GcwcrbfchaftUchee.Luftige Phantasien und eherne Tatsachen.»Die Aussperrungen in der Metallindustrie lenken den Blickauf die sozialdemokratische Metallarbeiterorganisation, die den Kampfmit den Metallindustriellen heraufbeschworen hat." So schreibeneine Anzahl bürgerlicher Blätter wie die„Magdeburgische Zeitung"und der„Hannoversche Courier" und schließen daran ein Urteilüber den Ausgang der Bewegung. Danach soll der Ausgangdieses Kampfes bereits sicher zugunsten der Unternehnier sein,«veilder Metallarbeiterverband an„30 kleinen Streiks" beteiligt sein sollund in Dresden, Hannover und Braunschweig jetzt sehr stark von denAussperrungen betroffen wird. Es wird weiter behauptet, derMetallarbeiterverband sei nicht in der Lage, einen Kampf, wie diejetzigen Streiks und Aussperrungen, auf längere Zeit durchführen zukönnen. Um dies plausibel erscheinen zu lassen, wird der Vermögens-bestand des Metallarbeiter-Verbandes am Jahresschlüsse 1905 auf1 800 000 M. geschätzt. Außerdem läßt man große Phantasiezahlenüber die ausgesperrten Arbeiter aufmarschieren. So sollen inHannover 12 000, in Dresden 25 000 und in Braunschweig 6000Metallarbeiter ausgesperrt sein oder doch in den nächsten Tagenausgesperrt werden. In Dresden erfordert nach dem„Hannover-schen Courier" die Aussperrung wöchentlich 250 000 M.„Das ist einAderlaß, den die Streikkasse nicht lange aushalten dürste." So gebendie Blätter ihren Wünschen Ausdruck.Diesen Ausführungen und Uebertreibungen gegenüber sei zu-nächst richtig gestellt, daß der Verband zurzeit keine 30 kleinenStreiks führt und der Kaffenbestand des Verbandes am Schlüsse desJahres 1905 nicht nur 1800 000 M., sondern 2 177 198,44 M.betrug. Zu dieser Summe sind mindestens noch eine halbe MillionMark hinzu zu zählen, die in den Lokalkassen vorhanden sind.Die Zahl der wirklich Streikenden und Ausgesperrten ist nach demvon maßgebender Stelle zusammengestellten Material erheblich ge-ringer, wie die Tageszeitungen bekannt geben. Es streiken und sindausgesperrt inDresden...... 13 000 PersonenHannover..... 6 500„Braunschweig.... 8 800„Berlin...... 1 000„In sonstigen Orten.. 850Zusainmen 26 150 Personenin allerhöchster Zahl.Abgesehen von dem Verhältnis der organisierten Arbeiter zuden unorganisierten, ist festzustellen, daß der Metallarbciterverbandnicht allein für die Unterstlltzungssummen auszukommen hat. Nebenihm sind die Verbände der Fabrik- und Holzarbeiter mit einigenTausend beteiligt und kommen dann ferner noch eine Anzahl Mit-glieder verschiedener Organisationen in Betracht. Daraus geht her-vor. daß der Metallarbeiterverband also nur mit einer für seineGröße verhältnismäßig geringen Mitgliederzahl in Frage kommt,und daß infolgedessen alle rechnerischen Boraussetzungen der wohlvon den Unternehmerorganisationen inspirierten Tageszeitungengänzlich unzutreffend sind.Sodann ist jedem Kenner der Gewerkschaftsbewegung klar, daßdie Stärke der großen Jndustrieverbände sich nicht in ihremjeweiligen Kaffenbestand erschöpft. Ein wesentlicher, ja fundamen-taler Unterschied besteht darin, ob eine Branchenorganisation fastihre gesamten Mitglieder in einem wirtschaftlichen Lohnkampfe, nichtKamps um die Macht, verwickelt sieht, oder ob nur wenige Berufedes 24 Branchen umfassenden JndustrieverbandeS in einen Kampfzur Hebung der wirtschaftlichen Lage ihrer Mitglieder eintreten.Angenommen, es seien wirklich 25 000 Mitglieder des DeutschenMetallarbeiterverbandes gegenwärtig ausgesperrt oder im Streik, sosind das erst etwas über 8 Proz. der zurzeit