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Nr. 66. 23. Jahrgang. 1. WIM des JroW Ktllim WdsM Dienstag, 26. Mär; 1966. k<eickstag. 70. Sitzung, Montag, den 19. März, H Uhr. Am BundeSratStische: Erbprinz von Hohenlohe. Präsident Graf Ballestrcm: Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, habe ich eine schmerzliche Pflicht zu erfüllen. Der Reichs- tag hat einen großen Verlust erlitten. Wie Ihnen bereits bekannt, starb vorgestern abend unser hochverdienter Direktor, Geheimer Rc» gierungSrat Knack im 63. Lebensjahre. Mehr als SV Jahre hat er dem Vaterland« und seinem Kaiser und König treu gedient. 34 Jahre lang war er in der Verwaltung des Reichstages tätig, davon über Jahre als dessen erster Beamter. Wir alle, ganz be. sonders meine Herren Vorgänger im ReichStagSpräsidium und ich, haben die Hingebung und Pflichttreue kennen und schätzen gelernt, mit welcher der Entschlafene bis zu- dem Augenblick, wo ihn die Krankheit niederwarf, rastlos gearbeitet hat. Stets war er in liebenswürdigster Weise bereit, jedem, der ihn darum anging, mit seinem reichen Wissen und seiner großen GeschäftskenntniS zu dienen. Er hat sich damit in unserem Herzen ein unvergängliches Denkmal gesetzt. Wir werden sein Andenken stets in hohen Ehren bewahren. Meine Herren! Sie haben sich zum Gedächtnis des Verstorbenen erhoben. Ich konstatiere dies. Hierauf tritt das Haus w die Tagesordnung ein. Zunächst wird der dritte Nachtragsctat für IVOS(Deutsch  . Ostafrika  ) in dritter Lesung ohne Debatte angenommen. ES folgt die dritte Lesung des vierten Nachtragsetats für IVOS. (Südwestafrika). Abg. Ledebour(Soz.): Ich möchte anläßlich der dritten Lesung die Regierung bitten. unS einmal Auskunft über den Stand des Krieges in Südweftafrika zu geben, da sie das in der ersten und zweiten Lesung versäumt hat. Nach den Zeitungsmeldungen ist der letzte Hottentottenführer, von dem«in ernsthafter Widerstand erwartet werden konnte, ge» nötigt worden, auf englisches Gebiet überzutreten. Soll nun die Eisenbahn von Lüdcritzbucht nach Kubub, die nach den Erklärungen der Parteien nach der zweiten Lesung hauptsächlich dem Transport von Kriegsmaterial dienen sollte, noch fertiggestellt werden? Wir hatten gleich damals darauf hingewiesem, daß es nach dem bis» herigen Verlauf des Krieges nicht anzunehmen sei, daß nach Fertig» stellung dieser Bahn noch«ine Kriegführung in großem Maßstabe notig sein werde. Wenn man sich auf die ZcitungSmeldungen auch nicht unbedingt verlassen kann, so scheint jetzt doch die Widerstands- kraft der Hottentotten völlig gebrochen und die Bahn, die für die ÄriegSführung gefordert und nur für die Kriegsführung bewilligt wurde, überflüssig zu sein. Ich bitte also um genaue Auskunft über den Stand des Krieges. Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch eine sonderbare Be- merkung in dem Werk«, das der Genevalstab über diesen Krieg ver- öffentlicht hat, zur Sprache bringen. In dem Bemühen, klarzu- stellen, welche Aufopferung und Tapferkeit im Ertragen von Strapazen die deutschen Truppen zur Erfüllung ihrer schweren Rufgabe aufwenden mußten, wird auch was durchaus an­erkennenswert ist darauf hingewiesen, daß die Gegner, mit denen wir zu kämpfen hatten, keineswegs zu unterschätzen seien: in dem Bemühen, die Kriegstüchtigkeit unserer Gegner herauszustreichen, ist aber meiner Ueberzeugung nach der Gencralstab zu weit