Nr. 100a.
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23. Jahrg.
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Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Mr. 1983.
Mittwoch, den 2. Mai 1906.
Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV. Nr. 1984.
Der Triumph der Maifeier.
Der Verlauf der diesjährigen Maifeier war ein Triumph| ihren Feiertag in Ehren hält, daß sie sich in der Erfüllung| Regierung den Nacken zu steifen, damit sie nicht ihre Wahldes Maigedankens. Die eingegangenen Berichte aus dem der internationalen Pflichten von keiner anderen Nation über- rechtspläne vor den Wühlereien des Großgrundbesizes fallen Deutschen Reiche bekunden einhellig, daß niemals noch die treffen läßt! Tieß. Und es scheint, als ob die Regierung denn doch noch
Beteiligung eine annähernd gleichstarke war, wie in diesem Die deutsche Maifeier stand diesmal unter dem Zeichen den Ernst der Situation begriffen habe und die Wahlreform Jahre! Nicht nur die Veranstaltungen am Nachmittag und des Wahlrechtskampfes. Und daß die Arbeitsruhe dies. durchzuführen entschlossen sei. Abend waren ungeheuer stark besucht, sondern vor allen mal einen so gewaltigen Umfang angenommen hat, sollte der Auch in Frankreich , speziell in Paris , ist die Maifeier Dingen auch die den Kern der Maifeier bildenden Reaktion ein Beweis dafür sein, von welcher Empörung das in bisher gänzlich unbekanntem Umfange begangen worden. Vormittagsversammlungen, in denen das feiernde Proletariat zur Proletariat gegen die schmachvolle Wahlentrechtung erfüllt ist! Die Arbeitsruhe der Hauptstadt war eine allgemeine, das Ablegung des dreifachen Maigelübdes: Achtstundentag. Aber durch diese Demonstration hat sich der Wahlrechtskampf proletarische Paris machte nach dem Zeugnis auch bürgerlicher Völkerfrieden und freies Wahlrecht! in Massen nicht erschöpft: im Gegenteil, der Kampf gegen die Wahlrechts- Rorrespondenten einen durchaus festtäglichen Eindruck. Das zuſammenströmte. Das erhebende Bild, das die feiernde weigerer wird nun erst recht entbrennen! Und wie bürgerliche Paris war dafür in ein Heerlager verwandelt, Reichshauptstadt bot, kehrte in allen Landesresidenzen, in allen fich das Proletariat das Recht erobert, an einem selbstgeschaffenen da die Regierung folossale militärische Vorbereitungen gegrößeren und selbst zahlreichen fleineren Städten wieder! Feiertage das Arbeitsgerät ruhen zu lassen, so wird es troffen hatte. So hat denn auch das Proletariat der kapiUnabsehbare Kolonnen festtäglich gekleideter und gestimmter sich auch seine potitischen Rechte erobern, trok allen talistischen Republit seinen 21. Januar erlebt! Bei der beArbeiter zogen schon am frühen Vormittag zu ernster Stund . Widerstandes des privilegierten Geldsackklüngels! sonnenen Haltung des Proletariats ist es zu ernstlichen gebung, und abends stauten sich die schwarzen Menschenwogen
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in unabsehbarer Zahl in und vor den Festlokalen oft in Aber nicht nur in Deutschland war diesmal die Maifeier Bufammenstößen nicht gekommen. So zeigt die Maifeier 1906 überall das Bild kräftigen drangvoll fürchterlicher Enge, aber doch in stolzgehaltener eine so imposante. Auch die Genossen in Desterreich- Ungarn Festesfreude, ein einig Volf von Brüdern! haben eine neue glänzende Probe ihrer bewährten Kampfesenergie Vorwärtsdrängens. Ein frischer Luftstrom ist, von RußDer Vormarsch der Maifeier ist nun nicht mehr auf- abgelegt. Die Wiener Arbeiter, die sich ja schon längst land herüberwehend, in die europäische Stickluft hereinzuhalten! Die Massen des arbeitenden Volkes selbst haben durch ihre Maidemonstrationen die Bewunderung der prole- gedrungen. Energisches Wollen und frohes Hoffen schwellt diesmal durch eine Urabstimmung der überzeugendsten Art tarischen Welt errungen haben, sind in diesem Jahre noch allüberall die Herzen des Proletariats! Verschieden in seinen befundet, daß fie sich ihren Festtag nicht nehmen lassen, daß zahlreicher angetreten als je zubor. War doch auch ihre Maifeier Stampfesmitteln, aber gleich in seiner Tatkraft, seinem Opfersie thn zum Gemeingut des gesamten Proletariats machen in erster Linie eine Wahlrechtsbemonstration. Galt es mut, feiner Kampfbegeisterung, ringt in allen Landen das wollen! Die deutsche Arbeiterschaft hat bewiesen, daß sie doch, durch eine ernste Warnung in letter Stunde der schwankenden Proletariat mit des Mächten der Reaktion!
