«nser politischer Verbündeter, in Wirklichkeitaber läßt er uns im Stich. Sehr verständlich, wenn unterdiesen Umständen die bekannten Hnmanitätsphrasen schweigen;denn jetzt ist doch Blut nicht dicker als Wasser. Es ist auch in derOrdnung daß es französische Schiffe sind, die jetzt nachNeapel geeilt sind, um Hülfe zu leisten."Wir halten ja im allgemeinen nicht allzuviel von denmit pomphafter Selbstrcklame verbundenen internationalenHülfsattionen, die das pflichtgemäße Eintreten des eigenenStaates vollständig überflüssig machen würde. Aber daß manjemals— und nun gar angesichts einer erschütterndenelementaren Katastrophe, wie sie der Ausbruch des Vesuvs dar-stellt— eine solche Hülfsattion aus diplomatischer Rankünemit unverhehltem Hohne verweigern könnte, das haben wirdoch für unmöglich gehalten I Hier enthüllen sich wahre Ab-gründe moralischer Verkommenheit!Und die fromme„Germania" hat nicht das leisesteGefühl für diese beispiellose Roheit l Es sollte uns nichtwundern, wenn dies Blatt den Vnlkanausbruch nur als diegerechte Strafe für die ftevle innere und äußere PolitikItaliens ausgeben würde. Wahrscheinlich hat der heiligeJanuarius bis jetzt nur deshalb nicht geholfen, weil er dasverdiente Strafgericht nicht abwenden durfte l In welchemZeitalter der Barbarei leben wir doch noch l—Nochmals: Spotten ihrer selbst...Man schreibt uns:Der„Vorwärts" hat den Generalmajor Zepelin gebührendzurückgewiesen, der in der„Kreuz-Zeitung" die Sozialdemokratiewegen ihrer angeblichen Abneigung gegen eine militärische Jugend-erziehung verspotten zu sollen glaubte. Man muß aber doch wohlauch dem Generalmajor z. D. gerecht werden, indem man anerkennt,daß seine schneidige Attacke allerdings eine ganze„Heldeuschar" überden Haufen gerannt hat, nämlich den„Helden-König" FriedrichWilhelm Hl. und die junkerlichen„Helden", die bei Jena so fürchter-liche Prügel besehen hatten.Nach der Schlacht bei Jena wurde nämlich eine militärischeReorganisationskommission niedergesetzt, in der Scharnhorst, Gneiscnau,Grolman nnd Bohen saßen. Sie schlug die Einführung der all-gemeinen Wehrpflicht und die Einrichtung einer nationalen Miliz,in diesem Zusammenhange aber eine Schulreform in dem Sinne vor,daß die Schulen als Vorschulen für die Tätigkeit der Offiziere undUnteroffiziere bei der Miliz gelten sollten. Sie forderten, mehrNachdruck auf die Mathematik zu legen, als derjenigen Wissenschaft,die den Artilleristen und Ingenieuren unentbehrlich sei, von der manaber auch eine vorteilhafte Einwirkung auf die Ausbildung der BeurteilS-kraft erhoffen dürfe. In jeder Schule sollte eine ganz militärischeDisziplin eingeführt werden; Aufgabe des Unterrichts in de»höheren Klassen würde eS dann sein, den Geist der militärischen Ge«setze zu erläutern. Jede Schule sollte ihren Exerziermeister haben,der die Knaben während der Erholungsstunden im Gebrauche derWaffen übte. Jede Schule sollte sich in Kompagnien formieren, vondenen jede ihre Offiziere selbst wählte, um unter ihrer Leitung daszu üben, was später der Ernst des Krieges forderte; LeibesübungenlFechten, Schwimmen, Voltigieren) sollten die jungen Körper zurdereinstigen Ertragung von Strapatzen geeignet machen. Dafürsollten die Kadetten-Institute abgeschafft werden, die nur zu künst-licher Heranzüchtung eines junkerlich-militärischen Kastengeistesdienten. Diesen Vorschlägen der militärischen ReorganisationS«kommission stimmte der damalige leitende Minister Steinfteudig mit der Bemerkung zu:„Man wird in allen Schul-anstalten Anstalt treffen