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einschließlich der Nationalliberalcn. Nicht nur, daß die Re- gierung systematisch darauf ausgeht, den Städten den letzten Rest ihres Selbstverwaltungsrechtes in bezug auf das Schul- Wesen zu nehmen, handelt sie auch von ihrem eigenen Standpunkte aus taktisch so unklug wie möglich. Das Mini- sterium desGeistes" ist mit Blindheit geschlagen. Herr Studt wirft in demselben Augenblick, wo es ihm darauf an- kommt, eine möglichst kompakte Mehrheit fiir sein Ver- pfaffungssystem zu schaffen, einen Zankapfel zwischen die bürgerlichen Parteien, er stößt die Nationalliberalen, die er gewinnen will, von sich ab. Uns kann diese Politik nur recht sein: sie charakterisiert das heute in Preußen herrschende System aufs treffendste. Die Fälle von Eingriffen in das Selbstverwaltungsrecht, die von freisinniger und nationalliberaler Seite zur Sprache gebracht wurden, zeigen ebenso wie die Art, in der die Re- gierung sich verantwortete, daß die Schulunterhaltungsvor- läge selbst vom Standpunkt der konservativ-klerikalen Mehr- heit aus eigentlich völlig überflüssig ist. Auf dem Wege gesetz- widriger Verordnungen erreicht die Regierung heute schon das, was sie mit dem erwähnten Gesetz zu erzielen beab- sichtigt: sie maßt sich das Recht an, Lehrer, die die Gemeinde bezahlt, anzustellen und zu entlassen, sie macht den Gemeinden Vorschriften darüber, wie sie die von ihnen errichteten und erhaltenen Schullokale verwenden sollen und erdreistet sich sogar, von der Tribüne des Parlaments herab, Maßnahmen einer Gemeinde wie Berlin alsUnfug" zu bezeichnen! Und das zu derselben Zeit, wo man sich zur Feier des hundett- jährigen Gedenktages der Einführung der Städteordnung rüstet, die uns angeblich dieSelbstverwaltung" beschert hat. Wahrlich, wir haben es herrlich weit gebracht in Preußen. *« Deutfcbes Reich. Erbiirmliche Denunzianten. Die feigen Jmnmerkerle derPost" und der konservativen Deutschen Volkswirtschaftlichen Korrespondenz" fahren in der Be- geiferung der Genossin Luxemburg fort. In der offensichtlichen Absicht, gegen unsere Genossin die russischen Hunde zu hetzen, lügen sie, derVorwärts"sagt es ganz offen, sie sei hingereist, die Revolution zu schüren". Was diese Organe außerdem über uns selbst urteilen, ehrt uns natürlich nur. Diese saubere Sippschaft leistet die Arbeit der Nichtgentlemen in so Hundsföttisch gemeiner Weise gegen eine von russischen Behörden grundlos verhaftete Deutsche , daß die ehrlosesten Achtgroschenjungen sie beneiden dürfen. Techtelmechtel. Die liberale Landcspartei Elsaß-LothringenZ möchte gern die Sozialdemokratie der Reichslande vor ihren schwer- fälligen Karren spannen. In einer stark besuchten Versammlung der Bloc-Parteien sprach, wie dieFranks. Ztg." meldet, iii Karlsruhe Notar Goetz aus Weißenburg , Vorsitzender der liberalen Landespartei in Elsaß- Lothringen , über die politische Lage und den Liberalismus in den Reichs- landen. Redner erklärte, die liberale Landespartei unter- stütze alle Bestrebungen, welche auf einen Zusammenschluß aller liberalen Gruppen hinzielten auf Grund fester Nechtslinien. Wenn auch ein programmatisches Zusammengehen mit der Sozialdemokratie ausgeschlossen sei, so sei doch ein taktisches Zusammengehen not- wendig. Die Frage eines Zusammengehens mit den sog. Ordnungs- Parteien gegen die Sozialdemokratie sei abgetan, trotz der Verurteilung durch den Reichskanzler und Herrn Bassermann. Wie von Nord- deutschland die Wiedergeburt des Reiches gekomnien sei, so möge Süddcutschland die Neugeburt des Liberalismus bringen, denn