Me kapitalistische Wirtschaftsordnung mit Hülfe aller bürger-licher Parteien die Zerstörung so gründlich, daß später dieSozialdemokratie nur wieder gut machen mutz, was jene zu-gründe richteten. Man lese z. B. folgenden Bericht, den die„Basler Nachrichten" veröffentlichen über die Tiroler Hüte-kinder, die jedes Frühjahr in Friedrichshafen am Bodenseelanden und von den schwäbischen Bauern für landwirtschaft-liche Arbeiten gemietet werden. In jenem Bericht heißt es:Die Kinder kamen am 22. März in einer Stärke von mehrals 300 an, begleitet von einec Anzahl Gei st licher, zumTeil auch von ihren Eltern. In der Mehrzahl sind es Knabenim Alter zwischen 12 und 16 Jahren, dann aber auch Mädchenund einige ältere Burschen, die sich dem Zuge angeschlossen haben.Die Kinder verdingen sich nur für den Sommer: am Gallustagel16. Oktober) versammeln sie sich wieder in Friedrichshafen zugemeinsamer Heimreise nach Tirol. Es ist bezeichnend für die der-zeitigen Arbeiterverhälrnisie, daß sich um diese doch wenig leistungs-fähigen Hlllfskräste ein äußerst scharfer Wettbewerb geltend machte.Als die Kinder am Morgen des 23. März aus dem Hause, indem sie über Nacht einquartiert waren, herausgelassen wurden,konnte der Beobachter unbeschreibliche Szenen mitansehen. Es gabKinder, die buchstäblich von fünf und sechs Bauernfäustcn amRockärmel hin- und hergeriffen wurden: die Sieger indiese ni Kampfe brachten dann den geschäftlichenTeil, den Arbeitskontrakt,»nit einem der be-gleitenden Pfarrherren ins reine. Wtanch ergreifendeSzene spielte sich in den Straßen ab; viele dieser kleinen Burschen,die zum ersten Male Eltern und Geschwister verlassen mußten,ließen ihrem Schmerze freien Lauf und vergossen bittere Tränen."Wie der Bericht zeigt, sind es katholische Geistliche, diedas Führergcschäft bei diesem Kinderschacher ubernehmen unddamit sich„Gottes Lohn" verdienen. Was sagt aber dieZentrumspresse zu diesem wahrlich nicht Gott wohlgefälligenGeschäft?_Kampf um die Rente.Der bereits 184p geborene Zimmerer Strehlow, der aberimmer noch seine Arbeit in gewohnter Weise gleich seinen jüngerenKollegen verrichtete, stürzte am 3. Juni 1904 auf einem AltonaerNeubau einige Etagen herab. Als Unfallfolgen wurden nach ärzt-lichem Befunde in der Unfallanzeige angegeben: eine. Schadelver-letzung, ein Bruch des Brustbeins und zweier Rippen. Späterwurden bei St. eine starke Gefäßverkaltung, Lungenbläschen-erwciterungen und eine Wirbelsäulenverkrümmung festgestellt.—Nach beendetem Heilverfahren lehnte die Berufsgenossen-schaft den Anspruch St.s auf Unfallrente ab. Sichstützend auf ärztliche Gutachten ging sie davon aus, daß die eigent-lichen Unfallfolgen beseitigt seien. Tie lebhaften Beschwerden desMannes s Kopfschmerzen, Schwindelanfälle, Schmerzen im Rückenusw.) hätten mit dem Unfall nichts zu tun. Es seien im wesent-lichen Alterserscheinungen. Sie hingen mit der Arterienverkalkungund mit der Rückenverkrümmung zusammen, die sich vor demUnfall entwickelt hätten.Das Schiedsgericht zu Schleswig erkannte als Be-rufungsinstanz ebenfalls auf Abweisung des Klägers, well einursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall undden Beschwerden des Klägers, sowie seiner nicht unerheblichen Be-einträchtigung der Erwerbsfähigleit nicht nachgewiesen sei.