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Nr. 61.

23. Jahrgang.

2. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Mittwoch, 14. März 1906.

Das Verbrechen von Courrières  .

Die vielleicht noch still gehegte Hoffnung, daß bei dem furcht­baren Grubenunglüd von Courrières   in der Erregung des Schredens über das Entsetzliche die Folgen doch wohl übertrieben sein könnten, daß es noch gelingen werde, eine größere Anzahl der in der Tiefe Begrabenen zu retten, muß leider zerstört werden. Je nach ver­fchiedenen Meldungen ist die

Zahl der Opfer

noch größer als bisher angenommen worden ist. Es sollen noch zirka 700 Berfonen mehr eingefahren sein, als bisher angegeben wurde, demnach erhöhte sich die Zahl der vernichteten Menschen auf zirka 2000. Und die Ingenieure haben alle Hoffnung aufgegeben, von den Begrabenen noch einige zu retten. Wer bei der Explosion nicht zu Tode lam, muß in den giftigen Gafen erstiden und was noch gräßlicher ist, wenn noch Knappen in der Tiefe leben, fie müssen

und geeignet sind, die Aufmerksamkeit der staatlichen Aufsichtsorgane Ms   gewissenhafte Chronisten teilen wir auch noch mit, daß die im Bergbaubetrieb der ganzen Welt auf die Verhältnisse zu lenken, verschiedenen Landeshäupter und Regierungen Beileidskundgebungen die in den Gruben von Courrières   geherrscht haben und denen nach Paris   gelangen ließen, verschiedentlich wurden auch Geldspenden zweifelsohne die Schuld daran beizumessen ist, daß das Unglüte solch angewiesen.

Der ultramontanen Köln  . Bollsztg." war es vorbehalten, bei

riefige Dimensionen annehmen konnte. Noch sind die Erhebungen nicht ganz abgeschlossen, aber schon gilt es als höchstwahrscheinlich, daß der Grubenbrand, in dessen Gefolge dann Explosionen und Schachteinstürze auftraten, feit längerer Zeit in der Grube ge- diesem traurigen Anlaß ihren feinen tapitalistischen Instinkt zu ver wütet hat, und daß die zur Abdämmung des Feuers ergriffenen raten. Sie macht die Interessenten darauf aufmerksam, daß das entfegliche Maßnahmen durchaus ungenügend waren. In den Gruben Unglüd doch auch Segen bringe. Wie sie verrät, ist eine Zunahme der von Courrières   gab es teine Leitern, wie solche zum Ruhrkohlenausfuhr nach Frankreich   infolge des Grubenunglücks zu Beispiel in allen Grubenbetrieben Desterreichs Vorschrift

find, auch wurde daselbst noch mit offenem Light gearbeitet. Im erwarten. Der Betrieb in Courrières   muß auf längere Zeit be­find, auch wurde daselbst noch mit offenem Light gearbeitet. Im deutend eingeschränkt werden. Die dortige Jahresförderung beträgt Moment der Explosion versagte die Fördervorrichtung, und der 2 500 000 Tonnen.

Mangel an Steigleitern machte die Gruben zur Maufefalle, in

der die Arbeiter, die sich noch hätten retten können, erbarmungs- Das fromme Blatt hat alle kapitalistischen Konkurrenzblätter ge­schlagen. Tos gefangen waren."

Verschiedentlich ist berichtet worden, auch die Organe der

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Es wird darüber berichtet:

ausbeutung!