müssen, um Kenntnis deS Gebrauchsder Waffen und die Bewegung größerer Menschenmaffen zubewirken." Aber der„Heldenkönig" Friedrich Wilhelm HI. mit-samt den junkerlichen„Helden" war durch die Prügel von Jenanoch lange nicht kuriert, und verwarf die Vorschläge Scharnhorstsund Steins mit der ganzen Borniertheit, die ihm von Gottes Gnadegegeben war.Daß aber jetzt irgend ein Gamaschenknopf ausgerechnet in der„Kreuz-Zeitung" die Sozialdemokratie für diese Borniertheit ver-antwortlich machen will, das ist denn doch ein bißchen zu viel derUnverschämtheit.—_Besetzung des NnterstaatssekrctärSPosten. Die Nachricht der„Tägl. Rundschau", daß der Geheimrat v. Schwartzkoppen zumllnterstaatssekretär im Rcichskolonialamt bestimmt sei, stellt sich alserfunden heraus. Die„Nordd. Allg. Ztg." bezeichnet die Angabenüber die Besetzung der Stelle eines Unterstaatssekretärs im neuenKolonialamt und des Dirigenten der Personalabteilung dieses Amteswie über den Wechsel im Gouvernenient von Kamerun als falsch.„Bevor nicht der Etat des Reichskolonialamts", so fügt das offiziöseBlatt hinzu,„vom Reichstage in dritter Lesung genehmigt sein wird,kann über die Besetzung der neuen Stellen wie in den schwebendenkolonialen Personalfragen keine Entscheidung getroffen werden, undes sind auch für die einzelnen Posten bisher bestimmte Persönlich-leiten noch nicht in Aussicht genommen."Herr Professor Paasch« hat also noch Aussichten!--Die geschäftlichen Talente deS Herrn v. Podbiclski. Eine inter-essante Aufklärung hat. wie die„Voss. Ztg." berichtet, die gestrigeVersammlung der Berliner Mlchhändler gebracht. Der Syndikusdes Verbandes der Milchhändler, Rechtsanwalt Dr. Fla tau, teiltenämlich dort mit, der Landwirtschaftsmini st er v. Pod-bielöki sei bis zum I.April d. I. Milchlieferantdes Verbandes der Milchhänder gewesen. Er habealso der Milchzentrale tvohl sein Ohr und seinen Arm geliehen,sein Portemonnaie aber nicht. Diese Wirtschaft-liche Haltung des Herrn v. Podbielski ist um so auffallender,als der Verband der Milchhändler die große Kampfgenossen-schaft ist, die gegen die Zentrale ins Leben gerufen wurde.„Herr v. Podbielski", meint das freisinnige Blatt,„istein tüchtigerOffizier gewesen; als Staatssekretär des Reichspostamtes hat er sichals ein glücklicher Reformer erwiesen, und als Landwirtschafts-minister hat er sich den Ruhm erworben, der entschlossenste Agrar«minister zu sein, den Preußen jemals gehabt habe; trotzdem dünktuns, daß er in all diesen Aemtern seinen eigentlichen Beruf verfehlthabe: wir sind überzeugt, daß er als Kaufmann oder Bankdircktorganz Außerordentliches geleistet haben würde".Wir vermögen in letzterem Punkt dem Blatte nicht beizupflichten.ES überschätzt die Fähigkeiten des Herrn v. Podbielski. Für denLandwirtschaftsministerposten mögen sie ausreichen, ob auch für dieLeitung einer großen Bank, erscheint fraglich.—Konservative Hetze gegen Rosa Luxemburg.Die„Deutsche Tageszeitung" und dergl. lassen sich von einerkonservativen Korrespondenz aufschwatzen, die völkerrechtliche Seiteder Frage in betreff unserer Genossin Rosa Luxemburg sei erledigt,da nach russischem Recht die Staatsangehörigkeit einer Russin durchVerheiratung mit einem Deutschen nicht verloren gehe, GenossinLuxemburg sei also Russin geblieben. Die Behauptung desrussenfreundlichen BlatteS ist falsch und völlig unerheblich.Eine Russin verliert durch ihre Heirat die russischeStaatSzugehörigkeit. Aber selbst wenn man russischenStaatsrechtsgelehrten vom Schlage des unbewußt selbst