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trafen den Moralunterr!cht in'den französischen Schulen. Ich will nur die Ueberschriften noch einmal skizzieren. Kinder von 911 Jahren werden dort in folgenden Punkten unterrichtet:Pflichte» gegen Bruder und Schwestern, gegen Dienstboten. Das Kind in der Schule. Pflichten gegen sich selbst. Die äußeren Güter. Wahrheit und Offenheit." In Deutschland gibt es glücklicherweise auch schon eine Reihe boir Schulen, die in Erziehungsfragen eine führende Stellung einnehmen, welche sich zu diesen Grundsätzen be- kennen. Ich erinnere an die Erklärung der Bremer Lehrer- fchaft, der sich nun auch die Leipziger Lehrer angescklosien haben. Sie sagen in ihrer Resolution:In der Schule ist kein dogmatischer Religionsunterricht zu erteilen. Ein solcher Unterricht steht mit der Wisienschaft und der allgemeinen Bildung der Zeit in Widerspruch, er beschränkt die Gewissensfreiheit derjenigen Lehrer, die sich auf den Boden der modernen Weltanschauung stellen, er verhindert ein gedeihliches Zusammenwirken von Schule und Haus. Da die modernen Anschauungen immer tiefer in alle Schichten der Bevölkerung eindringen, so entsteht ein Gegensatz zwischen Schule «nd HauS. welcher dahin führt, daß der Glaube an die Wahr- Lästigkeit des Lehrers und das Vertrauen zur Schule der- loren geht." Dann komme ich zu dem Punkte, bah es Fälle geben kann, wo Eltern ganz berechtigt ihr Kind gerade dem Unterricht eines be- stimmten Lehrers entziehen wollen. DaS hat uns erst vor kurzem ein Fall gezeigt, der vor der Strafkammer in HildeSheim zur Ver- Handlung kam. Ein Lehrer hatte im Religionsunterricht die Tochter eines Schneidermeisters, weil sie eine Frage nicht beantworten konnte, heraustreten lassen und niit einer Haielgerte kräftig ge- züchtigt. Er hatte die Züchtigung noch zweimal wieder- holt, als das Kind seinem Verlangen, ihn anzusehen. nicht nachkam. Das Mädchen war die dritte von oben, von sämtlichen Kindern der Ober- und Mittelstufe konnten nur zwei die Frage beantworten, und es wurde deshalb allen außer diesen beiden eine Züchtigung zuteil.(Hört! hörtl bei den Sozialdemokraten. Lachen rechts.) Wenn Sie(nach rechts) etwas davon abbekommen hätten, würden Sie das wahrscheinlich nicht lächerlich finden. (Heiterkeit.) Der Lehrer kam mit einer Geldstrafe von 199 M. da- von. Solchen Leuten, die die christliche Liebe und Barmherzigkeit den Kindern mit Gerte und Rohrstock einbläuen, muß ein Vater sein Kind entziehen können, auch wenn eS nicht möglich ist, den Lehrer vor de» Strafrichtcr zu bringen.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Am 31. Januar hat Herr Stöcker ferner auf eine Bemerkung von unserer Seite über den Darwinismus erwidert, daß die meisten Forscher den Darwinismus schon aufgegeben hätten.(Sehr richtig I rechts. Stürmische Heiterkeit links.) Das ist ganz falsch. Sie klammern sich an das eine Wort: Darwinismus". Sagen Sie: E n t w i ck e l u n g s l e h r e, so ist sie nicht überwunden, sondern wird von allen Autoritäten der Wisienschaft gelehrt zu den Wissenschaften rechne ich allerdings die Theologie nicht!(Stürmische Heiterkeit und vielfaches Sehr gut! links.) Diese EntwickelungSlehre wird an allen Hochschulen gelehrt, während man auf den Volksschulen an den Uebcrlieferungen der dogmatischen Religion festhält. Aber diese Entwickclungslehre steht un strikien Gegensatz zu dem 6999 Jahre alten MylhuS der mosaischen Schöpfungsgeschickite.