Mrfte sich allerlei unzutreffendes Material auf den BezirlSkonnnandoSansammeln.Schadet nichts l Die Gesinnungsschnüffelei darf deshalb nichteingestellt werden, denn wie sollte sich sonst die Furcht bannen lassen,daß der Staat einmal durch sozialistisch denkende Soldaten schwerenSchaden erleiden könnte_Der Beruf der Presse.Der bekannte Rechtslehrer Professor Kohler beschäftigt sich ineinem„Ehre und Beleidigung" betitelten Aufsatz des„Archivs fürStrafrecht" mit der Vcrsagung des Schutzes, den der§ 193 desStrafgesetzbuches(Wahrnehmung berechtigter Interessen) bei Be-leidigungen gewährt. Die Presse hätte, führt er aus, ebenso wieLehrer und Anwälte ihren Beruf, und zu diesem Berufe gehöre es,Mißstände zu rügen. Es sei unrichtig, dem Redakteur den Schutzdes Z 193 zu versagen, wenn ihn die gerügten Uebelstände nichtselbst„berührten". Sie berübrten ihn ebenso, wie etwa denSyndikus eines Vereins solche Dinge, die seinen Verein schmälerten.wenn sie auch den Syndikus nicht persönlich beträfen.„Welchen anderen Beruf", fragt er, sollte sonst die Pressehaben? Etwa die Neugierde zu befriedigen, etwa zu unterhalten,etwa theoretische Ansichten zu vertreten? Nein, die Presse hat denBeruf, die praktischen Interessen der Nation und damit der Mensch-heit nach allen Richtungen hin zu fördern. Mißstände hervor-zukehren lind Ideen zu verbreiten, welche die Welt in ihrer Kultur-arbeit fördern sollen.... Der Beruf der Presse wird vom Reichs-gericht verkannt, wenn es annimmt, das Recht der Pressefei nichts anderes als das Recht der freien Aeußerung. Eben sogut könnte man sagen, das Recht des Anwalts sei nichtsanderes als das Recht der freien Aussprache; in der Tat Handelles sich um Zweck und Ziel der Aeußerung, und dieses ist im einenFalle ebenso berechtigt wie im anderen. Dazu kommt, daß dieTätigkeit der Presse ebenfalls beruflich ausgeübt wird, also nichtetwa gelegentlich, in vereinzelten Fälle», sondern in regelmäßigerzielbewußter Arbeit, welche ein ganzes Menschenleben ausfüllenkann, und den Mann der Presse zwingt, Stellung zu nehmen undauch da tätig zu sein, wo etwa Neigung und persönliches Behagenschweigen müssen."_Einen unangenehmen Prozeß hat der Kommerzienrat G rubel,nasionalliberaler Abgeordneter zum golhaischen Landtage, mit demRedakteur Walter vom„Gothailchen Tageblatt" auszutragen.Der Prozeß begann am Freitag vor dem Schöffengericht zu Gotha.Walter hat in seinem Blatte von Grübel behauptet, daß er denThüringer Weberverein, dessen Leiter er ist. nach außen zwar alsW o h l-tätigkeitsverein ausgegeben, ihn aberfiir seine politischenwecke mißbraucht habe. Ferner soll sich Grübel des un-auteren Wettbewerbes in den Anpreisungen der Erzeug-Nisse des Webervereins und des Betruges unter ZuhülfenahmedeS Namens der Kaiserin schuldig gemacht haben. Die Be-schuldigungen Walters, die fast ein Jahr lang erhoben wurden, ohnedaß Abg. Grübel dagegen etwas unternahm, erregten in ganzThüringen großes Aufsehen. In der Verhandlung erklärte Walter,er wolle den Wahrheitsbeweis. antreten. Behufs Beschaffung vonAkten über einen anderen Prozeß, in dem der Kläger vor einigenJahren verwickelt war, wurde die Verhandlung auf den 27. Aprilvertagt.