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Die Revolution in Rußland  .

Russische   Preßfreiheit.

Während die russische   Regierung die uniformierten und beforierien Urheber der Massakers in Odessa   und Minst, die Herren" Neidhart und Sturlow, freisprechen ließ, weil diese angeblich im Interesse des Staates und nach den Intentionen der Regierung gehandelt hätten, und nachdem die Regierung die berühmt" ge­wordenen Beiniger der unglücklichen Spiridonowa, die Schurken Abramot und Schdanow  , nicht einmal unter Anklage gestellt hat, ist sie unermüdlich, die öffentliche Meinung zu vergewaltigen und die Presse durch temporäre" Maßregeln und Geheim­erlasse zu fnebeln. Die russische Bureaukratie glaubt allen Ernstes, durch solche Maßregeln den Lauf der Geschichte und der Kultur ein­zudämmen und durch die täglichen Verhaftungen von Schrift­stellern und Redakteuren dem Volte einen Maulforb anlegen zu fönnen.

Besonders reich an Preßprozeffen ist die allerjüngste Zeit; denn die Regierung Witte- Durnowo fühlt, daß die Tage ihrer unglück­seligen Herrschaft gezählt sind, und sie will vor ihrem Ende Erempel statuieren; denn., nobel muß die Welt zu Grunde gehen!"

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Einen schönen Belag für die Empfindlichkeit und Gerechtigkeit der russischen Regierung lieferte die Gerichtsverhandlung( ohne Zu ziehung von Geschworenen) gegen den Ingenieur Mendelsohn, der unter der Anklage stand, die temporären Breßgefeße vom 24. November 1905 verlegt zu haben. Einen erschütternden Ein­druck machte es, als der Angeklagte in einem Rollstuhl in den Ges richtssaal gefahren wurde, da er infolge eines vor einigen Jahren erlittenen Unglücksfalles weder Hände noch Füße befizt. Die gegen Mendelsohn erhobene Anklage stützt sich auf folgenden Tatbestand. Zu Beginn des Januar 1906 erschien eine Nummer des bon ihm redigierten politisch- satirischen Journals Wodoworot"(" Der Strudel"), in der unter anderem die Gedichte Der Kampf beim Technologischen Institut" und Die Kosaten", ferner ein Artikel, betitelt Unter dem Teufel" und die Zeichnung ,, Der Befämpfer" abgedruckt waren. Das erstgenannte Gedicht beginnt folgendermaßen: Sage mir Alter! Nicht vergeblich hat wohl das Heer, in Glut entfacht, mit dem Bolt gekämpft?" Weiterhin heißt es es bei der Beschreibung der Teilnahme der Garde an der Unterdrückung der der am Technologischen Institut ausgebrochenen Unruhen: Es gibt wohl Helden zu unserer Zeit! Ein mitleidloses Volt das unsere Garde. Man schickt sie nicht in den Krieg; fie tummeln sich hier in Petersburg  und verteidigen die Hauptstadt vor den inneren Feinden." In bezug auf einen der Regimentskommandeure hieß es weiter: war ein großer Held; er rief sogleich den Soldaten zu: Kinder, stellt Euch in Reih und Glied! Wir geben gegen die Aufrührer los, die Studenten werden wir lebendig braten, werden ihnen ein Blut­bad machen. Mir nach!"- Im Gedicht Die Rofalen" zieht der Autor eine Parallele zwischen dem, was die Rosalen im Mittel­Die alter waren, und dem, was sie jetzt geworden sind. Zeichnung Der Bekämpfer" zeigt einen Rosaten, der mit gespreizten Beinen lächelnd vor der Leiche eines Bauern steht; neben dem Tegteren ist eine Blutlache und in einiger Entfernung liegt die Leiche einer Frau. Das Ganze ist vom Feuer eines Brandes be­leuchtet.