und Volks­

verhungern. Es scheint keine Möglichkeit vorhanden, vor Ablauf von 6 bis preußischen Regierung, welche die Unglücksgrube besichtigten, hätten Gegen Volksverdummung, Volksknebelung stimmt, 10 Tagen bis zu der Tiefe vorzubringen. Bestimmt als tot fich lobend über die Einrichtungen ausgesprochen. Wenn das werden 1363 Mann gemeldet. Mehrere Dorfschaften sind beinahe dann verstehen wir das zögernde Vorgehen in Punkto Bergarbeiter­der gesamten erwachsenen männlichen Bevölkerung beraubt. Ueber schutz in Deutschland  . Die Regierung der besten Sozialpolitit" als Eine Anklage wegen Aufreizung zu Gewalttätig 800 Familien sind ihrer Ernährer beraubt. Gegen 700 Witwen, Schutzeuge für den sündigen Kapitalismus in Frankreich  -für- teiten im Sinne des§ 180 führte gestern den Genossen Ernst gegen 6000 Waifen umeftehen in wortloser, hängeringender Verwahr eine bittere Satire! Bei den Preczang vor die 9. Strafkammer des Landgerichts I  . Die An­zweiflung die Schachtmindungen, die erst gegen 80 Leichen aus­Bergungsarbeiten flage   hängt mit der Agitation gegen das preußische Dreiklassen­geliefert haben. Die ganze Gegend ist wirtschaftlich vernichtet. hat nach übereinstimmenden Meldungen die deutsche Rettungstolonne wahlrecht zusammen. Für den Tag der Massenbersammlungen am Ueber die technischen Anlagen gibt die nachfolgende Darstellung von Zeche Shamrock schon Hervorragendes geleistet. 21. Januar hatte die Buchhandlung Vorwärts" eine Agitations der Rh. Westf. 8tg." einigen Anhalt: schrift herausgegeben: Gegen Volksverdummung, Volfsfnebelung und Glücklicherweise erfuhr man, daß von den 1800 Snappen Lille  , 13. März. Die gestern hier eingetroffene deutsche Voltsausbeutung, Material zur Beurteilung der boltsfeindlichen Bolitit der Morgeneinfahrt auf Anordnung eines Ingenieurs 400 wieder Rettungsmannschaft begann sofort nach ihrer Ankunft mit den des preußischen Dreitlaffenparlaments." Die Broschüre sollte auch für Arbeiten und hat bereits Hervorragendes geleistet. Sie konnte die für den 21. Januar in Aussicht genommenen Referate Material zutage gestiegen waren; da die Ausgänge der Gruben Nr. 2, Für besser als die Pariser Rettungsmannschaften in die engen Schächte an die Hand geben und ist zu diesem Zwed versendet. 3 und 4 bersperrt waren, fetzten viele ihre Hoffnung in eindringen. Auch beleuchteten die Lampen der Deutschen   eine den Inhalt der Broschüre ist der Angeklagte verantwortlich. Nach den Schacht der Grube Nr. 10, die mit den drei anderen Gruben in größere Strecke als die der Pariser. Die deutschen Rettungs- Ansicht der Anklage ist der Inhalt der Broschüre geeignet, zum Verbindung steht. In der Tat war es einer Reihe von Bergleuten gegen mannschaften sind bis 800 Meter borgedrungen und haben große Stampfe gegen die Klasse der Befizenden, namentlich gelungen, sich durch die Verbindungsgänge hierher zu retten; aber Es sind besonders zwei Stellen Haufen von Leichen gefunden, die in ihrer Mehrzahl bereits in die Junter anzureizen. einen In der Stelle wird das Proletariat Verwesung übergegangen waren. die Hoffnung, daß fie hier zu Hunderten hervorkommen würden, er­Die Leichen lagen in allen inkriminiert. wies fich als trügerisch, da die Grube Nr. 10 höher liegt, wie die möglichen Stellungen, mit zuſammengekrümmten Gliedern, manche auf die Schanzen" gerufen und gesagt: Das Proletariat Nr. 2, 3 und 4, und nur in ihren tiefsten Gängen mit den oberen standen aufrecht gegen die Grubenwände gelehnt. Nichts hielt die werde mit feurigen Zungen die ihr vorenthaltenen Rechte fordern; deutschen Bergleute in ihrem Eifer auf, sie luden fortwährend es warte auf den Augenblick, wo es feine Feffeln zerbrechen und der Nr. 2, 3 und 4 zusammenstößt. Stunden vergingen, ehe man an Leichen auf ihre Schultern und trugen dieselben im Laufschritt zu mit den frechen Schändern des Volkswohls Abrechnung halten wird." die ersten Rettungsversuche denten fonnte. Aus den Schächten 2 und 3 dem Steigeschachte, von wo sie zutage gefördert wurden. So oft An der zweiten Stelle wird, nachdem