Süd- deutschland müsse den Ansang machen. Nach weiterer Debatte wurde das Andenken Eugen Richters geehrt. Chauvinistische Konfliktsgelüste. Unsere deutschen Jingos ärgern sich darüber, daß die Aussichten /Ulf das Zustandekoinmen eines Kompromisses in Algeciras trotz der durch die französische Miuisterkrise verursachten Stockung der Verhandlungen noch keineswegs geschwunden sind. Trotzdem Deutschland seinerzeit f a st ein Jahr lang gewartet hat, bevor es überhaupt zu der Marokkofrage Stellung nahm, möchten unsere Dingos jetzt Frankreich nicht einmal ein paar Tage Bedenkzelt gewähren. So animiert jetzt die D eut sch e Z t g.": Fiir unseren Standpunkt einer energischen deutschen Politik mittels des marokkanischen Hebels genügt in sachlicher Beziehung der nochmalige Hinweis darauf: Daß Deutschland jetzt in derLage wäre, in ziemlich günstiger diplo- und dann müßte es doch mit dein Teufel zugehen, wenn wir den paar alten Gläubigern erliegen sollten." Leider mußte das kühne Kampforgan bald die Waffen strecken. Die finanzielle Krise war durch die Ausweisung Karl Marx ' aus Preußen nur noch beschleunigt worden. Am 19. Mai 1849 erschien die letzte Nummer in rotem Letterdruck. An ihrer Spitze trug fie das von Freiligrath am selbigen Morgen während des Ankleidens gedichteteAbschieds- wort": Nun ade, nun ade du kämpfende Welt, Nun ade, ihr ringenden Heere I Nun ade, du pulvergeschwärztes Feld, Nun ade, ihr Schwerter und Speere! Nun ade doch nicht für immer ade! Denn sie töten den Geist nicht, ihr Brüder! Bald richt' ich mich raffelnd in die Höh, Bald lehr' ich reisiger wieder! Wenn die letzte Krone wie Glas zerbricht, In des Kampfes Wettern und Flainmen, Wenn da-s Volk sein letztesSchuldig I" spricht, Dann stehn wir wieder zusammen! Mit dem Wort, mit dem Schwert, an der Donau , am Rhein : Eine allezeit treue Gesellin Wird dem Throne zerschmetternden Volke sein Die Geächtete, die Rebellin!" Vergleicht man Freiligraths politische und soziale Lyrik aus der Zeit vor 1348 mit der während des Revolutionsjahres entstandenen, so ergibt sich ein wesentlicher Unterschied. Dort erscheint seine Muse als prophetische Zeichendeuterin: hier hat sie den delphischen Dreifuß mit der Tribüne des TageS vertauscht, stellt beslinnnte Programme und verherrlicht die französische Februar- und die deutsche März- revolution. Selbst nachdem diese niedergeworfen war und die meisten Vertreter der polittschen Lyrik sich rück- wärtS revidierten. um reumütig in Sack und Asche Buße zu tun, selbst da verließ ihn der Mut seiner sozialistischen Meinung nicht, wie:Die Toten an die Lebenden".Revolution".Ein Lied vom Tode",Trotz alledem ". Ein Weihnachtslied für meine Kinder" bezeugen. Die Freiheit ist nicht tot. sie lebt und wird leben: Ich werde sein und wiederum voraus den Völkern werd' ich aehn! Auf eurem Nacken, eurem Haupt, auf euren Kronen werd' ich stehn I Befreierin und Rächerin und Richterin. das Schwert entblößt. Ausrecken den gewalt'gen Arm werd' ich, daß er die Welt erlöst! Ihr seht mich in den Kerkern bloß, ihr seht mich in der Grube nur, Ihr seht mich nur als Irrende auf des Exiles dorn'ger Flur Ihr Blöden, wohn' ich denn nicht auch, wo eure Macht ein Ende hat: Bleibt mir nicht hinter jeder Stirn, in jedem Herzen eine Statt? verantw. Redakteur: Hans Web» Berlin� Inseratenteil verantw matischer Stellung die Konferenz zum Scheitern zu bringen." Alldeutsche Friedensliebe!