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In alledem fah die Hauptzenfurverwaltung eine Beleidigung des russischen Heeres und zog Herrn Mendelsohn zur Verant wortung. Der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Margolin, führte ungefähr folgendes aus: Die Anklage gegen Mendelsohn ftüße fich auf einzelne Strophen, welche in ihrer Gesamtheit genommen einen ganz anderen Sinn haben. Sie beschreiben die politische und agrarische Lage Rußlands  . Der Angeklagte spreche von Männern, welche die Schuld an vielen Leiden des russischen Volkes tragen, er spreche von den berbrecherischen Taten der Bureaukratie und weise darauf hin, wie viel Unglück fie dem Lande gebracht, wie sie es in ein Meer von Kummer, Tränen und Leiden verwandelt haben. Das Journal des Angeklagten sei eines jener wenigen Breßorgane, die einzig der Wahrheit und der Gerechtigkeit dienen wollen. Ist nun alles das, was in jenen Artikeln steht, wahr? Ist es wahr, daß die Kosaken früher keine Polizeipflichten zu erfüllen hatten? Ist es wahr, daß die Soldaten unbewaffnete Studenten überfielen? Ist es wahr, daß ein Teil der Offiziere vom Kampfplate floh?"

Der Angeklagte forderte die Richter im Gegensatz zu seinem Verteidiger, der an das Mitleid der Richter mit dem verkrüppelten Mann appelliert hatte, auf, seinem Zustande bei der Strafabmessung feine Beachtung zu schenken. Das Gericht verurteilte den An­geklagten zu bier Monaten Gefängnis!

Es verdient erwähnt zu werden, daß der Gerichtshof in seiner Motivierung des Urteils unumwunden zugibt, daß die von Mendelsohn geschilderten Tatsachen aus dem Leben gegriffen und wahr sind, somit keine falschen Beschuldigungen gegen das Heer vorgebracht worden sind, hält es jedoch für geboten, den Verbrecher" eremplarisch zu bestrafen wegen der schändlichen, sozial- demokra­tischen Richtung der von ihm redigierten Zeitschrift".

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Spitel überall!

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aber fann's Herr Böhme doch noch besser. Er geht wegen eines Artikels gegen bier Redakteure der Leipziger Volkszeitung" bor  . Wie dieses juristische Kunststück fertig gebracht wurde, das wollen wir die Leipziger Volkszeitung" selbst erzählen lassen. Sie schreibt, nachdem sie mitgeteilt hat, daß die Genossen Mehring, Leusch und Haenisch von der politischen Redaktion und Genosse Stressin als Verantwortlicher in die Sache berwickelt sind: Es handelt sich um den Artikel: Der Tiger als Affe, durch den die Ministerien des Krieges und des Innern in Preußen und Sachsen   partout beleidigt sein wollen. Oder viel mehr: diese vier Institute rannten zu Herrn Böhme, weil durch den Artikel die ausführenden Beamten und die Organe der be­waffneten Kriegsmacht, die am roten Sonntag zum Bürgerkrieg gerüstet dastanden, beleidigt sein sollen. Der Artikel erschien in der Montagsnummer der Leipziger Volkszeitung" vom 22. Januar. Wie man sieht, hat das Gefühl der Beleidigung sehr lange in den Heldenbrüsten dieser vier Ministerien geschlafen, ehe es seine Spannkraft auszuüben begann. Augenscheinlich benußte man die Zeit dazu, um den Artikel der Leipziger Volkszeitung" in allen Kasernen, die den beiden Kriegsministerien, und in allen Schreib­stuben, die den beiden Ministerien des Innern unterstehen, fursieren zu lassen, und sodann die Beamten und die Soldaten aufzufordern, sich nach einem bestimmten Reglement beleidigt au fühlen. Denn es versteht sich, daß die vorgesezte Behörde nicht wegen Beleidigung ihrer Beamten lagen kann, wenn sich diese Beamten nicht beleidigt fühlen. Da nun den Militärpersonen die Lektüre sozialdemokratischer Zeitungen verboten ist, sie also un möglich den Tigerartikel der Leipziger Boltszeitung" gelesen haben tönnen, so bleibt nur die Annahme übrig, daß ihnen die " Leipziger Volkszeitung" im Dienstwege zugestellt wurde.