Gesetzestextefälschenden Generalkonsuls in Königsberg und seiner Geistes-verwandten um Oertel die entgegengesetzte, falsche Ansicht konzedieren Iwollte, so verbleibt der durch Heirat kraft Ge-setzeS Deutsche gewordenen Russin die deutscheStaatsangehörigkeit unter allen Umständen. Die„Deutsche Tageszeitung" und ihre Gesinnungsgenossen scheuenauch jetzt nicht davor zurück, unsere Genossin mit Flegeleienzu überschütten. Diese Gcsinnungsroheit überrascht unsnicht. Die„Deutsche Tageszeitung" hat bislang noch keinWort des AbschcuS über die kosakischen Bestialitäten ge-funden, die die heldenmütige junge Spiridonowa peinigten,marterten, schändeten und mit Syphilis infizierten. Die feigeAngeiferung von dieser Sorte Menschen ehrt die Angegriffene. DieHetze, die die„Konservative Korrespondenz" und ihr Gesinmmgs-geschmeiß gegen unsere unerschrockene Kampfgenosstn treibt,kann nur den einen Zweck haben, die russischen Behördenaufzufordern, die Genossin Luxemburg, gegen die bislang vonrussischer Seite Anklage nicht erhoben ist, völkerrechtswidrig zubehandeln. Reicht der konservative Einfluß so weit, die russischeRegierung zum Völkerrechtsbruch zu veranlassen, so würde eineIntervention Pflicht der deutschen Regierung sein.--Die Rcichstagsersatzwahl im S. hannoverschen Wahlkreise für unseren verstorbeuen Genossen Meister ist, wie der„Franks. Ztg." aus Hannover gemeldet wird, für Mitte Juni inAussicht genommen. Außer deu Nationalliberalen und Weifenivollen auch die Mittclstandsvcreinler einen Zählkandidaten auf-stellen. Unserer Partei ist das Mandat so gut wie sicher.—Südwcstafrikanische Verluste. Ein Telegramm aus Wind hu kmeldet: Unteroffizier Franz Zawadzinski, geboren am2. 4. 83 zu Osche, am ö. April d. I. im Feldlazarett Lüderitzbnchtan Typhus und Bauchfellentzündung g e st o r b e n. GefreiterMax H a m p e l, geboren am 11. ll. 83 zu Pogorzelletz, am b. Aprildieses Jahres bei Mababis leicht verwundet; Streifschußrechten Oberschenkel.KlusiancUUngarn.Edle Borsätze.Am Mittivoch hielt der Ministerpräsident Dr. Weierle inder Versammlung der koalierten Parteien eine Programmrede,in welcher er darlegte, daß die große Verfassungskrisis Männerverschiedener Parteirichtung gezwungen habe, ein Kabinett zubilden, um den konstitutionellen Notstand zu beendigen. DieRegierung werde vom Abgeordnetenhause Indemnität für die ohneverfassungsmäßige Bewilligung gemachten Ausgaben erbitten; siewerde auch jene Teilbeträge der Militärkredite verlangen, welche inden Voranschlag für 1905 und 1906 eingestellt, aber nicht votiertworden seien. Die Regierung habe sich nicht verpflichtet, dieErhöhung des Rekrutenkontingents zu verlangen; es werde nur dasnormale Kontingent beansprucht. Die Handelsverträge, diedurch Verordnung in Kraft gesetzt worden seien, würden dem Par-lamente zur verfassungsmäßlgen Genehmigung unterbreitet lverden.Das vorbereitete Zoll- und Handelsverhältnis mit Oesterreichwerde, wie dieS selbständiger Staaten würdig, in der Form einesHandelsvertrages, nicht in der Form eines Handelsbiindnisses ab-geschlossen werden. Die Regierung werde die Wahlreform einführenund hierauf den Reichstag auflösen. Nach den auf Grund der Wahl»reforin vorgenommenen Wahlen werde die Regierung demissionieren.Hierauf drückte Franz Kossuth dem Ministerpräsidenten den Dankfür die Mitteilungen aus, die mit lebhafter Zustimmung seitens derMitglieder der koalierte» Parteien aufgenommen wurden.•—Italien.• Kammerferien.Rom, 9. April.