ÜTm besten schildert sie der grusinische Journalist Bolkwadse ineinem Aufrufe, den derselbe in dem russischen Blatte„Rustj" veröffentlicht. Dieser Aufruf ist an die russischen Frauen gerichtet undwir zitieren hier einige Stellen aus denrsolben:„Wißt Ihr, wasunseren Sästvestern im schönen Grusien geschieht? In dem brennen-den Grusien ist die Vergewaltigung der Frauen undMädchen das neueste Beruhigungsmittel. Wederältere Frauen noch Gymnasiastinnen werden geschont... Eni-setzen hat das Land ergriffen... Seit zwei Monaten flüchtenWeiber und Kinder in die Wälder und Berge vor den Straf-cxpcditionen, doch auch dort sucht sie die ungezügelte Soldateskaaus und vergewaltigt sie. Wie viele minderjährige Opfer sind aufdem Felde der Vergelvaltigung liegen geblieben. Die Geschichteder Spiridonowa, die ganz Rußland empört, verblaßtvor den Gräueltaten, die an grusinischen Frauenund Mädchen verübtsind. Dort in Grusien gibt es hunderteund noch entsetzlichere derartige Verbrechen...Der Henker von Grusien heißt— General A l i ch a n o w.—Moskau, 9. April.(Meldung der Petersburger Tele-graphen-Agentur.) In der Stadt Moskau sind IffOWahl-männer g e>v a h?t, die sämtlich der k o n st i t u t i o-uell-deni akratischen Partei angehören.April.poUnscde CUdevlKkt.Berlin, den 9.Konservative Verfassungsschmerzen.Die Tatsache, daß der Bundesrat am Donnerstag die DiätenVorlage oder, wie sie offiziell genannt wird, die„Vorlagenbetr. die Abänderung der Artikel 28 und 32 deReichsverfassung und die Gewährung einer Entschädigung der Mitglieder des Reichstages" an dieAusschüsse überwiesen hat, veranlaßt das Hauptorgan der RaubritterEpigonen, die ehrsame„Kreuzztg.", nochmals in ihrer SonntagsWochenübersicht gegen das bestehende Reichstagswahlrecht vom Lederzu ziehen. Daß ihr Widerstand gegen die Vorlage aussichtslos istsieht sie ein; sie sucht deshalb für ihre reaktionären Pläneanderer Richtung Vorteil aus ihr zu ziehen. Sie hebt energischhervor, daß die Vorlage eine Aendcrung der Reichsverfassungbedeutet, um daraus die zwar nicht offen ausgesprochene, aber deutlich zwischen den Zeilen zu lesende Folgerung abzuleiten, daß jene,die heute für eine sogenannte Verfassungsänderung in demokratischerRichtung eintreten, damit das Recht verwirken, später, wenn es derRegierung mit Unterstützung des Junkertums einfallen sollte,Aenderungsversuche in entgegengesetzter Richtung zu unternehmen,von der Heiligkeit und Unverletzlichkeit der Verfassung zu redenNachdem nämlich das Blatt die Vorlage mit gesperrter Schrift.als„Aendemng der Reichsverfassung" erklärt hat. fährt es fort:„Es wäre erwünscht, wenn das denjenigen, die sich einerseitsfür die Gewährung der Tagegelder tatkräftig eingelegt haben undandererseits jeden auf anderweitige Gestaltung des Reichstags-Wahlrechtes gerichteten Wunsch, weil er gegen die bestehende Ver-fassung gerichler ist, als eine Art Hochverrat zu brandmarken versuchthaben, recht dringend zu Gemüte geführt würde. Auch täten siegut, sich zu erinnern, daß die Diätenlosigkeit sich als einen Bestandteil des Kompromisses darstellt, durch das damals die audas Wahlrecht bezüglichen Bestimmungen der Reichsverfassung zustände gekommen sind. Dann würden sie für die Bedenken,die sich gegen die Beseitigung der auf die Diätenlosigkeitbezüglichen Vorschrift der Verfassungsurkunde erheben lasse»,vielleicht Verständnis gewinnen. Wir wagen nicht zu hoffen, daßdiese Bedenken die verbündeten Regierungen in der Absicht, demReichstage in dieser Frage entgegenzukommen, noch in letzterStunde wankend machen werden. Aber sie