Der Artikel behandelte die Maßregeln, mit denen am 21. Januar die herrschenden Klassen Deutschlands   zur Straßens schlacht rüsteten. Er erfüllte seinen Zweck so vortrefflich, daß der nationalliberale Jammermann Rechtsanwalt Bassermann als Wortführer dieser Klassen den ganzen Artikel vom ersten bis zum letzten Buchstaben mit wutbebender Stimme im Reichstage borlas. Von den Ministerien des Krieges und des Junern war weder in ihrer schwarz- weißen noch in ihrer grün- weißen Couleur die geringste Erwähnung geschehen. Und trotzdem die Klage. Doch an derartige juristische Kunstschlosserei wird man ja allmählich gewöhnt. Wenn man Friedrich August von Sachsen   beleidigen fann, ohne an ihn zu denken, geschweige denn ihn zu nennen, warum denn nicht auch die Ministerien? Nächstens werden alle Leute wegen Beleidigung flagen, die wir in unseren Artikeln nicht genannt haben.

Aufstand in Ramerun?

In Kamerun   gärt es schon lange. Nicht marr unter den Küsten bewohnern, die ia, wie die Geschichte der Beschwerde der Afwaleute beweist, ebenfalls schon dicht vor der offenen Erhebung gestanden haben, sondern vor allen Dingen auch im Inneren des Landes. Wenn schon die Gouvernementsverwaltung den Küstenstämmen gegenüber den rücksichtslosen Herrenstandpunkt herauskehrte, so läßt sich denken, wie man erst im Inneren des Landes mit den Ein­geborenen umsprang. Kenner der Verhältnisse erzählen die ungeheuer­lichsten Dinge von Brutalitäten, die namentlich von den eingeborenen Soldaten verübt worden sind, Taten, deren Verantwortung mit Recht auf die Verwaltung zurüdfällt. Rechnet man noch die ganz natür­liche Abneigung der Eingeborenen gegen die Fremdherrschaft hinzu, so ist es höchstens verwunderlich, daß der Aufstand der Eingeborenen fo lange auf sich hat warten lassen. Nunmehr scheint sich die Gärung jedoch in allgemeinem Aufstand entladen zu wollen. Die Koloniale Zeitschrift" macht über teils bereits aus­gebrochene, teils drohende Unruhen folgende Mitteilungen:

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Nach gestern hier eingetroffenen Meldungen find sämtliche Affobam- Allamandörfer in vollem Kriegszustande. Selbst das im Nzimuaufstande ganz rührige Besam ist in voller Gärung, und das Leben der dortigen Weißen ist bedroht. Hauptmann Scheunemann hielt aus diesem Grunde den geschäftlich gerade in Lomie anwesenden Faktoristen der Gesellschaft Südkamerun zurück. Danach scheint er nicht in der Lage zu sein, das nahe­liegende Besam gegen die Buschleute zu schützen. Nach den ein­gelaufenen Nachrichten zu schließen, werden die Affobamfannibalen, die der Regierung über zwei Jahre lang höhnend Trotz geboten haben, diese zum Kampfe herausgefordert haben, nunmehr selbst nach Lomie, dem Siz der Verwaltung ziehen, um Hauptmann Scheunemann in seiner befestigten Station anzugreifen. nin Man tann an Ort und Stelle noch immer nicht verstehen, weshalb die notwendigen Verstärkungen nicht eingetroffen find, um die herausfordernden Assobamfannibalen zu bestrafen und sie niederzuhalten. Allerdings besigen sie Tausende von Gewehren und Behntausende von Kilo gramm Pulver. Es sei hier nochmals darauf hingewiesen, daß der frühere Chef Preuß mit nur dreißig Mann gegen diese Dörfer vorging, aber nach heftigstem Kampf in den Sümpfen Schutz suchen mußte. Würden wir jetzt eine Schlappe er­leiden, so hätten wir hier den Generalaufstand aller Nzems, Nzimus und Bangandus, dem sich die ganz unsicheren Oftbulis dann wohl anschließen würden. Das ist so fügt die Zeitschrift hinzu das Resultat einer Politik, die jede Auf­standsgefahr von mehr als lokaler Bedeutung verneinte und Die Nummer war vom Genossen Kressin verantwortlich ges die Schuztruppe sogar vermindern wollte. Nach weiteren zeichnet, und soweit sich gegen ihn das Verfahren richtete, hätte Mitteilungen aus den Nordbezirken ist in der Biämegegend, man nur die allgemeine Tendenz der Preßverfolgung wieder nördlich von Bertua Krieg ausgebrochen, der hervor­einmal an diesem Falle demonstrieren können. Aber Herr gerufen ist durch das Vorgehen der Jaundehändler. Viele Böhme wollte doch noch etwas aus eigenem hinzutun! Händler und Träger der Küstenfirmen sind er­Er begann ein Verfahren gegen den mutmaßlichen Verfasser schlagen. Infolge dieser Vorgänge zogen die Firmen ihre des Artikels, den er unter den drei politischen Redakteuren des Händler und Träger aus Biäme und der Bertuagegend zurück." Blattes sucht, um diesen dann neben dem Verantwortlichen Wie aus dieser Darstellung hervorgeht, haben auch hier ebenfalls noch auf die Anklagebant zu zerren. Selbstverständlich wird dieser Böhmische Feldzug gegen die Personen unserer wiederum die Praktiken der Händler das Maß der Erbitterung politischen Redakteure ebenso mit Fiasko enden, wie die bisherigen überschäumen lassen! Bei den Assobarn scheint nach der Darstellung, Feldzüge gegen unsere Zeitung. Aber zur Charakterisierung die natürlich zuungunsten der Eingeborenen gefärbt ist, der Freiheits­unserer Preßjustiz ist dieses Bemühen der Staatsanwaltschaft von stolz eines friegerischen Stammes zur Auflehnung gegen die ja fo symptomatischer Bedeutung. Vielleicht geht Herr Böhme noch wenig angenehme deutsche Schußherrschaft" geführt zu haben. Und einen Schritt weiter und verlanlaßt das Zeugniszwangsverfahren da diese Stämme so trefflich bewaffnet sind, dürfte ihre Nieder­gegen unsere politischen Redakteure! Pro Mann sechs Monate Ge- werfung feineswegs ein Kinderspiel sein. Wenn nicht alles trügt, fängnis für nichts und gar nichts, dazu die angenehme Aussicht, steht uns also zu den noch unabsehbaren Kriegen in Südwest­das Erscheinen der Leipziger Boltszeitung" schwer zu gefährden auch in Kamerun   ein Kolonialkrieg bevor, und zugleich eine fühle Rache zu nehmen für die bitterböse Lettion, afrika   und Ostafrika  die ihm die drei seinerzeit vor der gesamten Deffentlichkeit er- dessen Umfang und Dauer ebenso unabsehbar sein dürfte! Für die teilten Nun, Herr Böhme, wie wär's denn? Wörmann und Tippelskirch find das angenehme Aussichten- nicht aber angenehm für die deutschen   Steuerzahler!