auch auf Desterreich und stiegen so dichte Gase auf, daß ein Näherkommen unmöglich war. die Deutschen  , um Luft zu schöpfen, ans Tageslicht tamen, ver- Rußland Bezug genommen war, gefagt: Das Proletariat rüste sich Trozdem ließ sich der Ingenieur Voisin in einem Korb in den Schacht anstaltete das Publikum ihnen große Dvationen. In ganz furzer zum Stampfe zur Erringung des Wahlrechts. Die Arbeiter würden Nr. 3 hinabgleiten; man zog ihn nach einer halben Stunde, da er feine Zeit wurden 50 Leichen zutage gefördert. mit gewaltigem Ruck die Ketten sprengen, die ihre Bewegungs­freiheit hindern.". Die Broschüre wird auch im Buch­Beichen gab, in den letzten Zügen liegend heraus. Im Schachte Nr. 4 handel feilgehalten und ist in Breslau   beschlagnahmt worden. versuchen die Ingenieure Bar, Bousquet und Domaison nieder- ,, Binnen zwei Stunden brachten die Deutschen   120 Leichname Der Angeklagte bestritt die Berechtigung der Anklage. zufahren. Sie bringen gegen Mittag nach und nach acht schwer­empor im Wege von Grube II. Leider wurde schon von der Die Broschüre sei gar nicht dazu bestimmt gewefen, wörtlich vor berwundete Arbeiter herauf; mit Tränen in den Augen berichten ersten deutschen Abteilung( acht Männer) das furchtbare Fort  - getragen zu werden, sondern fie sollte nur den Rednern Material wüten des Feuers in Grube III fonstatiert. Ferner wurde wahr­die mutigen Retter, daß die Gänge einem Schlachtfeld gleichen; Die vielfach pathetischen Gas- zur Auswahl ad libitum darbieten. genommen, daß Grube IV wegen der lebensgefährlichen Gas Bendungen feien nur bildlich zu verstehen. überall begegneten fie auf ihrem Wege entseglich berstümmelten Es liege der Sozial ausströmungen immer noch vollkommen unzugänglich ist. Die Leichnamen. Später langt die überraschende Nachricht an, daß Feuerwehrmänner von Gelsenkirchen   begannen heute ihre Attion, Ziele erreichen zu wollen. demokratie vollständig fern, mit ungefeßlichen Gewaltmaßregeln ihre Es komme ihr nur darauf an, die 120 Bergleute der explodierten Gruben sich durch einen Gang nach bon der man fich Erfolg verspricht." Schacht 11 zu begeben vermochten. Von Grube 10 aus vermochte Wahlrechtsbewegung und die Zahl derer, die gegen das ver­Die hier in Betracht kommenden Einrichtungen find als vor- tehrte Wahlsystem protestieren, zu verstärken und zu vergrößern, leider im Laufe des Tages nur wenig zu geschehen, da die züglich bekannt und fanden auch auf der Lütticher Ausstellung volle um mittels des Druckes der öffentlichen Meinung die maß­Gänge von zusammengestürzten Balken und Erdmassen ver- Anerkennung der Sachverständigen. Es wäre beffer gewefen, die gebenden Faktoren dazu zu bewegen, eine Aenderung statt­sperrt waren und giftige Gafe hier sehr gefährlich wurden. Bis Berwaltung der Unglüdsgrube hätte die Einrichtungen, von deren finden zu laffen. Am 21. Januar haben über 200 Versammlungen zum späten Abend war man in den verschiedenen Einfahrtsschächten Güte sie sich wohl überzeugt hatte, selbst sofort eingeführt. Das stattgefunden und tein einziger Gewaltatt fei in Samit beschäftigt, das Ballenwerk wegzuräumen, um tiefer gelangen schreckliche Ereignis sollte aber auch unsere Regierung beranlassen, stand allein zeige die Sinfälligkeit der Anklage. Staats­ihrer Folge vorgenommen worden. Schon dieſer Um­zu können. Um Mitternacht konnte man in Grube 3 bis in eine fofort die Schritte für obligatorische Einführung solcher Einrichtungen anwaltschaftsrat& indow: Die ganze Schrift geht davon aus, daß Tiefe von 145 Meter gelangen, fie geht aber bis auf 350 Meter hinunter und 450 Bergleute blieben da unerreichbar. In Grube 4 fonnte man nicht einmal so tief gelangen; von 852 Bergleuten sind dort tot oder noch lebend 175 emporgebracht worden. Aus Grube 2 retteten sich von 500 Bergleuten ungefähr 400. Viele der verwundet aus dem Schacht Nr. 4 Geborgenen werden ihren Verlegungen er Liegen müssen; ihre Haut ist rot geröstet, sie liegen in Reihen be­wußtlos in den Sälen der Bürgermeistereien, und die Aerate tun um fie ihr möglichstes.

