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Nr. 93. 23. Jahrgang.

1. Beilage des ,, Vorwärts  " Berliner Volksblatt.

Sonntag, 22. April 1906.

Der Streik in den mitteldeutschen Braunkohlenrevieren. ba liegt gerade der Haſe im Pfeffer! Er schimpft auf den General Reichstagsabgeordneten gesprochen, welche ihm erklärten, daß eine

3eiz, 19. April.  ( Eig. Ber.)

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den Generalrat des Gewerkvereins, dem er selber angehört. Aber nicht habe schwächen wollen. Außerdem habe er mit mehreren rat des Gewerkvereins der Fabrik- und Handarbeiter, er aber zweite Betition auch nur denselben Zweck erreichen würde wie die gehört in den Generalrat" des Gewerkvereins der Bergarbeiter! erste, nämlich, daß sie dem Reichskanzler zur Erwägung überwiesen Das Oberbergamt Halle hat es abgelehnt, in dem die Bureaukraten des Gewerkvereins der Fabrik- und Handarbeiter würde. Aus diesen Gründen sei die Petition unterblieben. Streite die Vermittlerrolle zu übernehmen. Sie verstehen nichts vom Bergarbeiterleben und-Elend, sie sind Igno- Angenommen wurde ein Antrag Hamburg  , den§ 1 des Statuts verweisen merkwürdigerweise die Streikenden an die gesetzlich vor- ranten, Dummköpfe, rüdständige Schreiberseelen, die den Geist der wie folgt zu ändern: 1. Die Vereinigung führt den Namen geschriebenen und eingeführten Arbeiterausschüsse. Merkwürdig! Beit nicht begriffen haben! Sie haben obendrein kein Geld, erheben Zentralverband des technischen Bühnenpersonals" und hat seinen Im Gesetz vom 14. Juli 1905( Berggesegnovelle) und zwar im§ 80 f zu niedrige Beiträge, turz es ist alles fauler Zauber, Essig im Ge- Sit in Berlin  . 2. Sie erstreckt sich über das Deutsche Reich und Absaz 2 heißt es: Der ständige Arbeiterausschuß hat die in den werkverein der Fabrik- und Handarbeiter, darum: Hinaus! aus hat den Zweck, die Ehre, sowie die materiellen und geistigen Inter­§§ 80 Absatz 2, 80 d Abjat 23 und 80 g Absatz 1 bezeichneten diesem Capua der Organisation und hinein in den Gewerk- effen seiner Mitglieder nach Maßgabe des§ 152 der Gewerbe­Aufgaben. Durch die Arbeitsordnung können ihm noch weitere verein der Bergarbeiter! Das ist so ungefähr die Quint- ordnung zu wahren und zu fördern." Aufgaben zugewiesen werden. Außerdem hat er essenz der Ausführungen des verschriebenen Herrn Schmidt- Ein weiterer Antrag Hamburg   auf Gründung einer monatlich Anträge, Wünsche und Beschwerden der Belegschaft, die Oberhausen  . Er will den Teufel mit Beelzebub vertreiben. Das erscheinenden Fachzeitung wurde nach längerer Debatte ebenfalls sich auf die Betriebs- und Arbeitsverhältnisse Komische dabei ist, daß die Herren Agitatoren" vom Gewerkverein angenommen. Der Antrag Berlin   und Hamburg   auf Erhöhung der des Bergwerts beziehen, zur Kenntnis des der Fabrik- und Handarbeiter zu diesen Ausführungen Beifall Beiträge wurde gegen 2 Stimmen angenommen. Der Beitrag Bergwerksbesizers zu bringen und sich darüber zu äußern." flatschen! wurde von 80 Pf. monatlich auf 25 Pf. wöchentlich erhöht, und zwar Das Oberbergamt Halle fezt sich durch diese Auffassung auch in Doch im Ernst: Der neue Trick ist geeignet, in die Reihen der sollen jährlich statt 52 56 Wochenbeiträge erhoben werden; 4 Beitrags­direkten Gegensatz zu seinen Kollegen aus dem Ruhrrevier. Dort Bergleute neue Zweifel, Unruhe und Zersplitterung hineinzutragen. zahlungen werden zur Deckung der Unkosten des Fachorgans erhoben. haben die zuständigen Bergbehörden es den Arbeiterausschüssen Der Herr bleibt vorläufig im Ausstandsgebiet, hält überall Ber- Für Abendarbeiter( Hülfsarbeiter) beträgt der Beitrag wöchent­Direkt verboten, Forderungen" zu vertreten, da das Gefeß sammlungen ab, verfährt dabei in der oben geschilderten Weise, jagt lich 15 Pf. Angenommen wurde auch ein Antrag, statt 50 Broz. ihnen zwar gestattet, Anträge", Wünsche" und Beschwerden", nicht also die Schäfchen aus dem Stall des Gewerkvereins der Fabrik- 70 Proz. der Beiträge von den Zahlstellen an die Zentralfasse ab­aber Forderungen vorzutragen. und Handarbeiter hinaus und in die Hürde des Gewerkvereins der zuliefern. Ein Antrag, welcher den Anschluß des Verbandes an die Die bürgerliche Presse erhebt wieder ein Lamento! Augen- Bergarbeiter hinein. Bei den jetzt Streitenden dürfte ihm dies Generalfommission der Gewerkschaften Deutschlands  " fordert, scheinlich inspiriert vom Braunkohlen Verkaufsverein schreibt nicht gelingen, wohl aber bei den zahlreichen noch arbeitenden wurde einstimmig angenommen. sie u. a.: Uebertags- und Fabrikarbeitern, die als Streifbrecher betrachtet Die Verstandswahl fand auf Antrag per Afklamation statt. " Der Streit der mitteldeutschen Bergarbeiter zieht sich nun und von den Mitgliedern des Bergarbeiterverbandes gemieden Es wurden gewählt: Paul Schäfer als 1. Vorsitzender, Julius schon in die vierte Woche und noch ist kein Ende abzusehen. Flaut werden. Deshalb auch muß die Oeffentlichkeit auf diese ganz neue Gabert als Kassierer und Emil Müller als Schriftführer. die Bewegung auch etwas ab,( das Gegenteil ist der Fall. D. B.) Erscheinung auf dem Gebiete des Gimpelfanges aufmerksam ge- In die Kommission zur Gründung des Fachorgans wurden Schäfer Berlin, so tann von einer erheblichen Verringerung der Streifenden keine macht werden. Holst Hamburg   und Scherer Berlin Rede sein. Der Schaden, den die Grubenbefizer erleiden, ist gewählt. So wurden aus Preußen, Thüringen   und ganz bedeutend. Der nächste Verbandstag wurde gegen 2 Stimmen auf den Anhalt in der verflossenen Woche 5000 und aus Böhmen   fast Karfreitag 1908 angefeßt. 26 000 Tonnen Braunkohle mehr über δαξ fächsische geworden. Bahnnez versandt, als in der gleichen Woche des Vor­