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten, Unruhe rechts.) Deshalb habe ich auch an, 31. Januar gesagt, daß die Zeit kommen wird, wo nicht nur die Schule, sondern auch die Kirche, wo der Papst selbst die EntwickelungSlehre anerkennen wird.(Heiterkeit links.) Daun wird eS plötzlich heißen: der Geist Gottes sei über seine Ge- schöpfe gekommen, als das Tier sich zum Menschen entwickelt habe! (Slllrmiiche Heiterkeit links.) Das aber sollte auch der Abg. Stöcker wissen, daß die biblische Geschichte nicht standgehalten hat vor der Wissenschaft, daß an den höheren Schulen etwas ganz anderes gelehrt wird, als man in der Volksschule den Kindern beibringt, um sie in Abhängigkeit von dem Kapitalismus und den herrschenden Klassen zu halten.(Lebhafter Beifall links. Große Unruhe rechts.) Auch der Abgeordnete Osel hat sich mit meiner Aeußerung über den Darwinismus am 31. Januar beschäftigt. Ich glaube gern, daß der Abgeordnete Osel ein tadelloses Deustch spricht; aber wie es mit seiner Bildung steht, beweist der Umstand, daß er glaubte, mit einem faulen Witz den Darwinismus auS der Welt zu schaffen.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Das ist ja eben der Unterschied zwischen Ihrer und unserer Auf- fassung. daß Sie glauben, alles, was vorhanden sei. sei Ihre Errungenschaft, und wir wissen, daß wir nur fußen auf der Leistung unserer Vorfahren, daß auch die Erkenntnis deS Darwinismus nur aufgebaut ist auf einer Wissenschaft, die das Produkt der Jahr- hunderte, ja der Jahrtausende ist.(Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten.) Und wenn der Abg. Osel glaubt, mit einem faulen Präsident Graf Ballestrem: Herr Abgeordneter, Sie dürfen auf andere Abgeordnete das Wortfaul" nicht anwenden. Abgeordnete können gar keine faulen Witze machen.(Heiterkeit.) Abg. Hoffmann(fortfahrend): Ich will mich fügen mit dem Be- merken, daß der Witz des Abg. Osel recht schleckt war.(Sehr wahr I links.) Ich will auch dem Abg. Osel die Möglichkeit einer um- gekehrten Entwickelung zugeben. Bei manchen hört der Stamm- bäum da auf. wo er angeblich nach Darwin beginnen sollte! (Stürmische Heiterkeit links.) Da» Auftreten des Abg. Osel hat mich in dieser Auffassung bestärkt.(Andauernde Heiterkeit links.) Jedenfalls kann es mit dem Religionsunterricht in der Volks- schule so wie bisher nicht weiter geben.§ 4 muß in eine Form gebracht werden, die eine Garantie dafür gibt, daß derartige Dinge in Zukunft nicht vorkommen. Eine wirkliche Abhülfe kann steilich nur eintreten, wenn Kirche und Schule getrennt und die Religion aus der Schule entfernt wird, nicht nur aus dem Religionsunterricht, sondern auch aus den übrigen Fächern, mit denen man sie überall verquickt hat.(Unruhe rechts.) Nur wemr Sie das tun, werden Sie Bildung und W.sien in dem Maße in unsere Schulen hineintragen können, daß Sie eS in Zu­kunft nicht nötig haben, über Schnitzer, die vorkommen, zu lachen; denn Sie lachen damit sich selbst und Ihrer Gesellschaft ins An- aesicht.(Stürmischer langanhaltender Beifall bei den Sozialdemo- kraten. Zischen rechts.) Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Dr. Müller- Sagan (stf. Vp.) und Dr. Spahn(Z.) wird der Antrag A l b r e ch t mit den Stimmen der Sozialdemokraten, der Freisinnigen und des Zentrums angenomnien. Das Haus vertagt sich. Nächste Sitzung: Donnerstag 1 Uhr.(Interpellation Albrecht(Soz.) betreffend Russenausweisung und Fortsetzung der heutigen Beratung). Schluß 6 Uhr._ Parlamentarisches. Zweite Sitzung der Diätenkommifsion. Die Kommission akzeptierte einstimmig die in der Vorlage als Aufwandsentschädigung vorgesehene jährliche Pauschalsumme von 3999 M., die in der Form von Anwesenheitsgeldern zur Auszahlung gelangen soll. In den Beratungen bezeichnete der Staatssekretär Graf Posa- d o w s k h die Pauschale und deren Auszahlung in der Form von Anwesenheitsgeldern. sowie die gesetzlich festgelegte Kontrolle über die Anwesenheit der Abgeordneten als solche Grundlagen des Gesetzes, von deren Annahme die verbündeten Regierungen die Annahme des Gesetzes abhängig machten. Absatz b des Z 1 wurde in folgender Fassung angenommen: Während des Kalenderjahres vorbehaltlich der Be­stimmungen im§ 3 aus der Reichskasse eine Aufwands- entschädigung von insgesamt 3099 Mark, die am 1. Dezember, 1. Januar. 1. Februar, 1. März, 1. April mit je 499 M. und am Tage der Vertagung(Artikel 26 der Reichsverfassung) oder Schließung des Reichstages mit 1999 M. zahlbar wird. Mitglieder, die erst nach Beginn des Kalenderjahres in den Reichstag eingetreten sind, haben auf diejenigen Rate» keinen Anspruch, welche bor ihrem Ein- tritte zahlbar geworden sind. Der Bundesrat ist erinächtigt, Grundsätze für die Ausführung der Bestimmungen unter a(Eisenbahnfahrt) aufzustellen. Die Debatte über die§§ 2, 3 und 4 Höhe der Anwesenheits­gelder für Abgeordnete, die dem Reichstag nicht von Beginn der Session angehören, oder deren Mandat erloschen, Höhe des Abzuges für den Tag der Nichtanwesenheit, sowie die Art der Kontrolle wurde nicht zu Ende geführt. Fortsetzung Donnerstag 19 Uhr. Die neunte Kommission des Reichstags(Maß-und Ge- Wichtskommission) verhandelte am 1. Mai über die§§ und 16 der Vorlage. Letzterer schreibt in seinem ersten Absatz die Ver- ftaatlichnng des Eichgeschäftes vor; der zweite Absatz läßt die ge- meinschafllichen Eichbehördcn für mehrere Bundesstaaten zu und nach dem dritten Absatz sollen die Landesregierungen befugt sein. Gemeinden, welche zur Zeit des Inkrafttretens des gegenwärtigen Gesetzes eigene Eichämter besitzen, die Beibehaltung der letzteren in widerruflicher Weise zu gestatten." Bei der Abstimmung wurde unser Antrag, die kommunalen Eich- ämter besteben zu lassen, mit allen gegen 4 Stimmen abgelehnt. Der nationalliberale und Zentrumsantrag, welcher die Entscheidung. ob Verstaatlichung oder nnbt, den Einzellandtagen bczw. Landes- regierungen überlassen wollte, wurde mit 8 gegen 7 Stimmen ebenfalls abgelehnt, aber auch Absatz'l und 3 des Z 16 der Regierungsvorlage wurde mit 8 gegen 8 Stimmen abgelehnt, hingegen der 2. Absatz angenommen. Die Sache selbst ist also un- entschieden. Der Entschädigungsantrag des Grafen Bernstorff, wonach bei Verstaatlichung den Gemeinden, welche das Eichamt und die Mehr- einnahmen verlieren, aus fünf Jahre eine Vergütung für verlorene Ueberschüsie gewährt werden soll, wurde mit allen gegen die Stimmen der Konservativen angenommen, Die Vergütung an die Gemeinden soll in der Weise gewährt werden, daß von dem fünf- jährigen Durchschnitt der Ueberschüsie ihnen für das erste Jahr% fürs zweite Jahr fürs dritte Jahr%, fürs vierte Jahr% und fürs fünfte Jahr'/5 derselben ersetzt wird.