_ Stolz lieb' ich den Kolonialhunnen. DerFranks. Ztg." wird geschrieben:Bei der Beratung über den dritten Nachtragsctat für die Schutzgebiete verbreiteten sich die Abgg. Erzberger und Bebel über den Fall des Hauptmanns Kannenberg, der zu einer Gefängnis st rase von drei Jahren und Ausstoßung aus dem Heere verurteilt ivurde. Ich wunderte mich, daß keiner der beiden Reichstags- Abgeordneten erwähnte, daß diesem Hauptmann nicht nur eine Gnadenpension gewährt wurde, sondern daß ihm auch eine Be- gnadignng zuteil wurde. Die letzten acht Mpnate seiner Strafe wurden nämlich in Festungshaft umgewandelt. Als ich Ende März 1903 eine Festungshaft wegen Preßvergehens(Majestäts­beleidigung, begangen durch die Kritik einer Kaiserrede) auf der Festung Ehrenbreitstein antrat, fand ich auch diesen Hauptmann vor. Es ist üblich, daß die paar Festungsstubengefangenen ihre Mahlzeiten gemeinschaftlich einnehmen; als auch ich in den Kreis aufgenommen werden sollte, widersetzte sich Herr Hauptmann Kannenberg dem mit der Motivierung, er könne sich unmöglich als ehemaliger Hauptmann mit jemand, der den allerhöchsten Kriegsherrn beleidigt habe, an einen Tisch setze». Auch ein ehemaliger Reserve- osfizier schloß sich diesem Boykott an, so daß ich allein bleiben mußte. Ich ließ ihm sagen, daß ich noch keinen Mord au dem Gewissen hätte. Etliche Tage später verbot ein Äftillerie- Hauptmann seinen Unteroffizieren, mit mir zu sprechen." Geh. Regicrungsrat Knack, der Direktor des Bureaus des Reichstages, ist gestern, Sonnabend abend, gestorben. Knack war ein überaus pflichttreuer Beamter, der seiner arbeitsreichen Tätigkeit bis in die Tage seiner Krankheit hinein mit anerkennenswertestem Eifer oblag.~ Dir niedennusizierte Wahlrechtsdemonstration. Das Depeschen- bureauHerold" meldet aus Magdeburg : Mutmaßlich im Hinblick auf sechs morgen vormittag um 11 Uhr hier geplante sozialdemokratische Wahlrechts- Demon- strationSversammlnngen ordnete die Kommandantur von 12 Uhr ab 5 Platzkonzerte an, welche von den Militärkapellen zu gleicher Zeit auf ö Plätzen der Stadt veranstaltet werden. Ob es etwas helfen wird?Böse Menschen haben keine Lieder!"_ Ministerieller Größenwahn. Im Laufe der gestrigen Sonnabendsitzimg kam eS, wie das Wölfische Depeschenbureau meldet, in der badiichen Kammer zu einem charakteristischen Zusammenstoß: Der Minister de» Innern, Herr Dr. Schenkel, erklärte: er halte eS für eine Pflichtwidrigkeit, wenn Schutzleute sich mit ihren Beschwerden an dir Partei wenden, welche die Autorität der Beamten zu untergraben bemüht ist. Abg. Geck(Soz.):Wir sind zu Recht in diesem Hause: das ist eine Beleidigung der Abgeordneten." Minister Schenkel: Den Schutzleuten werde ich verbieten, sich an die Sozial- demokratie zu wenden." Abg. Geck:Nein, das werden Sie nicht tun! Ich bitte den Präsidenten, den Minister zur Ordnung zu rufen wegen dieser Frivolität." Minister Schenkel:Ich behaupte nach wie vor, daß die Schutzmannschaft das nicht darf." Abg. Geck(laut schreiend):Das dürfen Sie nicht. Das ist eine Beleidigung des Hauses und meiner Fraktion." Präsident Dr. W i l ck e n S:Ich rufe den Abgeordneten Geck zur Ordnung und drohe ihm mit dem Eintrag ins'Protokollbuch und werde die Sitzung schließen." Abg. Geck erklärt zur Geschäftsordnung, daß die Erklärung des MinstterS eine Beleidigung der sozialdemokrati- scheu Fraktion sei und daß diese sich weitere Schritte vorbehalte. Präsident Dr. W i I ck e n s:Ich habe eingreifen müssen, weil der Abg. Geck in heftigster und leidenschaftlicher Weise den Minister unterbrochen hat."