Nr. 85. 23. Inljroang.2. iifilMt i>cs Jnroilrts" Cttlinctpitlnimli, 11. April(906.Heute tllittwocl) findet für Berlin und Vororte der Zablabend ftatt.Der Verlauf derVesuvkataftrophe.Der jüngste Ausbruch des Vesuvhat ganz entsetzliche Folgen fürdie umliegenden Ortschaften ge-Labt. Tie blübende KiistenstaddTorre del Greco ist durch dieglühenden Lavaströine zerstört.Die Städte Portici, Soinma,Ottajauo, Torciguo, Voscorealeund Torre Annunziata siiiv argbedroht. Schien es erst, als wennsich die Lavaströme nur nach derKüstenseite zu ergiesten würden.so ist jetzt der ganze Umkreis de?Vesuv der Vernichtung preis-gegeben. Mit meterhohen Schlackenist die Vesuvbahn bedeckt. vomErdboden verjchivunden das Ob-servatorium, auch die Eisenbahn,die von Neapel nach dem Südenführt, ist unterbrochen und Pom-peji, die sorgfältig behütete Stätterömischer Altertümer, scheint zumzweiten Male veniichtet zu werden.Ein dichter heiher Ascheregen hatdas ganze Gebiet mit einerschmutzigen, übelriechenden Schichtbedeckt. Die Bevölkerung fliehtaus der Umgebung des Berges.Tausende sind obdachlos, ganzeWeinbergkulturen sind vernichtet;kurz, das Unglück ist entsetzlich. Dazu ist kein Ende der Eruptionabzusehen. Noch immer umlagert den Vesnv eine dichte Ranchwolke,aus der Feuergarben und glühendes Gestein hervorgeschleuderr werden.Auf unserer Karte sind die Richtungen, die die Lavaströine ge-nommen haben, durch schwarze Signaturen gekennzeichnet.Ueber den Ausbruch des Besuvliegen heute folgende Nachrichten vor:In San Giuseppe dOttaiano ist das Dach der Kirche ein-gestürzt, während die Bevölkerung einer kirchlichen Feier beiwohnte.Bisher sind 49 Leiche» unter den Trümmern hervorgezogen worden.Neapel, 10. April. Infolge der niedergegangenen Asche- undSandmengen stürzte heute früh das Dach der Monte Oliveto-MarkrHalle ein und zerstörte die ganze Halle. Bis jetzt(lO'/a vormittags)sind 7 Tote und 79 Verwundete unter den Trümmern hervorgeschafftworden.Eine spätere Nachricht besagt: Die Markthalle auf dem MonteOliveto bildet nur noch einen Trümmerhaufen. Bis heute mittagzählte man 19 Tote und etwa 199 Verletzte. Die Menge, die denSchauplatz des Unglücks umdrängt, kann durch die Schutzketteil derKarabimeri nur mit Mühe zurückgehalten werden. Die Rettungs-arbeiten sind in vollem Gange. Aerzte, Karabinieri, Feuerwehrleute, Munizipalgarden, Polizisten und Arsenalarbeiter nehmendaran teil. Der Herzog und die Herzogin von Aostabesuchten die Unglücksstätte und begaben sich dann in das PellegriniKrankenhaus, um die zahlreichen Verletzten zu besuchen. Man gehtdaran, die meisten Häuser in der Umgebung der eingestürzten Markthalle zu räumen, weil man Gefahr fürchtet.— Der Vesuv ist inRuhe. Durch die klare Luft erblickt man den Mittelkrater. Er istfast rauchlos, während den tiefer gelegeneren Kratern noch immergroße Rauchnrengen entströmen.Neapel, 19. April. Alle Züge treffen hier mit 3— 4stiindigerVerspätung ein. Die Bevölkerung in Neapel hat sich von der Panikwieder erholt. Die Hauptstraßen find zum Teil gesäubert, doch sindTeile noch mit Asche bedeckt. Das Wetter ist seit gestern morgenschön. Der Zufall, daß der Umschwung des Wetters und der teil-Iveise Stillstand der Lava begann, als das Königspaar iu, Automobil in Torre Annunziata eintraf, wird von der abergläubischenBevölkerung als gutes Zeichen genommen.