(Eig. Ber.) Das italienische Parlament gönntsich»ach kaum cinmonatlicher Arbeit vier Wochen Ferien. Da«Ministerium schickt die Abgeordneten nach Hause, ohne in irgendeiner Form ein politisches Votum verlangt und erhalten zu haben.Von 11 Budgets ist nur eins, das der Innern, bewilligt worden,von den vielen Gesetzentwürfe» hat man den über die Ausnahme-maßregeln für Calabrien in aller Eile durchgehetzt, und auf diesenLorbeeren wird nun das„Reformministeriuin" eine Zeitlang aus-ruhen. Dieses kümmerliche Ergebiiis erscheint erst in seinem vollenGlanz, wenn man sich vergegenwärtigt, daß in derselben Zeit dasMinisterium sich nicht gescheut hat, die Exzesse der Soldaten inScorrano und Muro gegen wehrlose Arbeiter in Schutz zu nehmenund die ziemlich harmlose Tagesordnung Turati für die Unter-stellung des Reptilienfonds unter parlamentarische Kontrolle zurück-zuweisen. So schneidet daS Kabinett Sonnino nach einmonatlicherWirksamkeit ab.—Auch dem„ A V a n t i', der in einigen Teilen, besonders imParlamentsbericht, sehr ministerfreundlich gefärbt ist, beginnt dieheutige Situatton peinlich zu werden. In einem Redaktionsartikelschreibt er, daß man, um ein Beispiel der Lananuit zu geben, nocheine Zeitlang warten könne, aber dann bereit sein müsse, gegen dasnur an Versprechungen fruchtbare Ministerium Stellung zu nehmen.Es dürste sich empfehlen, nicht allzulange mehr Langmut zuüben? die sehr leicht als etwas anderes gedeutet werden könnte.—Spanien.Einen sehr vernünftigen Borschlag macht das spanische Blatt„Heraldo". Es fordert die Abschaffung der Feier des 2. Rtoi. In,Jahre 1808 unter Napoleon l. lag französische Besatzung in Spanien«Hauptstadt. Am 2. Mai erhob sich die Bevölkerung von Madridgegen die französische Garnison und diese? Ereignis wurde bis IVOSalljährlich feierlich begangen lES wäre in der Tat eine Geschmacklosigkeit hohen GradeS, solltejene Erinnerung an den Triumph über Frankreich jetzt noch weiterkonserviert werden, da Spanien Frankreichs Verbündeter gewordenist. Selbst das spanische Armeeblatt„Correspondencia Militär" teiltdie Ansicht, daß nach den letzten Ereignissen und zumal nach dembekannten Verlauf der Marokko-Konfcrenz in Algeciras die Er-Haltung des Festes vom 2. Mai einen lächerlichen Anachronismusdarstellen würde.Wann wird man in Deutschlands bürgerlichen und militärischenKreisen auch nur halb so vernünftig über den lächerlichen Sedan-rummel zu denken gelernt haben?—Schweden.Die Maßnahmen gegen die anarchistische Agitation beim Militär.Wie gestern ein Telegramm meldete, hat die schwedische Re-gierung beschlossen, gegen die anarchistische Agitation in Heer undFlotte„energisch vorzugehen". Demgegenüber ist eine Aeußerunginteressant, die kürzlich ein liberales Blatt,„Göteborgs Handels-tidning", brachte. Es schrieb, das beste Mittel gegen anarchistischeAgitation in Heer und Flotte sei gute Behandlung und gute Für-sorge für die Truppen, vor allem aber eine Wahlrechtsreform, dieden Mannschaften das Gefühl gibt, daß sie teilhaben an dem Vater-land, das zu verteidigen sie berufen sind!Wenn man auch die Maßnahmen der Regierung nicht billigenkann, so muß doch zugegeben werden, daß die anarchistisch-anti-militaristische Agitation sich auch in Schweden nicht frei hält vonUebertreibungen. So schreibt denn auch Hjalmar Branting in einemLeitartikel in„Social-Dcmokraten". daß jene Agitation gewisser-maßen im Widerspruch zu dem Programm der Sozialdemokratiestehe und sich teilweise sogar direkt gegen den Programmpunkt:„einvolkstümliches System der Landesverteidigung" wendet. Er machtzu einem Teil gerade