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Dr. 74.

23. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Bonerstag, 29. März 1906.

Reichstag.

77. Sigung. Mittwoch, den 28. März, nachmittags 1 hr. Am Bundesratstische: Niemand.

Ein Schreiben des Abg. Fusangel( 3.), in dem dieser auf feine Immunität für den gegen ihn beantragten Manifestations­prozeß verzichter, wird der Geschäftsordnungskommission überwiesen. Auf der Tagesordnung stehen Wahlprüfungen. Auf Antrag des Abg. Wellstein( 8.) werden erst diejenigen Wahlen vorgenommen, zu denen feine Wortmeldungen vorliegen. Die Wahlen der Abgg. Wessel( natl.)[ Bernburg ], Rettich ( f.)[ 1. Medlenburg- Schwerin ]. Frhrn. b. Hodenberg ( Welfe) [ 14. Hannover ], b. Kardorff( Rp.)[ 3. Breslau ], Dr. 2ucas( natl.)[ 8. Staffel] werden nach dem Antrage der Wahl­prüfungskommission ohne Debatte für gültig erklärt.

Ueber die Wahlen der Abgg. Dr. Wallau( natl.) [ 3. Hessen ], Brüschenk v. Lindenhofen( Rp.)[ 1. Merse­ burg ), Hagemann( natl.)[ 4. Erfurt ] beantragt die Wahl­prüfungsfommission Beweiserhebungen. Das Haus beschließt fo. Die Wahl des Abg. Zimmermann( Ant.) im Wahlkreise Bidjopau- Marienberg beantragt die Kommission für gültig zu

erflären.

Abg. Geyer( So3.): In einem Schreiben an das sozialdemo­fratische Wahlkomitee in Bichopan hat der Amtshauptmann feine Ansicht dahin ausgesprochen, daß diejenigen Wähler, die am Tage der Wahl in dem betreffenden Bezirke nicht mehr wohnten, in welchem sie in der Wählerliste stehen, ihr Wahlrecht verloren hätten. Da her sei der Wahlvorstand verpflichtet, Wähler, die auf diese Weise ihr Wahlrecht verloren hätten, trob ihrer Aufführung in der Liste von der Wahl zurückzuweisen. Infolgedessen ist eine große Anzahl von Wählern bei der Wahl zurückgewiesen worden. Bählt man diese Wähler den Stimmen des sozialdemokratischen Kandidaten hinzu, so würde das Ergebnis ein anderes gewesen und eine Stich ivahl nicht zustande gekommen sein. Ich konstatiere deshalb, daß, wenn die Kommission auch Gültigkeitserklärung beantragt, die Wahl in der Tat ungesetzlich zustande gekommen ist. Es liegt ein gewisses System in diesen Gesezesverletzungen, die von Beamten ausgehen. ( Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Abg. Bruhn( Ant.): Auf alle Fälle hat Herr Zimmermann noch eine Mehrheit von sieben Stimmen, auch wenn die Stimmen aller Wähler, die zurüdgewiesen sind, dem unterlegenen Kandidaten zugezählt werden.