(„Frkf. Z.")Die Abgeordneten von Neapel haben bei der Negierung daraufhingewiesen, möglichst schnell Baracken bauen zu lassen, bannt sichdie traurigen Zustände anläßlich deS Erdbebens in Kalabrien nichtwiederholen. Die italienische Regierung hat bereits eine große Anzahl von Zelten den Flüchtigen zur Verfügung gestellt.Das„Berliner Tageblatt" erhält von einem Berichterstatterfolgendes Stimmungsbild aus Neapel:„Die Nacht verlief ruhig.Der Aschenregen hat aufgehört, heute früh säubert eine Menge vonStraßenkehrern die Straßen, die den Eindruck einer deutschen Stadtnach einem Schneefall mache». Ueberall sind Aschenhaufen in Reihund Glied zusammengekehrt und die Straßen sind wieder passierbar.Ueber dem Vesnv schwebt ein ungeheuer zyklopisch geformter Wolken-berg. Dieser ist aber nur von Caserta bei der Ankunft in Neapelsichtbar, von Neapel aus sieht man von dem Vesuv überhaupt fastnichts, die ganze Szenerie oes GebirgsstockeS wie die des sonst solachenden GolfeS ist hinter undurchdringlichem, schwarzein Schleierverborgen. Das Volk hat sich beruhigt. Der unterirdische Donnerwar heute nacht seltener, auch die Feuerericheinungen wurdenschwächer. Alle Vegetation Neapels ist vernichtet. Die Bäumetragen die graue Farbe der Silberpappel. �Nach den Einzelheiten, die aus den Tagen des«chreckens jetztnoch bekannt werden, hätten viele Menschen, die umgekominen sind,sich retten können; allein der religiöse Aberglaube ließ sie denLava- und Aschemassen zum Opfer fallen. Trotz der Warnungender Behörden und der Aufforderung, das Heil in derFlucht zu suchen, weigerten sich zahlreiche Bewohner,namentlich Frauen, ungeachtet der großen Lebensgefahr, in der sieschwebten, ihre Wohnungen zn verlassen. Hunderte und hundertezogen es bor, sich in die Kirchen zurückzuziehen und dort inbrünstigem Gebet von dem Schutzpatron Rettung zu erflehen. Inmehreren Ortschaften mußte das Militär die Einwohner mit Gewaltaus den Kirchen treiben, um sie vor sicherem Tode zu bewahren.Dabei kam eS häufig zu heftigen Zusammenstößen mit dein Militär,da namentlich die Frauen sich wie Rasende gebärdcten und de» An-ordnungen der Soldaten gewaltsamen Widerstand entgegensetzten,Die Stimmung der Bevölkerung kennzeichnet sich durch folgendenVorfall: Beim Herannahen der Lavamassen stellte sich ein Priestermit dem Tabernakel in der Hand der Lava entgegen, um ihr Haltzu gebieten. Umsonst! Die Lava drang unaufhaltsam vorwärts,und der Priester mit dem Volk trat eiligst den Rückzug an, um denBeschwörnngsversuch zu wiederholen. Als aber der Lavastrom sichdurchaus nicht aufhalten ließ, stellten die Weiber den Grund desmißlungenen BeschwöningsversuckieS fest: das GlaS deS Neinen Taber-nakels war zerbrochen, und die Madonna konnte deshalb das Wundernicht tun lAuch gestem dauerte in Neapeldie religiöse Rasereiden ganzen Tag über an. Gegen huitderttansend Flüchtlinge auS derUmgebung schließen sich den Prozessionen an. Die Aerinsten, diein Lumpen gehen und nichts gerettet haben als das nackte Leben,machen einen unsäglich jammervollen Eindruck. In allenGassen, ans allen Plätzen begegnet man diesen Prozcssioiie»des Elends und der Ignoranz. Man wähnt sich in dasfinsterste Mittelalter versetzt, in jene Zeiten, da die Wahn-sinnigen Brüderschaften der Flagellanten die Lande durchzogen. DieWeiber haben vor Schreie», Wimmern und Beten keine Stimmemehr und die Männer folgen mit stierem Gesichtsausdrncke den vor-ausgetragenen Kreuzen und so schleppen sich die Tausende und Aber-tausende von Wesen, die nichts Menschliches mehr an sich haben, mitAechzen und Stöhnen durch den Lavaschlanim Neapels.lim den zürnenden Himmel ganz bestimmt zu versöhnen, läßtder Erzbischof nmmiehr im Dom die durch das Blcctwunder bekannteTheke mit dem Blute deS heiligen Januarius ausstellen. Eine un-endliche Menge Volkes staut sich beständig vor der wundertätigenPhiole, aber trotz allen Flehens wollte daS rettende Blut bishernicht kochen.