Ehrlich 600 Mark für Rerseentschädigung, teell der Sitz derHandwerkerkammer in Düsseldorf ist und er in Krefeld wohnt.Für Sitzungen und Vertretungen auf Handwerkertagen. überhauptfür alle Reisen die er weiter als Düsseldorf macht, liquidiert erextra. Trotzdem wurde die feste Entschädigung für den Vorsitzendennoch um 60 M. erhöht, so daß er also jetzt 3600 M. bezieht. Außerdem Vorsitzenden sind noch eine Anzahl Beamte, welche ganz horrendeGehälter beziehen.—_Hamburger Justiz.DaS ungeheuerliche Urteil, das die Hamburger Strafkammergegen den Genossen Waberskh als Redakteur des„Hamb. Echo"fällte, hat noch eine das Urteil selbst beleuchtende prozessuale Vor-geschichte. Ursprünglich war W. wegen der inkriminierten Artikelans den ߧ 185. 186 und 187 des Str.-G.-B. angellagt worden.Et sollte mithin die Polizei in allen juristischen Variationenbeleidigt haben. Dann setzte man ihn wegen verleum-derischer Beleidigung außer Verfolgung, es blieb nureinfache und öffentliche Beleidigung übrig. Im Laufe der Ver-Handlung nahm der Staatsanwalt die vordem fallen gelassenejuristische Konstruktion einer verleumderischen Beleidigung wieder auf.Das Gericht schloß sich seiner Ansicht an, daß die von ihm an? demArtikel herausgelesenen Behauptungen wider besseres Wissen auf-gestellt feien. In der Urteilsbegründung wurde u. a. ausgeführt:Der erste Artikel könne nur dahin verstanden werden,daß der Volizei der Vorwurf gemacht werden sollte:sie habe die Exzesse durch ihre Spitzel arrangiert, um fiehinterher im Sinne der„Scharfmacher" gegen die Sozial-demokratie zu ftuktifizieren. Diese Behauptung sei wider besseresWissen aufgestellt und enthalte eine verleumderische Beleidigung derPolizei. Im zweiten Falle liege eine einfache Beleidigung derPolizei vor. Dem Angeklagten sei der Schutz des§ 193 zuzubilligen.doch gehe aus der Form des inkriminierten Artikels die Absicht derBeleidigung hervor. Im dritten Falle werde der Polizei Pflicht-Verletzung vorgeworfen. Da aber die Form dieses Artikels ein-wandsfrei fei und auch hier dem Angeklagten der Schutz des Z 193zur Seite stehe, müsse in diesem Falle der Angeklagte freigesprochenwerden.Die Art der Konstruktion einer Verleumdung und die ex-orbitante Strafhöhe beweisen, daß die unbewußte Triebfeder zudiesem dem allgemeinen Rechtsbewußtsein fremden Urteile d a Sböse Gewissen der Bourgeoisie über die voll-zogene Wahlentrechtung war. Die Kritik des.Hamb.Echo" war scharf und berechtigt. Und weil sie den Kern inS Schwarzetraf, wurde in den Artikel hineingelegt, was nicht darinnen stand, undwas, wenn es wirklich darin zu finden war, ein scharfesUrteil darstellte, nun und nimmer aber eine Verleumdung, eine„Be-hauptung wieder besseres Wissen". Die Feststellung, daß die denRichtern nicht behagende Kritik des.Echo" eine.Verleumdung" sein,„wider besseres Wissen" aufgestellt sein müsse, beweist, wie die un-beivußte und darum gefährlichste Klassenjustiz eine ruhige, objektiveFeststellung von Tatsachen unmöglich macht. DaS Urteil wird nochausreizender als die Wahlentrechtung wirken.—Klassenjustiz, gemildert durch HSflichkeit.Der preußische Justizminister hat dieser Tage an die ihm unter-stellten Justizbehörden folgende Zirkularvcrfügung erlassen:In der Rundversügung vom 30. April 1898 ist den Justizbehörden zur Pflicht gemacht, im amtlichen Berkehr mit demPublikum jede Schroffheit zu vermeiden. Wenn schonangenommen werden darf, daß diese Verfügung im allgemeinenBeachtung gefunden hat, so geben doch einzelne Wahr-nehmungen Anlaß, sie in Erinnerung zubringen.Die Wahrung dcS Ansehens und des Vertrauens dessen dieJustizbehörden zu einer gedeihlichen Ausübung der Rechtspflegebedürfen, fordern