Hand, daß nicht wenigstens 10 Wähler infolge der Verfügung den beeinflussung vom preußischen Ministerpräsidenten, der sich im Gang zur Wahl gescheut haben? Das kann niemand behaupten, He rrenhause ausdrücklich gegen die Wahl eines sozialdemokratischen I und Sie können daher die Wahl nicht für gültig erklären.( Bravo ! Kandidaten ausgesprochen hat, indem er die Konservativen ermahnte, links.) fie sollten ihren Einfluß beim Bund der Landwirte ausüben, daß Abg. Merten( frs. Vp.): Auf Beschluß der Wahlprüfungs- dieser seinen Kandidaten zurückziehen möge, um dem Kandidaten der Wenn irgendwo tommission ist die Wahl in der Gemeinde Kemptau zu tassieren, bürgerlichen Bartzien zum Siege zu verhelfen. weil dem Gesetz zuwider neue Wählerlisten aufgestellt sind. Weiter der Begriff der amtlichen Wahlbeeinflussung zutrifft, so in steht fest, daß zufolge der Aeußerung des Bezirksamtmannes eine diesem Falle, wo der Ministerpräsident in eine Wahl unter große Zahl von Wahlvorstehern Korrekturen in den Wählerlisten Nennung des Wahlkreises eingegriffen hat. Er hat allerdings den borgenommen haben. Das ist nach Abschluß der Liste nicht zu- Namen des Abg. Bassermann nicht erwähnt, aber es gab niemand lässig, denn sie ist eine amtliche Urkunde.( Sehr richtig! links.) im Deutschen Reiche, der nicht gewußt hätte, men er gemeint hat. Diese Wahl ist daher gar nicht auf Grund einer Wählerliste zu Als im Kreise Altenburg der Minister in einer Versammlung, nicht stande gekommen, sondern auf Grund eines Fragments einer in seiner Eigenschaft als Minister, sondern als fonfervativer Partei­Wählerliste. Wohin sollte es führen, wenn einem Bezirksamt genosse, ein halbes Jahr vor der Wahl den Konservativen den Mat mann die Befugnis eingeräumt wird, nach einer Privatmeinung gab, sich einen besseren Kandidaten zu suchen, da haben Sie erklärt, Aenderungen an der Wählerliste vorzunehmen und zu prüfen, ob diese Beeinflussung sei ungefeßlich, und ergo haben Sie die Wahl die darin Stehenden wahlfähig sind? Damit wäre der Willfür des Abg. Buchwald taffiert! Im Wahlkreise Frankfurt- Lebus hat Tür und Tor geöffnet.( Sehr richtig! lints.) fich genau dasselbe ereignet, bloß daß der Minister hier als Minister Wir handeln im Interesse der Gerechtigkeit, wenn wir gegen gesprochen hat. Wenn irgendwo der Begriff der offiziellen Kandidatur eine solche Wahl stimmen.( Beifall links.) zutrifft, so in diesem Falle.

Ferner hat der Landrat dieses Wahlkreises öffentlich erklärt, bie Liberalen müßten einen Kandidaten aufstellen, durch den es den ländlichen Wählern nicht so schwer gemacht würde, für den Kandi daten zu stimmen. Auch dies ist dasselbe, wie der Altenburger Vorgang, nur akzentuierter. Im Wahlkreise Frankfurt - Lebus handelt es sich geradezu um ein

Schulbeispiel der amtlichen Wahlbeeinflussung.

Wenn Sie daher dem Beschlusse der Kommission beitreten, so wird man draußen das nicht verstehen, sondern man wird zu der Ueberzeugung kommen, daß der Reichstag die Grundsätze von Recht und Billigkeit im Interesse einer einzelnen Partei gebrochen hat. ( Große Unruhe rechts und bei den Nationalliberalen, Beifall bei ben Sozialdemokraten.)

Abg. Wellstein( 8.): Was der Vorredner dem Ministerpräsidenten vorwirft, find allgemeine politische Betrachtungen in einem Barla­ment. Das Recht, im Parlament für die staatserhaltenden Parteien einzutreten, fann man den Ministern nicht nehmen. beeinflussungen kann da keine Rede sein.