Nieder mit der Klassenherrschaft und der Massenentrechtung! Hoch der Völkermai, die sozialistische Menschheitserlösung!
fchienen die Arbeiter in Massen, um ihren Maitag feftlich zu begehen der Burgstraße beordert, die Brüdenübergänge doppelt und dreifach und mit Ernst und Nachdruckt ihre Forderungen geltend zu machen. abgesperrt und niemand nach der Schloßfeite zu durchgelassen. Sonst sieht jeder erwachende Morgen in den proletarischen Für den Achtstundentag, für internationale Ver Lächelnd über diese kuriose Polizeifürsorge zerstreuten sich die Massen Vierteln Berlins Scharen von Männern und Frauen, die eilenden brüderung, für ein freies Wahlrecht!-Sehr beliebt waren dann ruhig und langsam in, die nach dem Norden und Osten Schrittes ihren Arbeitsstätten zustreben, um ihr schweres Tagetverf fleine rote Abzeichen, Bändchen, Rosetten, die stolz getragen wurden; gern führenden Straßenausgänge. Die Polizei hatte sich ihre ganze in kapitalistischer Fron zu beginnen. Als aber der erste Maimorgen fah man rote Fahnen wehen an den Versammlungsorten. Auch in den Arbeit umsonst gemacht. Bu gleicher Zeit hatten sich auch die heiter und sonnig heraufstieg, lag über den Arbeitervierteln Bororten machte es einen sehr guten Eindruck, daß die Neubauten, polizeilichen Revolvermänner vor den Fabriktoren der A. E.-G. nuzlos die Ruhe des Feiertages. die auch dort sehr zahlreich sind, still und friedlich wie am Sonntag gelangweilt. Keine hastenden Arbeiterscharen bevölkerten die Straßen, lein balagen. Mochte auch an einigen Bauten eine arbeitende Hand sich Werktagslärm aus Fabriken brang und Werkstätten.-regen, so geschah es verschämt und berstedt, und der Arbeits. wurde wie sonst Erst einige Stunden später es auf wilige" wagte nicht offen und frei dem Blid des feiernden Arbeiters den Straßen lebendig. Aber das war nicht das Treiben des zu begegnen. Arbeitstages. Festlich gekleidete Arbeiter traten aus den Türen grauer Mietshäuser, aber nicht, um eilenden Schrittes die Fabrik
Feiertagsstimmung,
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Die Vormittagsversammlungen.
Nach alter, langjähriger Tradition gehört in Berlin das Arrangement für die Feier des Vormittags zur Aufgabe der Gewerk schaften, während die Abendfeier von der Partei veranstaltet wird. In hervorragendem Maße an der Feier am Vormittag beteiligt waren diesmal auch die Metallarbeiter.
Die Polizei hatte natürlich wie immer ihre ebenso umfangoder Werkstatt aufzusuchen. In festlicher Stimmung leuchten die reichen wie überflüssigen Vorbereitungen getroffen. Sie wollte Gesichter. Zuversicht und Selbstbewußtsein spricht aus den Mienen. auf den Lorbeeren vom 21. Januar nicht ausruhen. Auf der SchloßSo schreiten sie, erhobenen Hauptes und für diesen Tag sich selbst insel war ein Sie waren diesmal in einer 8a hI angetreten, wie nie befreiend von der erdrückenden Last der kapitalistischen Fronarbeit wahrhaft riesiges Polizeiaufgebot zubor. Während in früheren Jahren immer nur ein Versammin den sonnigen Tag. Arbeitsbrüder begrüßen sich und setzen den zusammengezogen worden. Das Viertel machte einfach den Eindruck, lungslokal für ausreichend erachtet wurde, hatte der Verband dies Weg gemeinsam fort, der sie alle zu dem gleichen Ziele führt: als wäre es in den Belagerungszustand versetzt worden. Dichte mal deren drei( und drei der größten genommen. Und obwohl die Säle bis auf den letzten Plaz buchstäblich vollgepfercht waren, so Einem Lokal, wo das Fest der Arbeit gefeiert, wo die Maidemon- Schußmannsretten besetzten in weitem Umkreise die Zugänge der reichten die vorhandenen Räume doch bei weitem nicht aus, die Behnstration begangen wird. Spandauer und Heiligengeiststraße an der Kaiser Wilhelmstraße, tausende der Feiernden aufzunehmen. Besonders die im Norden der Stadt Unter der Arbeiterschaft herrschte eine fowie der Burgs und Neuen Friedrichstraße nebst der Friedrichs- belegenen Werte der Metallindustrie hatten ein starkes Stontingent und Kaiser Wilhelmbrücke. Droschten und Omnibusse wurden zwar zur Zahl der Versammlungsbesucher gestellt. So feierten u. a. die die ansteckend wirkte, wo immer ein gutes Beispiel gegeben wurde. Durchgelassen, im übrigen durften nur die Herren der Börse" meisten Abteilungen der Bosigwerke, der A. E.-G.