müssen aus-gesprochen werden, und eben deshalb sind wir dem Abg. Grasenzu Limburg-Stirum aufrichtig dankbar für die Entschiedenheit,mit der er sich gegen die Aufhebung der auf die Tagegelder be-züglichen Vorschrift der Reichsverfassung gewendet hat. UnserReichstagswahlrecht ist durchaus demokratisch, und die Verhängnisvollen Folgen dieses seines Charakters haben sich in dem Maßeverschärft, in dem wir uns von den Zeiten der großen nationalenErhebung der Jahre 1870 und 1871 entfernt haben. Aber stattseinen demokratischen Charakter einzuschränken, will man ihn ver-schärfen....Schon jetzt wird man bei einigermaßen unbefangener Würdi-gung unserer Verhältnisse nicht behaupten können, daß unser Reichs-tag im Hinblick auf die Qualität seiner Mitglieder auf einem be-sonders hohen Niveau steht, im Gegenteil, man wird zugebenmüssen, daß der Gebrauch demagogischer Mittel bei der Wahl-bewegung immer größeren Umfang gewonnen hat, daß die Wahl-erfolge, die mit ihrem Gebrauche erzielt worden sind, geeignetsind, zu einer noch weiteren Ausdehnung dieses Gebrauches zureizen und gewissenhasten Männern die Teilnahme am Wahlkanipfevöllig zu verleiden. Wie soll das erst iverden— so muß manfragen— wenn gewissenlosen Männern durch die Aussicht aufklingenden Lohn zum rücksichtslosen Gebrauch der schlimmsten undverwerflichsten Mittel einer wüsten Demagogie ein noch stärkererAnreiz gegeben wird als durch die alleinige Aussicht, sich durcheinen Wahlsieg und die durch ihn erlangte Mitgliedschaft im Reichs-tage eine wenigstens nach der formalen Seite immerhin bedeutsameStellung im öffentlichen Leben zu sichern I"Die„Kreuz-Zeitung" spielt demnach die Rolle der VerfaffungS-wächterin. Vom historischen Standpunkte eine Lächerlichkeit; denndas von ihr so hoch gepriesene Dreiklassenwahlrecht zum preußischenAbgeordnetenhause verdankt sein Dasein lediglich einem Verfassungs-bruch, einer willkürlichen Eskamotage des noch immer zu Recht be-stehenden Wahlgesetzes vom 8. April 1848 und seiner Ersetzung durchdas der sogenannten„Unionsakte" vom 26. Mai 1349 angehängteWahlgesetz. Aber selbst angenommen, die heutige preußische Ver-fassung bestände zu Recht, so bedeutet doch die jüngst von den Kon-servativen im Abgeordnetenhause angenommene.Wohlreformvorlage"zweifellos eine Verfassungsänderung, denn sie widerspricht den Artikeln 69und 115 der Verfassungsurkunde. Weshalb hatten in diesem Falle dieJunker absolut gar keine Verfassungsbedenken, während sich gegendie geplante Reichsverfassungsänderung ihr vaterländisches Herzrebellisch auflehnt, obgleich ihnen doch sonst Preußen weit höhersteht als das Deutsche Reich? Der Unterschied liegt darin, daß diepreußische Verfassungsänderung eher ihr Uebcrgewicht im preußischenAbgeoronetenhause vermehrt als verringert, während durch dieAenderung der Reichsverfassung daS ReichstagSwahlrecht, wie esheißt,„demokratisiert" wird. Wem, es für sie von Vorteil ist. habendie Herren Junker absolut keine Bedenken: dann verspüren sie sogargegen offene Verfassungsbrüche und Staatsstreiche nicht den geringstenWiderwillen.