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Die dritte Auszahlung der Streitunterstüßung ist gestern ohne jeden Zwischenfall glatt von statten gegangen. Aus Rosiz im Altenburgischen sind von einer Grube weitere 40 Mann ausständig

Alle angenommenen Anträge treten am 1. Juni 1906 in Kraft. Die Fachzeitung soll zuerst am 1. September 1906 erscheinen.

jahres. Aus Meuselwitz   wurden auf sächsischen Bahnen Der Verband des technischen Bühnenpersonals weniger exportiert, als voriges Jahr in der entsprechenden hielt dieser Tage im Gewerkschaftshause seinen vierten Verbandstag 5.

11 000 Tonnen Braunkohlen und fast 12000 Tonnen Briketts Woche."

Damit ist die Situation gekennzeichnet: das Feuer brannte den Herren schon höllisch unter den Nägeln!- Oder wird für eine neue Preissteigerung bereits Stimmung gemacht?

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ab. Anwesend waren der Zentralvorstand und sieben Delegierte, lettere vertraten die Zahlstellen Berlin  ( drei Delegierte), Hamburg  ( zwei Delegierte), Leipzig   und Frankfurt   a. M.( je ein Delegierter). Die Zahlstellen Dresden  , Breslau  , Augsburg   und Stettin   hatten feinen Delegierten entsandt.

1821,06 m.

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Generalversammlung des Verbandes der Stukkateure und verw. Berufsgenossen Deutschlands  .

Leipzig  , 19. April.