— Nun legte Kläger beim ReichsversicherungsamtRekurs ein, bei dem das Zentral-Arbeitersekretariat der Gewcrk-schasten Deutschlands seine Sache wahrnahm. Es erzielte zunächstdie Einholung eines Obergutachtens. Das Reichsversiche-rungsamt lieh sich ein solches vom Oberarzt Dr. Kumtnervom Krankenhaus zu Eppendorf bei Hamburg erstatten. Der Arztsprach sich dagegen aus, daß die jetzigen Beschwerden des Ver-letzten mit dem Unfall ursachlich zusammenhingen. Er verwarfauch den Gedanken daran, daß sie„ausgelöst" sein könnten durchden Unfall. Tagegen meinte er, durch den Unfall seien bei St.„Begehrungsvorstellungen" ausgelöst worden, die ihm seine schonvorher entstandene Krankheit zum Bewutztsein brächten.Das Arbeitersekretariat sorgte nun mit Hülfe der Mittel desZimmererverbands, daß der Verletzte nach Berlin kam und voneiner Aerztekommission untersucht wurde, welcher angehörten:Professor Strauß(Spezialist für innere Krankheiten), Dr. D.Munter(Nervenarzt) und Dr. Zondek(Spezialist für Chirurgie).Bei der zweiten Verhandlung vor dem Reichsversicheruimsmnt konnteder Arbeitersekretär ein gemeinschaftliches Gutachtender drei Herren vorlegen, worin die Wahrscheinlich-keit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen verschiedenenBeschwerden bezw. Krankheitserscheinungen des Klägers und demUnfall ausgesprochen wird. Unter anderem führt das Gutachtenaus: Allerdings sei damit zu rechnen, daß zur Zeit des Unfallsschon eine ausgebreitete Arteriensilerosc bestanden habe. Klägerhabe der allmählich sich entwickelnden Veränderung in den Gefäß-wänden sich angepaßt gehabt und normal— seinem Alter entsprechend— gearbeitet. Durch den immerhin schweren Unfall, dermit viel Schmerzen und mehrwöchentlicher, für alte Leute stetige-fährlichcr Bettruhe verknüpft gewesen sei, habe sich der a l l m ä h-liche Verlauf der Arterienverkalkung in einen beschleunigtenumgewandelt und die Widerstandsfähigkeit des durch denUnfall geschwächten St. gegen die durch die Gefäßverkalkung her-vorgerufenen Beschwerden gemindert. Es bleibe unerklär-l i ch, warum bei einem arbeitstvilligen Manne, wie St., derauch jetzt noch als schwerkranker Mann arbeite, wo er seinen Kräftenentsprechende Arbeit finde, die Tatsache der plötzlichenMinderung seines bis zum 1. Juni 1994 bestandenen Gradesvon Arbeitsfähigkeit ausschließlich auf die greisen-haften Veränderungen in, Gefäß sy st ein bezogenwürden, ohne daß auch nur die Möglichkeit erwähnt werde, daß dernicht leichte Unfall eine Verschlimmerung und Beschleunigung derErlrankuirg im Zirkulationsapparat herbeigeführt habe. Hier wäreeine sehr ungünstige Beeinflussung des vorhandenen Gefäßwand-leidens durch den Unfall anzunehmen, sowie, daß es damit zugleichzu funktionelle» Störungen der Herztätigkeit gekommen sei. InErwägung, daß als wahrscheinliche Unfallfolgen eine leichte ner-vöse Störung, Schmerzen an der Bruchstelle des Brustbeins und dieVerschlimmerung der vorhandenen Gesäßentartungen angenommenwürden, schätzten die drei Gutachter die durch den Unfall hervor-gerufene