—_Ein LandfriedenSbruch-ProzeßauS Anlaß der Aussperrung auf der R o st o ik e r„Neptun"-Werft beschäftigte das mecklenburgische Schwurgericht zu Güstrow.Am Spätabend deS 6. Februav waren in dem durch den breitenUnterlauf der Warnow von Rostock getrennten Orte Gehlsdorf vierauf der ,.Neptun"-Werft als„Arbeitswillige" beschäftigte Kupfer-schmiede auf ihrem Rückwege von einem Restaurant von angeblich12— 15 Personen überfallen und mißhandelt worden, wobei einerder Kupferschmiede mehrere Messerstiche in den Rücken erhaltenhaben will, so daß er 12 Tage arbeitsunfähig gewesen sei. Diesofort eingeleitete gerichtliche Untersuchung erstreckte sich auf einegrößere Anzahl der Rostocker Ausgesperrten, von denen 8 in Unter-suchungshaft genommen wurden, während Anklage auf Land-friedensbruch im ganzen gegen zwölf Personen erhoben wurde.Angeklagt war eine Anzahl Ausgesperrter, die in dem betreffendenRestaurant mit den„Arbeitswilligen" gesprochen und dann dasLokal kurz vor dem Weggange der vier Ueberfallenen verlassenhatten. Die Unterhaltung hatte, wie die vier Arbeitswilligen selbstbezeugten, keinen feindseligen Charakter getragen;man hatte sich getrennt, nachdem die Arbeitswilligen versprochenhatten, die Arbeit niederlegen zu wollen. Gleichwohl wollten dieUeberfallenen in mehreren ihrer Angreifer verschiedene der Aus-gesperrten erkannt haben, die vorher mit ihnen in dem Restaurantgewesen waren. Die Angeklagten gaben ihre Anwesenheit bei derin der Wirtschaft gepflogenen Unterhaltung zu, bestritten jedochentschieden jede Beteiligung an dem Ucberfall; sie seien nach derUnterredung, soweit sie in GehlSdorf selbst wohnten, in ihreWohnungen gegangen, während die Rostocker, da die Dampffährenach ViU Uhr abends nicht mehr fuhr, sofort den zweistündigenFußmarsch nach Rostock angetreten haben wollen. Der Verteidigerloies sehr eingehend hin auf die vielen Widersprüche zwischenden Aussagen der Belastungszeugen vor Gericht einerseits und inden Protokollen der Staatsanwaltschaft und des Untersuchungs-richters andererseits. Das Gericht berief telegraphisch den RostockerErsten Staatsanwalt; derselbe konnte zur Beseitigung der Wider-sprüche in den Protokollen nichts vorbringen, erklärte jedoch aufBefragen des Verteidigers, daß bei Ausstellen des �inen fraglichenProtokolls„infolge der Eile wohl ein Irrtum unterlaufen seinkönne" und daß speziell Namensverwechselungen zwischeneinigen der Angeklagten vorgekommen zu sein scheinen.Die Verteidigung konnte weiter eine ganze Reihe von Zeugen vor-führen, welche den von den Kupferschmieden am meisten belastetenTischler Türk als einen durchaus ruhigen besonnenenMann darstellten. In dieser Beziehung mußte der von derStaatsanwaltschaft als Belastungszeuge geladene DirektorBarg von der„Neptun"-Werft selbst erklären, daß ihm Türk alsderzeitiger Vorsitzender des Arbeiterausschusses als besonnenerruhiger Arbeiter bekannt sei, dem er Gewalttätigkeiten nicht zu-traue. Der Staatsanwalt räumte ein. daß die Beweisaufnahmedie Anklage in vielen Punkten erschüttert habe und daß er sich ge-zwungen sehe, gegen sechs dev Angeklagten selbst Freisprechung zubeantragen. Aber gegen die übrigen sechs halte er die Anklage auf-recht; allerdings hätten selbst die Belastungszeugen nicht behauptet.daß sich Zwei dieser sechs unter den Angreifern befunden hätten.aber sie wären nach seiner Ansicht doch dabei gewesen, weil sie zu-gegeben hätten, zusammen mit den anderen Rostockern den