Dritter Verhandlungstag.

Zum Kölner   Gewerkschaftskongreß wurde eine Resolution angenommen, worin erklärt wird, daß man mit ein­zelnen dort gefaßten Beschlüssen nicht einverstanden sei. So sei man für Arbeitsruhe am 1. Mai, der politische Massenstreik müsse als Waffe der Arbeiterbewegung anerkannt werden, Partei und Gewerkschaften gehörten zusammen, was schon der Kampf der Gegner bedinge.

Den Hirschen" ist es ob ihres elenden Verrates doch schwül zu Der Vorstands= und Kassenbericht, welcher Beim Punkt Rechtsschutz wird darauf hingewiesen, daß Mute geworden. Nachdem sie im Streifgebiet ein Flugblatt mit gedruckt vorlag, wurde vom Vorsitzenden und vom Kassierer er- man sich bei den Gerichtsurteilen der 1. Instanz nicht beruhigen, einem jämmerlichen Gallimathias verbreitet hatten," tagten" sie läutert und in einigen Punkten noch ergänzt. Aus denselben ist sondern wo irgend Aussicht auf Erfolg ist, Berufung einlegen solle. Ostern in Halle. Dabei wurde den Herren Generalräten" ganz gehörig der Kopf gewaschen und ihnen gesagt, ihr Verhalten sei zu entnehmen, daß die Mitgliederzahl auf 400 gestiegen ist. Am Es sei dieser Rat die Folge von guten Erfahrungen, die man Dazu angetan, die Gewerkvereinssache zu schädigen und zu diskredi- Verbandstag 1904 betrug sie 270 Mitglieder. Die Zahlstellen haben gemacht habe. sich seit 1904 von 3 auf 8 erhöht. Im März 1905 wurde ein Flug- Einen großen Aufschwung habe das Fachorgan genommen; die tieren. Auch Herr Christian Lechner, Redakteur der Mittel­deutschen Volkszeitung", bekam sein Teil; womöglich stellt man in blatt an 70 Theater in 50 Städten Deutschlands   versandt. Im Auflage stieg von 5300 am Anfang des Berichtsjahres auf 9200 bezug auf ihn sogar die Kabinettsfrage. Schade, der gute Mann März 1905 ſtellten die Breslauer Kollegen am dortigen Stadt- Gremplare gegenwärtig. Der Redakteur beschwert sich über die hat durch seine Schreibweise seine" Sache derart geführt", daß theater Forderungen; da dieselben abschlägig beschieden wurden, mangelhafte Berichterstattung. Als sehr ungünstig habe sich auch hat durch seine Schreibweise seine" Sache derart geführt", daß legten 30 Kollegen die Arbeit nieder. Einige Indifferente blieben der Beschluß herausgestellt, daß alle Berichte möglichst ungekürzt er in Bälde feine" Mitglieder in einem Hinterzimmer tagen" im Theater. Der Streif dauerte 3% Wochen. Ein Teil der Kol- aufgenommen werden müßten, da dadurch kein Raum für größere laffen kann. Die bürgerliche Presse gibt für den 14. April, den Tag vor legen wurde nicht wieder eingestellt. An Streifunterstützung wurden und gute Artikel geblieben sei. Um der schlechten Berichterstattung Dftern, die Zahl der Ausständigen auf 4241 an. Nun, es mag ihr 824. gezahlt. Der Kassenbericht ergibt eine Einnahme von abzuhelfen, solle der Vorstand eine Anleitung für die Schriftführer verraten sein, daß es heute ohne die, die sich nicht gemeldet 3167,23 W., eine Ausgabe von 1346,17 M. Der Bestand beträgt herausgeben. Den Vorschlägen wurde zugestimmt. haben 5190 find. Hoffentlich fügt sie nun in den nächsten Holst Hamburg   ersucht den Vorstand, in den einzelnen Zahl­Tagen den Streit nicht wieder tot! stellen mehr persönlich zu agitieren. Auch könnte für die Agitation etwas mehr ausgegeben werden als bisher. Zu diesem Zwecke empfiehlt er, einen Antrag der Hamburger Zahlstelle anzunehmen, welcher die Gründung einer monatlich erscheinenden Fachzeitung fordert. Die Kosten des Fachblattes würden sich auf 6-700 M. jährlich belaufen. Um die Kosten aufzubringen und den Verband Beim Kassenbericht, mit dem man sich sonst einverstanden auch sonst noch leistungsfähiger zu gestalten, empfiehlt H., die Bei- erklärte, wurde der Wunsch ausgesprochen, daß die Streikabrech­träge zu erhöhen; diesbezügliche Anträge seien ja auch von den nungen stets veröffentlicht werden möchten, weil dies das Vertrauen Bahlstellen Berlin und Hamburg   sowie vom Zentralvorstand gestellt. der Indifferenten zur Organisation erwecke und befestige. Redner beschwert sich dann, daß zu wenig Mitteilungen vom Sentral- Beim Ausschuß bericht werden nur einige kleine Monita vorstand an die einzelnen Zahlstellen gemacht werden; vom Bres- gemacht, wie berechtigte oder unberechtigte Ausschlüsse von Mit­lauer Streik z. B. hätten die Hamburger Kollegen gar nichts oder gliedern. doch sehr wenig erfahren. Zum Schluß empfiehlt H. den Anschluß Ueber die Taktik bei Lohnbewegungen referierte an eine größere Organisation. Thielberg. Dem Vorstand müsse bei den Lohnbewegungen fort­Kloß Berlin tritt ebenfalls für die Gründung eines Fach- während und präzis berichtet werden, sonst könnte er seine Pflicht blattes ein. nicht erfüllen. Die abzuschließenden Tarifverträge müßten unter Müller Berlin   ersucht den Vorstand um Aufklärung, warum allen Umständen eine Arbeitszeitverkürzung auf mindestens der auf dem letzten Verbandstag gefaßte Beschluß, eine Petition, 10 Stunden vorsehen. Die Lohnzahlung müsse wöchentlich erfolgen. betreffend den wöchentlichen Ruhetag, an den Reichstag zu richten, Solche Bestimmungen, wonach organisierte Gehülfen nur bei nicht zur Ausführung gekommen ist. organisierten Unternehmern sollten arbeiten dürfen, seien nicht in Vorsitzender Schäfer antwortet hierauf, daß, da der Tarifverträge aufzunehmen, ebensowenig solche, die sich gegen die Breslauer Streik dazwischen gekommen sei, der Vorstand die Kasse Schmutzkonkurrenz richten. Vor Eintritt in die Lohnbewegungen