§ 15 wurde unver- ändert angenommen. Die nächste Sitzung findet Donnerstag, den 3. Mai, 19 Uhr vormittags statt und sollen die übersprungenen Paragraphen 714 nachgeholt werden._ Interpellation. Die Frakttonen der Freisinnigen Volkspartei und der Freisinnigen Vereinigung des Abgeordnetenhauses haben beschlossen, eine I n t e r- pellation wegen der nachträglich bekannt gewordenen Ursachen der Etats Überschreitungen beim RenovationSbau des kgl. Schauspielhauses einzubringen. Maifeier. Zur Maifeier in den Vororten ist noch zu berichten die zahlreiche Beteiligung der W.e i ß e n- s e e r Arbeiterschaft, die sich vormittags im Schloß Weitzensee versammelte. Es mochten etwa über 2999 Personen sein, vor denen Genosse Fendel unter großer Aufmerksamkeit über die Be- deutung des Tages referierte. Einen besonderen, durch die Polizei gekennzeichneten Verlauf nahm die Spandauer Maifeier. Es hatten sich am 1. Mai früh im Lokale von Köpnick, Pichelsdorferstratze, etwa 2999 Per- soncn eingesunden, als auch schon die ganze Poliz'eimacht Spandaus mit dem Polizeiinspektor und den Kommissaren an der Spitze er- schien. Die Genossen, welche keinen Einlaß mehr fanden, wurden von dem Kommsiar Kliem aufgefordert, sofort die Straße zu ver- lassen. Dem berittenen Beamten Böhm wurde befohlen, in die Menge zu reiten, was denn auch prompt zur Ausführung gebracht wurde, so gewissenhaft, daß das Pferd sogar auf dem Bürger- steig herumtänzelte. Kurz nach 8 Uhr marschierten die Genossen ab und begaben sich in lockerem Zuge durch die Stadt nach dem Teßnowschen Lokal in Hakenfelde . An der Adamstraße und Markt- platz wurde die Menge von der Polizei geteilt und in die Seiten- stratzen verwiesen. Hierbei zeigte die Polizei eine fieberhafte Un- ruhe, unsere Genossen hingegen eine bewunderungswürdige Dis- ziplin. Im Teßnowschen Saale versammelte sich alsdann die Menge, um den trefflichen Ausführungen des Genossen Grempe zuzuhören. Aus Ncuenhagen a. O. und Bruchmühle, wo voriges Jahr von einer nennenswerten Maifeier nichts zu spüren war, wird von stattlichen Versammlungen berichtet. Die von den Z o s s c n e r Genossen zum erstenmal anberaumte Maifeier verlief in großartiger Weise. Vor zirka 299 Personen hielt Genosse Dr. Rosenbcrg ein wirkungsvolles Referat. Vor ungefähr 499 Männern und Frauen sprach Genosse Grog er- Rixdorf in Trebbin , dessen Maifest durch die dankenswerte Mitwirkung verschiedener Arbeitervereine besonders an Bedeutung gewann. In Mühlenbeck, woselbst Genosse Taeterow refe- rierte, nahm die Maifeier unter stärkerer Beteiligung als sonst, einen ruhigen und würdevollen Verlauf. Die Genossen der Heilstätte Grabowsee ließen sich gleichfalls nicht nehmen. für eine Würdigung des Tages Sorge zu tragen. Ein Gendarm und ein Förster zu Pferde suchten den Prolctaricrkranken die Sache zu verderben, die Genossen ließen sich indes nicht irre machen. Im Zuge durch den Wald hielten zwei Genossen Ansprachen und trotz der Begleitung der Beamten brachte man ein mehrfach donnerndes Hoch auf die internationale