zwei-stündigen Heimmarsch gemacht zu haben. Hätten sie nicht im vorausden Ueberfall geplant, j'o hätten sie zweifellos um �11 Uhr dieletzte Dampffähre benutzt, um den beschwerlichen Fußmarsch zu ver-meiden!! Der Staatsanwalt wollte selbst in Ansehung der Aus-spcrrung allen Angeklagten mildernde Umstände zugebilligt wissen.Aber die Geschworenen verweigerten in ihrem Wahrspruche demTischler Türk die mildernden Umstände. Infolgedessen lautetegegen den Tischler T. das Urteil auf 1 Jahr und 3 MonateI u ch t h a u s. Drei weitere Augeklagto wurden zu 1 Jahr resp.zwei zu je 5 Monaten Gefängnis verurteilt./iuslatut.Frankreich.Die Reform der Kriegsgerichte ins Wasser gefallen.Paris, 7. April.<Eig. Bericht.) Die klerikale Offiziersclique de-monstriert weiter. Gestern sind wieder von zwei KriegsgerichtenOffiziere freigesprochen worden, die sich geweigert hatten, bei In-venturaufnahmen den Zivilbehörden gegen die revoltierenden Kleri-kalen beizustehen.Um so eigentümlicher ist der Beschluß der Regierung und ihrerMajorität: die mit viel Lärm angekündigte Reform der Kriegsgerichtein der Versenkung verschwinden zu lassen! Zwei Tage lang hat dieKammer über allerhand belanglose Gegenstände debattiert, so z. B.über den Schutz der nationalen Sardine, und schließlich hat sie sichauf Dienstag vertagt, ohne daß man auch nur ein Sterbenswörtchenvon den Kriegsgerichten hätte verlauten lassen. Es läßt sich aller-dings nicht leugnen, daß mit einigen Gelegenheitsparagraphen nichtviel getan wäre. Würde man die von Militärpersoncn be-gangenen gemeinrechlichen Delikte sowie den Ungehorsamgegen die Anordnungen der Zivilbehörden den ordentlichen biirger-lichen Gerichten zuweisen, so wäre das wohl einleuchtend logisch unddaneben noch eine Demonstration gegen die Offizierskaste, aber inden wichtigsten der vorliegenden praktischen Fälle ohne Bedeutung;denn die militärischen Jnsubordinationsvergehen blieben immer nochden Kriegsgerichten vorbehalten. Die von der Regierung in denletzten Tagen angenommene Klausel, daß die Kriegsgerichte gehaltensein sollten, ihre Urteile zu begründen, wäre nicht imstande, dieOpposition der Militärrichter zu beeinträchtigen. Und dabei bliebeimmer noch der Widersiim bestehen, daß der Kricgsminister ansadministrativem Wege Strafen verhängen könnte, die den Freispruchder Richter taisäcklich aufheben. Die besondere Militärgerichtsbarkeitist eben ein Unsinn und eine Unredlichkeit, sofern daneben die un-beschränkte disziplinäre Gewalt des Kriegsministers besteht, dieüber den Angeklagten wie über seine Richter schaltenkann. Die einzige Lösung dieser das Prozeßverfahren wiedas materielle Recht berübrenden Schwierigkeit wäre wohl.Disziplinargewalt und Strafrecht genau allseinanderzuhalten undunter Aufhebung der ständischen Militärgerichtsbarkeit die Konipetenzder bürgerlichen Gerichte möglichst zu erweitern. Jedenfalls sinddie Aufgaben, die sich in dieser Hinsicht der Gesetzgebung stellen,sehr kompliziert und es ist begreiflich, daß man davon abgesehenhat. den jetzigen Zustand durch ein paar überhastete Notbestinunungennoch mehr zu verwirren. Aber nachdem sich die Majorität und dieRegierung einmal für eine Reform auf diesem Gebiete erklärt hatten,wäre wohl ein Beschluß, der den künftigen Gesetzgebern den Weggewiesen hätte, immerhin besser am Platze gewesen als dasstille Begräbnis, das den Reaktionären ein vergnügtes Schmunzelnentlockt.