ge- gangen: er vergleicht die Kriegstüchtigkeit der Herero  » mit denen der Buren und führt au»:Unsere Gegner standen an Gewandt- heit und Schießfertigkeit den von den Engländern bekämpften Buren nicht nach. An kriegerischer Tüchtigkeit und Entschlossenheit im Angriff übertrafen sie diese sogar bei weitem." Wenn das wahr ist, müssen den Herren vom Generalstab Tatsachen bekannt geworden sein über die Vorgänge in Südwestafrika, die bisher noch in den weitesten Kreisen unbekannt sind. Denn nach dem, was früher von feiten der Buren und der Engländer und auch von deutschen Offizieren, die auf einer der beiden Seiten gekämpft haben über die Kriegsführung der Buren mitgeteilt worden ist, ist der Vergleich absolut ungerecht. Wenn er richtig wäre, wäre eS uns auch nicht so leicht gelungen, die HereroS zu unterwerfen. Die Verluste in den Gefechten auf deutscher Seite sind unvergleichlich geringer als die Verluste der Engländer gegenüber den Buren. Da- bei sind die Engländer von vornherein mit weit überlegenen Truppen ins.Gefecht gerückt und haben fortwährend Schlappen er- litten, bis sie über«ine mehrfache Uebermacht verfügten. Niemals ist von der Angriffskraft der Hereros ein solcher Beweis bekannt geworden, wie die Erstürmung der Majubaberge durch die Buren. Wenn jene Behauptung des GeneralstabeS nicht absolut auS der Lust gegriffen ist und einfach als Phrase betrachtet werden soll, obwohl sie vom Generalstab kommt, muß sie durch neue Tatsachen gerechtfertigt werden. Ich möchte bitten, die Tatsachen, auf die sich da» Urteil gründet, unS jetzt oder bei späterer Gelegenheit mit- zuteilen, sonst hätte sich der Generalstab eine Blamage zugezogen, die wir ihm niemals zugetraut hätten.(Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten.) Ich möchte schließlich hier noch eine Frage anschneiden, deren Beantwortung ich schon in der Kommission m, geregt habe. In Windhuk   ist nämlich eine Burenverschwörung entdeckt worden; die Verschwörer sind verurteilt worden und liegen, soviel ich weiß, im Gefängnis. Mir ist nicht bekannt geworden, daß über diese er- siaunlichen Vorgänge irgend welche Auskünfte seitens der Re- gierung gegeben sind. Ich halte solche durchaus für notwendig. Man vermutet ich weiß nicht, ob diese Vermutung richtig ist, daß diese Buren zu den sogenannten National ScoutS das letztere Wort heißt eigentlichKundschafter" gehören, d. h. zu denjenigen Buren, welche sich auf englische   Seite hinübergeschlagen haben und für die Engländer Kundschasterdienste im Burenkriege leisteten. Ich halte es für durchaus notwendig, daß wir über diese Fragen von der Regierung ein« möglichst zuverlässige Auskunft er- halten.(Beifall bei den Sozialdemokraten.) Oberst Deimling: Herr Abg. Ledebour wünscht Bescheid über die augenblickliche Lage. Ich komme dem um so lieber noch, als große Unklarheit in dieser Frage herrscht und als Stimmen laut geworden sind: wir sollten doch unsere Truppen aus dem Hererolande zurückziehen. Ich beginne meinen Bericht mit dem Norden. Im Norden,«it Ovambolande, hat sich überhaupt nur ein einziger Häuptling gegen uns erhoben. ist aber blutig zurückgeschlagen worden. Alles«st dort ruhig und wir verfolgen den Grundsatz: quieta non movere!