Abg. Wellstein( 3.): Die Eintragung in die Wählerliste ist erforderlich für die Ausübung des Wahlrechts, aber nicht ausschlag­gebend. Wir erklären ja jeden Augenblic Stimmen für uns gültig, obwohl fie von solchen Personen abgegeben sind, die in der Wählerliste standen, zum Beispiel wenn jemand nicht das wahl­fähige Alter hat. Ebenso liegt es, wenn jemand nicht im Wahl­bezirk wohnt; durch seinen Wegzug wird er meines Erachtens nicht mehr wahlberechtigt an dem früheren Wohnort. Der Reichstag hat auch 1889 bereits in diesem Sinne entschieden. Die Wahl ist danach für gültig zu erklären. Abg. Botthoff( frs. Wg.): Es steht fest, daß Wähler zu Unrecht vom Wahlvorsteher zurückgewiesen sind, nach Feststellung der Wahl prüfungskommiffion 47 verzogene Wähler. Zweitens steht fest, daß ungefeßliche Aenderungen in der Wählerliste stattgefunden haben, und daß diese Aenderungen auf die Aeußerung des Bezirks­amtmannes zurückzuführen sind. Diese private Meinung des Be­zirksamtmannes ist weitgehend bekannt gemacht und hat die Wahlvorstände und Wähler beeinflußt in einer Weise, deren Wir­tung zweifellos über die 47 in dem Proteste namentlich aufgeführten Abg. Fischer Berlin Soz.): Ich habe zwar nicht die Hoff­Wähler hinausgeht. Nun handelte es sich überhaupt bloß um nung, daß ich für meine Auffassung die Majorität bekommen könnte, 10 Stimmen, die dem Kandidaten Pinkau zur Mojorität fehlten. darf aber diese Ausführungen nicht unwidersprochen durchgehen lassen. Jede unbefangene Prüfung muß daher zur Üngültigkeitserklärung Ich glaube, daß es eine Zeit gab, wo feine Bartei lebhafteren der Wahl führen.( Beifall links.) Brotest gegen eine solche Stellungnahme erhoben hätte als das Abg. Geyer( Soz.): Man sagt, daß das sozialdemokratische Bentrum.( Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Die Regierung Abg. Singer( Soz.): Nach meinem Dafürhalten handelt es Wahlfomitee im Zweifel über die Auslegung des Gesetzes gewesen hat das Ergebnis der Wahlen abzuwarten, und dann mag sie sich mit fich hier um eine Wahl, die nicht nach schematischer Berechnung ge- sei. Die Sache liegt jedoch anders: Es war meinen Parteifreunden den Tatsachen abfinden.( Sehr wahr! links.) Aber weder der prüft werden muß. Man muß sie vielmehr auffassen unter dem bekannt geworden, daß den Beamten eine falsche Instruktion zu- Minister noch sonst jemand hat das Recht, Einfluß auf die Wahlen Gesichtspunkte, daß es sich um eine fundamentale Verlegung des gegangen ist. Um dies klarzustellen, hat das sozialdemokratische auszuüben. Es ist aber eine Beeinflussung, wenn der Ministerpräsident für zutreffend erachtet werden, wenn in der Tat die ungeseglichen richtet, und auf Grund dieser Anfrage hat derselbe die Erklärung wie Graf Mirbach haben den Wahlkampf in Frankfurt - Lebus berührt. Vorgänge fich nicht auf einzelne Bezirke beschränken und die stom- abgegeben, die dann auch in einigen Amtsblättern veröffentlicht Beide haben nicht erwähnt, daß eine Sonderkandidatur vom Bund anission nicht in der Lage ist, festzustellen, wieviel Wähler durch wurde, so daß die Wahlvorstände sich danach gerichtet haben, soweit der Landwirte aufgestellt ist und daß dadurch die einheitliche Phalang diese Vorgänge getroffen sind. Eine Berechnung ist hier gar nicht sie nicht vorher schon von dieser Auffassung in Kenntnis gefeßt der bürgerlichen Barteien durchbrochen ist. Ich weiß nicht, wie weit möglich. Es ist hier eine Verordnung erlaffen, in der bestimmt waren. Das haben wir festgenagelt, um den Proteft darauf be- Ihr Einfluß reicht, ich möchte Sie aber bitten, wenn Sie solchen tvird, daß die Leute, die nach der Aufstellung der Wählerlisten aus gründen zu können. Infolgedessen habe ich mich für verpflichtet haben, dahin zu wirken, daß schon im ersten Wahlgange eine volle einem Bezirk in den anderen verzogen sind, nicht zur Wahl zu gehalten, zu sagen, daß hier eine systematische Ungesetzlichkeit vor Einigkeit der bürgerlichen Parteien hergestellt wird." gelassen werden. Es ist nun gar nicht zahlenmäßig