Der Prozeß wird uns Gelegenheit geben, die Vorbereitungen zur Straßenschlacht am 21. Januar vor Gericht zu bringen. Nach bem roten Sonntag war die Empfindung bei unseren Gegnern all­gemein, daß man sich bis auf die Knochen blamiert habe. Die anti­fozialdemokratische Korrespondenz schrieb, als es sich darum handelte, ob für den 18. März ähnliche Vorbereitungen zum Gemegel ge­troffen werden sollten: eine solche Riesenblamage hält der stärkste Staat nicht zum zweiten Male aus. Jezt gelüftet es unseren Gegnern, sich diese ihre Riefenblamage durch einen Prozeß gegen die Leipziger Boltszeitung" gerichtlich beglaubigen zu lassen. Ein etwas merkwürdiges Verlangen, aber des Menschen Wille ist fein Himmelreich, und nicht wir sind es, die auf der Auflagebant figen werden, sondern die Helden vom 21. Januar!"

Von der Ausweisungsschmach.

Die Polizei sekt, wie jetzt verlautet, ihrem Treiben die Krone auf. Nach§ 127 ff, 130 des Gesetzes über die allgemeine Landes­verwaltung steht Ausländern gegen Ausweisungen zwar feine Klage, wohl aber das ordentliche Rechtsmittel der Beschwerde im Ver­waltungswege zu. Diese Beschwerde ist für Berlin   an den hiesigen Polizeipräsidenten zu richten und von dem Oberpräsidenten zu Potsdam   zu entscheiden. Sie hat, wie§ 53 a. a. O. bestimmt, auf­schiebende Wirkung, d. h. fie hindert bis zu ihrer Erledigung die Vollstreckung. Diese Beschwerde ist von allen oder doch, so weit wir hören, von einer großen Zahl der Ausgewiesenen eingereicht, die natürlich im Vertrauen auf das Gefeh nicht daran denken, zu der gesezten Frist Preußen zu verlassen. Oder soll auch hier Polizei vor Recht gehen, soll sich auch hier das bekannte schneidende Wort Gneist's bestätigen, daß in Preußen die Verwaltung, die Polizei

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Deutfches Reich.