von allen beteiligten Beamten ein besonderesvolle Unparteilichkeit zum Ausdruck bringendes Maßvon Ruhe und Besonnenheit.Ein schroffes Vorgehen ist leicht geeignet, den Eindruck derHeftigkeit und Voreingenommenheit zu erwecken und dadurch diesachliche Erledigung der Geschäfte zu erschweren.Etwaigen Ausschreitungen mit Erfolg entgegenzutreten, istein festes, aber ruhiges Verhalten das wirksamste Mittel,zumal für schwerere Fälle den Gerichten ausreichende gesetzlicheBefugnisse zur Aufrechterhaltung der Ordnung und deS An-standeS bei ihren Verhandlungen gegeben find.Auch bei dem außerhalb gerichtlicher Verhandlungen.insbesondere in den Gerichtsschreibereien und Sekretariaten sichabwickelnden amtlichen Verkehr ist dem Publikum jedes zu-lässige Entgegenkommen zu erweisen.Die Beachtung dieser Anforderungen zu überwachen unddurch persönliche Einwirkung zu fördern, liegt den Aufsichts-behörden ob. Beseler.Selbst ein Beseler, der am 13. Januar durch eine Scharfmacher-rede gegen die Sozialdemokratie seinen Befähigungsnachweis alsJustizmlnister zu erbringen für nötig hielt, mutz also das Gefühlhaben, daß das Vertrauen zu uitserer Justiz tief erschüttert ist!—Preußische Rechtsprechung.Ein interessanter Preßprozeß gegen zwei bürgerliche Re-dakteure wurde dieser Tage vor der Strafkammer zuHildesheim verhandelt. In der Stuttgarter Fachzeitschrift fürInstallateure, dem.Voran", war im Oktober 1905 ein von demInstallateur H. Greve unterzeichneter offener Brief an den Bau-rat Borchers zu HildeSherm erschienen, worin dieser beschuldigtwurde, ländlichen Gemeinden Wasserleitungsprojekte auszuarbeitenund Submissionen abzuhalten, wozu er„sämtliche Materialien selberliefere oder für die Gemeinden besorge"; ferner hieß es in demArtikel, die von Borchers gebauten Leitungen„seien auch danach",und von der Regierung wurde gesagt, sie dulde diese Konkurrenz.Mit einer Anzahl anderer Zeitungen hatten auch das„Hildesheimer Tageblatt" und die. in Alfelderscheinende.Niedersächsische Volkszeitung" diesenhandwerksineisterlichen Notschrei gebracht, und sie mußten sichnun wegen Beleidigung des inzwischen zum Geheimen Bauratbeförderten Borchers verantworten. Als Zeuge wurde nur vernommen— Herr Geh. Baurat Borchers; ein an Gerichtsstellevorgelegter Antrag der Angeklagten auf Ladung von 15 Zeugen, diedie Wahrheit der inkriminierten Behauptungen bekunden sollten,wurde vom Gericht nicht berücksichtigt. Borchers sagte unter seinemEid ans. daß er weder für die Ausarbeitung der Projekte, noch fürdie Bestellung der Materialien eine Vergütung nehme. Diese seineTätigkeit übe er aus auf Veranlassung deS RegierungSpräfidenten,dem daran liege, den kleinen Gemeinden zu gutem Wasser zu ver-helfen. Auf Befragen durch den Verteidiger mußte Borchersaber zugeben, daß die Gesellschaft Hercynia in Vadddeckeilstedt ihmfür die Herstellnng einer Wasserleitung eine einmalige Renn-meratron von 2000 M. gezahlt habe. Der Minister hatte ihmerlaubt, dieses Sümmchen einzustreichen. Weiter nniß der Zeuge ein-räumen, für den Bau einer Wasserleitung in Salzbethstirt 775� M.angenommen zu haben. Neben dem fortlaufenden Gehalt einesBaurats immer mitzunehmen. Trotzdem hielt das Gericht denWahrheitsbeweis für die inkrinnnicrten Stellen, soweit sie sichauf die Konkurrenz beziehen, die der Baurat den Hand-werkern machen soll, für nicht erbracht. Jene beiden Fällekämen bei den 76 vom Beleidigten gebauten Leitungen nicht in Betracht IEs nahm schwere Beleidignng des„hochgestellten NegiernngS-beamten" an. Das Urteil lautete auf 50 M., bezw. 150 M. Geldstrafe und Urteilspublikation in beiden Blättern.Uebrigens ist das Hildesheimer Gericht nicht einmal daS