festzustellen, genommen ist. In Kemptau ist die Wahl tassiert worden, weil Erklärung weist doch alle Merkmale der Beeinflussung auf. Wenn wieviel Wähler sich durch diese Verfügung haben von der Wahl der dortige Wahlvorsteher eine neue Wählerliste aufgestellt hat. sich so die Vertreter der Regierung aussprechen können, dann zurüdhalten lassen. Es ist ja bedauerlich, daß wähler einer un- Gerade dieses Vorkommnis spricht gegen die Auffassung, daß in brauchen wir uns doch über Polizisten, Gendarmen und Land­gefeßlichen Verfügung fobiel Bertrauen schenkten, daß sie sich danach der Wählerlifte Stehende zurückgewiesen werden können. In räte nicht groß aufregen. Das ist die Konsequenz der Dar gerichtet haben, besonders in Sachsen , wo die Behörden schon immer Remptau, wo die Wahl taffiert wurde, hatte unser Kandidat eine legungen des Abg. Wellſtein, wenn es auch nicht seine Absicht eine recht unſchöne Rolle gespielt haben. Dafür, daß sich auch in biel höhere Stimmenzahl als die übrigen zusammen! Wenn nun war, folche Konsequenzen zu ziehen. Es ist auch falsch, was die Sachsen noch Leute finden, die den Behörden das Zutrauen schenken, nachgewiesen ist, daß jene Ungefeßlichkeit im ganzen Wahltreise Gegner über unsere Stellung sagen. Gewiß haben wir bei der daß sie ihre Verfügung auf Grund der Geseke erlassen, kann man vorgekommen ist, so ist es zweifellos, daß die Wahl des Herrn Wahl des Abg. Buchwald den Standpunkt vertreten, daß eine Wahl­diefe doch nicht bestrafen.( Sehr richtig! linte.) Ich bin wirklich 3immermann zu Unrecht zustande gekommen ist.( Beifall links.) beeinflussung erst anzunehmen sei von dem Zeitpunkt an, wo die gespannt, ob auch das Zentrum die Wahl angesichts solcher ungefet. Wellstein bestätigen ja, daß nicht der Wahlkommissar und der Wahl- gebnis ausgeübt ist. Aber gerade alles bas, was die Herren in Abg. Fischer- Berlin ( Soz.): Die Ausführungen des Abg. Wahl ausgeschrieben und wenn ein wirklicher Einfluß auf das Er lichen Eingriffe für gültig erklären wird. 3ch betone nochmals: Hier müßt teine schematische Berechnung, keine Arithmetik, hier heißt hat, ob eine Stimme als gültig oder ungültig aufzufassen ist. rat in Frankfurt - Lebus , der mit Bezug auf den Abg. Bassermann vorsteher, sondern nur der Reichstag die Entscheidung darüber bezug auf Altenburg ausgeführt haben, trifft ja zu auf den Land­es Farbe bekennen. Ueberhaupt sollte man bei ungültigkeitserklärungen die schematische Bezüglich seiner Bemerkung, daß eine Entscheidung des Reichstages Berechnung nicht allein gelten lassen. Der Reichstag hat alle Ur- darüber ergangen sei, daß Wähler, die ihren Wohnsiz verändert fache, dafür zu sorgen, daß das bescheidene Recht des Volkes nicht ristisch, daß die Partei, der Herr Wellstein angehört, gegen eine haben, bei Nachwahlen nicht mehr wählen dürfen, ist es charatte­verfümmert werde. Die Gültigkeitserklärung würde im vorliegen folche Auslegung des Wahlreglements geftimmt und seitdem an den Falle als Parteijustia bezeichnet werden müssen. Wir haben biefem Standpunkte festgehalten hat! Ueberhaupt ist nicht das Wahlen unserer Parteigenossen für ungültig erklärt, weil Gefeßes Wahl gefeß anzuführen, denn es fennt weder den Begriff der in Altenburg messen Sie ihr so viel Wert bei, daß Sie die Wahl Nachwahl, noch der Stichwahl, sondern das Wahlreglement, Voraussetzungen, Grundlagen und Wählerlisten zu gelten haben. und dieses sagt ganz deutlich, daß bei der Nachwahl dieselben An diesen darf keine willkürliche Aenderung stattfinden, dem Wahl­tommissar ist diese Befugnis entzogen und einzig dem Reichstag borbehalten. Aus allen diesen Gründen müssen wir zur Un­Tatsache, daß nur 10 Stimmen an der Mehrheit gefehlt haben, heißt es die Dinge geradezu auf den Kopf stellen, wenn man be­geführten von der Wahl zurückhalten lassen. Diese Garantie fann haupten wollte, es habe sich niemand außer den namentlich Auf­nicht gegeben werden, und deshalb muß die Wahl für ungültig er. klärt werden.( Sehr richtig! links.) lärt werden.( Sehr richtig! links.)