3eik, 20. April.  ( Eig. Ber.) Der Gewerkberein( H.-D.), der durch seinen beispiellos schändlichen Verrat im ganzen Streitgebiet total auf den Hund ge­fommen ist, unternimmt einen ganz neuen Trick, um wieder die, welche nicht alle werden, an seine verschlissenen Fahnen zu heften. Die Generalräte" Hahn, Haupt, R ab und Konsorten, sowie der famose Redakteur" der Mitteldeutschen Volkszeitung" haben bei der Bergarbeiterschaft gründlich abgewirtschaftet. Das sieht man allgemach ein, und so hat man sich ein neues Paradepferd" verschrieben, der das begrabene Renommee des Gewerkvereins wieder zum Leben erweden soll: einen Herrn Schmidt, Mitglied des Generalrates des Gewerkvereins der Bergarbeiter und Schriftführer desselben, aus Oberhausen   im Rheinland  . Diese Leuchte der Schußtruppe des Unternehmertums soll die wadelige Karre wieder aus dem abgrundtiefen Sumpfe ziehen. Wie? Das hat er in einer Versammlung des Gewerkvereins bereits verraten. Er gebärdet sich zunächst ultraradikal, schimpft mörderlich auf das Kohlenprozentum, die Ausbeuter, Blutsauger, Ka­pitalistenseelen usw. Nachdem er seine Zuhörer eine halbe Stunde lang solchermaßen bearbeitet hat, schimpft er zur Abwechselung auf den" Generalrat", die bekannten Herren aus Burg, ausgerechnet

( Nachdrud verboten.)

Humanität.