diese Uebertreibungen dafür verantwortlich,daß eS der Reaktion nun, wie eS scheint, gelingen soll, einen Schlaggegen die antimilitaristische Propaganda ,m allgemeinen zu führen.Zur prinzipiellen Seite der Frage schreibt„Social-Demokraten" an anderer Stelle:„Der Versuch, Gedanken zu er-sticken, die hinter einer vielleicht verschrobenen Form Teile vonWahrheit enthalten, wird nicht glücken, sondern nur die Bitterkeitund die Gegensätze in der Gesellschaft verschärfen, also direkt den„Haßpredigern" in die Hände arbeiten, die man damit bekämpfen zukönnen glaubt."'Asien.Nach einem„Wolff"-Telegramm sind die Nachrichten über dengegen die Mandschudhnastie gerichteten Aufstand in Ho-nan starkübertrieben. Es sollen nur einige hundert Rebellen daran beteiligtgewesen sein, die jetzt zersprengt seien. Die Hankau�Pekiug-Eisenbahn ist nicht gefährdet.Amerika.Venezuela— kast/iert.Cipriano Castro, Präsident von Venezuela, soll für einigeZeit aus dem Vordergrunde der politischen Schaubühne zurück-getreten sein und die Präsidentschaft bis auf weiteres in die Händedes Vizepräsidenten Gomez gelegt haben.— In dem nach New Dorkgelangten amtlichen Schreiben des venezolanischen Generalkonsulsheißt es: Castro wünsche sich nach den anstrengende« Arbeiten, dieim letzten Jahre so erfolgreich gewesen seien, für einige Zeit insPrivatleben zurückzuziehen. Castros Rücktrittserklärung deute an,daß er, wenn sein zeitweiliges Fernbleiben von den Ge-schäften dem Lande Eintracht und Freundschaft bringen sollte,willens sei, seinen Rücktritt, wenn nötig, zu einem dauerndenzu machen.—Der schlaue Fuchs überläßt es mit anderen Worten demKollegen Gomez, Venezuela über die Schwierigkeiten hinwegzu-bringen, in die er— Castro— daS Land verstrickt hat. Nun, daFrankreich schärfere Töne anschlägt, und auch die VereinigtenStaaten Miene machen, Herrn Castro strenger auf die Finger zusehen, zieht er sich plötzlich„für einige Zeit" inS Privatleben zurück!Darüber, daß Castro sich nicht gutwillig für immer zurück-zieht, kann kaum ein Zweifel bestehen; hat er doch vor drei Jahren— Ende März 1903— in derselben Weise sogar bor dem Kongreßerklärt: er lege sein Amt nieder, und zwei Tage darauf übernahmer wieder„auf Wunsch des Kongresses" die Präsidentschaft!Wir müssen also wohl darauf gefaßt sein, den Biedermann baldwieder an der Spitze Venezuelas den Napoleon im verkleinertenMaßstabe mimen zu sehen.—Gewcrhrchaftlicbcs.Ein neuer christlich-Hirsch-Dunckerscher Schwindel.Ueber das sozialdemokratische Volks-haus in Köln verbeitei die Zentrums- und die Hirsch-Dunckersche Presse einen S ch w i n d e I a r i i k e l. Es wirddarin behauptet, die Lieferung der Betten für das Volkshaussei dem Kölner Warenhause Leonhard Tietz als dem mindest-fordernden Unternehnier übertragen worden, obwohl dieFirma den Tarif des Tapeziererverbandes nicht einhielte undkeine organisierten Arbeiter beschäftige. SozialdemokratischeTapezierermeister sowie Firmen, die tarifmäßige Löhne zahl-ten, seien nicht berücksichtigt worden. Infolge des niedrigenPreises habe die Firma Tietz den in ihrer eigenen Werk-statte beschäftigten Polsterern noch erhebliche Abzüge gemacht,diese aber wieder zurückgenommen. Trotz der Schwierig-leiten sei es gelungen, einige der bei Tietz beschäftigtenTapezierer der Organisation zuzuführen. Die Firma, die dieserfuhr, habe darauf diese Leute entlassen.