langen, daß gegen andere Parteien ebenso verfahren wird. Ich be­antrage daher, die Wahl für ungültig zu erklären.( Beifall bet den

Sozialdemokraten.)

Abg. Wellstein( 3.): Die Kommission fann nur das Material brüfen; fie fann nicht selbst im Wahlkreise Untersuchungen an­fbellen.

Abg. Geher( Soz.): In der Tat handelt es sich für uns weniger um die paar Stimmen als um das Prinzip, um die ſyſtematiſchen Ungerechtigkeiten. Man hat Arbeiter nicht zur Wahlurne gelassen. obgleich sie dazu berechtigt waren. Das ist der springende Punkt. obgleich sie dazu berechtigt waren. Das ist der springende Bunkt. Hiergegen sollten Kommission und Reichstag auftreten. Deshalb ist mein Genoffe Singer im Recht mit dem Antrage, die Wahl für ungültig zu erklären, da offenbare Verstöße vorgekommen find. Wenn die Kommission sich eine Regel aufstellt, so braucht der Reichs­tag diese nicht gutzuheißen.

Abg. Bruhn( Ant.): Abg. Singer kennt die Vorgänge nicht, wenn er von einer ungefeßlichen Berfügung spricht. Uebrigens hat Zimmermann auch noch die Mehrheit, wenn die Zurückgewiesenen

den Gegnern zugezählt werden.

dies.

Eine solche

gesagt hat, man müsse es der Landbevölkerung leicht machen, den richtigen" Kandidaten zu finden. Das ist doch genau diefelbe Erklärung, wie wie sie der Minister in Altenburg abgegeben diefelbe. hat. Nur die Worte find andere, die Handlungsweise ist In Frankfurt legen Sie ihr keine Bedeutung bei,

Wenn einmal ein Niemals

fafiert haben,

www

obwohl die Erklärung gar feinen Erfolg gehabt hat. in der Politik gibt es ebenso wenig ein Ewig wie erhaltend" ist, sich ändert und die Regierung auch das Zentrum die Ansicht der Regierung über das, was staats­wieder nicht als staatserhaltend ansieht, dann will ich sehen, was das Bentrum sagt, wenn die Regierung erflärt: Alle Barteien müssen einig sein gegen das Zentrum! Fürst Bülow hat sich ja wenigstens noch bemüht, von den bürgerlichen Parteien zu sprechen, ber bg. Wellstein dagegen hat von den staatserhaltenden Parteien ge­war? Wir werden uns die heutige Ansicht des Zentrums merken! fprochen. Gab es nicht eine Zeit, wo das Zentrum staatsfeindlich" ( Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Abg. Dr. Potthoff( frs. Vg.): Die vom Abg. Wellstein vor gebrachten Aufichten dürfen hier nicht ohne Widerspruch bleiben: werden; denn Zwed und Wirkung feiner Rebe im Serrenhause Gegen das Vorgehen des Reichskanzlers muß scharfer Protest erhoben war eine Beeinflussung der Wahl in Frankfurt - Lebus. Gerade ber Reichskanzler ist streng zur Beachtung der Gesetzlichkeit verpflichtet. wie der Justizminister das Recht hat, sich über Rechtsfragen zu