Große Zeit der Geisteskämpfe! Große Zeit, doch kleine Menschen: Krämerherzen, Heuchlerseelen! Wenn du lebtest, Heinrich Heine  , Ja, du lachtest dich halbtot. Lachtest, bis entsegt der dumme, Biedre, brave deutsche   Michel, leberm Dhr die Zipfelmütze, Aus dem Mittagsschlaf erwachte, Lachtest, bis du nicht mehr könntest, Bis die Tränen aus dem Auge Leuchtend dir herunterfielen, Jede Träne eine Perle,

Ein in Weh und Leid gebor'nes, Doch von Geist und Wiz getauftes, Süßes, bissiges Gedicht.

Wenn du lebtest, Heinrich Heine  ! Frommer Wunsch, doch nicht erfüllbar; leber Silberwolfen thronst du Bei den lieben, holden Englein, Alle weiblichen Geschlechts Und im Schäfern wohlbewandert; Und du schäferst, und du flüsterst In die ros'gen Engelsöhrchen Heiße, freche Liebesworte, Und ich hör' dich lächelnd sprechen: Hochberehrter, wertgeschäßter Herr Kollega   Menetekel! Seh'n Sie nicht, wie vielbeschäftigt, Wie beansprucht von den Damen Ich sogar im Himmel bin?

Hol' der Henter, was auf Erden, Was in Deutschland   oder sonstwo, Was im Guten, was im Bösen In Berlin  , Paris   und Rottbus Oder Khriz sich ereignet! Wollen Sie die Welt verbessern, Sie verulfen, Herr Kollega  , Dichten Sie gefälligst selber; Denn ich bin verliebt, wie immer, Und das andre ist mir Wurst."

So zu mir durch Silberwolfen Spricht der arge, lose Spötter; Und ich hebe, treu- gehorsam, Meine Feder unverzüglich, Die zwar keine Gänsefeder, Doch auch nicht von Stahl und Golde, Sondern eine Extra- Nummer Aus dem Nachlaß Heines ist. Einst aus Norwegs Tannenwäldern Riß er sie mit dreisten Händen; Und er tauchte sie verwegen, Um in Flammenschrift am Himmel Fräulein Agnes zu berew'gen, In des Aetnas glüh'nden Schlund. Ach, ich kenne keine Agnes, Und in dreizehnjähr'ger Che Kam die Liebe mir abhanden! Bess'res hab' ich zu verew'gen; Drum mit fühner Dichtertage Tunt' ich meine Riesenfeder In den Krater des Vesuvs. Lang' geschwiegen hat der Krater Und ich hielt ihn für gestorben, Einen harmlos falten Leichnam, Den kein Kigeln mehr kann kränken; Aber wehe, was begiebt sich? Aus dem Schlund, dem graufig dunklen,

Speit er Feuer, Steine, Rauch! Donnernd, heulend, mit Getöse, Grau umwallt von Aschenschleiern, Steigt herauf die purpurfarbne Ungeheure Flammensäule; Eine Pinie, finster drohend, Tausend Meter hoch und drüber, Wächst empor zum blauen Zelt. Kreidebleich vor Angst geworden, Bebt der frühlingslichte Aether, Bombardiert von Felsenblöcken, Die wie blut'ge, ausgeriss'ne, Brennend rote Teufelsaugen Brasselnd schwirren durch die Lüfte; Fort! Sie fallen jäh zu Tal! Fallen auf Zypressenkronen, Auf der Feigenbäume Wipfel, Fallen in Drangenhaine,

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Schattige Olivenwälder, Rebenhänge, Blumengärten, In die grüne junge Saat. Zischend tommt dahergeflossen, Siedeheiß, die weiße Lava; Schlingt mit hunderttausend Zungen Alles Lebende gefräßig, Wälzt sich über Aecker, Wiesen Breit heran zu Stadt und Dorf. Säulen brechen, Mauern wanten, Kirchen stürzen krachend nieder; Und aus Häusern und aus Hütten, Eine führerlose Herde, Furcht im Blick, im Hirn Beschränktheit, Rennt und wimmelt bunt das Volt. Ach: statt frisch ans Werk zu schreiten, Statt zu raffen, statt zu retten, Was erreichbar, was ergreifbar, Kniet es stumpf vor Heil'genbildern, Fleht im Staube zur Madonna, Grell bemalt, aus grobem Holze, Und umdrängt den feisten Pfaffen, Der fanatisch mit Gebeten Seine blöden Schafe speist. Arme Einfalt! Soll ich lachen, Soll ich weinen deiner Torheit? Unaufhörlich brüllt der Krater, Zuckt die Flamme, fließt die Lava, Strömt herab der Aschenregen; Aber starr und müßig stehst du Und du siehst mit stierem Auge Deinem Untergange zu....

Welche Schreckenstatastrophe!- Durch Europa   geht ein Zittern Und in Nord und Süd gewaltig, Ueberall, wo Menschen wohnen, Regt sich Mitleid, gütig- mild. Den Bedrängten rasch zu helfen, Wird sich keiner, feiner weigern! Keiner knickern, schäbig knausern! Oder doch? Wer bleibt gefühllos Bei so gräßlichem Geschick? Seht: auf seinem Ledersessel In Berlin  , am Redaktionstisch, Sikt ein Federheld, ein stolzer!

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Denn er schreibt für die Berliner Neu'sten Nachrichten" Artikel, Leitartikel, hochpolitisch; Schwarz- weiß- rot ist seine Seele, Seine trockne Schreiberseele, National und liberal. Und die Feder läßt er gleiten Uebers Schreibpapier in Eile Und er schreibt:" Für diese Bande, Diese faulen Lazzaroni, Deutsche   Brüder, feinen Pfennig! Haben ihre Diplomaten Nicht erst jüngst zu Algeciras  Derb uns vor den Bauch gestoßen, Ihrer Dreibund- Pflicht vergessend? Mag verrecken diese Bande, Mag verhungern, mag trepieren; Keinen Pfennig für Italien  !"- Also schreibt er forsch und schneidig, Schreibt's und gibt's zur Druckerei.

In Berlin  , am Redaktionstisch, Sibt ein Federheld, ein zweiter, Stolz und selbstbewußt, wie jener; Denn er schreibt für die verkniff'ne, Höchst gerieb'ne, christlich- keusche, Fromme Frau Germania". Rabenschwarz katholisch- römisch Ist sein Herz, wie eine Stutte; Mittelalterlich- barbarisch

Sein Verstand, der nicht zu helle! Darum lieft er mit Behagen, Was der Schwarz- Weiß- Rote schrieb. Schreibt es nach und läßt es drucken, Ohne Scham und ohne Skrupel, Taub für jede sanfte Regung, Taub auch für Vernunft und Logit: Denn was haben, ach, die armen, Schwer geprüften Lazzaroni Mit der Konferenz zu schaffen, Die in Algeciras   tagte?

Mit den Kniffen, mit den Pfiffen Der bornierten Diplomaten? Ja, die Politik, man merkt es, Schädigt nicht nur den Charakter, Tötet auch die Menschlichkeit!

Als ich solches schwarz auf weiß las In den zwei Berliner   Blättern, War ich baff ganz selbstverständlich; Und ich fandte beide schleunigst, Eingeschrieben und per Eilbrief, Dem Kollegen Heinrich Heine  Durch die vierte Dimension. Fragte an, wie er sich stellte Bu so unerhörtem Faktum, Bat ihn achtungsvoll ergeben Um Bescheid und riet ihm schließlich, Das Papier, worauf gedruckt stand Dieses Dokument der Liebe, Zweckentsprechend zu benußen Auf dem himmlischen Klosett. Andern Tags schon kam die Antwort. Ach, der ungezog'ne Liebling Aller femininen Englein Sandte mir retour die Blätter! Und er schrieb: Mein hochverehrter, Wertgeschätzter Menetekel! Mit Int'resse nahm ich Stunde Von dem Inhalt Ihres Briefes Und den beigefügten Proben Preußischer Humanität.

Immer noch die alte Leier! Gleicher Text wie Anno tobak! Und das wundert Sie, mein Bester? Wie naiv! Schon Ben Atiba Wußte hierin prompt Bescheid. Auf dem himmlischen Klosette Leid' ich an Papier nicht Mangel; Ueberdies bekenn' ich ehrlich: So I che Wische zu verwenden, Dazu ist mein Götterpoder Herr Kollega, viel zu gut! Freundlich grüßend: Heinrich Heine  ."

Ja, was nun? Mein eigner Poder Sträubt sich, im Vertrau'n, nicht minder

Gegen die besagten Wische; Ob ich drum sie dankbar widme Teils dem Zaren, teils dem Papst? Menetekel.