Christliche Nächstenliebe.

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Man sollte meinen, daß die Germania  " nach ihrer letzten Er­bärmlichkeit, der Ermahnung zur Unmenschlichkeit bei der Vesuv­tatastrophe, für längere Zeit die Lust zu neuer Niedertracht verloren hätte. Das fromme Zentrumsblatt scheint aber die Taktik erkoren au haben, die eine Niedertracht rasch durch eine neue in Bergessen heit zu bringen. So besprißt es heute zwei Menschen mit eflem Speichel, von denen der eine nichts verbrochen hat, als sich den Ruf eines großen Boeten zu erwerben, während die andere durch ihren durchaus privaten Charakter von Rechts wegen selbst gegen die Nichtswürdigkeiten eines christlichen" Blattes vom Schlage der Germania  " geschüßt sein sollte.

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Die Opfer der frommen Büberei sind Magim Gorki und seine Begleiterin, eine Petersburger Schauspielerin. Gorki   ist be fanntlich der russischen Barbarei entflohen und sucht nun im Ause land für die Sache der Revolution zu wirken. Da er bei seinem Aufenthalt in Berlin   in seiner Eigenschaft als Dichter von den Berliner   Literatenkreisen mit Beschlag belegt wurde und sich auch mit seinen Rundgebungen politischer Art an diese liberalen Literaten freise wendete, haben wir keinerlei Ursache gehabt, uns im politischen Teile unseres Blattes mit ihm zu beschäftigen. Daß er sich in dem naiven Optimismus des Poeten in Berlin   in der Wahl seines Publikums vielleicht vergriffen, fonnte uns freilich ebensowenig zu einer Kritif seines Verhaltens veranlassen, wie seine darauf folgende Reise nach Amerika  , um auch dort innerhalb der Bourgeoisie um Sympathien und materielle Unterstützung für die russischen Freiheitskämpfer zu werben. Es fonnte uns eben nicht in den Sinn, kommen, den revolutionären Dichter und sympathischen Freiheitskämpfer vom Standpunkte der Partei aus zu beurteilen. Andererseits lag auch für die Germania  " nicht die geringste Ursache vor, Gorki mit frommem Kot zu bewerfen. Als Dichter hat Ein unerhörter Cynismus, wie ihn nur die preußische Polizei er sich niemals durch tendenziöse Kirchenfeindschaft hervorgetan, auch fertig bringt. Und dabei lassen die Andeutungen über die angeb gehört ja die Heiligkeit des zarischen Absolutismus keineswegs lichen Verfehlungen der Ausgewiesenen deutlich erkennen, daß die zu den Glaubensdogmen der römischen Kirche. Dafür aber, Polizei ganz falsch unterrichtet, offenbar von allerhand Spizels daß sich die liberalen Schmocks Schmods geschäftig um den bes gesindel betrogen und belogen ist!

Petersburg, 20. April. Wegen des Besizes von revolutionären es stets verstehe, das Gesetz in sein Gegenteil zu verfehren? Inzwischen haben einige der Ausgewiesenen heute von allerhand Schriften wurden mehrere Soldaten des Preobraschensky- Garderegi- Kriminalbeamten oder auch von dem Polizeipräsidium die Mit­ments verhaftet. teilung erhalten, daß sie den Bescheid auf ihre Beschwerde nicht hier abwarten dürften; dieser Bescheid dauere zu lange; es sei sehr naib, zu glauben, daß der Minister oder der Oberpräsident den Beschwerden stattgegeben werden, den Bescheid würden sie schon be­kommen, wenn sie Preußen verlassen haben würden.

Obeffa, 20. April.  ( Von einem Privatforrespondenten.) Hier herrscht große Aufregung über von Kosaken   und Polizisten vor genommene Durchsuchungen der Hörsäle und Kliniken der Universi tät und der Wohnungen mehrerer Professoren nach Waffen und Bomben. Es wurden nur alte Kränze und eine Anzahl verbotener

Schriften gefunden. Professor Kazanetsky, dem die letzteren gefertig hörten, wurde sofort verhaftet. Der Vorfall gilt als der erste Fall der Durchsuchung einer autonomen Universität.