—Diäten gegen Volksrechte.Wie das zuweilen halboffiziöse Scherlblatt gehört habenwill, soll in der Tat die Absicht bestehen, die Diätengewährung Voneiner erheblichen Einschränkung der Volksrechte abhängig zu machen.Dem Bundesrat sei. so berichtet das Scherlblatt, gleichzeitig mitder eigentlichen Diätenvorlage noch eine zweite Vorlage zu-gegangen, die eine Abänderung des Artikels 28 der Reichsverfassungvorsehe, in dem bestimmt wird, daß zur Gültigkeit der Beschluß-fassung die Anwesenheit der Mehrheit der Mitgliederdes Hauses erforderlich ist. Dieser Artikel, der für die Beschluß-sähigkeit des Hauses die Ailwesenhcit von mindestens 199 Mitgliedernvorsieht, solle nun dahin modifiziert werden, daß diese Mitglieder«zahl nur noch für Abstimmungen in dritter Lesung oder überInitiativanträge erforderlich sei, nicht aber für die erstenbeiden Lesungen, bei denen schon eine wesentlich niedri-g e r e Ziffer für die Beschlußfähigkeit ausreichend sein solle.Das Scherlblatt verrät auch die Absicht dieser VerfaffungS-änderung: Bisher seien häufig die Debatten sehr in die Länge ge-zogen worden, da man Anträge auf Schluß der Debatte nicht zustellen gewagt habe, da diejenigen, denen daS Wort abgeschnittenwerden sollte, dann einfach mit Erfolg die Beschlußfähigkeit desHauses angezweifelt hätten.Wenn also das Scherlblatt recht unterrichtet ist, will man fakttschdie Diätenbewilligung dazu benutzen, die Rechte der Volksvertrewngresp. des Teils derselben zu kürzen, der das ihm von den Wählernerteilte Mandat mit Ernst und Eifer ausübt. Der Reichstag sollnoch mehr als bisher zu einer bloßen Geldbewilligungs-Maschine herabgedrückt, die Kritik soll noch mehrals bisher geknebelt werdenl Schon jetzt sind dieMassen des Proletariats in ihrer parlamentarischen Verttetungenorm benachteiligt durch die veraltete Wahlkreisgeometrie, die100 000 Landbewohnern ebensoviel Rechte einräumt wie 500 000und mehr Jndustrieproletariern. die auch nur einen Wahlkreisbilden! Und jetzt soll der proletarischen Reichstagsvertretung auchnoch das Recht der Kritik geraubt werdenlDa selbst das Scherlblatt es für unwürdig erachtet, daß derReichstag eine Entschädigung, die nur ein schwacher Ersatz für bareAuslagen und Verluste sei, durch politische Zugeständnisseerkaufe, sollte man annehmen dürfen, daß auch die Reichstagsmehrheit diesen schmählichen Handel mit Entrüstung zurückweistSchon die bloße Zumutung müßte als Beleidigung empfundenwerdenl—•Ocutrchee Reich.Blamables Lob.Der Generalmajor Keim spendet im„Tag" den bürger-lichen Parteien im Namen des Militarismus die Anerkennung, daßsie in ihrer Kritik militärischer Dinge gegen früher viel zahmergeworden seien. So sei das Zentrum in der Frage derSoldaten Mißhandlungen in diesem Jahre ungleich ge-linder aufgetreten, als noch im Jahre vorher. Auch sonst habe derReichstag gewissermaßen Fortschritte gemacht, was die Beratungvon Wehrsragen angehe.„indem frühere Oppositions-Parteien bei der Beratung der Flottennovelle auf jedeeigene Meinung verzichteten. Sie stellten sich bierbei,dem Beispiele ihrer Presse folgend, auf den Standpunkt.daß es durchaus unangebracht sei, wenn Laien undselbst unabhängige Sachverständige anderer Ansichtwären, wie die verantwortlichen Kreise." Diese Sinnes-änderung sei um so bemerkenswerter, als früher Zentrumund Freisinn selbst in rein militäriechnischen Fragen eine eigene,von der der Regierung abweichende Meinung zu besitzen sich an«gemaßt hätten.Man sieht, die Herren Militärs sind außerordentlich zuftiedenmit der gegenwärtigen Haltung des Zentrums und des FreisinnsOb speziell dem letzteren bei einem solchen Lob nicht am Ende dochetwas unheimlich wird?Am konsequentesten und unverbefferlichsten ist nach dem HerrnGeneralmajor die Sozialdemokratte geblieben. Aus ihre Angriffesollte aber, rät der Herr, die Regierung nicht allzuviel und allzuoftreagieren:„So ungefähr, wie das General Bronsart II als Kriegs-minister tat, der die sozialdemokratischen Auslassungen m e i st e n ssehr kurz abfertigte, dabei unterstützt durch charakteristischeHandbeweguiigen".Nun, solch eine gekünstelte Skichtachtung würde die sozial-demokrattsche Fraktton furchtbar kalt lassen— wohl aber würdendie„charakteristischen Handbewegungen" draußen im Lande eineaufteizende Wirkung haben, für die wir einem Bronsart HI nur dankbarsein könnten. Jedenfalls würde die Sozialdemokratie den Grimmund die„Verachtung" des Militarismus leichter ertragen köimen,als das Zentrum und der Freisinn das ihnen gespendete Lob!