(WaS ruhig ist, soll man nicht aufrühren.) ISüdlich von den OvamboS wohnen bekanntlich die HereroS, die auf etwa kOV OOO Köpfe und darunter 6- bis 7000 OrlogS, d. h. Krieger, zu schätzen sind. Die HereroS sind besiegt, eine Anzahl ist nach dem Mgamisee entflohen und steht dort einschließlich ihres Häuptlings Maherero unter englischer Polizeiaufsicht. Andere HereroS sind Arbeiter in den englischen Kapminen, wieder andere kämpfen in den Hottentottenheeren gegen unS. Wir haben im ganzen 10 700 HereroS gefangen genommen, darunter 2800 OrlogS: aber sie haben, das ist da» Bedenkliche, nur 600 Gewehre abgeliefert. Wieviel HereroS noch auf deutschem Gebiet in Freiheit sind, läßt sich nicht kontrollieren; sie leben von eßbaren Knollen und von gelegentlichen Viehdiebstählen. Man hat daher jedem Farmer eine kleine Besatzung gegeben, be- stehend auS einem Unteroffizier und fünf bis sechs Mann, meist Rekonvaleszenten. Im ganzen kann der Hereroaufstand als nieder- geworfen gelten. Dennoch müssen wir die zehn Kompagnien, sechs Geschütze und zwei Maschinengewehre im Hererolande lassen. Nie- mand wird diese Besatzung zu stark finden, der bedenkt, daß doS Land dreiviertel so groß wie Deutschland   ist und daß den HereroS noch genug Krieger und Gewehre znr Verfügung stehen. Ich komme nun zum Hottentottengebiet. In der nördlichen Hälfte desselben kann der Aufstand ebenfalls als niedergelegt gelten. Wir haben hier 2600 Gefangene gemacht, darunter 830 OrlogS. Abgegeben sind nur 300 Gewehre. Es ist leider ein alter Brauch der Hottentotten, daß sie Gewehre nur so weit abgeben, als sie minderwertig sind l Die guten Gewehre aber und die Munition vergraben sie, um sie zu geeigneter Zeit wieder auszugraben! Deshalb wird es niemand zu hoch halten, daß wir sechs Kompagnien und acht Geschütze, im ganzen 1200 Mann in diesem Gebiete, das ein Drittel so groß wie Deutschland   ist. haben. Im Süden des HottentotteugebieteS ist der Aufstand leider noch nicht beigelegt. Hier steht der Stamm der BondcldzwartS unter dem Häuptlinge M o r e n g a. Sie dürfen sich den Morenga nicht als gewöhnlichen Kaffernhäuptling mit Ringen durch die Rase und durch die Ohren vorstellen. Er trägt vielmehr einen eleganten englischen Reiteranzng, spricht holländisch und etwas deutsch  . Er war früher Arbeiter in der Kapkolonie  , hat dort viel Geld verdient und sich damit aus deutschem Gebiete eine Farm gekauft. Er ist ein echter Rinaldo Rinaldini, der auch wie dieser Züge von Edel inut zeigt. Einen» deutschen Farmer, dem er all sein Vieh geraubt hatte, schenkte er 600 M.. damit er sich ein Billett erster Kajüte nach Deutschland   kaufen könnte.(Heiterkeit.) Einem Hauptmann, dem er Pferde und Esel weggenommen hatte, schrieb er einen Brief, er solle dochseine Pferde besser füttern, so magere Tiere könne ernicht gebrauchen. (GroßcHeiterkeit.) Ein schöneres Leben als daS Räuberleben unter diesem Manne könuen sich die Hottentotten gar nicht wünschen. Im November 1904 hatte er schon 300 Gewehre um sich versammelt. AlS ich ihn im März 1905 aus den KarraSbergen hinauswarf, mußte ich ihn schon auf 6- bis 800 Gewehre schätzen. Jetzt steckt er in den Oranjebergen, jenem dolomiteuartigen Grenzgebirge, welches sich auf beiden Seiten des OranjeflusseS hinzieht. Ein schwierigeres Gelände für unsere an greifenden deutschen Truppen kann mau sich gar nicht denken. Die Gunst der Lage für Morenga wächst aber dadurch, daß der Fluß die Grenze ?egen das englische Gebiet bildet nnd daß die Engländer dort nur wwache Polizeitruppen auS Schwarzen haben und daher auch bei bestem Willen einen gelegentlichen Uebertritt MorengaS   auf ihr Ge biet nicht verhindern köniien. Auf englischem Gebiet wohnen auch Hottentotten, also seine eigenen StamineSaenossen, die ihn jederzeit unterstützen können. Major v. Esdorf, ein alter, außerordentlich tüchtiger Afrikakämpfer, steht dort mit 13 Kompanien. 