sozialistische Bewegung aus. Ein heiterer Vorgang spielte sich in A d l e r s h o f ab. In der Nähe des W ö l l st e i n s ch e n Lokals hing auf der äußersten Spitze eines Baumes eine rote Fahne, die die große weiße Inschrift:Hoch der Achtstundentag!" trug. Auf Geheiß der Polizei bequemten sich einige junge Leute, denen das Hinauf- klettern Spaß zu machen schien, dasllnglück" Aderlshofs herunter- zuholen, um dann von den diensteifrigen Beamtenhänden zerrissen und in eine Düngergrube geworfen zu werden. Die Maifeier in Wilhelmsberg wurde dieses Jahr zum erstenmal begangen und erfreute sich einer regen Beteiligung. In Friedrichs- Hagen demonstrierten 799 Teilnehmer, die sich fast sämtlich an der Nachmittagsfeier beteiligten. Brandenburg . Eine Flut von noch einlaufenden Maifestberichten bestätigt die wachsende Zunahme der durch Arbeitsruhe Feiernden, wie überhaupt das sieghafte Durchdringen des Maifeiergedankens. Aus einer Reihe Orte wird die außerordentlich starke Beteiligung der Frauen besonders hervorgehoben. Sehr gut besuchte Versamnilungen hatten nocki die Schneider in Berlin . Die Versammlung der Stukkateure verlief prächtig, daS Lokal wurde polizeilich gesperrt. Die Müll- kntscher feierten ausnahmslos durch Arbeitsruhe. In Wriezen , Freieuwalde, Driesen, Schwiebus , Saarmund , Finsterwalde usw. war die Beteiligung viel stärker als in früheren Jahren. In Landsberg a. W. hatte die Polizei herauSgesimden. daß die ganze Feier emVereinsvergnügen" sei und verbot deshalb nach 8 8 des VeremSgesetzeS das Tanzen. Auch mußten die Kinder während des Vortrages den Saal verlassen. In Zossen prangte an dem äußersten Zweig einer Pappel vor der Kirche eine rote Fahne mit der Inschrift:Gleichheit, Frei- heit, Brüderlichkeit." Nach einiger Kletterübung der Polizei war das gefährliche Instrument verhaftet. Die märkische N i e d e r l a u s i tz mit ihrer überwiegenden Textilindustrie bot daS Bild einer erhebenden Maifeier. DaSrote" Forst prangte ftnh im Schmucke dreier roter Fahnen, die leider sehr bald durch die Polizei von ihrem hohen Sitz heruntergeholt wurden. Die Bauberufe und einige andere Gewerkschaften, Konsumvereins- augestellte usw., die durch Arbeitsruhe feierten, zogen schon in tau- frischer Frühe zu Hunderten aus den Städten hinaus aufs Land. Die vormittags stattfindenden Versammlungen waren durchweg gut besucht. Abends waren die festlichen Veranstaltungen in allen Orten über- füllt. Zahlreicher als in früheren Jahren waren bei dieser Maifeier auch die Frauen und Mädchen vertreten, sie werden sich der hohen Bedeutung unserer Maiforderungen in steigendem Maße bewußt. In F o r st mögen sich an der Abendfeier in zwei Sälen rund 2999 Personen beteiligt haben, außerdem hatten die Genossen in den Nachbarorten Eulo und Sacro eigene Feiern veranstaltet, die eben- falls eindrucksvoll verliefen. Die massenhaft aufgebotene Polizei und Gendarmerie fand nichts zu tun. Schlesien . In Kattowitz fand eine von 399 Personen besuchte Maiber- sammlung statt, in der B r u h n s deutsch und A d a m e k polnisch referierten. In Striegau war die Abendversammlung von über 799 Ge- Nossen besucht. In Z a b rz e(O.