- Werke Brunnen-, Sell ließ die liebe Sonne die vielen großen Neubauten hervortreten, passieren, die ihren dem Versammlungslokal gegenüberliegenden Voltas und Huttenstraße, der Bergmann- Werke aus der Dudenarderwo nirgends eine Hand fich regte. Während auf dem Tempelhofer Felde Geschäftspalast besuchen wollten. In der Börse selbst war eine straße, der Flohrschen Maschinenfabrik, der Eisengießerei von Keyling u. Thomas, sowie die gesamten Arbeiter einer größeren Anzahl Infanterie, Kavallerie und Artillerie operierten, tauschten die Ar- starte fliegende Wache" einquartiert, um im Bedarfsfalle sofort zur Mittel- und Kleinbetriebe. Hinzu kamen noch die Arbeiter aus beiter internationale Grüße aus und feierten den Völker- Stelle zu sein. Die weise Vorsicht der Polizeibehörde ging aber fabriken anderer Stadtteile und Vororte, sodaß sich in diesem Jahre frieden in ihren Demonstrationsversammlungen. Es war der sogar soweit, daß fie in dem alten mittelalterlichen. Teil nach ungefährer Schäzung rund Ehrentag der Arbeit, und wer da nicht mitfeiern wollte, des kaiserlichen Schlosses außer einer Extrakolonne von Fußpolizisten der galt nicht als vollwertig unter den Genossen. Ueberall war die noch mehrere Beritts reitender Schußleute stationiert hatte. Einer Der Andrang zu den Versammlungen war ein enormer. Schon Parole ausgegeben worden: Laßt die Arbeit ruhen am 1. Mai, und dieser abgesessenen Reiter stand auf einem erhöhten Mauervorsprung mancher wurde mitgerissen und ließ sich wohl gern mitreißen, wenn Bosten, den Blick unverwandt auf eine an der Wilhelmbrücke stehende in der siebenten Morgenstunde begannen sich die verer auch noch etwas unentschlossen war. Freilich, in mancher Fabrit Gruppe von Polizeioffizieren aller Grabe gerichtet, jedes Wintes schiedenen Gruppen zu sammeln und sich zu Fuß oder per Straßentönte die Pfeife wie gewöhnlich, die Sklaven traten an zum harten von dort gewärtig. Gegen Ende der Metallarbeiterversammlung bahn nach den Lokalen zu begeben. Da sich mittlerweile auch die Feiernden anderer Berufe nach ihren Versammlungsorten aufFrondienst, und sie mußten sich gefallen laffen, daß sie von den im Feenpalast" machte sich im Hauptquartier " der Polizeioffiziere machten, so war beispielsweise auf der Straßenbahn in der achtent Feiernden mit geringschätzigen Bliden betrachtet wurden. Das eine auffallend nervöse Unruhe bemerkbar. Drbonanzen zu Rad und neuuten Stunde tatsächlich kein Platz zu bekommen, obwohl es prächtige Wetter lockte mit, die dumpfe Werkstatt zu verlassen, und famen und gingen mit Meldungen. Der Polizeipräsident an Anhänge und Einseywagen nicht mangelte. Lange vor Beginn der Versammlungen waren denn auch die machte die Menge froh und heiter, die, Mann, Weib und Kind in Begleitung des Polizeioberst Krause erschien in höchst eigener fonntäglich geputzt, am Nachmittage zu den Maifeiern der Partei zog. Berfon auf dem Plan. Andere Polizeioffiziere, schneidig geftiefelt Säle schon polizeilich abgesperrt. Jm Feldschlößchen, woselbst Gewerkschaftssekretär Algemeinen regen Anteil nahm auch die und gespornt, tam eiligen Schrittes vor die Schloßtore und redten den Hals nach dem Feenpalaft", aus dem jegt gerade der Strom Brüdner sprach, fonnten es sich die Draußengebliebenen bei dem prächtigen Wetter wenigstens in dem geräumigen Garten bequem an der Maifeier. Ms fich am Mittag die Versammlungslokale der Versammlungsbefucher herauszufluten begann. Ob die Herren machen. Bei lachendem Sonnenschein unterhielten sich diese„ AnsLeerten, da merkte man es überall, wie viele Arbeiter feierten. Be wirklich glaubten, daß die Arbeiter einen Demonstrationszug vor gesperrten" dann untereinander im Tone freudigen Selbstbewußt fenders starker Andrang herrschte im„ Boltshause" zu Char- bas Schloß veranstalten würden?- Fast schien es so, anderenfalls eins über den unerwartet imposanten Charakter der diesjährigen lottenburg und in den Rigdorfer Lokalen. Aber auch die hätten all diese umfassenden Maßnahmen gar feinen Sinn gehabt. Maifeier. Man hörte überall nur eine Meinung, die wie ein festes Lokale anderer Vororte waren überfüllt. In Sonntagsfleibern er- Schnell wurde darauf die ganze verfügbare Schutzmannschaft nach Gelöbnis flang: Mögen die Kühnemänner machen
Arbeiterschaft der Bororte
25 000 Metallarbeiter durch Arbeitsruhe an der Maifeier beteiligt haben mögen.
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