—Also doch noch nicht ganz verjudet!Die„Kreuz-Ztg.' verzeichnet es mit Genugtuung, daß dieneuen Führer der freisinnigen Volkspartei nicht gewillt zu seinscheinen, von den Bahnen Eugen Richters abzulenken. Gleich demVerstorbenen begriffen augenscheinlich die neuen Männer, daß einPaktieren mit der Sozialdemokratie" die fteisinnige Volkspartei umden größten Teil der ihr noch gebliebenen Anhängerschaft bringenmüsse, da die Arbeitgeber. Rentner usw. dann nach rechts abschwenkenwürden. Statt sich durch eine Annäherung an die Sozialdemokratiezu kompromittieren, habe sich die freisinnige Volkspartei einerminder negativen Haltung zu den Kolonial- und Flotten-fragen" befleißigt.Dieser wohlwollenden Zensur für die Herren Müller- Saganund M u g d a n läßt das führende konservative Organ dann eineumso schlechtere Zensur für Herrn Theodor Barth folgen:„Die Politik des Paktierens zwischen fortgeschrittenemLiberalismus und Sozialdemokratie ist stark bloßgestellt wordendurch denjenigen, der sie zuerst in die Wege zu leiten suchte, durchHerrn Dr. Barth. Der erste Vorsitzende des Vereins zurAbwehr antisemitischer Bestrebungen sollte und wollte ausden sozialdemokratischen Arbeiterbatailloirenmit Hülfe freisinniger Offiziere von zuverlässig philosemitischerGesinnung eine starke Judens chutztruppe organi-sieren. Dieser wohlausgcklügelte Plan ist gescheitert."Bisher nahmen wir nach den glaubwürdigen Versicherungen derkonservativ-antisemitischen Presse an, die Sozialdemokratie sei längsteine„Judenschutztruppe". Da aber Herr Dr. Barth nach der Ver-icherung der sicher bestinformierten„Kreuz-Zeitung" erstzen Auftrag erhalten hatte, aus der Sozialdemokratie eine Juden-chutztruppe zu organisieren und da dies Projekt obendrein g e-ch e i t e r t ist. kann es mit der Verjudung der Sozialdemokratiedoch nicht so schlimm sein. Oder sollte die„Staatsbürgcr-Zeitung"anderer Meinung sein?—_Londoner und Berliner Fleischpreise.Die Vieheinfuhr in Deutschland ist bekanntlich durch dieGrenzsperren auf ein sehr geringes Maß beschränkt. Die Einfuhrvon Rindvieh ist nur aus Oesterreich-Ungarn, aus der Schweiz undDänemark gestattet, und auch aus diesen nur über bestimmte Grenz-tationen bezw. Hafenplätze unter den lästigsten Vorschriften und zurofortigen Abschlachtung des Viehs in öffentlichen Schlachthöfen.An Schweinen dürfen unter ähnlichen den Import erschwerendenBedingungen seit dem Jnkrafttteten der neuen Handelsverträge, alsoseit dem 1. März dieses JahreS, aus Rußland jährlich 130 000 Stückin Obcrschlesien und aus Oesterreich-Ungarn 80 000 Stück in Sachsenund Bayern eingeführt werden. Und fast mehr noch ist die Fleischeinfuhrbeschränkt, so daß im Jahre 1904 sich die Einfuhr von frischemund zubereitetem Fleisch nur auf 285 730 Doppelzentner stellte.Begründet wird von der Regierung, wie von den Agrariern dieseEinschränkung mit der S e u ch e n g e f a h r. Die englische Regiernugist weniger ängstlich; die Vieh- und Fleischeinfuhr hat im Laufe derletzten 20 Jahre eine enorme Höhe erreicht, und doch kann von einerVerseuchung des englischen Viehbestandes durchaus nicht die Redeein. Nach