..._ Niederlande . Konflikt. Im Anschluß an die Kammerdebatten über den gesetzlichen Arbeitsvertrag in Holland (sieheVorwärts" vom 17. März, 2. Bei- läge) hat sich ein' bedauerlicher Konflikt zwischen der sozialdemo- kratischen Fraktion auf der einen, dem Parteivorstande samt dem Agitationskomitee betr. Arbcitsgesetz und Arbeitskontrakt" auf der anderen Seite entsponnen. Dieser Konflikt ist besonders charakte- ristisch angesichts des bevorstehenden Parteitags der holländische» Sozialdemokratie und als Zeichen der bezüglich der Parteitaktik herrschenden Meinungsverschiedenheiten, in die allerdings auch persönliche Gegensätze hineinspielen. Während das oben genannte Agitations.komitee, das sich aus Vrtretern der Partei und der Gewerkschaften zusammensetzt, den In jedem Haupt, das trotzig denkt? Das hoch und ungebeugt sich trägt? Ist mein Asyl nicht jede Brust, die menschlich fühlt und menschlich schlägt? Nicht jede Werkstatt, drin es pocht? Nicht jede Hütte, drin es ächzt Bin ich der Menschheit Odem nicht, die rastlos nach Befteiung lechzt? Drum werd' ich sein, und wiederum voraus werd' ich den Völkern gehn l Auf eurem Nacken, eurem Haupt, auf euren Kronen werd' ich stehn!" Und ferner gebrach es Freiligrath nicht an Mut, alle diese Beurkundungen seiner unerschülterlichen. ins Gewand einer elementar forteitzenden VerSsprache gehüllten Gesinnung 1849 und 1851 in zwei Heften derNeueren politischen und sozialen Gedichte" niederzulegen und lieber wieder das Exil auf sich zu nehmen, als fie zu unterdrücken. Mitte Mai des Jahres 18S1 landete er zum zweitenmal in London . Ein drei Monate später gegen den Dichterwegen Teil- nähme an einem Komplotte zum Umsturz der Staatsregierung" prenßischerseitS erlassenerSteckbrief" erreichte ihn nicht mehr. Er befand sich bereits sicher und geborgen in der Metropole des Welt- Handels, Ivo er nun.ein Tagelöhner mit dem Geiste" fünfzehn Jahre hindurch an den Kontorsessel gebannt bleiben sollte. Erst 18S8 war es ihm vergönnt, nach Deutschland zurückzukehren. In Stuttgart nahm er fortan seinen ständigen Wohnsitz, und im nahen Cannstatt beschloß er seine Dichter- lausbahn. Freiligrath kann nicht vergessen werden. Erwar sagte Ernst Ziel , ein mannhafter Poet und Demokrat, in seinenLite- rarischen Reliefs"ein Dichter von ausgesprochener Tendenz: die Tendenz, verdeckt und bloß intuitiv in seinem früheren, offen und be- wüßt in seinem späteren Schaffen, ist die Flamme, an der er die Apollo- sackel seiner Dichtung entzündete: aber sie war ihm stets eine Flamme von reinster Glut, die seine Kunst picht herabzog und verkleinerte, die sie be- feuerte und beflügelte, die Flamme der Humanität. Und weil die Zeit, in die der Dichter gestellt war, eine Zelt politischer und sozialer Kämpfe war, so kleidete sich in Freiligraths Dichtung die Humanität in das politische und soziale Gewand der Zeit. Er war ein Dichter von Geblüt und Gemüt, aber ein Tribun aus Erbarmen und Zorn. Er konnte das Leuchten der Kronen nicht leiden, das den Schweiß des Proletariers gering achtet: aber er konnte auch die krummen Rücken der P h i l i st e r nicht leiden, dieses Katzenbuckeln vor den Ebenbildern Gottes aus denThronen. Erbarmen und Zorn schmolzen seine Leier in ein S ch w e r t um, aber eS blieb ein Schwert aus dem Golde der Dichtung. Der Volkstribun in ih»n hat den Dichter inspiriert, der Dichter rn ihm den Volkstribunen geadelt." Und, fügen wir hinzu: Ferdinand Freiligrath ist der gewalttgste, weU revolulionärste Sänger des sozialdemokratischen Proletariats und er bleibt eS für alle Zeiten! Berlin . 18. März. Ernst KreowSki. 