—Zwistigkeiten im französischen Kabinett. Der„Eclair" behauptet,daß zwischen dem Arbeitsminister Barthou und den MinisternClömenceau und Thomson wegen der gegen die Staatsingenienreeingeleiteten gerichtlichen Untersuchung ein scharfer Zwist ausgebrochensei, da drei dieser Staatsingenieure in der radikalen Parteimächttge Beschützer haben; es sei infolge dieser Angelegenheit imletzten Ministerrat zu heftigen Auftritten gekommen. Gegen denArbeitsminister wird u. a. der Vorwurf erhoben, daß er die Ein-leitung der gerichtlichen Untersuchung verlangt habe, bevor der vonihm eingesetzte technische Ausschuß seine Enquete beendet hatte.Italien.DaS Sotm» für den Reptilienfonds.Rom, 7. April.Mit 224 gegen 78 Stimmen hat die Kammer gestern die TageS-ordnung T u r a t i für die Unterstellung des Reptilienfonds unterdie parlamentarische Kontrolle abgelehnt. Die schöne Legende, nachder Sonnino ein neues Regime der politischen Ehrlichkeit einführensollte, ist somit endgültig zu Grabe getragen worden. Außer deräußersten Linken stimmten nur noch einige Eingänger der verschiedenenbürgerlichen Fraktionen für die Tagesordnung Turati. Und geradediese„schöne Tat der Ehrlichkeit"— die Abschaffung des Reptilien-sonds— war Herrn Sonnino schon so hoch angerechnet worden,daß sie als der Hauptgrund erschien, um den Ministerialismus unsererParteifraktton zu rechtfertigen!SoziaUd*Behördliche Brkämpfungei» des Kampfes gegen Alkoholmißbrauch.In Worten wird von den verschiedensten Behörden der Kampfgegen den Alkoholmißbrauch als notwendig und zweckmäßig ge-pnesen. Die Taten mancher Behörden erweisen sich aber alsHemmungen des Kampfes gegen den Alkoholteufel. Uns wird hier-über aus Königsberg berichtet:Vor einigen Jahren wurde in Königsberg unter der Mitwirkungder„Spitzen der Behörden" eine Zentrale zur Bekämpfung desAlkohols gegründet. Die Frau Oberpräsident von Ostpreußen undder Herr Polizeipräsident von Königsberg fühlten sich be-sonders dazu berufen, den Kamps gegen den Alkoholmißbrauch auf-zunehmen. Von einem wirksamen Vorgehen der„hohen Herr-schasten" ist nichts zu spüren; man hat vielmehr bisher den Gast-Wirten allerlei Steine in den Weg gelegt, damit aber nichts erreicht.Inzwischen gründeten die Arbeiter einen Abstinenten-verein und mieteten ein Lokal, in dem sie ein Lesezimmer ein-richteten und auch Versammlungen abhielten. Da Sozialdemokratendie Führung übernommen hatten, so erfreute sich der Abstinenten-verein bald der liebevollen Fürsorge der Polizei. Undder Polizeipräsident al» Mitglied der Zentrale zur Be-kämpfung des MoholS bekam eS fertig, den Abstinentendas Abhalten von Versammlungen zu unter-sagen. Es wurde angenommen, daß die Türen des Ver-sammlungslokals nicht nach außen aufgeben und der Zugang zumVersammlungsraum„nicht feuersicher" sei, deshalb könne das Ab-halten von Versammlungen nicht gestattet werden. Dabei gehenalle Türen außer einer Eutrcetür nach außen auf; ebenso ist derAufgang„feuersicher". Drei Monate hindurch waren Versammlungenabgehalten worden, ohne daß ein Schaden eingetreten wäre. DemArbeilerabstinentenverein ist jetzt durch das Eingreifen der Polizeidie Möglichkeit genommen, die Arbeiter über die Schädlichkeit desAlkohols aufzuklären. Und das, trotzdem