Einbuße an der normalen Erwerbsfähigkeit auf 59 P r o z.Durch dieses Gutachten sah sich das Reichsversiche-rungsamt veranlaßt, die Einholung eines weiterenObergutachtens zu beschließen. Es wurde ProfessorQuinke in Kiel gehört. Dieser erkannte einen teilweisen ursäch-lichen Zusammenhang an. Während St. insgesamt um 06% Proz.in seiner Erwerbsfähigkeit beschränkt wäre, entfielen auf die Folgendes Unfalls nur etwa 2ö Proz.TaS Reichsversicherungsamt, bor dem Arbeiter-sekretär Bauer den Kläger vertrat, entschied dann in seinerdritten Verhandlung der Sache dahin, daß die Berufs-genossenschaft zu verurteilen sei, an den Kläger als Unfall-rente 59 Proz. der Vollrente zu gewähren und ihm 59Mark Kosten zu zahlen. Das Reichsversicherungsamt machte sichdas letzte Obergutachten zwar in den grundlegenden Feststellungenzu eigen, meinte aber, es habe Moment der Auslösung vonErscheinungen schon vorhandener Krankhchen durch den Unfall zugering bewertet. Eine nach Ansicht des Gerichts angemessene Be-rücksichtigung dieses Moments führe zur Annahme einer Erwerbs-beschränkung durch den Unfall von 59 Proz.— Der vorstehendeFall zeigt, wie schwierig der Kampf um die Unfallrente ist und wiefast hülsloS der Verletzte dasteht, dem nicht Arbeitersekretäre undGclverkschaft zur Seite stehen._Gegen Einengung des KonfektionSarbeiterschutzcs.Vier Anprobicrmamsclls der Konfektionsfirma Taute u.Schmidt in Berlin waren Sonnabends noch nach 5% Uhr im Gc-schäftslokal der Firma beschäftigt worden. Die Firmeninhaberwurden deshalb wegen Uebcrtrctung der Bundesratsverordnungvom 31. Mai 1897 bezw. vom 17. Februar 1994, betreffend denSchutz der Konfektionsarbeiterinnen, angeklagt. Die Staats-anwaltschaft ging davon aus, daß das Geschäftslokal der Ange-klagten eine„Werkstatt" zur„Anfertigung" von Tamenmäntelnsei. Das Landgericht sprach jedoch die Angeklagten frei, in-dem es meinte, es handele sich um keine Werkstatt in jenem Sinne,da die Mäntel vollständig bei Zwischenmeistern hergestellt würden,wo auch das eigentliche Zuschneiden des Stoffes nachMustern erfolge, oder in der Behausung von Heimarbeiterinnender Zwischenmeistcr. Das bloße Abschneiden der für dieeinzelnen Zwischenmeister benötigten Stoffstücke, das im Geschäfts-lokal der Firma vorgenommen werde, gehöre nicht zur„Anfer-tigung". Diese beginne erst mit dem Züsch neiden nachiW u st e r n.— Das Kammergericht hob jedoch amMontag das Urteil auf und verwies die Sache nochmal an dasLandgericht. Begründend wurde ausgeführt, daß das Landgerichtden Begriff der„Werkstatt zur Anfertigung von Damenkleidern"nicht richtig gewürdigt hätte. Die Räume der Angeklagten wärenals Werkstatt in dem Sinne anzusehen. Im Gegensatz zumLandgericht nehme der erste Strafsenat an, daß es schon ein Teildes Werkstattbetricbes sei, wenn in den Geschäftsräumen der Firmadie Stoffe abgeschnitten würden, bevor sie zu den Zwischen-meistern kämen. Die von den Zwischenmeistern hergestelltenfertigen Mäntel würden nach der Lieferung im Geschäftslokal derAngeklagten von den Probiermamsells angezogen, damit, bevor dieAbnahme erfolge, die richtige Anfertigung am weiblichen Körperfestgestellt werden könne. Das stelle auch einen Werkstattbetriebdar, und nichts anderes. Die Anfertigung beginne mit dem Ab-schneiden der Stoffe und das Ziel der Anfertigung werde erreichtdurch die Abnahme nach dem Anprobieren im Geschäft.