Rechtsfrage, ob ein Wähler, der in der Wählerliste steht, aber fort Abg. Gröber( 8.): Es dürfte fich empfehlen, die Prüfung der gezogen ist, bei der Nachwahl wählen darf, noch einmal der Wahl prüfungsfommiſſion vorzulegen und die Frage der Gültigkeit der Wahl des Abg. Zimmermann bis dahin auszufezen. Ich beantrage äußern, aber nicht ein Urteil über einen schwebenden Prozeß abzu­Abg. v. Riepenhausen( t.) stimmt dem Antrage Gröber zu, obgleich geben, fo darf auch der Ministerpräsident in einem schwebenden Wahlkampf ein Urteil nicht abgeben. Das aber hat der Reichs­Hiermit schließt die Debatte. fanzler getan, indem er gegen einen bestimmten Kandidaten das Wort ergriff. Wir haben hiergegen nur das Mittel, zu protestieren durch ungültigkeitserklärung jeder Wahl, bei der derartiges vor­gekommen ist.( Bravo ! lints.)

Abg. Lucas( natl.): Das Schreiben des Bezirkshauptmannes war überhaupt keine Verfügung, sondern eine höfliche Antwort auf die Frage eigentlich schon genug behandelt ist. die Anfrage des sozialdemokratischen Wahlkomitees.( Lachen und Widerspruch bei den Sozialdemokraten.)

Abg. Fischer- Berlin ( So.): Man sagt, es sei eine Verfügung

Kommission zurückverwiesen.

Der Antrag Gröber wird einstimmig angenommen. Der Bericht über die Wahl des Abg. Zimmermann wird also an die des Amtshauptmannes ergangen, die gar keine Verfügung war, fondern nur eine höfliche Antwort auf eine Anfrage des sozialdemo. Eschwege - Schmalkalden . Es folgt die Brüfung der Wahl des Abg. Naab( Wirtsch. Wg.)- tratischen Wahlfomitees. Gewiß, das ist eine Seite der Sache. Die andere Seite aber ist die, daß der Amtshauptmann die Wähler auf Die Kammiffion beantragt neue Beweiserhebungen. Grund der Anfrage zurückgewiesen hat.§ 31 des Wahlreglements Bericht in die Kommiffion zurückzuberweisen; er erwarte, daß die Abg. Liebermann v. Sonnenberg ( Wirtsch. Vg.) beantragt, den schreibt ausdrücklich vor, daß eine Nachwahl innerhalb eines Jahres nach denselben Grundlagen und Vorschriften stattfindet wie die Kommission die Wahl dann für gültig erklärt werde. erste Wahl. Und es heißt dort, bei den engeren Wahlen sind die- Abg. Dr. Miller- Meiningen( frf. Bp.): Es handelt sich hier ein­felben Wählerlisten anzuwenden. Also bei allen Wahlen, die inner- fach um eine Rechtsfrage. Jeder Kandidat muß wählbar fein. halb desselben Jahres stattfinden, haben dieselben Grundlagen der Entscheidung der Frage, ob Hugo landarm war oder nicht. Die Hugo war das aber nicht. Es steht und fällt also die Wahl mit und Voraussetzungen und vor allem dieselben Wählerlisten zu gelten. Nach§ 18 bes Wahlreglements ist die Bulaffung zur Wahl Stommiffion bat Beweiserhebungen befchloffen, weil ihr die von uns abhängig davon, daß der Betreffende in der Wählerliste steht, und beigebrachte Auskunft des Armenkrankenhauses nicht genügte. weder der Wahlvorsteher, noch der Wahlkommissar dürfen eine Entscheidung über die Gültigkeit oder ungültigkeit der Stimme treffen; das steht einzig der Entscheidung des Hauses zu. Selbst wenn der Wahlvorsteher der Meinung war, daß eine solche Stimme ungültig fei, so durfte er den Betreffenden nicht zurüdweisen, sondern mußte einen Vermerk in sein Protokoll aufnehmen. Es hat also eine Verlegung des Gefeßes stattgefunden, und angesichts des zahlenmäßigen Ergebnisses, muß das Haus die Wahl für ungültig erflären. Gültig könnte die Wahl nur sein, wenn Sie sagen: wir sind überzeugt und haben bestimmte Beweise dafür in Händen,( natt.) Frankfurt a. b. Oder. daß nicht mehr Wähler zurückgewiesen wurden, als im Broteste namentlich angegeben find. Nun fann niemand sagen, daß die Brotestierenden im ganzen Wahlkreis von Haus zu Haus nach den Zurüdgewiesenen geforscht haben, und zweitens haben Sie feinen Beweis, wieviel Wähler auf Grund der Verordnung die Reise zum Wahlort gescheut haben. Bei nur 10 Stimmen mehr wäre aber der sozialdemokratische Kandidat Pinkau ohne Stichwahl ge­wählt worden! Ift jemand hier im Hause, der behaupten tann: es ist ausgeschlossen, und wir haben den Beweis dafür in der