1 Tji.Glocke, Berlin . Druck" Vorwärts Buchdr. u. Verlagscmstal arbeiterfeindlichen Gesetzentwurf sowie die lauen AbänderungS- Vorschläge mit ihrer Scheinfreundlichkeit für?ie Arbeiter bis zu- letzt aufs schärfste bekämpfte, wurde der Gesetzentwurs in seiner nunmehrigen abgeänderten Faffung bei der Kammerdebatte� vom sozialdemokratischen Fraktionsrcdner, Genossen Tal, als in seiner jetzigen Gestaltung verbcsserungsfähig erklärt I Noch schär/er in Gegensatz zu den Anschauungen des Komitees trat der zweite Fraktionsredner, Genosse Schaper, dessen Stellung schon längere Zeit als eine dem abgeänderten Entwürfe freundliche bekannt ist, und Troelstra erklärte, er sei Ehrlich- keits halber verpflichtet, einzugestehen, daß nach seiner Meinung seit der Abänderung des Entwurfs die Agitation gegen ihn eine andere Richtung hätte einschlagen müssen. Zudem habe die sozial- demokratische Fraktion mit der Agitation gegen das Gesetz nichts zu schaffen gehabt, also liege für sie kein Hindcrungsgrund vor, eventuell für eine Verbesserung des Entwurfes einzutreten. Von diesen Erklärungen machten die bürgerlichen Redner natürlich sofort ausgiebigen Gebrauch. Der Vater des Entwurfs, der Leidener Professor Drukker, nannte die Agitation des Komitees einebös­artige", die von der Partei nur aus agitatorischen Gründen unter- stützt worden sei, usw. 'Genosse Spiekman, Mitglied des Parteiborstandes, sprach Auf Grund der so geschaffenen Situation traten am vergangenen Sonntag die dem Komitee angeschlossenen Organisationen in Utrecht zusammen. Das Auftreten der sozialistischen Kammerfraltion wurde bedauert. Genosse Spiekmann, Mitglied des Parteivorstandes, sprach seine Verwunderung über das Verhalten der Fraktion aus, währen.d oer Vorsitzende des Parteivorstandcs, Genosse W i b a u t, die Kritik über die Fraktion als verfrüht bezeichnete und der Meinung Ausdruck gab: die Haltung der Fraktion könne erst bei der S p e z i a l- Diskussion richtig beurteilt werden. Schließlich wurde eine Protestresolution gegen die Ausfälle auf das Komitee angenommen. Der Parteivorstand schloß sich diesem Protest im Prinzip an, ohne den Wortlaut des Protestes zu billigen. Im Protokoll seiner Sitzung vom 10. März sagt der Parteivorstand zu der Angelegenheit: Er habe von TroelstraS Aeußerungen mit Erstaunen Kenntnis genommen, zumal da Troelstra , solange er Mitglied des Partcivorstandes war(bis zum 21. Mai 1905) und auch später noch als Delegierter der Fraktion im Parteivorstande nichts von seinem abweichenden Standpunlte zu erkennen gegeben habe. InHet Volk" verwahrt sich Troelstra gegen die Aeußerungen de» Partrivorstandes und erklärt, er werde sich zu gelegener Zeit soll heißen: nach dem Abschluß der Verhandlungen über den Gesetzentwurf, also etwa auf dem Partei- tage über die Sache auslassen. AuS der Versammlung des Komitees ist noch zu erwähnen, daß beschlossen wurde, nach Erledigung des Gesetzes das Komitee auf- zulösen und die weitere Wahrnehmung der ihm übertragenen Auf- gaben dem neuen Gewcrkschastsvcrbande zu überweisen. Der Partei- vorstand erklärte sich mit diesem Beschlüsse einverstanden und will die nötige Fühlung mit dem Gewerkschaftsverbande aufrecht er- halten._ Eingegangene Druckschriften. Da» Schulztmmer. 4. Jahrgang 1906 Nr. 1.<Joh. Müller, Char­ lottenburg .) G. W. Schiele, lieber den natürlichen Ursprung der Kategorien Rente. Zins und SlrbeltSlohn.(Hüpede» u. Merzyn, Berlin und Leipzig .) Süddeutsche Monatshefte. Hest 3. Preis pro Jahr 15 M. Quart. 4 M. Einzelh. 1,50 M. Verlag: A. Bong u. Co., Slullgart. Letzte(Vachncbtcn und DcocFcbcn. Ueberschwemmungen. Heydekrug, 17. März.