«»»Auf Antrag des französischen Minister? desAeußern und der Marine beschloß der französische Minister-rat, unverzüglich eine Abteilung des Mittel meer-gesch waders nach Neapel zu entsenden, um der durch denAusbruch des Vesuvs heimgesuchten Bevölkerung Hülse zu leisten.* Weitere Depeschen aus Neapel melden: Der Direktor deS Vesuv-observatorinms telegraphiert: Die letzte Nacht verging ruhig, trotzmehrerer von Zeit zu Zeit vorgekommenen stärkeren Eruptionen.Heute früh 4 Uhr wurden die Explosionen wieder heftiger. Dieseismischen Instrumente des Observatoriums zeigen sehr lebhafteUnruhe im Erdinnern an.In San Giuseppe Vefuviano sind weitere 26 ToteauS den Trümmern der Kirche hervorgezogen, mit den schon früheraufgefundenen 53 Toten zusammen also 79 Tote. Der Präfekt hatden Bürgermeister von San Guiseppe seines Amtes enthoben, weiler seinen Platz verlassen und auch versäumt hatte, den vorgesetztenBehörden von der Katastrophe Bericht zu erstatten.Ottajauo ist völlig zerstört, ein großer Teil der Bevölkerung hatsich geflüchtet; die Zahl der unter den Trümmern begrabenenwird auf 299 geschätzt. Viele schwer Verwundete, welchein die Wagen der Besuvbahn gebracht wurden, könnenwegen Mangel an Transportmitteln nicht befördert werden.Man trifft Maßnahmen, die Verwundeten nach Sonuna zubringen, wo die Eisenbahn wieder verkehrt. Die Flüchtlinge ausTorre Annunziata verlassen jetzt Castellamare, wo die flüchtigenEinwohner von Torre del Greco eintreffen. Die Behörden vonCastellamare haben um Hülfe gebeten, um den zahlreichen Fliichtliugcn Unterhalt gewähren zu können.Partei-)Zngelegenkeiten.Dritter Wahlkreis. Den Mitgliedern zur Nachricht, daß amKarfteitag eine Herrenpartie nach den Nüdersdorfer Kalkbergen stattfindet. Abfahrt früh 7 Uhr vom Schlesischen Bahnhof nach Erkner;Treffpunkt daselbst im GesellschaftshauS fJnhabcr Dcgebrodt). Umzahlreiche Beteiligung ersucht Der Vorstand.Charlottenburg. Die Mitglieder des Wahlvercins werden hiermit auf den am dritten Osterfeiertag, abends 7 Uhr, stattfindendenUnterhaltungsabend hingewiesen. Billetts a 39 Pf. find heute abendin den Zahlabendcn der einzelnen Bezirke sowie in den mit Plakatenversehenen Lokalen zu haben. Gleichzeitig ersuchen wir die Genossen,ihre alten Mitgliedsbücher, soweit dieselben noch nicht an den Be-zirksführer abgeliefert sind, demselben zum cheutigcn Zahlabend mit-zubringen.__ßerlincr)NacbncbtmMatinee»sind zu den Osterfeiertagcn von einer Reihe von Partei-organisationen arrangiert. Diese von der Partei ausgehendenVeranstaltungen sind eigentlich schon recht alten Datums, schonunterm Sozialistengesetz kannte man sie. Damals, als allesozialdemokratischen Vereine zerstört waren, mußten dieMatineen herhalten, um �die so dringend benötigten Mittelzur Unterstützung der dem Schandgesetz zum Opfer Gefallenenbezw. deren Familien heranzuschaffen. Es fand sich immer eingeselliger Verein, Gesangverein, RauchNub und wie dieVereine hießen, der eine Matinee veranstaltete, derenErtrag für einen wohltäftgen Zweck bestimmt war.Daß dieser wohltätige Zweck in der Unterstützung derOpfer des Sozialistengesetzes bestand, haben wir eben'chon gesagt. Heute sind diese Schwierigkeiten überwundenund sind diese Veranstaltungen ganz offen mit dem Stempelder Parteiorganisationen versehen. Für ein verhältnismäßigbilliges Entree(20—30 Pf. pro Person) werden den Besuchernein Konzert und Gesangsaufführungen geboten, die sich getrostneben so manchem anderen Gebotenen sehen lassen können. DasEntree kann auch nur deshalb so niedrig bemessen werden,weil auf Massenbesuch gerechnet wird. Zum Sonntag, denersten und Montag, den zweiten Osterfeiertag haben einzelneOrganisationen sich großer Säle versichert, in denen dieseMatineen stattfinden..Am Sonntag, den 1. Feiertag findet eme solche für den3. Wahlkreis bei Buggenhagen am Moritzplatz(im großenSaal) statt...Der 4. Wahlkreis hat am 1. Feiertag zwei Matmeen arrangiert.Die Lokale sind: K o n z e r t h a u s S a n s s o u c i. Kottbuserstr. 4s.und Kellers F e st s ä l e. Koppenstraße 29.Am Biontag, den 2. Feiertag finden folgende Veranstaltungen,tatt 2. Wahlkreis in der Berliner B ockbrauerei(Tempel-hoker Berg).6. Wahlkreis. Neun Matineen und zwar für die einzelnenVorstädte:Schönhauser Vorstadt. In den Gesamtraumen derBrauerei König st adt, Schönhauser Allee 19, undFröbels Allerlei-Theater, Schönhauser Allee 148.Ora nie ii burger Vor st adt. Germania-Fest-s ä l e(Großer Saal), Chausseestr. 193.Rose n thaler Vorstadt und Gesundbrunnen.Ballschmieders Kastanienwäldchen, Badstraße 16.Bernhard Rose-Theater, Badstr. 58. Schirms Fest-säle, Badstr. 19.W e d d i n g. Feldschlößchen, Müllerstr. 142.Moabit. M o a b i t e r GesellschaftshauS, Wiclef-straße 24, und Brauerei Patzenhofer, Turmstr. 25—26.Lichtenberg. Montag, den 16. April(2. Osterfeiertag): GroßeMatinee inGebr. Arnholds„Schwarzem Adler". Frank-furter Chaussee 5/6.Der Beginn dieser Veranstaltungen ist überall auf 12 Uhrmittags festgesetzt.In Schöncberg veranstaltet der sozialdemokratische Wahlvereinam Sonntag, den 15. April(1. Osterfeiertag), in ObstS Fest-f ä l e n, Meiningerstr. 8, sein Ostervergnügen, für das der Anfangr s>>sw->>-i>�-st.auf 5 Uhr feite.-Hartnäckige Kranke.Die Berliner Kranken hausnot wird ja nun durch diefür den Sommer in Aussicht stehende Eröffnung eines erstenTeiles des neuen Birchow-Krankenhauscs bis auf weiteres behobenwerden. Zeit wird's! Denn die Zustände, die infolge des in denKrankenhäusern Berlins herrschenden Platzmangels sich heraus-gebildet hatten, mutzten schon seit Jahren als geradezu skandalösbezeichnet werden.In dem Winter von 1995 zu 1996 war eS nicht ganzso arg, wie in dem vorhergehenden. Aber schlimm genug war esauch jetzt noch. Die Abweisungen Kranker gingen in diesemWinterhalbjahr wieder in die Hunderte und Tausende. In derletzten Stadtverordnetensitzung wurde von unseremGenossen Dr. Wehl daraus hingewiesen, daß eine von der städtischenKrankenhausverwaltung aufgestellte Statistik nicht weniger als2331 Abweisungen aufzählt, die allein in den vier Monaten Oktoberbis Januar in den städtischen Krankenhäusern vorkamen. Dar-unter seien, daS hob der sozialdemokratische Redner hervor, 575Fälle gewesen, in denen lediglich wegen PlatzmangelAbweisung erfolgen muhte. Oberbürgermeister Kirschner er-widerte, es sei aber in diesen vier Monaten niemals ein„ernstlich Erkrankter" wegen Platzmangel abgewiesenworden. In den 575 Fällen sei der Zustand der Kranken so ge-wesen, datz man sie abweisen durfte, um für dringendere FällePlatz zu behalten.Uns liegt jetzt die Statistik vor. Sie zeigt aufs neue, datz esfür jeden nicht völlig Eingeweihten unmöglich ist. aus den Sta-tistiken der Verwaltung und den Erklärungen des Magistrats sichein sicheres Bild davon zu machen, wie es eigentlich um den Platz-mangel in den Krankenhäusern steht. Wiederholt ist im Rathauseversichert worden, alle Nachrichten über Abweisungernstlich Kranker seien falsch. Wenn die Auskunft ge-geben werde, man habe kein Bett mehr frei, so sei das nicht wärt-lich zu nehmen. Es handle sich dann eben um einen leichten Fall,den man abweise, um die noch freien Betten für noch schwerereFälle zur Verfügung zu haben. Man sieht: gegenüber diesen Aus-künften und den damit begründeten Abweisungen, diesen Statistikenund den dazu gegebenen Erklärungen ist ein gewöhnlicher Sterb-licher ebenso hülflos. wie gegenüber dem mit doppeltem Bodenausgerüsteten Apparat eines Taschenspielers. Auch aus dera l l e r n e u e st e n S t a t i st i k werden wir nicht klug, wenn wirdaneben die Erklärung des Oberbürgermeistershalten. Dort sind die 2331 Abweisungen so eingeteilt:„ohne Auf-nahmepapiere" 259,„nicht dringend" 929,„kein Platz" 575,„nichtgeeignet" 476,„Trunkenheit" 56,„von autzerhalb" 36. HerrKirschner sagt, die 575 Fälle seien nicht so dringend gewesen, wieandere, auf die man gerüstet sein wollte. Aber, verehrter HerrOberbürgermeister, die Statistik spricht doch von 929„nicht drin-genden" Fällen und daneben noch von 575, wo„kein Platz" vor-handen war!Wir wollen hier offen bekennen, datz uns sogar die in derStatistik als„nicht dringend" bezeichneten 929 Fälle nicht sämtlichzweifelsohne erscheinen. Woher kommt es, datz im Oktober, No-vember, Dezember nur 187, 151, 181 Fälle, aber im Januar Plötz-lich 419 Fälle als„nicht dringend" erkannt wurden. Da könnteman fast zu der Vermutung gelangen, datz im Januar, wo all-jährlich der Zudrang zu den Krankenhäusern steigt, der Begriff„nicht dringend" im Hinblick auf den immer fühlbarer werdendenPlatzmangel bewußt oder unbewußt, noch weiter gefaßt worden ist,weil man sich des Zudranges nicht zu erwehrenvermochte. Es ist leicht möglich, datz von den 419„nicht drin-genden" Fällen des Januar 299 so waren, datz sie unter anderenVerhältnissen in der Rubrik„kein Platz" gebucht worden wären.Aber der Herr Oberbürgermeister meint freilich, daß das auf das-selbe hinauskommt, da ja auch die Fälle der Rubrik„kein Platz"eigentlich„nicht dringend" seien.Es gibt übrigens Personen, die so hartnäckig krank sein wollen,daß man sie sogar durch Abweisung schwer loS wird. Viele müssenwiederholt abgewiesen werden. Manche kapieren esselbst nach der zweiten Abweisung noch nicht, datz in den städtischenKrankenhäusern„kein ernstlich Erkrankter abgewiesen"wird. Sie lassen es auf eine dritte, ja auf eine vierte und fünfteAbweisung ankommen. In den vier Monaten wurden 164 Per-sonen mehrfach abgewiesen, davon 139 zweimal, 21 dreimal, 2 vier-mal, 2 fünfmal. So lange dauert es bei manchen Leuten, bis esendlich Licht wird in ihren dicken Schädeln und sie sich als gesunderkennen._Die Störche find da. Früher als sonst sind in diesem Jahredie Störche in der Umgebung Berlins eingetroffen. Mit freudigemGeklapper ließen sich die ersten am Montag in den nördlich vonBerlin belegenen Dörfern nieder, um sofort mit dem Ausbau ihrer