erstegewesen, das die preußische Justiz zur Reparatur der Ehre desBorchers in Bewegung gesetzt hat. Vor einiger Zeit ist bereits derRedakteur des. Göttingcr Tageblatt" in derselben Sacheverurteilt worden. Das Göttingcr Gericht fand auch in der Be-mängelung der Arbeiten des Borchers eine„schwereBeleidigung"und der Staatsanlvaltschaftsrat Dr. Hübe»er be-antragte gar 300 M. Geldstrafe— weil der Redakteur einer Zeitungauch für die Sünden seiner Vorgänger verantwortlich seil DieserJurist wollte also dem Redakteur außer den eigenen auch nochalle Vorstrafen seiner sämtlichen Vorgängerin der Redaktion anrechnen.Einmal bei der Göttinger Strafsustiz, wollen wir noch folgendenvor der dortigen Strafkammer verhandelten Fall anhängen: EineArbeiterfrau aus Zremke fand im dortigen Forst zwei Stückezugerichtetes Holz an einem Abhänge liegen. Da fie an-nehmen zu können glaubte, das Holz hätten die Waldarbeiter ausBequemlichkeit liegen lassen, nahm sie die Stücke mit nach Hause.Dafür wurde die Frau wegen Diebstahls zu 3 Monaten Gefängnisverurteilt kDer verhaftete Kaiserdeputierte. Die Breslauer Polizei, dieam 19. April auf Beteiligte wie Unbeteiligte, auf Ausgesperrtewie auf Weiterarbeitende einhautc, hat einen neuen Beweis ihrerUnparteilichkeit und Objektivität gegeben: aus Anlaß der Un-ruhen hat sie auch den ehemaligen Breslauer Kaiserdcputierten,den Schmied Heinrich Hirsch, verhaftet, der seinerzeit auf demBreslauer Hauptbahnhofe dem Kaiser als'„Mann aus der Werk-statt" vorgestellt worden ist.Für Dienstag hatte das Polizeipräsidium nämlich die erstenVorladungen ergehen lassen:„in einer Ermittclunassache". Meistwaren Verletzte geladen, die im städtischen Alleryciligenhospitalverbunden worden waren und deren Namen die Polizei dort er-fahren hatte. Unter den Vorgeladenen befand sich auch der SchmiedHirsch. Er wurde auf dem Polizeipräsidium gefragt, ob er in derZeit von TV* bis 8 Uhr auf dem Striegauerplatze Arbeitswilligebeschimpft habe. Hirsch bestritt dies; er habe um 61b Uhr denPlatz bereits verlassen und ihn an diesem Abend nicht mehr be-treten. Weiter soll Hirsch geäußert haben:„Wir(die Ausge-sperrten) sind auch Familienväter und wollen ebenfalls arbeiten."Er gab zu, dies getan zu haben und erklärte ccktf weiteres Be-fragen dem Beamten, er sei deshalb an jenem Abend so aus-geregt gewesen, weil er daran gedacht habe, daß seinerzeit, als ermit der Kaiserdeputation angehört habe, aus kaiserlichem Mundedas Wort gefallen sei. die Arbeiter haben eine gesicherte Existenzbis ins hohe Alter hinein, und jetzt werde er nach 17jährigerTätigkeit hinausgeworfen. Nach Unterzeichnung des Protokollseröffnete ihm darauf der Beamte, er sei verhaftet.—HuolancLFrankreich.Hochspannung.Die französische Regierung und das französische Bürgertumhaben sich— wie eS scheint— durch die Nervosität anstecken lassen,die in Preußen-Deutschland um den 21. Januar d. I. grasfierte.Anders ist es kaum zu verstehen, wenn wir hören, daß die ängst-lichen Spießbürger des Landes sich für einige Tage verproviantierenaus Furcht: am 1. Mai könnte die Revolution losbrechen!Bedenklicher ist eS schon, wenn den Behörden die Nervositätin die Glieder fährt. So hat z. B. die Pariser Polizei gesternsFreitag) im NodaktionSburean deS Blattes„La Croix"(„DaSKreuz") eine Durchsuchung vorgenommen. Gerüchtweise verlautet,.die Staatsanwaltschaft habe„Anhaltspunkte" dafür gefunden, daßdie Hintermänner des Blattes, das eines der Hauptorganeder konservativen Partei ist. bei Anstiftung der Un-ruhen im Streikgebiet sowie bei anderen Ruhestörungendie. Hand im Spiele gehabt hätten I! In radikalen Kreisenwird schon seit einiger Zeit behauptet, daß die Antirepublikanerdiese