— DasKammergericht hält danach mit Recht an der strengen, dem Sinneund Wortlaut des Gesetzes entsprechenden Auslegung des Ge-sctzes fest._Sericbts-Leitung.Der Sohn des Justizministers Beseler verurteilt. Wie das„Berliner Tageblatt" mitteilt, verurteilte dieser Tage dieBreslauer Strafkammer den Gerichtsreferendar KarlBeseler, einen Sohn des jetzigen Justizministers, wegeneines am 26. November stattgehabten unblusig verlaufenenPistolenduells im Oswitzer Walde mit dem IngenieurWalter Grunow zu vier Monaten F e st u n g. SeinDuellgegner war vom Kriegsgericht zu dreieinhalb MonatenFestung verurteilt worden. Das Duell war durch einenWirtshausstreit entstanden.— Es steht den Duellfexen gut an,hernach in richterlicher oder staatsanwaltlicher oder justtz-ministerieller Stellung über die„Roheit"— der Arbeiter zuklagen._Lex Heinze auf der Anklagebank.Vor der vierten Strafkammer wurde gestern bis gegenAbend hin ein Prozeß gegen den bekannten VerlagsbuchhändlerRudolf H o f m a n n, Inhaber der Firma A. Hofmann u. Cic.,gegen den Schriftsteller Eduard Fuchs und gegen zwei Buch-Händler auf Grund des Z 134 Str.-G.-B. geführt. Im Ver-läge von A. Hofmann u. Cie. ist als Fortsetzung des bedeut-samen Kulturwerkes über die Geschichte der Karikatur vonEduard Fuchs„DaS erottsche Element in der Karikatur"erschienen. Dieses Buch führt in glänzender Weise an derHand einer großen Reihe von Bildern aller Kulturperiodendem Leser die Sitten und Unsitten, gegeißelt von derKarikatur, vor. Der Herausgeber und der Verleger hattendie Vorsicht gebraucht, in einem Prospekt zu bemerken, daßdieses Buch lediglich an Leute abzugeben sei, die darauf sub-skribierten und daß Minderjährige von der Subskriptton desBuches ausgeschlossen sind. Diesen Prospekt sendete ein Buch-Händler D. mit dem Ersuchen einem Adressaten(einem in-zwischen verstorbenen Prinzen) zu, er möge bald bestellen,weil das Buch sonst beschlagnahmt würde. Das genügte denLex Heinzcmännern, die wohl nach dem Tode des Prinzenvon dem eigentümlichen Schreiben erfahren hatten, Polizeiund Staatsanwaltschaft in Bewegung zu setzen, um schleunigstdas gefährliche Buch zu konfiszieren. In der Tat wurden,bevor noch das Buch erschienen, ja, bevor es ge-druckt war, Maßnahmen zur schleunigen Beschlagnahme desBuches getroffen. Der Verleger und der Autor sorgten nundafür, daß sofort nach dem Erscheinen die subskribierten Bücherihren Bestellern ausgeliefert Würden. Der Buchhändler D.erhielt wegen jenes Anschreibens kein Exemplar ausgeliefert.Diese Vorsicht erwies sich als sehr zutreffend. Die Polizeiversuchte in der Tat das Buch, dessen wissenschaftlichen,ethischen und sittlichen Charakter jedem Leser in die Augenfällt, mit Beschlag zu belegen. Das Amtsgericht lehnteindessen wegen des nach keiner Richtung hinunzüchtigen im Gegenteil hochsittlichen Cha-rakters der Schrift die Besch lagnahmever-fügung ab. Auf erhobene Beschwerde ordneten dann dreiMänner des Landgerichts