Das Unternehmerorgan, das nach dem Borussia" Unglüd, vielleicht unter der Einwirkung der allgemeinen Erregung, nach dem Staatsanwalt rief, fühlt sich angesichts des furchtbaren vom Rapi­talismus verschuldeten Unglüds berufen, das System zu retten.

Ein Korrespondent des B. L.- Anz." berichtet:

zu unternehmen.

Wir verzeichnen noch folgende Meldungen:

die ganze Grundlage unserer Staats- und Gesellschaftsordnung auf das maßloseste angegriffen werden müsse; unsere ganze Kultur wird Lille  , 12. März. Der Direktor der Mine von Billh- Montigny als vollständig verrottet hingestellt. Derartige Angriffe laffen uns falt, hat erklärt, daß dank der Hülfe der deutschen Rettungsmannschaften denn wir sind zu sehr daran gewöhnt. Ist man aber zu der Ueberzeugung in Courrières   jegt die Räumung der Galerien schnell fortschreiten gekommen, daß sie in einer Form geichehen, die gegen die Gefeße werde. Ein von diesen, mit Rauchhelmen ausgestatteten Mannschaften verstößt, dann darf das Gericht auch nicht vor dem Vorwurf gemachter Verfuch hat zu einem sehr günstigen Ergebnis geführt: wird das Proletariat zweifellos angereizt, au Gewalttätigkeiten eines Tendenzprozesses zurückschrecken. In der Broschüre um 11 Uhr abends waren die Leute bereits 500 Meter vorgedrungen, gegen die befizenden Klaffen zu greifen. Es handelt sich ja hier die Leichen wurden von ihnen bei Seite geräumt und mit Stalt um eine Partei, die sich selbst eine revolutionäre nennt, die bedeckt. mit den gefeglichen Mitteln dauernd nicht auskommen fann, Lens, 18. März. Nachdem die bisherigen Versuche, eine Ent- die zwar zunächst die Gewalt verwirft, aber wohl selbst fernung der Gase aus der Grube zu bewerkstelligen, erfolglos ge- nicht glauben kann, daß ihre Biele ohne Gewalt erreicht werden blieben sind, will man es jetzt auf folgende Weise versuchen: Die tönnen. Es handelt sich im vorliegenden Falle auch Schächte 3, 4 und 11 sollen luftdicht abgeschlossen und es soll durch nicht um Aufreizungen, die fich als Entgleisungen eines besonders Schacht 2 mit einem starken Ventilator Luft eingeblafen werden, gedachte gebrudte Form, die denjenigen unterbreitet wurde, die zu pathetischen Redners darstellen, sondern um eine forgfältig aus­die sich überall verteilen und auf dem Rückwege durch das heftige gitatoren für die Masse bestimmt waren. Keineswegs handelt es Ausströmen alle giftigen Gase mit in die freie Luft befördern foll. fich um Bildersprache, sondern um eine offene Predigt der Gewalt Alle die bei den Bergungsarbeiten und an den Schächten sich den befizenden Klaffen gegenüber. Der Zweck der Druckschrift abspielenden Schreckensszenen war, daß den Maffen suggeriert werden sollte, das Volk fühle sich rechtlos und müsse event. bereit sein, Gewalt zu ge fein Gewaltakt zu verzeichnen war, ist nicht maß­brauchen. Die Tatsache, daß in Wirklichkeit geblich. Die aufreizenden Wendungen bedrohen auch den öffentlichen Bei flackerndem Gaslicht fuhren drei Grubenarbeiter langsam Frieden, denn sie sind gemacht worden unter Hinweis auf die russische in den Schacht hinunter. Sie können nur eine Tiefe von Revolution und die Agitation wurde in einer Form inszeniert, daß 150 Meter erreichen", fagt ein Ingenieur, und die Bergleute fich die Besitzenden zunächst bedroht fühlen konnten. Der liegen 200 Meter tief." Fünfzig Meter trennen alfo die Lebenden Staatsanwalt beantragte ein Jahr Gefängnis von den Toten. Die Grubenarbeiter steigen wieder herauf und brauchbarmachung der Platten und Formen. fagen feuchend: Sie haben gegen die Wasserleitungen geflopft Rechtsanwalt eine beantragt die Freisprechung. und wir haben sie gehört! Sie leben! Man wird sie retten geklagte, der natürlich irgend eine Sonderstellung nicht für tönnen!" Jch fürchte, nein," flüsterte neben mir Herr Leon. fich in Anspruch ninunt, hat Gewalttätigkeiten nicht gewollt Bedenken Sie! Man wird vielleicht acht Tage brauchen um den und auch nicht das Bewußtsein gehabt, daß die Broschüre zu Gewalt Schacht freizumachen, und in acht Tagen werden die Aermsten tätigkeiten aufreize. Er hat im Gegenteil das Bewußtsein gehabt, erstickt oder berhungert sein." daß es sich nur um eine Agitation mit gefeßlichen Mitteln handle. Auch in tiefster Nacht ist die Menge nicht von den Gruben- Das Gegenteil zu beweisen ist dem Staatsanwalt durchaus miß­gebäuden gewichen; finsteres Schweigen herricht. Niemand flagt glückt. Nimmt der Staatsanwalt an, daß es sich darum handelt, mehr laut; die Familien stehen beisammen, hier ein Groß- die preußische Verfassung mit Gewalt zu ändern, nun dann hätte er mütterlein, das den Mann, der seit Jahrzehnten ohne Unfall in die Anklage wegen Hochverrats erheben müssen und die der Mine arbeitete, und die drei Söhne hundert Meter tief unter Sache gehörte bor   ein anderes Forum. Wer unter fich verloren weiß; drei Witwen, sieben Waisen stehen um die den heutigen Verhältnissen zum Zwecke der Aenderung des Alte. Dort starren zwei Schwestern zum Himmel auf, die morgen Wahlrechts zu Gewalttätigkeiten aufreizen wollte, würde nicht ins mit zwei Knappen Hochzeit feiern sollten." Gefängnis, sondern in das Jrrenhaus gehören. Das widerspräche