vorhandenen 300 000Mitglieder. Die in Arbeit bleibenden 92 Proz. stellen eine nach-haltige Steuerkraft für die Durchführung des Lohnkampfes dar.Der jeweilig vorhandene Kassenbestand der Organisation ist alsonicht allein entscheidend. Er ist gewiß ein wichtiger Faktor, aberebenso wichtig ist der Jahresumsatz der Organisation.Um das verständlich zu niachen und in genauen, den Tatsachenentsprechenden Zahlen zum Ausdruck zu bringen, muß eine kleineRechnung aufgemacht werden: Der Beitrag im Metallarbeiterverbandebeträgt pro Mitglied und Woche 50 Pf. Nehmen wir nur 300 000Mitglieder als Jahresdurchschnitt für 1906 an, was eher zu niedrigals zu hoch geschätzt ist, so ergibt das bei 47 Beiträgen pro Mit-glied und Jahr 47 X 60 X 300 000--- 7060000 Mark. Rechnetman zu dieser Summe noch die Einnahmen aus den Beitrittsgeldern,Zinsen, Ueberweisungen von aufgelösten Vereinen hinzu, so ergibtsich ein Betrag von rund 7l/z Millionen Mark, der dem DeutschenMetallarbeiterverband für 1906 neben dem Kassenbestand zur Ver-fügung steht. Jedermann wird zugeben, daß das wesentlich etwasanderes ist, als die genannten Zeitungen berichteten.Der Metallarbeiterverband ist also zweifellos in der Lage, denLohnkampf mit Energie und Ausdauer führen zu können.öerlln und Umgegend.Zum Malcrstreik. Das Vermittelungsangebot des Einigungs-arnies ist sowohl von der Organisation der Ausständigen wie auchvon der Meisterschaft angenommen worden. Bereits heutefinden die ersten Einigungsverhandlungen aufdem Berliner Gewerbegericht statt.Die Musterkonfektions-Schncider und Schncideriune» nahmen amMontag im Englischen Garten den Bericht über die Stellungnahmeder Meister zu ihren Forderungen entgegen. Nach den AusführungenK n o p s hat das Anschreiben mit den Forderungen zunächst einengewissen Zusammenhalt der beteiligten Meister �Zwischen-meister) bewirkt. Die Lohnkommission hat dann eine Ver-Handlung mit einer Siebener- Kommission der Meister ge-habt. Auf verschiedene Einwände machte die LohnkommissionZugeständnisse dahin, daß die gewöhnlichen Ueberstundeu statt mit50 Proz. nur mit 33 Proz. Aufschlag zu zahlen sein sollen, daß Zu-arbeitermnen für 15 M. Lohn beschäftigt werben können und daßfür Anfänger eine einwöchentliche Probezeit statthaft wäre, jedochunter der Bedingung, daß der Lohn während der Probezeit nichtunter 45 Pf. pro Stunde betragen dürfe. Im übrigenblieben die Forderungen: neunstündige Arbeitszeit(in derersten Meisterversammlung anerkannt), Wochenlohn für Gesellen30 M., für Jackett- respektive Taillenarbeiterinnen 22 M., fürRockarbeiterinnen 18 M., Lohnzuschlag für Nacht- und Sonntags-arbeit 100 Proz. Schon vorhandene höhere Löhne dürfen nicht ge-kürzt werden.— Die Lohnkommission glaubte nun, die Kommissionder Meister werde in der nächsten Meisterversammlung alles daransetzen, die Forderungen nach jenen Zugeständnissen zur Anerkennungzu bringen. Sie sah sich aber in der Erwartung grob getäuscht.Es lief ein Brief ein, daß laut Beschluß der Meisterversammlung vom8. April betreffs des Lohntarifes vorläufig kein Beschluß gefaßt sei,sondern man die Sache der Siebeuundzlvanziger-Koumiission zurweiteren Bearbeitung überwiesen habe. Knop meint, daß es sich wohlum die gemeinsame Kominission der Berliner und der RixdorserDamenmäntelschneider-Jnnnngen und der Freien Vereinigung derSchneidermeister Berlins handele. Diese Kommission wäre aberabsolut ungeeignet, die Forderungen zu beurteilen, die doch nur diesehr gute Musterkonfektionsarbeil beträfen, während in jenerKommission nur oder überwiegend die„Massenmörder vertreten seien,d. h. die Herren der Stapelkonfektion. Es könne sich hier alsonur um ein Verschleppungsmanöber handeln. Es werde nichtsanderes übrig bleiben, in den Geschäften, wo die Arbeiter sich starkgenug fühlten, vorzugehen. Im übrigen hätten eine Anzahl Meisterschon so gut wie bewilligt. Die Bedenken verschiedener, z. B. dieFrage der Zuarbeiterinnen angehend, werde man durch ein Entgegen-kommen leicht erledigen.