� Weiter wird be-hauptet, eine„Kölner Parteigrötze" habe in einer Versamm-lung mitgeteilt, der Vertreter der Firma habe erklärt, derVolkshauskommission ausdrücklich gesagt zu haben, daß beiden niedrigen Preisen die tarifmäßigen Löhne nicht gezahltwerden könnten. Die Volkshauskommission soll sich dainitentschuldigt haben, daß die Vergebung von Arbeiten geschäfts-mäßig behandelt werden müsse.Dazu wird uns aus Köln geschrieben: A l l e d i e s eAngab en sind unwahr; sie sind teils verdreht, teilserfunden. Die Volkshauskommission bedarf keiner„Ent-schuldigung", denn sie hat in allen Punkten korrekt und gemäßden gewerkschaftlichen Grundsätzen gehandelt. Es ist unwahr,daß der Firma Tietz die Arbeit übertragen worden sei, weil siedie niedrigsten Preise gefordert habe; denn die Firma hatnicht die niedrigsten Preise gefordert. Vielmehr geschahdie Uebertragung, nachdem die als Gutachter herangezogenenSachverständigen die Probestücke der Firma Tietz als diebesten bezeichneten, ohne daß sie den Namen der Lieferantenund den geforderten Preis kannten. Daß die anderen Be-Werber die Lieferung nicht erhielten, lag lediglich an derschlechten Qualität und Ausführung ihrer Probearbeiten. Esist darum eine elende Verleumdung, wenn der Hirsch-Dunkersche„Gewerkverein" es so hinstellt, als habe man inKöln„an den Arbeitern Verrat geübt", weil die Firma Tietzauf einer Sammelliste für das Volkshaus 200 M. gezeichnethat. Unwahr und in der erwähnten Versammlungrichtig gestellt worden ist, daß der Vertreter der FirmaTietz erklärt habe, wegen der vorgesehenen Preise Abzüge anden Löhnen machen zu müssen. Die Firma hat lediglich wiealle Bewerber gesagt, daß sie die äußersten Preise gemachthabe. Der Preis ist so, wie er gefordert wurde, bewilligtworden, und die Volkshauskommission hat sich vergewissert,daß die Firma die tariflichen Löhne zahlte.Auch die Angaben bezüglich der Organisationszugehörigkeitder Tietzschen Tapezierer sind falsch. Die in Betracht kom-Menden beiden Gehlllfen waren schon längere Zeit organisiert;einer war sogar bei Tietz Werkstattvertrauensmann des Ver-bandes. Das von den klerikalen und Hirsch-Dunckerschen Ver»leumdern errichtete Schwindclgebaude fällt also in sich zu-sammcn, und das Kölner Volkshaus steht makellos da.SeHln und tlmgesend.Die Zunftmeister der Schlosserinnung und„ihre" Gesellen.Ein mehr wie eigentümliches Verhalten legen die Zünstler be»SchloffergewerbcS be» dem gegenwärtigen partiellen Streik nebst„Aussperrung" der Schloffereiarbeiter an den Tag. Es ist gewisser-maßen eine Mischung von mittelalterlich verzopftem und kühnemänn«lich modernisierten» Geist, der aus den ebenso törichten wie un»gesetzlichen Maßnahmen der Innung spricht. Ihr Aerger überden Streik und die mißlungene Aussperrung verleitet die Innung?»foxe jetzt zu Uebergriffen, lvie man sie selbst bei einer so rückständigenKategorie von Arbeitgebern, als welche sich die Berliner Schloffer-meister schon immer präsentiert haben, kaum erwarten sollte. Hiereinige Dokumente, die von der Art ihres Vorgehens gegen die Ge-sellen beredtes Zeugnis ablegen. Zimächst em Entlassung s-schein, wie er vom Jnnungsvorstand gegenwärtig„vorgeschriebe»»"ist ul»d zur Ausgabe gelangt. Er lautet:Der Schloffer(Raine) auS(Geburtsort) hat seit(Datum) beimir gearbeitet und ist heute ordnungsmäßig abgegangen. Ermußte wegen Streiks entlassen werden.Die Erkenntnis, daß solch ein Wisch ungesetzlich ist, wirdden ehrsainen Zünftlern wohl erst durch daS Gewerbcgericht bei-gebracht werde»» müssen.Aber die Herren verlangen von ihren Gesellen noch ein übriges.Sie legen ihnen ganz nach der Manier der Metallwarenfabrikantenfolgenden R e v e r s zur Anerkennung vor: