Pr. 60«RtanMmtnti'Bcdlntuiwii:Monnementt■ Preli btSnumnonio:BierteljShrl. 330 SRI, monatl. 1,10 SRI.,wöchentlich 28 Pfg. fttl ins H-uS.Einzelne Nummer b Pfg. Eoimtags.nummer mii illustrierter Sonntags.Beilage.Die Neue Welt">0 Psg. Posl-Abonnement: I.IV Mar! pr» Monat.Eingetragen in die Post. geitungs-Preisliste. Unter Kreuzband fürDeutschland und Oesterreich, Ungarn2 Marl, für das übrige«uSIand8 Marl pro Monat. Postabonnementsnehmen an: Belgien. DSnemarhHolland. Italien. Luxemburg. Portugal,Rumänien, Schweden und die Schweiz.33. Jahrg.VI»«tal Hau* uBtr BoitagkVerlinev Volksblcrkk.Zentralorgan der rozialdemokrati fchen parte» Deutfchlands.Die Infertlont'GebOl»?beträgt für die sechbgespaltene Kolonel»zeile oder deren Raum 60 Psg, sürpolitische und gewerlschastliche Vereins-und VersammlungS-Rnzeigen 80 Pfg.„Kleine Bnzcigcn", das erste(fett.gedruckte) Wort 20 Pfg., jedes wettereWort lv Psg. Stellengesuche und Schlaf-stellen-Anzetgen daS erste Wort lv Psg,jcdeS weitere Wort 5 Pfg. Worte überlb Buchslaben zählen sür zwei Worte.Inserate sür die nächste Nummer müssenbis 5 Uhr nachmittags in der Expeditionabgegeben werden. Die Expeditton istbis 7 Uhr abends geöffnet.Telegramm-Adresse:„SszIaldtDtoKnl Berlin".Redahttom 8 Cd. 68, Lindenetrasse 69.ftcrniörerfter:«m» ¥V, Nr. 198S.Dienstag, den 18. März 1906.Expedition: 8 Cd. 68, Lindcnstrasse 69.Kernsprecher: Amt UV. Nr.»»84.Die erste Lesungder österreichischen Wahlreform.Aus Wien wird uns geschrieben:Unter ganz ungewöhnlichem Andrang der Abgeordneten hat daSParlament am letzten Mittwoch die erste Lesung der Wahlreform-Vorlage begonnen, gum Worte sind nicht weniger als 214 Rednervorgemerkt, 104 gegen und 110 für die Vorlage. Doch ist eS aus-geschlossen, daß etwa alle Gemeldeten zum Worte kommen oder auchnur die Absicht haben. daS Wort zu ergreifen; denn da im öfter-reichischen Abgeordnetenhause nicht die Reihenfolge der Meldungentscheidet, sondern aus den Vorgemerkten die Reihenfolge heraus-gelost wird,(waS wegen der großen Zahl der Parteien nötig ist)so melden sich eben ganze Parteien zum Wort, um sich einengünstigen Platz zu sichern, der dann für den eigentlichen FraktionS-redner getauscht wird. Immerhin kann die Debatte, die bereitsvier Tage in Anspruch genommen hat, noch eine ganze Wochedauern; es spielen bei der Reform eben auch sehr viele lokaleInteressen mit.Soweit die bisherigen Reden ein Urteil zulassen, darf gesagtwerden, daß die Reform prinzipielle Gegner überhaupt nichtmehr findet und daß. wenn die na ti onale Frage der Wahl-reform nicht wäre, die Frage nämlich: wie die politische Machtzwischen den acht Nattonen auSgemesfen werden soll, daß dann dieVorlage einer überwälttgendcn Mehrheit sicher wäre. Vom Bürgertum wird sie überhaupt nicht mehr bekämpft; es hat endlich begriffen.daß bei der Reform— trotz aller Uebertreibungen der zu erwartendensozialdemokratischen Erfolge— die eigentlichen Gewinner die biirgerlichen Klassen aller Nationen sein werden. DaS Zentrum der Gegnerschaft ist also der Großgrundbesitz, der Adel, der durch die Reformallerdings mehr oder minder aus dem Abgcordnetenhause aus-geschieden wird. Die 8S Abgeordneten, die der Großgrundbesitzdurch seine Kurie inS Parlament entsendet. bUden fteilich keineeinheitliche, geschlossene Partei; sie find in die nationalenGruppen eingesprengt und beeinflussen ste dadurch— waS den Kampfgegen diese beträchtlich erschwert.Den eigentlichen deutschen Grundbesitz bilden die sogenannten„verfassungstreuen'' Großgrundbesitzer,(den Namen wagen sie auSder Zeit, da die.Verfassung", welche daS Zentralparlament be«gründete, von den Föderalisten bekämpft wurde) für die am erstenTage flehten Mittwoch) ihr intelligentester Kopf, der Tiroler Grabmayr,den Kampf eröffnete. Aber da die österreichischen Junker.Moderne"und.Bildung" posieren und den Ruhmestitel,„anständige Menschen"zu sein, recht hoch schätzen, so hatte selbst diese Gegnerschaftzivilisierte Formen; im Wesen empfahl Herr v. Grabmayr ein all-gemeines„mäßig abgestuftes" Wablrecht, also offenbar irgend eineBastardform der belgischen Pluralität, die— von allenpolitischen Möglichkeiten abgesehen— für Oesterreich schondeshalb unmöglich ist. weil die wirtschaftlichen Ungleichheiten seinerGebiete völlig verschiedene Ergebnisse liefern würden. JenerTeil der Großgrundbesitzer, der durch seine Polittk denTschechen nahe steht, nimmt die Depossedierung am wenigstentragisch; diese Grafen und Fürsten fühlen sich in dem durchdie fünfte Kurie„verpöbelten" Lbgeordnetenhause überhaupt nichtrecht heimisch, scheinen sich also damit abgefunden zu haben: insHerrenhaus versammelt zu werden; denn daraus wird die politische„Entrechtung", die ihnen da» allgemeine Wahlrecht bringt, zumSchlüsse hinauslaufen. UebrigenS steckt in diesen Feudalen eine ge-wisse soziale Idee, die auch ihr Sprecher, der klerikale Graf Sylva-Tarouca nicht ganz verleugnet hat.Am galligsten redete der Führer der polnischen Schlachta; trotzaller Emanzipationsversuche der polnischen Bauern beherrscht der Adelin Galizien noch so ziemlich das ganze Land, vergewaltigt dasBauernvolk, unterdrückt die Ruthenen und vereinigt in eisernerDisziplin in seinem berüchtigten Kola polskie sPolenklub)fast alle Abgeordneten de» Landes. Der Polenklub handelteigentlich ganz konsequent: Er Hot noch jeder Wahlreform in Oesterreichden hartnäckigsten Widerstand entgegengesetzt und würde am liebstensein eigentliches Wahlsystem gesetzlich verkündet sehen: daß daS mitBlut und Lastern befleckte Zentralwahlkomitee der Schlachta die Ab-geordneten ernennt. Doch sind die polnischen Herren nicht nurGewaltmenschen, sondern auch gute Geichätisleute, und so ist e» nichtausgeichlossen. daß auch der Handel mit ihnen noch rechtzeitig inOrdnung lommt. Vorläufig oerlangt Gra» Dzieduszycki(der nachdem Tode JaworStts der Führer dieser Schlachta ist) noch 110 Man-date für Galizien— was sich von dem Angebot der Regierung(SS Mondatel allerdings noch recht weit entfernt.Da die Wahlreform von der nationalen Frage lo beherrschtwird, konnte auch Genosse Dr. Adler, der am Freilag zu Worte kam.an diesem für die Sozialdemokratie Oesterreich; lo gewichtigenProblem nicht vorübergehen. Seine Ausführungen wagen ober indie bisher recht ungeklärte und vorzugsweise ideologisch angefaßteFrage Klarheit und Bestimmtheit ES wird auch deutsche Leserinteressieren, waS die Sozialdemokratie des Landes mit YchtNationen über ihr Verhältnis zum Staate und zur nationalen Frageausführte. Adler tagte darüber:.... Die Sozialdemokratie ist die Vertreterin des Klassen-interesse» des ProleiariaiS. Dieses Klosseninteresje des Prole-tariaiS ist selbstverständlich nicht daS einzige Interesse de»Proletariats. Do« Proletarial hat neben seinem Klosseninieresseauch andere Interessen. Jedes Proleloriot gehört auch zu seinemVolke. Das Klasseninleresse der Proletarier aller Nationen ist einidentisches, so wie da« Klafseninteresje der Reichen, der Kapitalistenoller Nattonen den Arbeitern gegenüber ein völlig identisches ist.Wenn wir rufen:„Arbeiter aller Völker, vereinigt euch!"— denHerren Kapitalisten braucht man eS nicht zuzurufen; sie sind längstvereinigt, wo eS gilt, ihre Klasjeninteressen zu wahren, wo es gilt,ihre wirtschaftlichen Interessen, die Grundlage ihrer Herrschostgegenüber der Arbeiterklasse zu sichern.Aber als Arbeiterklasse haben wir es zunächst mit dem Staatezu tun.... Gewiß, wir haben ein Interesse am Staate, ein sehrgroßes Interesse, denn der Staat spielt eine doppelte Rolle. DerStaat, der Klassenstaat der heutigen kapitalistischen Gesellschaft, isterstens eine Herrschaftsmaschine für Sie, meine Herren, er ist dieMaschine, durch die Sie die Ausbeutung regeln, das Bestehen derMachtverhältnisse sichern, die Ungestörtheit sichern, mit der Sie IhrAusbeutungsgeschäft als Klasse besorgen. Aber, meine Herren, derStaat ist auch noch etwas anderes, der Staat ist eine Entwickelungs-bedingung für den Kapitalismus überhaupt, der Staat ist uncnt-bchrlich für die heutige EntWickelung der modernen Gesellschaft, undan der EntWickelung dieser modernen Gesellschaft, an der Ent-Wickelung des Kapitalismus, an der vollen Entfaltung der Wirtschaft-lichen und politischen Kräfte, die heute in der Bevölkerung stecken,daran hat die Arbeiterklasse ein allererstes Interesse. Wir könnenvom Klassensiaate zum Bolksstaate nicht kommen, wenn sich derKlassenstaat nicht auslebt, nicht entfaltet, wenn diese großartigewirtschaftliche Entwickclung des Kapitalismus, wenn diese Welt-Wirtschaft, dieser Welthandel, aller dieser Reichtum sich nicht fort-gesetzt hemmungslos entfalten kann. Der Kapitalismus züchtet dieMillionäre, der Kapitalismus züchtet die Herrschaft dieserMagnaten; aber der Kapitalismus kann sich nicht entfalten— ichwill das klassische Wort auch hier zitieren—, ohne daß er zugleichdie Proletarier züchtet, seine Totengräber. Wir haben allesInteresse an seiner Entwickclung, somit am Staate.Und wenn das Proletariat seine Zukunft einst in die Handnehmen soll, so braucht es dazu die Fähigkeit, die physische, geistigeund kulturelle Fähigkeit, und diese physische, geistige und kulturelleEntwickelung ist verknüpft mit der Erhöhung der Lebenshaltung desProletariats. Die kann dem Kapitalismus, dem Klassenstaat nurabgerungen werden in einer Zeit der wirtschaftlichen Entwickelung,und darum wünschen wir diese wirtschaftliche Entwickelung, auchdarum brauchen wir den Staat. Darum sind wir so unglücklich indiesem Oesterreich, weil wir in diesem österreichischen Staate zwaralle Lasten des Staates auf uns haben, alles vom Staate haben,was uns bedrückt, was uns beengt, hemmt, erstickt und unsere Ent-Wickelung behindert, alle Schäden und Nachteile des Staates, abernicht einen einzigen seiner Vorteile. Das ist der Unterschied zwischendiesem Staate und einem wirklich modernen Staate. DaS ist derUnterschied zwischen dem Polizeistaat Oesterreich und dem Deutschland, dessen politische Verhältnisse für uns wahrhaftig kein Gegen-stand des Neides sind, soweit die Arbeiter in Betracht kommen, deraber doch wenigstens der wirtschaftlichen und kulturellen Ent-Wickelung ein notwendiges, ein wirksames Instrument darbietet....... Dem Staate geht es uns gegenüber ja ähnlich, und da kommteS dazu, daß wir Sozialdemokraten eine„Regierungspartei" ge-nannt werden.... Meine Herren! Sie können ganz unbesorgtsein, wir stützen diese Regierung nur, so lange sie etwas Ver.nünftiaes und Notwendiges tut, und das wird leider gar nichtlange dauern.(Lebhafte Heiterkeit.) Solange die Regierung fürdaS Recht der Massen einzutreten, wahrscheinlich sehr wider ihrenWillen verurteilt ist, so lange haben wir zu funktionieren. Wennsie wieder daran geht, der Masse Lasten aufzuerlegen: indirekteSteuern, Militärlasten. Profite, kleine Trinkgelder für die einzelnenSchichten, die hier vertreten sind, dann, meine Herren, treten S i eIhr Amt als Regierungspartei gewiß wieder an.(LebhafteHeiterkeit.)... Wenn daS. was ich bis jetzt über daS Verhältnis zwischenSozialdemokratie und Staat gesagt habe, im großen und ganzen dieStellung ist, die daS Proletarial überall, in allen Ländern, ein-nimmt, so hat hier in Oesterreich die Sozialdemokratie ein ganzbesonderes Problem vor sich, ganz besondere Bedingungen, unterdenen sie ihr Werk vollenden muß. Und wenn eS anderswo genügt,das Ziel des Volksstaatcs aufzustellen, weil ein Staat undein Volk da ist. so haben wir in Oesterreich das Problem zu lösen,nicht dem VolkSstaai allein, sondern dem Völkerstaat zumDurchbruch zu verhelfen. Wir sind uns dieser Aufgabe bewußt, wieder Aufgabe, jedem einzelnen Volke die nationale, kulturelle, ihmeigentümliche Entwickelung zu sichern. Dieser einzigen natio-nalen Aufgabe widmet sich die Sozialdemokratie vollständig, dieerkennt sie vollständig an. Wir können das auch tun. Dennwenn ich früher gesagt habe, neben den gemeinsamen proletarischenInteressen steht das nationale Interesse des Proletariats, wie auchfür die anderen Klassen das Klasseninteresse und daneben ihrnationales Interesse steht, so ist doch in dem Wesen dieser Dingezwischen der Arbeiterschaft und dem Bürgertum ein sehr großerUnterschied. Das Proletariat, das seinem Klasseninteresse solgt,kann überall zugleich daS nationale Interesse wahren und vollwahren, weil nirgends das Klasseninteresse mit dem nationalenInteresse deS Proletariats im Widerspruch steht(Zustimmung)Das Proletariat anerkennt das nationale Interesse, aber eS an-erkennt kein nationales Hrrrschaftsinterrsse....Gewiß, auch wir sind nicht frei von den Schwierigkeiten, die daSZusammenleben verschiedener Nationen nebeneinander eben mit sichbringt.... Wir haben auch nationale Schwierigkeiten. Der Unter.schied zwischen uns und Ihnen ober ist der, daß das Proletarial unddie Sozialdemokratie diese Schwierigkeiten überwinden, währendSie unfähig geworden sind und hier in diesem Hause Ihre Unfähig-seit gezeigt haben, den Staat noch zu lenken, eben weil Sie diesennationalen Schwierigketicn nicht gewachsen sind. Unser natio-n a l e S Interesse und unser Klos,rninteresse sind identisch;und ein Klasseninteresse ist es. daß die Lebenshaltung der Arbeitersteigt, und ein nationales Interesse ist es, daß das Volk physisch,geistig und kulturell sich entwickelt. Jedes Arbeiierschuvgesrb istein nationales Gesetz, ist wichtiger als olle die verschiedenen Klein-lichkeiten. mit denen Sie hier einander behelligen.... DaSnationale Interesse der Deutschen. deS deutschen Volkes— nicht derpaar Unternehmer und der Kuriengesellschaften, sondern desdeutschen Volkes— hängt viel mehr zusammen mit einertüchtigen, einschneidenden Gesetzgebung über die Heimarbeit als mitirgend welchen Abgrenzungen, die den Streit hier bilden....... Glauben Sie denn wirklich, das deutsche Volk hat keinenanderen politischen Besitz in diesem Lande als den, der sich aus.drückt durch die Zahl seiner Vertreter hier? Sie glauben wirklich.daß die MandotSziffern hier über die Geschicke des deutschen Voltesentscheiden, wahrend wir Ihnen sagen: sür die Geschicke de«deutschen Volkes entscheidet vor ollem die materielle und kulturelleEntwickelung der breiten Massen des deutschen BolkcS, und für diesein erster Linie einzutreten, diese zu sichern, sind wir deutscheSozialdemokraten hier, und wir werden sie schützen gegen jeden, dersie antastet!(Rufe: Das glauben wir!) Ja, wir sagen noch mehr?Wir sagen, daß es die eigentliche nationale Aufgabe und das Wesender nationalen Pflichterfüllung für jedes Volk hier ist, daß es seinenationale Pflicht erfüllt, nicht durch die Herrschaftsgier, durch dieEroberung und die Sucht zur Bedrückung, sondern daß es erfülltist von dem Gedanken, daß im letzten Grunde alle Kulturintercsscnaller Völker hier solidarisch sind.(Bravo! Bravo!) Wir habenes satt, und die Völker Oesterreichs haben es satt, die Erbländerirgend einer Dynastie zu spielen. Die Völker wollen ihr eigenesErbe antreten! Und das können sie nur, wenn sie sich miteinanderverbinden, das können sie nur, wenn sie ihr Recht in Anspruchnehmen. Und ihr Recht werden sie nur erlangen, wenn sie auf da?Unrecht verzichten. Auf nationales Unrecht können sie nationalesRecht nicht gründen!...... Mögen S i e vielleicht es noch länger in diesem unerträg-lichen Zustand aushalten: das Proletariat bat keineLust, es auSzuhalten, und das kann ich Ihnen ohne alleDrohung sagen: Ohne den härtesten Kampf, der bis ans Lebengeht, werden Sie dieses HauS in dieser Gestalt nicht mehr zu-sammen sehen! Das ist keine Drohung an Leib und Leben für Sic,meine Herren, eS passiert Ihnen gar nichts persönlich! Sie werdennicht mit Blut bedeckt, aber mit Schande und mit Schmach bedecktauS diesem Kainpf gehen, wenn es dazu kommen sollte!Aber ich bin überzeugt, es wird nicht mehr dazu kommen, ichbin überzeugt, daß der Gedanke der Wahlreform gesiegt hat, weiler unüberwindlich ist, und daß die Herren, die hier dagegen sprechen,und die, welche getvissenlos hinter den Türen und in den CouloirSintrigieren, um ihren Lohn kommen werden. Mögen sie machen,ivas sie wollen! Mögen sie durch die kleinlichsten und schmutzigstenMittel der großen Sache des Volkes Knüppel in den Weg legenwollen— die Sache ist gerettet und hat gesiegt, sage ich, weil ichnicht daran glauben kann, daß die Masse dieses Hauses von derEinsicht so verlassen ist, so bar ist jedes Gewissens, um noch einmalmit diesem unfähigen Parlament einen Versuch zu machen....Ich fordere Sic ohne Unterschied der Partei, ohne Unterschied derNation auf, in Ihr Gewissen zu gehen; ich fordere Sie auf, mit sichselbst einig zu werden und sich zu fragen, ob Sie es verantwortenkönnen vor dem Volke, das Sic vielleicht in Worten geringschätzenmögen, dessen steigende Macht, dessen steigende Würde aber Ihnenschließlich imponieren muß und vor dem Sie verantwortlich seinwerden, ob Sie es verantworten können vor dem Staate, dessenUnfähigkeit zu existieren Ihnen allen klar ist, ob Sie es verant-ivorten können"vor Ihren Klasseninteressen, diesen Zustand desParlaments, diesen Zustand des Staates weiter bestehe» zu lasse».Die Einsicht haben viele von Ihnen. Wir Sozialdemokraten.die Arbeiterschaft hat nur eines vor Ihnen voraus: den Mutund die Entschlossenheit, um des politischenLebens, um der politischen L e b e n S m ö g l i ch k e i twillen alles an die Sache des Volkes zu setzen.