— In der Diskussion wurde das Verhaltender durch die Siebenerkommission in den Verhandlungen vertretengewesenen Meister scharf gerügt und ausgesprochen, daß mandanach keine Ursache habe, ihnen besonders entgegenzu-kommen. Indessen wurde es abgelehnt, schon jetztdefinitive Beschlüsse zu fassen. Das wurde durchBeschluß einer weiteren Versammlung vorbehalten, die am drittenOsterfeiertage, wahrscheinlich nachmittags 3 Uhr,im Englischen Garten tagen wird. In der Diskussionwurde angeregt, daß die Kollegen und Kolleginnen, denen schonvorher Musterarbeiten angeboten werden sollten, die Anfertigungvon der Bewilligung des Tarifs abhängig machen möchten. EineBeschlußfassung erfolgte aber nicht.Die Lohnbewegung der Brunnenbauer hat gute Fortschritte ge-macht. In einer Versammlung der im Brunnenbaufach beschäftigtenArbeiter bei Augustin wurde bekannt gegeben, daß die großen Firmenden Tarifvertrag unterschrieben haben und nur eine Reihe von kleinenFirmen noch aussteht. Danach beträgt der Lohn 60 Pf. pro Stundefür Brunnenbauer, die länger als 4 Jahre im Fach tätig sind, 50 Pf.im ersten Jahr und für Hülfsarbeiter nach den ersten drei Monaten45 Pf. Die Arbeitszeit soll 9 Stunden betragen; für Ueberzeit bis9 Uhr abends 10 Proz. mehr und nach 9 Uhr sowie für Sonntags-arbeit 33�/g Proz. mehr. Nach Arbeitsstätten, die 4 Kilo-meter und darüber vom Geschäft entfernt liegen, wirdFahrgeld, bei weiteren Entfernungen werden besondere Ent-schädigungen bezahlt. Dieser Tarif, der ein Jahr Dauer habensoll, wurde unterschrieben von Vatterodt, Wilsgale,Bitterhoff, Lohde, Andrzejewski, Simon, Kohl,G e r l a ch und T e i ch e r t- Weißensee. Die Versammlung erklärtesich mit diesem Tarif, der einige kleine Aenderungen gegen denzuletzt vorgelegten enthält, einverstanden. Es wurde beschlossen,gegen die Firmen, welche den Tarif noch nicht unterschrieben haben,energisch vorzugehen.DeutM,«« Rcfdi.Der Ausstand in den mitteldeutschen Braunkohlenrcvieren.Zeitz, 9. April.<Eig. Ber.)Der Verrat des Gewerkvereins ist von den eigenenMitgliedern mit den Ortsverwaltungen an der Spitze aufsschärfste gebrandmarkt worden! So fand in Pheißenim Zeitz-Weißenfelser Revier am Sonnabend, den 7. April,eine überfüllte Versammlung, die vom Gewerkverein ein-berufen war und in der Herr Christian L e ch n e r, Re-dakteur des„Thüringer Gewerkvereinsboten", aus Weißenfelssprach, statt. Die Versammlung verlief äußerst stürmisch und wurdeeine Resolution, eingebrachr von Mitgliedern des Gewerkvereins undunterzeichnet vom Vorsitzenden einer größeren Zahlstelle des G.