Streikunruhcn sowie die für den 1. Mai angekündigtenRuhestörungen angezettelt hätten, um sie zu Wahlzwecken auszu-beuten.Wie die„Agence Habas" erfährt, sollen auch bei einigenroyalistischen Persönlichkeiten Haussuchungen stattgefunden haben.Auch da? Blatt„Le Pelerin"(„Der Pilger") mußte sich eineHaussuchung gefallen lassen. Gefunden wurde nichts weiter als eineNotiz über den Eingang von 21 000 Frank als Ertrag einerSubskription für die Opfer der Katastrophe in ConrriöreS sowie eineNotiz über die Absenkung deS Geldes an den Bischof von Arras.Der Chefredalteur des„La Croix" hat gegen die vorgenommeneDurchsuchung der RcdaktionSränme Protest erhoben.Die ängstliche Polizei hat sich da sicherlich arg düpieren lassen.Gute Freunde der Regierung sind nun natürlich darauf bedacht,ihr die Situation so angenehm wie möglich zu gestalten. Man tele-graphiert ihr: Die Grubenarbeiter seien bereit, die Arbeit sofort wiederaufzunehmen, so daß— und das ist des Pudels Kern I— Die Truppenschnell zurückgezogen(und eventuell in Paris verwendet) werden könnten l!Der brave Ministerrat, der beschlossen hat, am I.Mai weder Umzügenoch Ansammlungen auf öffentlichen Straßen zu dulden, soll aberin den Stand gesetzt werden, seiner törichten Drohung unter Um-ständen„Nachdruck" zu verleihen IDie konservativen Blätter zeigen sich zum Teil vernünftiger alsdie liberale Bourgeoisie: Sie schreiben, es liege kein Grund vor. sichBefürchtungen über den Ausgang der Demonstrationen am1. Mai hinzugeben! Man erwartet, daß stl Paris etwa100000 Mann feiern, von denen zirka 60000 als zu den„friedlichen Elementen" der Arbeiterschaft gehörig gerechnet werden.Dieser Zählung zufolge hat sich der Pariser Polizeipräfekt mit40 000 Mann— Schutzleuten und Soldaten— versehen, so daß aufje einen nicht.friedlichen" Demonstranten etwa ein Polizist bezw.Soldat käme INun haben am Freitag früh auch im Gebäude der„Confödörationgönörale du travail" und bei etwa 50 Angehörigen dieses BundesHaussuchungen stattgefunden, die aber sämtlich ergebnislos ver-laufen find.Im Zusammenhang damit stehen unkontrollierbare Gerüchte,die wir in einigen Berliner Abendblättern finden unddie dahin gehen! Die„Conföd.öration du travail" habe beschlossen:die«chtstmidentag- Kundgebung in Anbetracht der bevorstehende«Wahlen vom 1. Mai auf den 13. Juni zu verlegen,„um denarbeiterfteundlichen Teil der Bevölkerung nicht zu verstimmen."( l l)Wie gesagt— diese? Gerücht ist im Augenblick noch un«kontrollierbar. Wir können kaum glaube», daß eine Arbeiterorgani-sation— welcher Richtung sie auch angehören möge— einen solchenunproletarischen Beschluß fassen konnte.Morgen wird sich über die hochgespannte Situation genaueressagen lassen.—Italien.Am Vorabend des 1. Mai!!Rom, 27. April.(Privattelegramm.) Das Referendumder ArbettSkammern ergab 34 Stimmen gegen und nur 13für den Generalstreik.(14 Stimmen unentschieden.)Infolge dieses Votums demissionierte die General-kommission der Gelverkschaften.—Die Mißwirtschaft in der italienischen Kriegsmarine.Rom, 24. April.(Eig. Ber.)Die parlamentarische Enquetekommission über die Marineverwaltung wird demnächst die Ergebnisse ihrer Untersuchung ver-öffentlichen. Einen kleinen Vorgeschmack gibt einstweilen der Mai-länder„Corriere della Sera", der aus guter Quelle mitteilt, daßdie allerschwersten Mißstände konstatiert morden find. So sei z. B.ein Teil der Kanonen auS Gußeisen, anstatt aus Stahl, dieKugeln seien teilweise unbrauchbar, die Panzerplatten gewährtenkeinerlei Schutz gegen moderne Geschosse! Um so elendes Materialvon den Prüfungskommissionen annehmen zu lassen, hat man dieKugeln immer an den schlechtesten Panzerplatten geprüft undumgekehrt: um die P a n z e r p l a t t e n als annehmbar erscheinenzu lassen, hat man die Schüsse mit wertlosen Kugeln gegen sie ab-gegeben! Natürlich geschah dieS einzig im Interesse einiger wenigergroßen Firmen.Auch über da? VerproviantierungSwesen der Mannschaften anBord sollen die allerschwersten Unregelmäßigkeiten enthüllt sein.Wird man nun bielleicht wieder die Abgeordneten, die dies fest-gestellt haben,— gleich Ferri— zu vierzehn Monaten Gefängnisverurteilen?