so schleunigst die Beschlagnahme an,daß kein Zweifel darüber bestehen kann, daß das Buch vonden beschlagnahmenden Richtern unmöglich hat gelesen, alsoauch geschweige denn verstanden werden können. SämtlicheExemplare, mit Ausnahme etiva eines Dutzend, warenaber bereits an ihren Bestimmungsort gelang undentgingen der Beschlagnahme. In dem gestrigen Terminefand die Verhandlung unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt.Mehrere bekannte Kunstsachvcrständige, u. a. SchriftstellerFedor Zobeltitz, Professor Dr. Boll, Konservator derPinakothek in München, Professer Dr. Schoensgans(Würz-bürg), wohnten der Verhandlung bei. Das nach wieder-hergestellter Oeffentlichkeit verkündete Urteil ging dahin:sämtliche Angeklagte sind von der er-Hobe neu Anklage, gegen§ 184 des Straf-gesetzbuches verstoßen zu haben, frei zusprechen. Die Kosten werden der Staats-kasse auferlegt, die Besch lagnahmever-fügung wird aufgehoben. Das Gericht hatauf Grund der Beweisaufnahme den überzeugenden Beweisfür erbracht erachtet, daß weder in objektiver noch in sub-jcktiver Hinsicht die Tatbestandsmerkmale des§ 184 desStrafgesetzbuches erfüllt sind. Das Buch ist von einem hoch-sittlichen, wissenschaftlichen und künstlerischen Ernst getragenund hat einen außerordentlich kulturgeschichtlichen Wert. So-wohl die Auswahl der Abbildungen wie die Zusammenstellungderselben und der Text schließen in ihren einzelnen Teilenwie in ihrer Gesamtheit Unzüchtiges ans.— Weshalb dieseVerfolgungen, die jeden, auch den rcichsgcrichtlichen„sittlichenNormalmenschen" empören müssen?Bcrlcuqinmg drs Glaubens als Entlassnngsgrund? Diet6jähnge Kontoristin Frieda K. war von dem Kaufmann ArturLchnert sofort entlassen worden, weil sie nach der Behauptung ihresChefs ihm gegenüber ihren jüdischen Glauben nicht nur ver«heimlicht, sondern sogar abgeleugnet hatte. Sie trat gestern wegendes GehaltSrestcS von 45 M. als Klägerin vor der 2. Kammer desKanfmannsgerichtS auf. Der Bellaate behauptete, die Klägennhabe sich als Christin ansgegebeu. Es sei ihm aberaufgefallen. daß sie an den jüdischen Feiertagen fehlteund sich am nächsten Tage mit Krankheit entschuldigte.Als sie am 26. Oktober, einem jüdischen Feiertag, wiederfehlte, habe er ihr geraten, sie solle doch lieber zugestehen,daß sie Jüdin sei, denn er würde sie, wenn sie weiter ihre Kon«fession ableugne, keine Stunde länger behalten. Da sie dabei blieb,krank gewesen zu sein und nicht des Feiertages wegen gefehlt zuhaben,' so habe er sich zur sofortigen Entlassung für berechtigt ge-halten. Die Klägerin behauptete demgegenüber, sie sei niemals direktnach ihrer Religionszugehörigkeit gefragt worden, aus Aeußerungen,die der Beklagte wie seine Frau ihr gegenüber öfters gebrauchthabe, ginge auch klar hervor, daß sich ihr Chef niemals darüberim Zweifel befand. daß sie Jüdin sei. Wenn sie krankwar. entschuldigte sie sich stets sofort per Karte und lvenn siekrankheitshalber an einem jüdischen Feiertag gefehlt habe, so sei dasZufall gewesen. Auch die als Zeugin vernommene Mutter derKlägerin bekundete, daß ihre Tochter des jüdischen Feiertages wegenniemals gefehlt habe.