-Schl.) fand vormittags 11 Uhr eine polnische und abends 8 Uhr eine zweite Demonstrationsversammlung statt, in denen deutsch und polnisch referiert wurde. Die Abendvcrsamm- lung war so stark besucht, daß schon lange vor Beginn das Lokal polizeilich gesperrt war. Posen. Die in Posen vom Kartell und Wahlverein am Vormittag 19 Uhr einberufene Versammlung war von über 599 Personen be- sucht. Der allgemeinen Resolution wurde ein Zusatz gegeben, der die Ostmarkenpolitik brandmartt. Pommern . Die Beteiligung an der Maifeier in Bredow, Kreis Randow-Greifenhagen, war eine erfteuliche. Im Schützen- Hause waren morgens 8 Uhr 699 Genossen und Genossiimen ver- sammelt, die nach der zündenden Rede ihres Abgeordneten Alwin K ö r st e n geschlossen einen Ausflug nach dem nahegelegenen Oertchen Warsow unternahmen. Nachmittags war Versammlung in Sidows- aue, abends Festlichkeiten. Die Arbeitsruhe wurde in weit stärkerem Maße als in den Vorjahren durchgeführt. Auf der SchiffswerstOderwerke" feierten die Nieter, Verftemmer, Maschinenarbeiter, Tischler und Dreher, trotzdem sie noch am 2. Mai ausgesperrt werden. Auch die Maurer, Zimmerer und Bauarbeiter sowie die Töpfer feierten zum größten Teil. In Köslin war die VormittagSversammlung von etwa 590 Personen besucht. Die Gewerkschaften der Maurer, Zimmerer. Holzarbeiter und Ziegeleiarbeiter feierten vollständig, die anderen Ge- werkschaften teilweise. In Graudenz waren ungefähr 290 Personen versammelt. Hamburg . Die Feier der Hamburger Arbeiterschaft verlief tn ebenso imposanter wie würdiger Weise. Die Beschlüsse der Ham- burger Unternehmerverbäude,ihre" Arbeiter wegen Beteiligung an der Maifeier auf einen bis zehn Tage aussperren zu wollen, haben sich erwiesen als ein Teil von jener Kraft, die das Böse will, aber das Gute schafft; die Scharfmacher aller Grade haben eben ihre Rechnung ohne das Solidantätsgefühl der Hamburger Arbeiterschaft gemacht und haben es, wo es noch nicht vorhanden war, mächtig entfacht. Gedanken und Ideen lassen sich nicht niederknütteln. Was die Arbeitsruhe im Städtekomplex Hamburg- Altona- Wandsbeck anlangt, so übertrifft sie an Umfang die vorjährige ganz bedeutend; nicht allein auf den Bauten und in der Hausindustrie, wo bisher die Arbeitsruhe ganz bezw. zum größten Teil durchgeführt war. sondern auch auf den Plätzen der Obersten der Scharfmacher stoppte vielfach daS Werk gänzlich. Die Zahl der Feiernden dürfte mit 80(XX) nicht zu hoch gegriffen fein. Der Vorbeimarsch deS aus 40000 Teil­nehmern bestehenden Demonstrationszuges nahm über L'/z Stunden in Anspruch. Im Zuge, der von 250 Arbeiterrad- fahrern eröffnet wurde, befanden sich außer den drei Hamburger Parteifahnen und der roten Fahne der Genossen polnischer Zunge etwa 299 Fahnen, Banner. Gewerkszeichcn, Embleme, Plakate mit Inschriften. die auf die Bedeutung des Tages hinwiesen usw. Unter den Klängen der Arbeiter- Marseillaise und anderer Kampfweisen ging es hinaus nach dem Mühlenkamp, der schon von großen Menschenmassen besetzt war. Bis gegen 1 Uhr mittags, als die letzte Abteilung des Festzuges am Endziel eintraf, herrschte daS herrlichste Frühlingswetter, dann ging ein scharfer Platzregen hernieder, der aber bald für diesen Tag dauernd seine Herrschaft an den Sonnengott abtreten mußte. Die festrede hielt Genosse Emil Fischer, der in markigen Worten die ehntausende aufforderte, stets eingedenk ihrer Pflicht zu sein und so