Gegenminen.

Petersburg, 19. April.  ( Meldung der Petersburger Tele­graphen- Agentur.) Fortgesetzt werden politische Gefangene befreit. Heute wurden in der Proving Wladimir etwa 100 und in der Proving Jekaterinoslato 279 folcher Gefangenen befreit.

Die Komödie.

Petersburg, 20. April. Dem Slowo  " zufolge wird die Reichs­duma sofort aufgelöst, falls dieselbe verlangen sollte, daß der Bar den Verfassungseid zu leisten habe, oder wenn man den Rücktritt des Gesamtkabinetts fordern sollte! Der Sessionsschluß wird bereits am 14. Juni erfolgen.

Politische Uebersicht.

Wir raten den Ausgewiesenen, nicht freiwillig der Aus­weisung und der Ungefeßlichkeit der Polizei Folge zu leisten, sondern die Polizei zu nötigen, sich durch schmähliche Gewaltanwendung, der natürlich kein Widerstand entgegenzusehen ist, vor der Kulturwelt doppelt bloßzustellen.

Noch eins: heute abend nehmen endlich einige bürgerliche Beitungen von den Ausweisungen Notiz, aber z. B. das" Berliner Tageblatt" in einer so feigen Weise, daß man sich wirklich in den März 1904 zurückverfekt glaubt.

rühmten Gaft herangedrängt hatten, fonnte ein vernünftiger Mensch doch Gorki selbst nicht verantwortlich machen! Troz alledem nimmt die Germania  " das liberale Preßgebahren zum Vorwand, um ganze Kübel christlich- katholischen Unrats über Gorki und seine Begleiterin auszuleeren!

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Mit der wollüftigen Schadenfreude einer bekehrten Betschwester verbreitet die Germania  " den Klatsch, daß Gorki drüben im Lande der Freiheit" bereits aus den Hotels herauskomplimentiert worden sei, weil seine Begleiterin nicht sein angetrautes Cheweib, das in Rußland   verblieben, gewesen sei, sondern seine Geliebte. Es meldet die Ausweisung von 200 Ruffen, registriert furz die aber nicht genug damit: die Germania  " hofft, daß die Geliebte" dreitägige Frist und schließt mit dem Satz:" Es verlautet, daß des Dichters vollends über das Wasser zurückspediert" werden wird, fich die aus politischen Gründen ausgewiesenen Russen in Berlin   da das amerikanische   Einwanderungsgefeß Dirnen den Eintritt in in oppositioneller Weise betätigt haben sollen." Kein Wort das Land der Freiheit versagt." der Kritit! Und auch diese Zeilen im lokalen Teil! Fast Wir fühlen feinerlei Beruf, uns mit der amerikanischen  hat es den Anschein, als gäbe sich auch das Tageblatt", das sich Heuchelei zu beschäftigen, die im Falle Gorki wieder eins neuestens in Angelegenheiten der hiesigen russischen Stolonie manchmal wahre Orgien gefeiert zu haben scheint. Wohl aber Die sächsische Justiz ist unermüdlich in der Erfindung neuer mal oppofitioneller Anwandlungen gerühmt hat, einfach zum Sprach verdient die beispiellose Gemeinheit gebrandmarkt zu werden, iteberraschungen; im edlen Wetteifer mühen sich die Staatsanwalt- rohr polizeioffiziöser Berdunkelungsversuche her. Das nennt sich mit der das führende deutsche   Zentrumsorgan die Ehre von schaften zu Dresden   und Leipzig  , einander in diesem edlen Wirken Liberalismus! Wie Diogenes mit der Laterne vergeblich einen Personen zu besudeln unternimmt, die nicht nur intellektuell, sondern den Rang abzulaufen. In Dresden   fabriziert die Staats- Menschen suchte, so suchen wir noch immer vergeblich nach einem auch moralisch turmhoch über den traurigen Tartüffes der anwaltschaft eine Auflage wegen Verleitung zum Massenbetrug Retter der Ehre unseres sogenannten Liberalismus, unseres Germania  " stehen!- gegen die Sächsische Arbeiterzeitung", in Leipzig   Bürgertums.

Berlin  , den 20. April. Ein edler Wettstreit.