Es schreibt: Bon anderer Seite wird uns zu dem Eindruck, den die Statastrophe auf die Bevölkerung gemacht hat, berichtet, daß gewiffe Sozialistenblätter daraus Anlaß nehmen, die furchtbarsten Bann­flüche gegen die Grubengesellschaften und auch auf die Ingenieure zu schleudern, obgleich noch nichts vorliegt, was auf eine ver­hängnisvolle Nachlässigkeit der Betriebsverwaltung schließen ließe, zu schildern ist schier unmöglich. Keine Feder ist imstande, das Grauen, und obgleich die Ingenieure jedenfalls mit Einsetzung ihres eigenen das Glend, die Verzweiflungsausbrüche, alles weh, allen Jammer zu Lebens ihrer Pflicht nachgekommen find. Bei der allgemeinen schildern. Einigen Schilderungen geben wir hier Raum: Trauer über die Statastrophe muß das Verfahren als höchst widrig und unpassend bezeichnet werden. Auch hört, wie man uns im Gegensatz zu der weiter oben mitgeteilten Aeußerung des De putierten der Gegend berichtet, die Grubenbevölkerung selbst auf diefe Aufreizungen nicht. Sie bezeugt vielmehr, soweit ihr Schmerz es gestattet, den Direktoren und Ingenieuren ihr bolles Vertrauen.

So in der Abendausgabe vom Montag. In der Morgenausgabe bom Dienstag berichtet sie dies:

Es wird wohl gelingen, größere Ausschreitungen zu ver­meiden. Allerdings herrscht bei der Bevölkerung große Erbitterung und gegen die Grubenverwaltung werden schwere Borwürfe er­hoben.

Wie wir schon gestern nachwiesen, ist die Erbitterung und find die Vorwürfe leider nur zu berechtigt. Wie mit der

Gefahr gespielt

worden ist, geht noch aus der obigen Mitteilung hervor, daß auf Anordnung eines Ingenieurs Leute wieder aus der Grube heraus­geholt worden sind. Also man hat unbefümmert um das furchtbare Wüten eines Grubenbrandes, der ganz selbstverständlich gewaltige Quantitäten giftiger Gafe entwickelt, deren Explosion durch das Grubenfeuer für jede Minute befürchtet werden mußte, tausende Menschen in die Gefahr der Bernichtung hineingestoßen! Es tauchten Besorgnisse auf: trotzdem läßt man die Menschen in die Grube hinein! Schließlich padt einen Beamten die Angst, das Entsetzen, er will noch retten es ist zu spät! Nur ein Bruchteil der Belegschaft fieht das Tageslicht wieder, faft 1400 Knappen liegen im Schacht, nie mehr fehren sie zu den Ihrigen aurid. Bon verbrecherischer Leichtfertigkeit zeugt auch die Tatsache, daß daß eine Anzahl Leute ihre Rettung nur dem Umstande verdanken, daß sie wegen der glühenden Hize, die der Brand entwickelte, nicht zu ihrer Arbeitsstelle gelangen konnten. Da fann man wirklich nicht mehr von Vorsicht der Verwaltung reben. Die