der Polizeipräsident Mit-glied der Zentrale zur Bekämpfung deS Alkoholmißbrauchs ist.Der Bekämpfung des Alkoholmißbrauchs ist nun auch diestädtische Verwaltung entgegengetreten. Auf die Petitiondes Abstinentenvereins hin hatten die Stadtverordneten demVerein eine einmalige Beihülfe von 299 M. bewilligt. Einbürgerlicher Arzt und ein Jurist hatten überzeugend nach-gewiesen, daß die Stadt für derartige Zwecke Gelder bewilligenmüsse. Anders dachte der Magistrat. Er ließ durch die Polizei„feststellen", daß der Vorsitzende des Verein« ein Sozialdemokrat sei. Weiter machte die Polizei die furchtbare Eni-deckung, daß im Lesezimmer des Abstinentenvereins neben anderenlesenswerten Schriften auch sozialdemokratische Zeitungenausliegen. Und nun folgerte der Magistrat, daß es sich um einensozialdemokratischen Verein handele, der unmöglich mitstädtischen Mitteln unterstützt werden könne. Er trat deshalb demAntrag der Stadtverordneten nicht bei, sondern ersuchte diese, ihrenBeschluß rückgängig zu machen. Die braven Stadtväter gehorchtenauch und der warmherzige Jurist und Arzt, die damals für die Be-willigung der 299 M. eingetreten waren— schwiegen.Eine allein wirksame Bekämpfung des Alkoholmißbrauchs, so-weit er weitere Kreise umfaßt, deren schlechte Ernährung«- undWohnverhältnisse zur Betäubung durchs Alkohol oder Fusel führen,kann lediglich durch die Arbeiter selbst geführt werden. Daß Be-Hörden in der geschilderten Art der Bekämpfung des Alkohol-teufels entgegentreten, muß mit aller Entschiedenheit von allenverurteilt werden, die, ohne für volle Abstinenz einzutreten, derFuselpest als einem wirtschaftlichen Uebel entgegenwirken. Freilichist das fuselfreundliche Verhalten von Behörden, die die bestehendeGesellschaftsordnung so wie sie ist verteidigen, konsequenter als einbehördlicher Antialkoholkampf, der die in den Mängeln derGesellschaftsordnung wurzelnden Ursachen des Alkoholismus un-berührt lassen will._.Mcrkbüchlein über Invalidenversicherung. Der Vorstand derLandeS-Versicherungsanstalt Berlin hat eine 8 Oktav-Dnickseiten umfassendeusammenstellung der wichttgsten Bestimmungen zur Durchführung dernvalidenversicherung herausgegeben, die im Laufe dieses Monatsan sämtliche Haushaltungen, Geschäfte und Lokale Berlins verteiltwerden soll. Das Büchlein enthält die wichtigsten Bestimmungenüber die Fragen: wer muß versichert werden? wie und wann hatdie Versicherung zu erfolgen? Marken welcher Klasse sind zu kleben?wie ist die Ouittungskarte auszustellen? und: wer ist zur freiwilligenVersicherung berechttgt? Das über diese Frage wissenswerteste istin leicht faßlicher, zuverlässiger Weise dargestellt. Eine derartigeVerbreitung zur Ergänzung der leider noch vielfach sehr lückenhaftenKenntnisse über das notwendigste aus der JnvalidenversicheruugS-Gesetzgebung ist eine durchaus anerkennenSiverte Einrichtung. DieVersicherungsanstalt weist in dem Merkbüchlein noch ausdrücklichdaraus hin, daß der Vorstand der Landesversicherungsanstalt(AmKöllnischen Park 8) bereit ist, in Zweifelsfällen Auskunft zu erteilen.GericKts-Deining.Fürst Kotschoubey endgültig verurteilt. Die Pvügel-affäre des russischen Fürsten Kotschoubey, durchseine Heirat mit der Herzogin Dorothee ein naher Verwandter lfesZaren, hat nunmehr durch die endgültige Verurteilung des Fürste»ihre Erledigung