16 Geschützen und 6 Maschinengewehren. In der Zeit vom S. bis zum 13. März känipfte er gegen Morenga, leider ohne ihn zu fassen. Niemand tr ifft eine Schuld dafür; denn Hottentotten gefangen zu nehmen, das ist so, als wenn man Wasser mit der Hand schöpfen will, oder auch, verzeihen Sie mir das Wort, als wenn man Flöhe in einen Sack hineintun will.(Große Heiterkeit.) Der Hottentotte ist ein geborener Reiter, ein geborener Jäger. Das Leben unter Morenga ist für ihn wie geschaffen. Jetzt kann er reiten, schießen, Vieh stehlen, ah und zu eine Proviautlolouue über fallen, wobei er Reis, Schnaps, Tabak bekommt. Sonst führt er ein elendes Leben, er hat kein Lai d. Ich muß ab und zu darüber lächeln, wenn ich höre, wie man hier von demLande" und den Rechten" der Hottentotten spricht. Sie sind Leibeigene, die kein Ochsenfleisch, sondern die Ochsenpeitsche zu spüren bekommen. Dauernder Friede im Süden ist nur durch den Bahubau bis Kectmanshoop zu erreichen. bannt den Truppen Proviant zu geführt werden kann. Jetzt steht die Truppe am Oranje, wo ihnen die Engländer Gott sei Dank die Verpflegung hinbringen. Würden sie vom Oranje weggehen, so müßten sie verhungern. Ich komm« nun noch einmal auf den Zahlennachweis über die Zahl der Truppen zurück, die draußen stehen und die wir nicht tthtvächen können. Im Süden stehen 1800 Mann und noch 700, welche Stationen besetzt halten, um die Ostgreiue gegen das eng­lische Gebiet abzusperren: gegen die HereroS   stehen 1000 Mann und im nördlichen Hottentottenland 500. also im ganzen 3500 Mann. Sie werden fragen, wo denn die anderen sind, da ja im ganzen 14 000 Mann draußen find. Nun, zunächst ist eine ganze Anzahl Nicht-Kombattanten, im ganzen 6200 Mann. Dann gehen Kranke und Verwundete ab. das waren im vorigen Monat 1575 Köpfe. Etwa 3200 Mann sind für die Sicherung der rückwärtigen Ver- bindungen zu rechnen. Durch den Bau der Eisenbahn würde eine Menge der SicherunaStruppen überflüssig werden. Also ein Viertel von den 1t 000 Mann wird unmittelbar gegen den Feind verwendet und drei Viertel sind da, damit da» eine Viertel kämpfen kann. DaS ist übrigen» in allen Kolonialkriegen so. Die Engländer hatten im Burenkrieg 250 000 Mann, wovon gegen den Feind 70 000 standen. Man hat diese Notwendigkeit treffend auchdie strategische Schwindsucht" genannt. Napoleon   ist auf seinem Zuge nach Moskau   zugrunde gegangen, weil auch er sich durch die Sicherung der Etappenstraße so sehr schwächen mußte. ES ist kein Mann zuviel in Afrika  , ich habe da» am eigenen Leibe verspürt; denn stets war ich bei den schweren Kämpfen in Afrika   an Zahl unterlegen. Die Lage ist so: Im Süden ist noch der volle Stu, stand im Gange, im Norden des HottentottenlandeS und im Herero- land ist der Aufftand niedergeworfen, aber der Funke glimmt noch unter der Asche. Gewehre sind genug vorhanden und auch Männer, um sie zu bedienen: es bedarf nur des Luftzuges, um den Funken zur Flanime anzublasen. Auch dieser ist vorhanden, das ist die Stiopische Bewegung. Wir dürfen deshalb die Besatzung nicht schwächen; ein Wiederauflodern des AufstandeS wäre die Folge. Hunderte von Millionen würde das kosten, um jetzt ein paar Millionen zu sparen. Die Budgetkommission ist dazu ge kommen, 15 Millionen von der Forderung der Regierung zu streichen. Aber vom grünen Tisch auS können wir nicht beurteilen, wann die Truppen zurückzuziehen sind. Ich verstehe, daß Sie, die das Jnteresie der Steuerzahler zu wahren haben, den süd afrikanischen Aufstand verfluchen.