(Wc T. BA Dem Pionier-Dctachement ist es nach tagclanger, mühevoller Arbeit gelungen, zu drei gc- fährdeten Ortschaften im Ueberschwemmungsgrbiet, von denen man bisher keine Nachricht hatte, vorzudringen und Hülfe zu bringen. Die Häuser stehen dort teilweise bi« an dir Dächer unter Wasser. Die Bewohner haben sich mit dem Vieh auf die Böden der höher gelegenen Anwesen geflüchtet. Heute sind große Mengen Lebens- mittel abgesandt worden, um die Bewohner der bis dahin abge- chlossenen Gemeinden, die zum Teil unter Hunger zu leiden haben, mit dem nötigsten Proviant zu versehen. Eine Verbindung mit entfernt liegenden Anwesen hat infolg« des hohen Packeises auch jetzt noch nicht erzielt werden können. Der sranzlfische vergarbeiteransstand. LrnS, 17. März.(B. H) Di« Zahl der ausständigen Gruben- arbeiter wird auf 3ZV00 bis 35 000 veranschlagt. Die Aus- ständischen haben an verschiedene» Orten die Arbeitswilligen ver- hindert, die Arbeit aufzunehmen. Jin Laufe einer Arbeitervcrsmnm- hing wurde beschlossen, bei dem Minister des Innern eine Audienz nachzusuchen und ihm solgende Forderungen zu unterbreiten: Acht Stunden Arbeit, acht Stunden Schlaf, acht Stunden Freiheit und acht Frank Lohn. Eine erste Kommission besichtigte die verschiedenen Gruben, um hygienische Maßnahmen zwecks Verhütung einer Epidemie zu treffen. Ter Minister des Innern begab sich heute in eine Arbeitervcrsammlung, wo er eine Unterredung mit Arbeiter- delegierten hatte, denen er versprach, keine Truppen nach dem Aus- standsgebiet zu entsenden, unter der Bedingung, daß keine Attentat- gegen die Arbeitsfreiheit und das Eigentum erfolgen und die Ruhe aufrecht erhalten werde. Er schloß mit den Worten:Beweist, daß Ihr der Republik würdig seid,»vclche zum erstenmal keine Truppe» nach dem Ausstandsgebiet entsendet." Tie Lohnforderungen der ausständigen Bergarbeiter. LenS, 17. März.(SB. T. B.) Tie Delegierten der Berg- arbeiter einigten sich heut« dahin, rinen Tagesloh» von 7 Frank 18 Centimes zn fordern. Auf dieser Grundlage werden die 24 De legierte», die sich morgen mit den Deputierten Basly und Lamendri nach Paris begeben, zu verhandeln haben. Studentenunrnhen. Barcelona , 17. März.(W. T. B.) In der Uiiiversilät wurden heule von katalanischen Studenten SluSfchreitungrn brgaiigcn, die das Einschreiten der Polizei nötig machten. Der Rektor hat im Einverständnis mit dem Gouverneur die Einstellung der Bor- lrsuiigtn angeordnet. Die Universität ist geschloffen worden. Ueberfall. Athen , 17. März.(Meldung derAgence Havas".) Eine bulgarische Bant« drang unter Führung eines Rumäniers in tos griechische Torf Risfi Caza Brrria ein, tötete zwei Einwohner und steckte 26 Häuser in Brand. Auch in dem Dorfe Lmnista wurde ein Einwohner getötet. Wassersnot überall. Antwerpen , 17. März.(B. H. ) Im Ueberschwemmungsgebict herrscht große Not. J» Castel sind 2000 Personen obdachlos. Mehrere Ortschaften sind noch vollständig unter Wasser. Die Ein- wohner müssen mittels Kähnen verproviantiert werden. In Merzacke sind zehn Häuser, deren Fundament unterspült war. eingestürzt. In Hamme sind 50 Einwohner in das Rathaus geflüchtet, wo sie vorläufig ihre Wohnung aufgeschlagen haben. In Rußland allesruhig". MoSkau , 17. März.(Meldung der Petersburger Telegraphen- agentur.) Seit gestern wird der Bahnhof der Eisenbahnstrecke nach Kasan und seit heute die Fabrik Adritoffow militärisch bewacht. Attentat auf Polizeibeamte. Belostok, 17. März.(Meldung der Petersburger Telegraphen- agentur.) Heute früh wurden im Zentrum der Stadt von einer Volksmenge, die einige fünfzig Revolverfchüffr abfeuerte, ein Polizei- tommissar getötet und ein anderer schwer vrrletzt. !i Co., Berlin SW, Hierzu(iBrilagen.