(Beifall.)Nehmen Sie das so, wie es ist— nicht als ein Rühmen, sondernals eine Prophezeiung. Und wenn der verehrte Herr aus Tirol ge-schlössen hat mit den Worten:„Tot ist die Vorlage Gautsch", so sageich Ihnen: Jene, die man zu früh totsagt, leben oft am längsten.(Heiterkeit.) Ich sehe hier nur einen Toten— der ist aber mause.tot: Tot ist das Privilcgienparlamcnt(Beifall), tot sind dieKurien, tot sind alle die Lügen und Flausen, die sich hinter diesenDingen verstecken, tot ist das Unrecht, das die Völker geknebelt hat— und es fängt an zu leben das heilige Recht der Völker."(Leb-hafter Beifall und Händeklatschen.).'Adlers Rede, von der wir hier nur ein kleines Bruchstück gebenkonnten, hat im Abgeordnetcnhause große Wirkung erzielt. Von dersozialdemokratischen Fraktion dürfte noch namens der PolenDaszynski, namens der Tschechen Hybesch und Pernerstorfer zuWorte lommen. In den Wahlreformausschutz wird Adler gewähltwerden._Die Nevolntion in Rntzland.Obstruktion der Eisenbahner.Die Arveiter der„Warschau« Wiener" Eisenbabnstreckehaben eine auf alle Gebiete dieses Unternehmens sich ausdehnendeObstruktion eingeleitet. An der Spitze dieser Bewegung stehtder neugegründete sozialdemokratische„Eisenbahnarbeiterverband fürPolen und Littauen". Hervorgerufen wurde diese Obstruktion da-durch, daß die Eisenbahndireklion sich entsagte, gerechte Forderungender Arbeiter bezüglich deren Pcnsioiistasse zu erfüllen. DieObstruktion äußert sich darin, daß die Arbeiter mit pedantischerPünktlichkeit alle unzähligen komplijierten Vorschriften derVerwaltung buchstäblich genau verrichten. Diese„Pünktlich-keil" hat eine ungeheure Desorganisation deS Betriebes zur Folge.Wilna. An Stelle des sistierten„Wecker" erscheint hiereine neue sozialdemokratijche Zeitung des Bundes„DieVolkszeitung".So mußte es kommen!Mita«. Der Schrtftsührer der hiesigen Gouvernement«»Verwaltung. Mau ring, ein germanisierter Lette, der seit zirka30 Jahren die Geichäste der knrlandiichen Gouverneure besorgt und auchim Petersburger Ministerium des Innern einen außerelatlichen Ver-trauensposlen besitzt(dazu verhalf ihm Ssipjagin. der Endeder achtziger Jahre Gouverneur von Kurland war), eine inder Stadt fast jedem Kinde bekannte„Macht'verson, wurde vorkurzem ans der Straße von Kosaken überfallen und nachWaffen befragt. Mauring, der Zivil trägt, empörte sich sehr darobund sing mit den Worte» an;„Wißt Ihr, wer ich bin?" usw. DieKosaken nahmen ihm aus den Taschen alles Wertvolle und ließenihn mit heiler Haut davon. Für die Stadt hatte dieser Vorfall sehr.gute Folgen: von nun an dürfen Kosaken keine Person-lichen Visitationen vornehmen; jeder Verdächtige wird zum nächstenWachtposten geführt, wo er von einem Schutzmann visitiert wird.Und ein Schutzmann wird selbstverständlich nur einem lumpigenArbeiter seine Uhr und Portemonnaie wegnehmen, einen Henn