— Der vom Beklagten angeführte Ent«lassungSgrund wurde vom Kaufmanns geeicht als hin-fällig angesehen. Die Religion war nicht Gegenstand derEngagementsverhandlungen gewesen. Selbst wenn die Klägennihren Glauben abgeleugnet habe, so sei das zwar moralisch ver-werflich, berechtige aber noch nicht zur sofortigen Entlassung.~ DerBeklagte zahlte darauf im Vergleichswege 37,59 Mark, um die Ver-urteilung zu vermeiden.Der Roma» eines Hauslehrers. Nach Eröffnung der gestrigenSitzung erklärte der Verteidiger des Angeklagten Wesemann.dieser wolle ein Geständnis ablegen. W. gestand dann zu, die Mir-angeklagte Knoll zur Abgabe ihrer faschcn eidlichen Aussage ver-leitet und dann auch noch den Versuch gemacht zu haben, eine anderePerson zur Abgabe einer falschen Bekundung zu bewegen. Er gababer zu seiner Entschuldigung an, daß er vollständig unter demBanne der Frau P. gestanden und in dieser ganzen erregtenZeit jeglichen Halt völlig verloren gehabt habe. Er habe,da er in der Ehescheidungssache den falschen Eid geleistet hatte, so-fort siefe Reue darüber empfunden und auch dem RechtsanwaltDr. Marwitz reuevoll Mitteilung gemacht und um Rat ersucht,was er nun tun solle. Zu seiner eigenen falschen Aussage sei eraußer durch die Rücksicht auf Frau P. auch dadurch bewogen worden,daß drei Tage vor dem Termin ihn, ein anonymer Brief zugegangensei, in welchem gesagt wurde: wenn er seine Aussage verweigere,würde nicht nur er selbst, sondern auch seine ganze Familie kom-promittiert werden.Die Verteidigung suchte dann noch weiter auszuführen, daß der27jährige Student willenloses Opfer der 46jährigen Ehefrau ge-worden sei. Umgekehrt bestätigten drei ärztliche Sachverständige, daßFrau Knoll eine hysterische, neurasthenische, willensschwache Frausei, die von einem Willensstärken Mann leicht als gefügiges Werk-zeug mißbraucht werden könne. Das Urteil lautete gegen die An-geklagte Knoll auf sechs Monate Gefängnis, gegenWesemann auf zwei Jahre Zuchthaus, fünf JahreEhrverlust und dauernder Unfähigkeit, als Zeuge oder Sach-verständiger eidlich vernommen werden zu können.)Ziis der frauenbeweejung.Rixdorf. Im Verein gewerblich tätiger Frauenund Mädchen für Rixdorf und Umgegend findetheute, Mittwoch, abend bei Hoppe, Hermannstr. 49, ein Lichtbilder-Vortrag statt. Herr Dr. Osborn spricht über„Konstantin Meunicr,ein Bildhauer und Maler der Arbeiterschaft". Es kann nichtdringebd genug geraten werden, diese Gelegenheit zu benutzen, u»,einen Einblick in das gewaltige Schaffen dieses Künstlers des Prolc-tariatS zu gewinnen. Meuniers Werke sollten keinem Arheiterund keiner Arbeiterin unbekannt bleiben.Versammlungen.Berein Berliner Hausdiener. In der letzten Mitglieder-Versammlung hielt Genosse Eugen Brückner einen Vortragüber„Die Arbeiterbewegmig einst und jetzt". Reicher Beifall lohnteden Redner für seine sachlichen Ausführungen. Eine Diskussionwurde nicht beliebt.— W a p pl e r berichtete dann, daß seit derletzten Versammlung 195 Kollegen dem Verein beigetreten sind.Ferner ivurde mitgeteilt, daß am Donnerstag, den 5. April, beiKeller, Koppenstraße, eine öffentliche Hausdiener- und Packer-Vcr-sammlung stattfinden soll, welche gemeinschaftlich von dem Verein,dem Verband und der Hausdiener- und Packer-Vevcinigung ein-berufen wird. Referent ist Reichstagsabgeordneter C. Legten.Thema:„Der Wert der Einheitsorgcmisation".Sozialdemokratischer Lese- und Diskutierkluv„Süd- Ost".Heute, abends 8'l, Uhr, bei Tolksdorf, Gorlitzerstr. 