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Einrichtungen auf der Unglücksgeche

werden noch als besonders vortrefflich gerühmt. Da muß es ja im französischen   Bergbau ganz heillos aussehen! Die Neue Freie Presse" Berichtet nämlich folgendes:

Der Eindruck des Unglüds wird noch gesteigert durch die Ursachen, welche der verheerenden Katastrophe zugrunde liegen.

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und 11n Der An

Verteidiger

" Zwei Minuten später stiegen aus der Grube 11 und aus den ganzen historischen Verhältnissen in Preußen und der ganzen der Nachbargrube Nummer 4 etwa sechs Knappen hervor, die auf politischen Stellung der Sozialdemokratie. Einer Partei, die in den den Treppen emporgeklettert waren. Sie waren wie wahnsinnig. Reichstag Sie waren wie wahnsinnig. Reichstag 80 Abgeordnete entsendete, die sich auf das Ein Knappe faßte sich und sagte: Es ist schrecklich!" Sind minutiöseste an den Arbeiten beteiligen, kann nicht zu­

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Ihre Kameraden verwundet?"" Ich sah zwei Verwundete. gemutet werden, daß fie eine gewalttätige Revolution machen Neben mir war ein Mann, welchem ein Arm abgeriffen wurde." will. Im übrigen aber hat doch jeder das Recht, die Und die anderen zwei?" fragte man in angstboller Ent- Politit seiner Gegner als miserabel und schlecht zu kennzeichnen. gegnung. Sie find tot, alle tot 1" antwortete er mit tonlofer Wie miferabel das preußische Wahlsystem ist, haben ein Bismard Stimme, den Blid stier in die Luft gerichtet." und ein Treitschke geschildert, und auch Graf Posadowsky   hat jüngst Bei dem Vorbeimarsch der Bevölkerung vor den Särgen mit feine Bedenken gegen dieses Wahlsystem ausgedrückt, das feine den wenigen bisher geborgenen Leichen kommt es andauernd Gegner in allen Parteien, mit Ausnahme der fonservativen, hat. zu erschütternden Szenen. Auch die Soldaten, die die Särge Der in der Broschüre enthaltene Hinweis auf Stußland sollte bewachen, weinen beim Anblick des allgemeinen Jammers. nur zeigen, daß man selbst in Rußland   über das hinausgeht, Es gibt Frauen, die noch immer hoffen, ihre Männer möchten in was fals Reform bei uns beabsichtigt wird. Es handelt irgend einem Winkel der Galerien noch am Leben sein. Leider sich also nur um eine gefeßmäßige Agitation für die Er­hoffen sie etwas Unmögliches."

" Den größten Verlust erlitt eine Frau und Mutter, der der Mann und sieben Söhne durch das Unglüd entrissen wurden." Unter den Geretteten befinden sich ungefähr achtzig Ver­wundete, von denen einige lebensgefährlich verlegt sind; fünf find wahnsinnig geworden. Einige der Frauen noch eingefchloffener Bergleute reißen sich in ihrer Verzweiflung die Kleider vom Leibe und verlangen, in den Schacht geworfen zu werden."

ringung neuer Rechte. Daß von den maßgebenden Personen in der Sozialdemokratie von Anfang an auch nichts anderes beabsichtigt worden, als eine friedliche Demonstration der Maffenverfammlungen wird event. der Abg. Molkenbuhr bezeugen und beweist die im Borwärts" erschienene Warnung vor Ausschreitungen am 21. Januar. u den Maffen ist selbst so viel politisches Verständnis und so viel ruhige Ueberlegung vorhanden, daß sie gar nicht an Getvalt afte denken. Sie denken vielmehr daran, daß der moralische Druck auf die Dauer sich sich unwiderstehlich erweisen wird,

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