einem von der„Frankf. Ztg." veröffentlichten Bericht derLondoner Firma W e d d e l u. C o. betrug im letzten Jahre dieenglische Einfuhr, von:gefrorenem Hammel- und Lammfleisch 180 197 760 Kilogr.gefrorenem Rindfleisch....WtnhfT-ifrfiDie Folge dieser Einfuhr, die sich demnach auf 482 078,8Doppelzentner belief, ist, daß sich in den letzten beiden Jahrzehntendie englischen Fleischpreise nur äußerst wenig geändert haben. ESkostete z. B. im Durchschnitt des letzten JahreS auf dem SmithfieldMarket, London:per Pfundenglisch7t/z pence»V,.per Va KiloS'/82Va5l/34Va71'/, Pf.31.29'/,.23'/,.50,41.Ochsenfleisch..SchweinefleischHammelfleisch.Die„Frankf.I.76.4 Pfg.67.8 ,.80.6.gekühltem Rindfleisch106 556 200145 319 850bestes schottisches Hammelfleisch...geftorenes austral. Hanunelfleisch..do. La Plata Rindfleisch, Hinterteil.do.„„„ Vorderteil.englisches Schweinefleisch.....amerikanisches Schweinefleisch....Der englische Arbeiter hat also eine billige Fleischnahrung zurVerfügung, die Kaufkraft seines Lohnes ist eine höhere als die desLohnes seiner deutschen Genossen. Denn Ende 1905 notterten z. B.in Berlin:II. III. IV. Qualität71,5 Pfg. 65.1 Pfg 60,8 Pfg.66.1.76,6„ 63,2.Ztg." bemerkt dazu:„Diese Preisunterschiede findnicht allein für die Volksernährung von tiefer Bedeutung, sie stellenauch eine Frage des internationalen Wettbewerbs dar. Denn ent-weder muß der deutsche Arbeiter, um gleich leistungsfähig wieder englische zu sein, für dieselbe Leistung einen höheren Geld-wert beanspruchen, um sich entsprechend ernähren zu können,oder er geht notwendigerweise in seiner Leiswng zurück. Für deninternattonalen Wettbewerb kommt eben nicht allein der Unter-nehmungsgeist des Fabrikanten in Bettacht, er wird bei zu«nehmender Schärfe immer abhängiger von der Qualität derArbeiter und Angestellten; die Zeilen, in denen wir mit rohenMassenarttkeln nach der Devise„Billig und schlecht" den Weltmarktüberschütteten, sind für Deutschland unwiderbringlich vorüber, wirkönnen nur noch mit Oualitätsleistungen vorankommen. Dieseerfordern auch eine entsprechende körperliche Pflege des Arbeitersund hier ist in bezug auf Nahrung der englische weitaus beffergestellt als der deutsche. Der englische Rinderstapel zählte 139111343 686 Häupter, bei der letzten Zählung dagegen 11477 824, eSist also auch hier eine Zunahine vorhanden, die erkennen läßt, daßein Niedergang der englischen Landwirtschaft nicht erfolgt ist. Nurist man in England nicht der Meinung, das Produktionsdefizit anFleisch dadurch ausgleichen zu müssen, daß man durch Verteuerungden Konsum zurückschraubt. Dieses volksschädliche Rezept ist leiderein e deutsche Erfindung!"—_Auf der Retirade. Nun ist auch die„bedeutendste" all' derStaatsakttonen, die um des preußischen Wahlrechtsflug-b l a t t S willen unternommen worden, zum stillen Ende gekommen,die von Gommern. Die 2. Sttaskammer de« Landgerichtszu Magdeburg hat am 3. April beschloffen, in derStraffache gegen den Arbeiter Braun und den MaurerK o p p h e n zu Gommern, den Redakteur Preczang zu Rahns-dorf und den Buchdrucker Schubert zu Berlin auf Antrag derStaatsanwaltschaft die Beschuldigten außer Ver«folgung zu setzen, weil ihnen nicht nachzuweisen ist,daß sie sich einer gemäߧ 130 des SttafgesetzbucheS gegebenenSttafbarkeit des Inhaltes des Flugblattes. das heißt deraufreizenden und beunruhigenden Natur desselben bewußt waren.So endet also auch dieses Projett einer Ausreizungsanklage mitEinstellung de? Verfahrens Eigenartig ist die Begründung. Es istwohl bisher noch nicht vorgekommen, daß dem