lange den Kampf gegen Knechtschaft und Ausbeutung in jeder Form zu führen, bis das erhabene Ziel der Sozialdemokratie erreicht sein ivird. Abends fanden in allen Stadtteilen festliche, der Würde des Tages entsprechende Veranstaltungen statt, die sämtlich überfüllt waren. Die ArbeitSruhe im Hamburger Hafen war größer denn je zuvor; die meisten Schauerleute feierten, so daß die Lösch- und Ladearbeiten auf vielen Schiffen stockten. Der Verein der Hamburger Reeder, der Verein der Schiffsmakler und Schiffsageuten und der Verein der Stauer veröffentlichen in den Abendzeitungen eine Erklärung, wonach sie sich vor dieNot- wendigkeit" gestellt sehen, die überwiegende Mehrzahl der Schauerleute, die sich an der sozialdemokratischen Maifeier beteiligt hätten, laut Beschluß bis zum 11. Mai auszusperren. Infolge- dessen würden sich Verzögerungen in der Expedition der Hamburger Schiffe nicht vermeiden lassen. Die Herren verlangen daher von den BeteiligtenUnterstützung in dem uns aufgedrungenen Kampfe gegen den sozialdemokratischen Terrorismus und weitestgehende Nachsicht gegenüber Verzögerungen in der Expeditton der Schiffe." In Wandsbek nahmen an der Morgenversammlung über 1299 Personen teil. Dann ging es inlosem Zuge" hinaus nach einem an der Ahrensburger Chaussee gelegenen Gartenlokal. In der Abendvcrsammlung waren über 2999 Festteilnehmer. Die Arbcitsruhe hat auch in diesem Orte gegen die vorjährige be- deutend zugenommen. Mecklenburg . Die Maifeier verlief großartig. Die Ausflüge erfreuten sich einer starken Beteiligung. In R o stock zogen zirka 2999 Personen nach den Barnsdorfer Anlagen. In den meisten Orten, wo etwas veranstaltet werden kann, war die Beteiligung größer als in früheren Jahren. Bei den Abendveranstaltungen wurden Ansprachen gehalten. Eine einzige Versammlung in den 7 Wahlkreisen wurde in Parchim abgehalten. Als der Referent(K ü h n- Rostock) ausführte, daß die Volksschule dringend einer Verbesserung bedürfe, drohte der Polizei- Häuptling mit Auflösung, weil dies Politik sei! Die Ver- sammlung. die stark besucht war, nahm einen imposanten Verlauf. Hannover . Zum erstenmal feierte die Arbeiterschaft Emdens den 1. Mai durch Arbeitsruhe. Ein verhältnismäßig gewaltiger Fortschritt, da in Emden in den Vorjahren überhaupt von keiner Maifeier die Rede war. Diesmal demonstrierten 4/s der in Frage kommenden Arbeiter durch ArbeitSruhe. Die Feier wurde eingeleitet durch ein Morgenkonzert. Dann ging eS in zwanglosem Zuge zum EtablissementUnion ". Der Festzug war von der Behörde verboten worden, bevor noch um die Genehmigung nachgesucht war. Nachmittags sollte ein AuSflug nach dem eine halbe Sttmde entfernt liegenden Borsum, verbunden mit einem Gartenkonzert stattfinden. Der Landrat des Kreises verbot jedoch das Konzert ans dem Grunde, weil es aufrührerisch wirke. So mußte er zwei öffentliche Volks- Versammlungen staltsindew lassen. Die Genossen von Emdem hätten sich keine bessere Agitation denken können. Eine Aussperrung scheint de» Feiernden wegen Schwäche des Unternehmertums nicht bevor- zustehen. Rheinlaud-Westfalen. In Elberfeld -Barmen feierten vormittag» 899 Genossen. Am NachmittagSausflug bei strömendem Regen beteiligten sich 1390 Genossen. Im Kreise L e n» e p- M e t t m a n n war stärkere Beteiligung als früher.