Abg. Dr. Spahn( 8.): Die Frage liegt fo: Ist das Vor­fommnis, die Rede des Fürsten Bülow, von entscheidendem Einfluß für den Ausgang dieser bestimmten Wahl? Wenn diese Frage ber­das Vorkommnis für bedauerlich halten sollte. neint wird, muß man die Wahl für gültig erklären, auch wenn man Zentrum.)

( Bravo ! im

Abg. Dr. Lucas( natl.): Die Rede des Fürsten Bülow ist am 11. Mai im Herrenhause gehalten worden; die Wahl war am feine besondere Aufmerksamkeit geschenkt.( Seiterkeit.) Die Rede des 13. Mai. Den Berhandlungen des Herrenhauses wird im Lande Reichskanzlers ist sicherlich ohne jeden Einfluß auf den Ausgang der

Wahl geblieben.

Der Antrag des Abg. Liebermann v. Sonnenberg Abg. Fischer- Berlin ( Soz.): Wenn die Sache fo einfach wäre, wird abgelehnt und der Antrag der Kommission angenommen. daß der Neichstanzler und Ministerpräsident zu den bürgerlichen Es folgt die Prüfung der Wahl des Abg. Scherre Merfe- Barteien bloß gefagt hätte: Selft Euch selbst!", so hätten wir gar burg( p.). nichts dagegen. Wir wollen es ja dem Reichskanzler bei der Etats­Die Wahlprüfungskommiffion beantragt Beweiserhebungen. debatte oder ähnlichen Veranlassungen gar nicht verdenken, wenn er Abg. Dr. Arendt( Rp.) beantragt, die Wahl fofort für gültig zu gegen uns zu Felde zieht. Im Gegenteil, je mehr, desto besser für erklären. uns.( Lachen rechts, Beifall bei den Sozialdemokraten.) Man muß Abg. Merten( frs. Bp.) tritt für den Kommissionsantrag ein. Es folgt die Prüfung der Wahl des Abg. Baffermann on nationalliberal fein, um sich, wie der Abg. Paasche es tut, darüber au beschweren, daß Fürst Bülow immer dem Genoffen Bebet antwortet, ihm aber nicht. Die Kommission beantragt, die Wahl für gültig zu erklären. ( Heiterfeit.) Wenn der Ministerpräsident also weiter nichts gefagt Abg. Fischer- Berlin( Soz.): Ich beantrage, der Wahlprüfungs- hätte, als was der Herr Vorredner gemeint hat, so hätten wir gar kommission nicht zu folgen, sondern die Wahl des Abg. Baffermann nichts dagegen. Aber er hat ganz speziell von der Wahl in Frank­im Sinne der Protefterhebung für ungültig zu erklären. In dem furt - Lebus gesprochen( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten), er felben Wahlkreis ist bereits im borborigen Jahre die Wahl für ungültig hat den Konservativen in bezug auf diese Wahl einen Rat gegeben! erklärt worden, weil durch ein Flugblatt eine amtliche Wahlbeein- Bei der vorigen Wahl haben Sie in der Unterschrift eines Landrats fluffung stattgefunden hat, trotzdem sich damals die Wahlbeeinflussung auf einem Flugblatte lange vor der Wahl zuungunsten des Siegers gegen den Sieger gerichtet hatte, und obgleich fie ein halbes Jahr vor eine Wahlbeeinfluffung gesehen! Und jezt? Alles tönnen Sie von Ausschreibung der Wahl stattfand. Diesmal kam die Wahl- uns verlangen, aber nicht zu glauben, daß Ihre veränderte Stellung­