gefunden. Wie noch erinnerlich sein wird, miß-handelte Fürst Kotschoubey im Dresdener Hotel„Europäischer Hof"den dort angestellten Portier Möller durch Fußtritte derart, daßdieser eine dauernde Schädigung an seiner Gesundheit davontrug.Der Fürst wurde zu der bekannten niedrigen Strafe von 1999 Markverurteilt, weigerte sich aber, den gemitzhandclten Portier irgendwieschadlos zu halten, so daß dieser gegen den Prügelfürsten eine Zivil-klage auf Zahlung einer Rente anhängig machte. Das Landgerichtverurteilte daraufhin den Fürsten Kotschoubey mit Berücksichtigungdes dauernden Schadens, den der Portier durch die fürstlichen Fuß-tritte davongetragen hat, auf esne gewisse Reihe von Jahren zurZahlung einer jährlichen Rente von 2699 Mark. Da aber der Ge-schädigte für sein ganzes Leben außerstande ist, schwerere Arbeitenzu verrichten, so stellte der Portier den Antrag, die ihm zuerkanntejährliche Rente auf seine ganze Lebenszeit auszudehnen.Das Gericht ist nunmehr diesem Antrage billigevweise nach-gekommen und hat den Fürsten Kotschoubey zur Zahlung einerlebenslänglichen Rente verurteilt. Die letztere beträgtbis zum 5 5. Lebensjahre jährlich 1529 Mark, alsofür 25 Jahre(der Portier steht jetzt im 39. Lebensjahre) 3L999Mark. Vom 55. Lebensjahre ab beträgt die Rente jährlich rund1913 Mark und vom 69. Lebensjahre 5 9 6, 6 9 M a r k. Da derbedauernswerte Portieri noch immer unter den Folgen der ihmwiderfahrenen Mißhandlungen steht und stets neue unvorhergeseheneKomplikationen hinzutreten können, so ist Fürst Kotschoubey außer-dem noch verurteilt worden, für jeden weiteren Schaden aufzu-kommen. Die von ihm derzeit hinterlegte Sicherheit von 19 999Mark verbleibt infolgedessen im Besitz des Dresdener Landgerichts.Die Anstiftung zu Unregelmäßigkeiten als Entlassungsgrund.Die Verkäuferin Anna L. war von ihrem Chef, dem KaufmannBernstein, ohne Jnnehaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist ent-lassen worden, weil sie das 15jährige Lehrmädchen Bertha Schulzveranlaßt hatte, dreiviertel Meter Seidenband und ein PaarStqümpfc aus dem Geschäft zu entnehmen, ohne vorher dem Chefvon der Entnahme Mitteilung zu machen. Die Entlassene machteam Sonnabend eine Restforderung von 139 M. vor der erstenKammer des Kaufmannsgerichts geltend. Sie gab von dem inBetracht kommenden Vorfall eine von den Angaben des Beklagtenwesentlich abweichende Darstellung. Danach wollte sie mit derZeugin Schulz am Sonnabend zum Ball gehen. Die Sch. bemerkte.ihr Kleid sähe so kahl aus, worauf sie ihr riet, sie möge sich Bandzu einer Schleife abschneiden, sie könne es sich ja Ende des Monatsabziehen lassen. In derselben Weise vcranlaßte sie die Zeugin zurEntnahme der Strümpfe. Die Absicht, die Zeugin zur heim-lichen Wegnahme zu veranlassen, habe ihr dabei ganz fern gelegen.Sie hätte es bestimmt am Montag dem Chef gemeldet, wenn ihrdieser nicht zuvorgekommen wäre.Das Kaufmannsgericht wies die Klägerin mit ihrerorderung ab. Der Beklagte war zuü sofortigen Entlassunge r e ch t i g t. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin dieAbsicht hatte, die Zeugin Sch. zu einer heimlichen Entwendung an-zuhalten. Aber schon die Tatsache, daß die Klägerin die Zeuginzur Entnahme der Sachen veranlatzte, ohne mit ihr über Preis undZahlung zu sprechen, und ohne dem Geschäftsbrauch gemäß demChef von der Entnahme sofort Mitteilung zu machen, charakterisieresich als eine grobe Unregelmäßigkeit. Als verschärfendkommt noch hinzu, daß die Klägerin als ältere Angestellte die Per-pflichtung, auf das junge Lehrmädchen erziehlich einzuwirken, durchihre Handlungsweise gröblich außer acht ließ.Ein Schwindel per Telephon, durch den mehrere Geschäftsleuteerheblich geschädigt wurden, war von dem vorbestraften AdolfHerzog in Gemeinschaft mit dem gleichfalls vorbestraftenSigmund Schreiber in Szene gesetzt worden. Aus dem Unter-suchungsgefängnis wurden beide der vierten Straflammer des Land-gerichts I vorgeführt, um sich wegen gemeinschaftlichen Diebstahlsim strafschärfenden Rückfalle zu verantworten. Die letzte Strafedes Herzog betrug 2 Jahre Zuchthaus, während Schreiber zuletzt miteinem Jahre Gefängnis bestraft wurde. Zur Anklage standen achtFälle eines sehr geschickt inszenierten Telephonschwindels. EinesTages erschien in einem Zigarrengeschäft an der Ecke derRathenowerstraße ein besser gekleideter Mann und kaufte Zigarren.Er verwickelte den Inhaber in ein Gespräch, welches sich ziemlichweit ausdehnte. Plötzlich klingelte das Telephon, welches sich ineinem kleinen Verschlag des Ladens befand. Es meldete sich einDr. S t e i n, der eine Bestellung auf mehrere Kisten Zigarren auf.gab. Da der Besteller sehr undeutlich sprach, nahm das telephonisch-Gespräch längere Zeit in Anspruch. Als der Geschäftsinhaberwieder in den Verkaufsraum zurückkehrte, war der gesprächigeKunde verschwunden und mit ihm— die Ladenkasse. Anfänglichnahm man nur einen einfachen Ladendiebstahl an, erst als mehrereFälle zur Anzeige gelangten, daß ein„Dr. Stein" eine Bestellungaufgab, während der gerade im Laden befindliche Kunde die Laden-lasse stahl, schloß man auf das Zusammenarbeiten zweier raffinierterGauner. Eines Tages bemerkte der zuerst geprellte Geschäfts.inhaber den„gesprächigen Kunden" auf der Straße. Er bcnach.richtigte den Kriminälschutzmann Z i p p, der die beiden Schwindlergerade in dem Augenblick festnahm, als sie ihren Trick von neuemanwenden wollten. Es waren dies die beiden Angeklagten. DerStaatsanwalt beantragte in Anbetracht des überaus gemeingefähr-lichen Treibens der Angeklagten gegen Herzog 3 JahreZuchthaus, gegen Schreiber 2 Jahre Gefängnis.Der Gerichtshof erkannte bezüglich des letzteren dem Antrage desStaatsanwalts gemäß, aber! gegen Herzog mit Rücksicht auf seinhartnäckiges Leugnen auf 2 Jahre 6 Monate Zuchthaus,5 Jahre Ehrverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht«Sewerkfckaftlicdes.Ein neuer christlicher Verrat.Zu der Einführung des Zweistuhlsystems in Aachen wirb unsnoch geschrieben: Jahrelang hat der christliche Verband mit demDeutschen Textilarbeiterverband gemeinschaftlich die von dem Unter-nehmertum angestrebte Einführung des Zweistuhlsystems aufsentschiedenste bekämpft und ihr erfolgreich Widerstandentgegengesetzt. Ja, dem Kampfe gegen das Zw ei stuhl-f y st e m verdankt der christliche Verband zum größten Teile seinDasein und seine Witgliederzahl, die in Aachen bedeutend größerist als die Zahl der Mitglieder des Deutschen Textilarbeiter-Verbandes. Vor einigen Jahren gründeten die Christlichen gemein-sam mit dem Unternehmertum ein Schiedsgericht für die Textil,industrie, von dem man den Deutschen Textilarbeiter,