(Sehr richtig! bei den Soziall demokraten.) Aber er hat uns doch auch Vorteil« ge bracht auf ideellem Gebiete. Er hat der Welt gezeigt, daß man in der Armee noch für daS Vaterland und den Kaiser zu sterben versteht. Vielleicht hat uns das mehr genützt als wir ahnen. Weiter ist der Aufstand eine sehr gute Schule für die Armee!! Und auch davon wird die ganze Nation ihren Segen haben, daß tausende junger Männer über das Meer hinausgekommen sind und gesehen haben, daß auch da noch eine Welt existiert. Ich stimme dem Abg. Arendt bei. der neulich schrieb, daß von diesem Aufstand eine neue Aera der Kolonialpolitik beginnen würde. Der beste Beweis dafür ist, daß wir uns schon vier Wochen darüber unterhalten. Ich sage noch einmal: für die Südweftafrika- kämpfer alles, Treue um Treue!(Bravo  ! rechts.) Der Vergleich der Hottentotten mit den Buren sollte wohl nur besagen, daß unsere Gegner in Südwestafrika vielfach Initiative gezeigt haben, offensiv vorgegangen find. So haben sie in einem Gefecht das Hauptquartier vier- bis fünfmal angegriffen und schwer bedroht, in einem anderen Gefecht mußten sie im Kampf um die Geschütze Mann gegen Mann zurückgeworfen werden. Solche Szenen werden Sie aus dem Burenkrieg schwerlich finden. Stellvertretender Kolonialdirektor Prinz Hohenlohe! Die Frage nach dem Burenkomplott kann icki   provisorisch nur dahin beantworten, daß eS sich nicht um eine große Verschwörung, sondern um die Ver- abredung mehrerer Buren handelte: eine deutsche   Proviantkolonne zu überfallen. Ich komme beim Etat für Südwestaftika noch darauf zurück. Abg. Ledebour(Soz.): Die Bemerkung des Obersten v. Deim- ling über Morenga als Rinaldo Rinaldini erinnert doch recht leb» Haft an die Lieder des alten Schartenmeyer.(Heiterkeit.) Das Ernsthafte ist nur, daß wir nach Herrn v. Deimlings Ausführungen noch zwei bis drei Jahre lang 14 000 Mann in Südweftafrika hatten müßten; denn er sagte, wir lvürdcn Morengas   nicht eher Herr werden, als bis wir die Bahn nach Keetmanshop gebaut hätten. Nun erfordert schon die Bahn nach Kubub bis zu ihrer Fertig- stellung etwa acht Monate, die Strecke nach Keetmanshop ist aber etwa doppelt so lang. DaS muß für das deutsche   Volk ungeheuer kostspielig werden. Deshalb halten wir eS für dringend geboten, den Weg friedlicher Verständigung mit Morenga zu suchen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) ES ist nicht ausgeschlossen, daß wir Morenga und seine Hottentotten durch friedliche Verhandlungen zur Unteriverfung bringen. Ver- schieden« andere Stämme haben sich schon unterworfen, und Morenga war sehr geneigt, aus Verhandlungen einzugehen. eS ist' ja sogar mit ihm ein Waffenstillstand geschloffen worden. Morengas  Loyalität und außerordentlich hohe Menschlichkeit erkannte ja neulich auch Oberst v. Deimling an. Morenga ist also eine Persönlichkeit, mit der man ernsthaft verhandeln kann. Ich verstehe es daher gar nicht, wenn Oberst v. Deimling sagt, wir würden mit ihm nicht eher fertig werden, als bis er tot ist. Wie kann man als Mensch mit moralischen Empfindungen den Tod des Feinde» sich direkt als Fiel setzen und den Gegner, den man selbst als einen ehrlichen Gegner anerkannt hat. lvie ein lvildeS Tier verfolgen I(Sehr gut l bei den Sozialdemolraten.)