—_Rom, 24. April,(«ig. Ber.) De« sozialistischen Bürgermeisterdes Städtchens Eertaldo in Toskana hat die italienische Regierungvon seinem Amte suspendiert, weil er die Verbreitung und denAnschlag eines antimilitaristischen Aufrufs gestattet hatte, in dem dieRekruten aufgefordert wurden, sich bei der bevorstehenden Aus-Hebung nicht vorzustellen. Die Stadtverwaltung von Certaldo istin Händen der Sozialisten. �Die Achtstundenbewegungin Frankreich.Paris, 26. April.(Eig. Ber.)Die Schtstundenbeweaung der Arbeiterschaft schwillt immer mehran. Gewerbe, die zuerst die Beteiligung an der Altion abgelehnthatten, werfen sich mit einem wahren Feuereifer in die Bewegungund suchen die vernachlässigte Agitation nachzuholen. Die Arbeitsbörse gleicht in diesen Tagen einem Bienenhause und in den Sälender Arbeiterviertel werden gewerkschaftliche Versammlungen ab-gehalten. Die Wahlagitation ist jetzt in den Hintergrund gedrängt,der 1. Mai beschäftigt alle Klassen der Gesellschaft. Die zwei großenStreiks der Buchdrucker und der Goldarbeitcr verlause»durchaus befriedigend. Das Komitee der Buchdrucker erhält täglich Er-kläruugen von Unternehmern, die denTarifannehmen, doch wird derKampfvermutlich noch längere Zeit dauern, infolge der Hartnäckigkeit einigergroßer Firmen. Die Zahl der ausständigen Goldarbeiter nimnittäglich zu. Die Geschäfte werden von Polizisten bewacht, eine ebensounnütze wie provokatorische Maßregel. Die Metallarbeiterhaben den Unternehmeni eine Frist bis zum 30. April gesetzt.Ist der Achtstundentag bis dahin nicht bewilligt, soll er„mit allen Mitteln" erkämpft werden. Das Aktionskomitee verbreiteteinen Aufruf an die Soldaten, nicht Bruderblut zu vergießen. DieFriseure haben ohne einen eigentlichen Kampf zivei wichtigeForderungen so gut wie durchgesetzt: eine feste Mittags-pause und den wöchentlichen Ruh.etag. Die Friseur-läden werden von 1—2 Uhr geschlossen. Den Gehülfen wird derDienstag freigegeben. Dieser Tag wurde gewählt, weiler, namentlich in den ärmeren Vierteln, der schlechteste beschäftigte ist.Nur der kleinere Teil der Meister weigert sich noch, diese Forde-rungen zu erfüllen, und vor den Geschäften, die nach 1 Uhr offenhalten, veranstalten die Gehülfen Kundgebungen. Die ArbeiterderNahrungsmittelbranche verlangen außer der Abkürzungder Arbeitszeit und einer wöchentlichen 36 stündigen Ruheu. a. auch das Recht des SchnurrbarttragenS für die Kellner, diebisher zur Bartlostgkeit gezwungen waren.In der Provinz sind kleinere und gröbere Streiksin unübersehbarer Zahl in den verschiedensten Departementsausgebrochen. Im Norden dauert der Vcrgarbeiterstreikfort, ohne einen bemerkenswerten Abfall. In den Hütten«werken von D e n e i n ist die Arbeit wieder aufgenommenworden, ohne daß die Arbeiter ein Resultat erzielt hätten, dagegenverharren die Arbeiter der Werke von Hennebont im Ausstand.Im Kohlenrevier ist jetzt eine äußerliche Ruhe eingetreten, dieAufregung ist aber infolge der brutalen Verhaftungen groß.Man hat auf bloße Denunziationen Frauen ins Gefängnisgeführt, die ein Halbdntzend Kinder bis zum Säugling herab zuHause haben. Die kleinen Geschäftsleute in den Arbeiterstädten undDörfern stehen auf Seite der