-V.,gegen 3 Stimmen angenommen. Die Resolution lautet im wesent-lichen wie folgt:Die versammelten Mitglieder des Gewerkvereins erklären, daßsie mit dem Vorgehen ihres Generalrates nicht einverstanden sind.Sie erklären, daß sie sich mit den im Ausstand befindlichenKameraden des Verbandes solidarisch erklären und versprechen,tveiter im Kampfe ausharren zu wollen und werdensich insgesamt dem deutschen Bergarbeiterverbande anschließen,weil sie dort für ihre Pflichten auch Rechtehaben!Ein grelles Streiflicht auf die mörderische, körper-zerrüttende Arbeit im Braunkohlenbergbau wirft ein vom Zentral-vorstand und Ausschuß der Allgemeinen Kranken- undSterbekasse für Arbeiter aller Brauchen Deutsch«lands, Sitz Meißen eingebrachter Antrag:„Bergarbeiter werden fernerhin nicht mehraufgenommen. Nach Lage der Sache ist dies einedringe ir de Notwendigkeit."Die Kasse, die sich über ganz Deutschland erstreckt, imProletarischen Geiste von Proletariern gegründet und geleitet wirdund Arbeiter aller Berufe umfaßt, will sogar deshalb eineTiteländerung bornehmen. Und weshalb? Weil die Krank-heitsziffer der Bergleute eine derart hohe ist, daß deren Beiträgemit den Ausgaben für dieselben nicht in Einklang zu bringen sind!Diese Tatsache spricht Bände.Ein Bergarbeiter der„Bubendorfer Werke", Revier Borna, über-'endet der Streikleitung ein Schreiben, dessen Zeilen in ihrer im-beholfenen, schlicht wahrhaftigen Weise ein ergreifendes Bild mensch-lichen Elends aus dem Bergarbeiterleben entrollen. Der Mann istlange krank gewesen, hat nur pro Woche 7,80 M. Krankengeld be-kommen, dabei eine Familie von sechs.Kindern zu ernähren und inden letzten sechs Wochen vor dem Streik verdient:1. Woche brutto 10,61 M. netto 7,90 M.2.„.. 15.75„ 13,52.8.»„ 15,62„„ 13,39„4.„„ 12,75„» 9,35 ,,5.„„ 15,13„. 14,40„6,„ ,, 6,50„„ 5,96„Er hat einen Tagellohn von pro Schicht 2,60 verdient, dieLohnzettel über oben angegebenen Lohn im Original beigefügt undschreibt, obgleich auch seine Frau kränklich sei und er viele vieleSchulden habe machen müssen, wolle er seinen kämpfenden Brüdernnicht in den Rücken fallen und aushalten bis zum Ende!—Am gestrigen Sonntag haben im ganzen Streikgebiet wiederüberall Versammlungen stattgefunden, die vom besten Geiste beseeltwaren und in denen ein weiteres Verharren im Kampfe beschlossenwurde. Im Bornaer Revier sprach u. a. auch die GenossinZ i e tz aus Hamburg vor einer gut besuchten Versammlung.Der heutige M o n t a g, der ja als ganz besonders kritischerTag bei Streiks im Bergbau gilt, ist ohne besonders bemerkens-Iverte Vorkommnisse verlaufen. Im Zeitz-WeißenfelserRevier in der dunkelsten Ecke, um Webau, Köpfen und" ohenmölsen herum, sind allerdings eine Anzahl Streikbrecheri verzeichnen. Auch ist die bezeichnende Tatsache zu konstatieren,>ß F r a u e n auf einzelnen Gruben sich in größerer Anzahl zurArbeit melden!In den übrigen Revieren ist Ruhe. Auf den Bahnhöfen ist derVerkehr ganz minimal. Böhmische Braunkohlen treffen nur inganz geringen Mengen ein. Keinesfalls kann die Zufuhr den Be-darf auch nur annähernd decken. Der Mangel an Hausbrandkohlehat ein weiteres Anziehen der Preise bewirkt, so daß Briketts undNaßpreßsteine das Doppelte dessen kosten, was ftüher da-für bezahlt worden ist. Da auch die Zeit für die In-betriebsetzung der N a ß p r e s s e n gekommen ist, die Gruben alsoeinen Mehrbedarf an Arbeitskräften haben, ist es begreiflich, daßäe die denkbar größten Anstrengungen machen, um wieder Leute zubekommen. So sind Beamte von Haus zu Haus gegangen, umStreikbrecher zu werben. Vergebens I Bürgerliche Blätterdementieren eine Nachricht, wonacki die Zahl der Stteikendenplötzlich auf 21000 emporgeschnellt sein sollte. Selbstverständlich istdas Unsinn. Daß die Blätter den Unsinn geglaubt und ihndementiert haben, genüge zu ihrer Charakterisierung.Der Streik der Holzarbeiter in Jena ist ausgebrochen, nachdemdie Meister in den gemeinschaftlichen Verhandlungen die Verkürzungder Arbeitszeit ans 63 Stunden pro Woche und die Gewährungeines MinimaUohnes(für Arbeiter