Pf. Verlag der Sozialistischen Monatshefte, Berlin W. 35. Februarheft der Süddeutschen Monatshefte. Verlag A. Banz u. Co., Stuttgart , ist soeben erschienen. Abonnement: pro Jahr M. 15,, Quartal M. 4,. Einzelhest M. 1,50. Mit dem Titel«Soziale Medizin und Hygiene- wird unter Redaktion der Herren Drcs, Fürst und Jaffs im Verlag von Leopold Voß in Hamburg eine Monatsschrlst erscheiiien, deren erste beide Hest « bereits vorliegen. K. Zeitz. Die geplante Erhöhung der Brausteuer für das norddeutsche Braugewerbe und deren Folgen. 01 Seiten, Verlag: Deutscher Brauer- bund . Berlin N.W. 40. ßriefhaften der Redahtfon. D. R. 100. Die Preise schwanken zwischen 100115 Mark für Zwischendeck und 200 250 Marl sür 2. Kajüte. Eine genau« und detaillierte Auskunft erfahren Sie in den Bureaus der Hamburg- Amerika- Linie , des Norddeutschen Lloyd und der Slmerican Line, alle drei linier den Linden. Die Hauptbedingungen sind: Barmittel im Betrage von 50 Dollar, Ge- sundheit und keinerlei kontraktliche Verpflichtungen zu einem Arbeit- geber in Amerika. Balkan 00. Zweiseitig beschriebene» Manuskript ist nicht verwendbar.