--- Zu dem Generalstabsurteil über die Buren hat Oberst v- Deimling selbst eine Bemerkung gemacht, die alles, was über die außerordentliche KriegStüchtigkeit der HereroS angeführt worden ist, widerlegt. Er sagte nämlich: er selbst sei stet» Sieger über eine doppelte Uebermacht der HereroS geblieben. Alles was hier gesagt worden ist, ist also nicht geeignet, die unglaub- ttche Behauptung des GeneralstabeS zu begründen. Oberst v. Deimling sprach von den außerordentlichen Vorteilen dieses Krieges für das deutsche   Volk: Da habe sich gezeigt, daß es noch Ideale besitze! Nun, wir haben auch welche(Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten), nur daß sie nicht so minderwertig sind wie die Ihrige». Denn was haben Sie als Ihr Ideal angegeben? Dieser Krieg sei eine ausgezeichnete Schule für einen vielleicht notwendigen großen Kampf. Auch die Franzosen haben vor 1870 die Kolonialkriege immer als ausgezeichnete Kriegsschule betrachtet. ES hat sich aber herausgestellt, daß gerade diese Art der Kriegführung gegen die Araber für Kriege gegen Europäer   schädlich'war. Kolonialkriege haben also nur einen sehr relativen Wert für ein europäisches Heer. Der einzelne Offizier mag einzelnes daraus lernen, aber die Armee wird durch diese Schule nicht leistungsfähiger. Oberst v. Deimling rühmte weiter: Ganz Deutschland   habe durch diese Ausfahrt einer Anzahl junger Männer erfahren, daß es noch Länder außerhalb Deutschlands   gebe. Ist denn dem Obersten v. Deimling nicht bekannt, daß jahraus, jahrein zahllose Deutsche  in die ganze Welt hinausgehen? DieErfahnmgen". die hier als neues Ideal aufgeblüht sind.(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten) bedeuten im vergleich zu den sonstigen Welterfahrungen von Deutschen   in anderen Ländern gar nichts. Es ist ja sehr be« daucrnswert, wenn deutsche Soldaten in diesem Kriege darben mußten. Aber in Deutschland   müssen Hunderttausende, ja viele Millionen jahraus, jahrein noch mehr darben. Millionen von Meiischen sind hier im Lande in einer Lebenslage, die ihnen nicht das zur normalen Ernährung notwendige Existenzininimum sichert.(Lachen recht«.) Diese Vcrhaltniffe sind noch verschlechtert worden durch die Verteuerung der Lebensmittel zu Ihren Gunsten, was Sie(nach rechts) zweifellos auch sehr amüsiert.(Erneutes Lachen rechts.) Aber daß Sie sich darüber freuen, daß diese Aermsten Ihre Klassen- genossen noch füttern müssen, das zeugt nicht von Idealismus, sondern nur von Ihrer grenzenlosen Gefühllosigkeit.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten. Lachen rechts.) Damit schließt die Beratung; der RachtragSetat wird bewilligt. ES folgt der Etat für Kamerun  . Damit verbunden ivird die Borlage betreffend Uebernahine einer Reichsgarantie für die Eisenbahn von Duala nach den Manen- gubabergen. Abg. Erzberger(Z.) begründet eine Resolution, die um Vorlegung eines Gesetzentwurfes ersucht, durch welchen unter Abänderung des SchutzgebictgesetzeS vom 25. Juli 1000 daS Verordnungsrecht ein­geengt und die Mitwirkung der Reichsgesetzgebung in