58: Vortrag über;Thomas Marc.Sozialdemokratischer Lese- und Diskuticrklub„Heine". JedenMittwoch(außer Zahlabend) Sitzung bei Herm. Bolze, Rodenbergstr. 8.Deutscher Arbeiter- Abstinenten- Bund. Ortsgruppe Berlin.Heute Mittwoch, abends'1,9 Uhr, im Englischen Garten, Älexanderslr. 27c:Versammlung. 1. Vortrag: Bürgerliche und proletarische Abstinenzbewcgung.2. Diskussion. S. Gruppenangelegcnheiten.— Gäste willkommen.Berliner Marktpreise. Aus dem amlltchen Bericht der städlischcnMarlthallcn-Direktion. Nindfleisch la 63—68 pr. 199 Psund, lla. 56—61,lila 59—54, IVa 49—48, engl. Bullen- 99—90, dun. Bullen- 00—09,Holl. Bullen- 00<-00. Kalbfleisch, Doppclländer 105—120, la 80—88,IIa 65—78, Uta 52—62. Hammelfleisch la 62—72, Ha 55—61.Schweinefleisch 70—74. Kaninchen 0,90—1,10. Hühner, alte, Stück 1,60—2,25,alte per Psd. 0,90, junge, per Stück 0,90—0,00. Tauben, junge0,55—0,72, alte 0,40—0,50. Enten, junge per Stück 0,00—9,00, per Pfd.00—00, russ., gcsr. per Stück 09—00. Gänse, junge, per Psd. 1,25—1,30,russ. per Psd. 0,00—9,00. Hechte 84—93. Schleie 00-90. � Bleie 53. groß09—00. Aale, groß 09—00, mittel 09—00, klein 09—00, unsortiert 00—99.Plötzen 39— 5t. Flundern, pomm. I, per Schock 90—00, Kieler, Stiege la4—7, do. mittel, per Kiste 3—4, do. klein, per Kiste 09—00. Bücklinge,schwed. per Wall 90—00, norw. 3,00—3,50, Holl, 3,00, Kieler 2—4, engl.2—3,00. Aale, groß, per Psd. 1,10—1,20, mittelgroß 0,80—0,90, klein 0,50— 0,69.Sprotten, Kieler, 2 Wall 1,00—1,60, Elb-, per Kiste 0,40—0,50. Sardellen,iOOZcr, per Anker 74,00, 1904cr 72,00, 1905er 70,00. Schottische Vollheringe1905 00—00, large 40—44, füll. 36—38, med. 33—35, deutsche 37—44.Heringe, neue MatjcS, per*/3 Tonnen 60—120. Hummern, IIa, 100 Pfd.00—00. Krebse, per Schock, große 00—00, mittelgroße 00—00, kleine 0,00,unsortiert 00—00. Eier, Land-, per Schock 09—00, frische 3,20—3,40.Butter per 100 Pfund, la 120, IIa 117—120, lila 115—116, abfallende 110—114. saure Gurken, Schock 3—3,50 M., Pfeffergurken 3—3,50 M.Kartoffeln per 100 Psd. magn. bon. 2,10—2,35, rote Dabcrschd 2,00—2,20,runde weiße 1,80—2,00. Wirsingkohl per Schock 0,00—00,09. Wcißtohlper 100 Psd. 4.50—5,50, Noikohl per Schock 00—09, Holl. 16—24.Grünkohl, per 100 Psd. 12—15. Rüben, weiße 12—16, Teltower 16—18.Kohlrüben, per Schock 2,50—4,50.WttteriiiigStibcrflckit vom 3. April 1906, morgens 8 Ilhr.Wetter-Prognose für Mittwoch, den 4. April 1966.Trocken und vorwiegend heiter, etwas wärmer bei schwachen südöst-lichen Winden.Berliner Wetterbureau.Wasserstand am 2. April. Elbe bei Aussig-s- 1,40 Meter, BeiDresden— 0,08 Meter, bei Magdeburg-f 8,02 Meter.— U» st r n t beiStranßsurt-ff 2,80 Meter.— Oder bei Natibor 2,33 Meter, beiBccstau Oberpcgcl 5,28 Meter, bei Breslau Unterpegel+ 0,30 Meter,bei Fratiksurt+ 2,58 Bieter.— Weichsel bei Brahemünde-f 6,18 Meter.— Warthe bei Posen+ 2,18 Meter.— Netze beiUsch 00-00 Meier.