über 20 Jahre 38 Pf. pro Stunde)abgelehnt hatten. Die Meister wollten, abgesehen von der höherenBezahlung der Ueberstunden und Sonntagsarbeit eine sofortigeLohnerhöhung von 2 Pf., einen dritten Pf. am 1. Oktober d. I., einenvierten Pf. am 1. April 1907 gewähren unter der Voraussetzung, daßder Tarif auf 3 Jahre abgeschlossen werde. Die Gehülfen verlangen3 Pf. sofort und 2 Pf. am 1. Oktober. Holzarbeiterverband undGewerkverein der Tischler haben eine gemeinschaftliche Lohnkommissiongewählt. Bis jetzt bewilligten zwei Meister die Forderungen.Unternehmerrache.Am 31. März traten auf der Dortmunder Union einigtHundert Hochofenarbeiter in den Ausstand. Schon bald jedoch,am 2. April, krochen die Leute, durch die Drohungen der Verwaltungeingeschüchtert, wieder ins alte Joch, auf ihre berechtigten Forderungenverzichtend. Diese unorganisierten, aus den rückständigsten Gegendenherbeigeholten Arbeiter waren froh, überhaupt wieder arbeiten zudürfen. Die Verwaltung aber wollte ein Exempel stawieren, damitdie Leute nicht so rasch wieder an Streik denken würden, siewarf 40 der Streikenden unbarmherzig aufsStraßenpflaster. Das wäre nun an und für sich nicht soschlimm gewesen, demt so gut wie auf der Union konnten es dieLeute aus jedem anderen Eisenwerk auch noch haben. Die Ver-waltung hat aber ein übriges getan und an alle Eisenwerke eineschwarze Liste der Entlaffenen versandt, auf welcher vermerkt ist,daß die Vierzig sich in der Verhetzung ihrer Käme«raden ganz besonders hervorgetan haben. Mitanderen Motten: die Entlassenen sollen nirgends Arbeit erhalten unddurch eine Hungerkur zahm gemacht werden. In Wirklichkeit hetztnun aber die Verwaltung. Die Folgen werden ganz sicher nichtausbleiben. Gerade durch solche Maßregeln werden die Leute fürden Organisationsgedanken empfänglich gemacht.Bauarbeiter-Aussperrung in Graudrnz.Der„Gesellige" meldet: Der Arbeitgeberverband für das Bau«gewerbe verhängte über sämtliche hiesigen Bauarbeiter, etwa 1000,die Sperre wegen Lohnforderungen, die über das hinausgehen, wasder Arbeitgcberverband bereits bewilligt hatte.Der Schneiderstreik in Königsberg ist beendet. Die Arbeit wurdeam Sonnabend und Montag wieder aufgenommen. Die Schneider habeneinen erfreulichen Erfolg zu verzeichnen, wenn es auch nicht gelang,alle Forderungen durchzubringen, so sind doch wesentliche Vorteileerrungen worden. Nach langem Verhandeln auf dem Gewerbegerichtwurde vereinbart, die bis zum 13. März eingegangenen Arbeitennoch nach den alten Lohnsätzen fertigzustellen. Rückwirkend vom14. März ab tritt der neue Tarif in Kraft. Es sind die Grund-Positionen um 15 Proz. erhöht, außerdem noch die Sätze für Extra-arbeiten aufgebessert worden. Der neue Tarif läuft bis zum1. März 1907; vorgesehen ist eine dreimonatliche Kündigung. DieBezahlung der zweiten Probe ließen die Streikenden fallen. Manwollte, da die Organisation der Schneider noch zu jung ist, denBogen nicht zu straff spannen. Der Kampf ist auf beidenSeiten mit der größten Entschiedenheit geführt worden.Während des Kampfes ließen die Arbeitgeber folgendes vertraulicheZirkular los:Verein der Herrengarderoben- und llniformbranche zu Königs-berg i. P. Geschäftsstelle Altstädtische Langgasse 70.Vertraulich.Königsberg i. Pr., den 29. 3. 