Berantworllichen einersozialdemottattichen Druckschrift von preußischen Staatsanwälten undRichtern der ftrafausschlietzende Umstand zugebilligt wurde, er seisich der Strafbarkeit des Inhalts nicht bewußt gewesen. SolchesBewußtsein wird sonst stets und überall vorausgesetzt. Dadurch,daß es hier ausnahmsweise nicht geschieht, kommt die Staats-anwaltschast um die unangenehme und schwierige Aufgabehemm, nachzuweisen, daß in dem Wahlrechtsflugblatt, daSverschiedene preußische Gerichte bereits für strafrechtlich un«bedenklich erklärt haben, eine Aufreizung zu Gewalttätig-ketten enthalten sei. Zugeben wollen wir allerdings den Magde-bnrger Juristen, daß das Flugblatt beunruhigender Natur ist. ESist beunruhigend für unsere Bourgeoisie, wie unsere Wahlrechts«bewegung überhaupt, wie die ganze Arbeiterbewegung. Aber dieAngst unserer tapferen Bourgeoisie ist noch nicht der juristische Be«weis, daß das Wahlrechtsflugblatt zu Gewalttaten aufreizt!—Ein Schauspiel für Götter liefem die Liberalen im bayerischenLandtagswahlkreise Wunsiedcl. DaS Mandat des dort gewähltenliberalen Lehrers Beyhl wurde vom Landtage kassiert, weshalb eineNachwahl stattzufinden hat. Vier Wahlgänge am 22. März verliefenerfolglos und die Wahlhandlung mußte abgebrochen werden, weilsich die liberalen Wahlmänner m zwei ziemlich gleich starke Lagergespaltet haben. Die eine Partei hielt an dem bisherigen Abge-ordneten Beyhl fest, während die Fabrikanten und Großindustriellenin letzter Stunde mit der Gegenkandidatur des liberalen Manschetten«dauern Stöcker auf dem Plan erschienen. Da auch derBund der Landwirte und die Sozialdemokraten sich ander Wahl beteiligten, konnte keiner von den Kandidatendie absolute Mehrheit erlangen. Die Fortsetzung der Wahl, ist nunauf den 11. April anberaumt. Die liberale Parteileitung hat inzwischen hinter den Kulissen gearbeitet, um eine Einigung zustandeu bringen, und es wurde auch offiziell verkündet, daß Stöcker von>er Kandidatur zurücktrete; aber die Großindustriellen wollen nichtOrder parieren. Sie halten an ihrer Sonderkandidatur fest undwollen, falls Stöcker wirklich zurücktritt, aus ihren eigenen Reiheneinen Kandidaten aufftellen. So werden voraussichtlich auch diefolgenden Wahlgänge ergebnislos bleiben.Amtliche Geheim- Statistik über„Elende" und„vaterlandSlosc"Gesellen. Von der Arbeit für diese treffliche Einrichtung ist durchunser Elbcrfelder Parteiblatt, die„Freie Presse", wieder einmalein Zipfelchen ans Licht gezogen worden. DaS Blatt ist in der Lage, eineAnzahl Aktenstücke zu publizieren, die da zeigen, daß das Elber«elder Bezirkskonnnando besonderen Wert auf die Gesinnungs«chnüffelei unter den fürS Heer Ausgehobenen legt. DaS eine dieserSchriftstücke lautet:BezirkskommandoElberfeld 15. HI. 05.J.-Nr. 28 Geheim.Unter Rückgabedem OberbürgermeisteramtElberfeldmit der Bitte, auf anliegende Liste diejenigen Personen kenntlichmachen lassen zu wolle», welche als zielbewußte, namentlich inführender Stellung befindliche Sozialdemokraten oder als Anhängerder anarchistischen Partei bekannt sind.Um Erledigung bis 1. 4. wird ersucht. �A. B.Käthe.Aehnliche Schriftstücke sind durch Vermittelung des Landratsden Bürgermeistern einer Anzahl anderer Orte zugegangen. Alle habennatürlich den Wünschen des Elberfeldcr Bezirkskommandos„ganz ge-heiin" und nach besten Kräften entsprochen. Da aber diese Kräfte nichtweit her sind, sintemal die Behörden über die Arbeiterbewegung meist/ehr mangelhaft unterrichtet sind, in den seltensten Fällen auch einenSozialdemokraten von einem Anarchisten unterscheiden können, so