Streikenden und habenResolutionen zugunsten der Aufhebung der Konzessionender Gesellschaften an die Regierung geschickt. Aus dem Streik«gebiete sind zwei Bataillone zurückgezogen worden, weilderen Mannschaften ihre Shmpathiefür die Streikendenallzudeutlich kundgeben. In L o r i e n t ist der G e n e r a I st r e i kv o l l st ä n d i g; das Brot ist um 20 Proz. im Preise gestiegen. InBrest steht gleichfalls der Generalstreik bevor.Ueber die Intervention der Leiter der Konföderation beim Ml«nister deS Innern gibt das BundeSorgan„Boix de Peuple" nachstehendenBericht: Griffuelle», Pouget und M e r r h e i m gingen znC l ö m e n c e a u. um sich über die Spitzel zu beklagen, die ihnenseit etlichen Tagen aus Schritt und Tritt folgten. Sie verlangtenvom Minister, daß, falls wirtlich die Absicht bestehe, sie inPräventivhaft zu nehmen, dies sofort geschehe. Der Ministererwiderte, eine Verhaftung sei nicht beabstchttgt und von der sinn«losen Spitzelei habe er nichts gewußt. Ueber den 1. Maisagte Clemenceau wörtlich:„Es liegt in meiner Aufgabe,nicht zu ignorieren, daß es eine Arbeitskonföderation gibt,über die ich im übrigen eine von der Meinung allermeiner Kollegen verschiedene Anficht habe, welche ich jedoch fürmich behalte. Ich darf auch nicht ignorieren, daß es einen 1. Maigibt lind meine Aufgabe als Minister dqD Innern ist es, die geeigneten Maßregeln für die Aufrechterhaltung der Ordnung zutreffen. Wir stehen nicht auf derselben Seite derBarrikade. Ich habe mein Amt als Mitglied der Regierung zuerfüllen."Die reaktionäre Presse fährt fort, das Publikum graulich zumachen. Der.Gaulois" weiß heute zu berichten, daß den Pariserneine Erneuerung der terroristischen Attentate der Vaillant undEmil Henri nur„im Großen" bevorstehe.— Die Regierungzieht in Paris riesige Truppenmassen zusammen. Die Garnison bestehtauS 42 Bataillonen Infanterie, 30 Eskadronen Kavallerie. 47 Batterien,wozu noch Train- und Genietruppen kommen. Die Polizei zählt12000 Mann. Aver eS werden noch Truppen verschiedener Wasseit»gattungen von siebe n�A r m e e k o r p�s nach Paris dirigiert IDie„Vossische Zeitung" veröffentlicht einen Bericht ihrcSPariser Korrespondenten, in welchem dieser behauptet, die klerikalePartei in Verbindung mit Anarchisten treffe Vorbereitungen zuumfassenden verbrecherischen Anschlägen am 1. Mai, um dadurchgute Wahlen für sich zu machen, die Regierungsgewalt ganz ansich zu reißen. Für die Unruhen und Gewalttätigkeiten in denletzten Tagen, deren Urheber Werkzeuge des reaktionären Blocsseien, spendeten fromme Ultramontane Riesensummen. Wörtlichheißt es da:»DaS Triebwerk der anarchistischen Veranstaltungen ist nichtverborgen, kaum verschleiert. Zuerst brachten die klerikalenOrgane, namentlich„Echo de PariS" und„Eclair", ihre blut»erstarrenden Berichte über„die kommende Umwälzung", aufdie hier wiederholt hingewiesen wurde. Dann entstand in vielenGewerben die Ausstandsbewegung, die sofort mit Dynamitan-schlügen. Einbruch, Zerstörung, Plünderung und Totschlag ein-setzte, aber klerikale Unternehmungen sorgfliltig verschonte. DerBuchdruckerausstand z. B., der alle Zeitschriften in die schwersteVerlegenheit bringt, berührt den klerikalen„Korrespondent"nicht, der heute mit schönster Regelmäßigkeit erschienen ist.Gleichzeitig verbreiteten die verschiedenen„Croix" von Pari»und der Provinz die tollsten Gerüchte über die schrecklichenDinge, die sich vorbereiteten."Schließlich meint der Verfasser, die Pläne der ultramontanenVerbrecher seien enthüllt und sie würden um die Früchte ihrerRänke betrogen werden.Aus Lens wird vom 27. April berichtet: In vergangenerNgcht erfolgte in dem Gärten eines nicht ausständige» Berg,