0S.Geehrtes Mitglied ILaut Vereinsbeschluß soll eine Statistik derjenigen Schneidergeführt werden, welcheg.) in den Streik eingetreten sind,b)sich in der Lohnkommission befundenhaben.Wir bitten Sie ergebenst im Interesse unseres Vereins, an-liegendes Formular ausgefüllt spätestens bis zum 5. April an denVorstand gefl. wieder zurückzureichen.I. A.: S. Behrendtsohn. Vorsitzender.Auf der Innenseite dieses Bogens befinden sich Linien für dieNamen der„Geächteten" und Rubttken mit zahlreichen Fragen.Natürlich haben die Stteikenden beschloffen, falls Maßregelungenvorgenommen Iverden, im Kampfe weiter zu verharren.Hochnäsig.Wie die„Weserzeitung" meldet, lehnte der Reederverein desUnterwesergcbictes es ab, mit dem Seemannsverbandeüber den eingereichten Lohn- und Arbeitstarif der Seeleute zuverhandeln, weil der Secmannsverband nur eine kleine Minder-heit vertrete und überdies in einem Flugblatte die Reedereiengeschmäht habe. Wenn den einzelnen Reedern von„ihren" See-leuten Anträge auf Lohnerhöhung unterbreitet würden, so wolleder Vorstand des Reedervereins gern vermitteln.IZuslanck.Die Wäschezuschneider der Firma Joß u. Löwen st ein inPrag sind in einen Streik getreten. Die Organisation der PragerWäschezuschneider ersucht, Zuzug fernzuhalten.Letzte Nachrichten und Depefchen.Der Streik der Seeleute.Hamburg, 10. April.(W. T. B.) In einer heute in Altonaabgehaltenen, sehr stark besuchten Versammlung der streikendenSeeleute von Hamburg-Altona sprach sich die Streikleitung gegendie beantragte Proklamierung des Generalstreiks aus. Dagegenschlug die Streikleitung vor, von morgen ab für sämtliche BremerSchiffe die Anmusterung zu verweigern, weil die Bremer ReedereS abgelehnt haben, mit dem Seemannsverband in Unterhand-lungen zu treten. Diesen Borschlag nahm die Versammlung ein-stimmig am_Liberale Regungen.Budapest, 10. April.(W. T. B.) Der Minister des Innernhat die Verordnung, welche die Zeitungskolportage verbietet, auf-gehoben. Wie verlautet, wird der Justizminister dem König dieNiederschlagung der zahlreichen unter dem früheren Regime an-gestrengten politischen Prozesse vorschlagen.In Rußland herrscht Ruhe!Jekaterinoslaw, 10. April.(Meldung der Petersburger Tele-graphenagentur.) Die Jekaterinbahn ist unter verstärkten mili-tärischen Schutz gestellt worden.Französische Hülfeleistung für Italien.Toulon, 10. April.(W. T. B.) Die aus den Panzerschiffen„Jena",„Gaulois" und dem Kreuzer„Bouret" bestehende zweiteAbteilung des Mittelmeergeschwaders ist heute nachmittag nachNeapel abegcgangcn, um an den Hülfeleistungen teilzunehmen.Die Tätigkeit deS Vesuv.Neapel, 10. April.(W. T. 93.) In San Guiseppe Vesu-biano, Ottajano und Saviano du Stola ist starker Schwefelregengefallen. Seit 7 Nhr abends fällt in Neapel dichter Regen röt-lichen Sandes.Opfer des Besuv-Ausbruches.Neapel, 10. April.(W. T. 99.) Nach nunmehriger Feststellung beträgt die Zahl der beim Einsturz der Markthalle aufdem Monte Oliveta Verunglückten 12 Tote, 2 Sterbende» 24 fchwerund über 100 leicht Verletzte.Rom, 10. April.(W. T. B.) Der„Tribüne" wird ausNeapel von 7 Uhr abends gemeldet: Zwischen Ottajano und SanGuiseppe sind über 500 Menschen ums Leben gekommen. Die,Tätigkeit des Vesuv nimmt wieder z«, besonders in der Richtungauf Cerola._Revolte bei ber Marine.Lissabon, 10. April.(Meldung der Agence Havas.) Die Be-satzung des portugiesischen Kreuzers„Don Carlos", die sich gesternWidersetzlichkeiten hatte zuschulden kommen lassen, weil ihr nichtgestattet worden war, an Land zu gehen, ist heute an Land ge»bracht und in Militärbarackcn interniert worden.Verantw. Redakteur: Hans Weber. Berlin. Inseratenteil verantw.i Th. Glocke, Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. Verlagsanstalt Paul Singer L-Co.. Berlin SW. Hierzu 3 B eilagen«. NnterhaltungSblatt