der den Ver- Haltnissen der Schutzgebiete entsprechenden Weise erweitert wird. Gegenwärtig ist der Reichstag   in bezug auf die Kolonie» lediglich eine GeldbclvilligungSmafchine. ES liegt auch im Interesse der Regierung, dem Reichstage nicht nur von den Gesetzen Kenntnis zu geben, sondern seine Mitwirkung vor Erlaß der Gesetze zu ennög- lichen, um die Beranlwortlichken auch dem Reichstag« an feinem Teile zu überlassen. Auch läge eS im Interesse der Kolonien, weil eS zweifellos ist, daß be» Mitwirkung de» Reichstages die Kolonialgesetze besser werden würden. Wenn man ferner auf dem Standpunkt der Selbstverwaltung für die Kolonien steht, so wird man dieser Selbstverwaltung einen reichsgesetzlichen Hinter- grund geben müssen. Was schließlich das VerordnungSrecht der Gouverneure anlangt, so kann man den Gouverneuren jedenfalls den einen Vortvurf nicht machen, daß sie zu sparsam init Ver« ordnungen gewesen wären.(Heiterkeit.) ES existienn in den Kolonien nicht weniger als 1906 Verordnungen. (Zuruf: Und das im Jahre 1906! Heiterkeit.) Weite Kreise halten einen großen Teil dieser auf dem Verordnungswege geschaffenenGesetze" für ungültig. Unser Antrag gibt aber zu, daß den Gouverneuren ein weit größerer VerwaltungS-Spielraum gegeben werden muß als den Behörden im Mutterlande. Die Reichsgcsctze ohne weiteres auf die Kolonien zu übertragen, geht schon deshalb nicht, weil man sonst für diese noch viel mehr Reservatrechte schaffen müßte, als für Bayern   und Württemberg   bestehen. Aber es gibt eine Reihe von Fragen, die der Reichstag   in nächster Zeit schon gesetzlich regeln könnte, ohne den Vorwurf auf sich zu ziehen, er wolle die Kolonien ebenso vom grünen Tische auS regieren, wie eS bisher die Kolonialvettvaltung getan hat. g. B. die Schutz- gebietS-Angehörigkeit ist eine Frage, die reichsgesetzlich geordnet werden muß. Nach meiner Ansicht müsse diese Schutzgebiets- Angehörigleit in erster Linie den Christen unter den Ein- geborenen gegeben werden. Der Strafvollzug in den Kolonien leidet darunter, daß man sich zu schnell entschließt, jemand 25 Hinte» aufzuzählen. Da« ist ein wunder Punkt! Auch mit dieser Frage sollte sich der Reichstag grundsätzlich beschäftigen.(Beifall im Zentrum und links.) Erbprinz zu Hohenlohe: In bezug auf die Zuständigkeit der Kolonialbehorden haben sich im Laufe der Zeit verschiedene Ansichten geltend gemacht. Welche Gebiete sich für die Gesetzgebung, welche für den Weg der Verordnung eignen, ist eine schwierige Frage, über die eS kaum möglich sein wird, sich jetzt auszusprechen. Auf die wichtige Frage der Staatsangehörigkeit ivird wohl die ReichSgesetz- gebung Anwendung finden können. Abg. Kopsch(frs. Vp.): Der jetzige Zustand der Rechtlosigkeit in unseren Kolonien ist auf die Dauer unhaltbar. Kamerun  , das als eine unserer wertvollsten Kolonien bezeichnet wird neben Togo. erfordert dauernd Zuschüsse, in diesem Etat 3'/« Millionen. Da sollte man erwarten, baß wenigstens die Verwaltung einwandfrei ist. Aber gerade die Verwaltung von Kamerun  istberühmt" wegen der andgUuOiden Klagen über sie. Hauptsächlich fordert die Verurteilung der 39 Akwahäuptlinge zu sieben und neun Jahren Gefäugm» mit Zwangsarbeit zur Kritik heraus. Wie war es möglich, daß in dieser Weise der Beschuldigte sich zum Richter macht«?Niemals hat irgend ein Land in Europa   derartiges ghtan", schreibt ein schwarzer Missionar