Hr. 112, Z. ZchrgWW■!"--3. Dkilage des Jotioirts" Setlintt WKMMiSitfiMdl, 16. in! 1906.Berliner JVacbvicbten.Ein Bund zwischen Schule und Hauswar?t Berlin-Siidost geschlossen worden, um die vonder städtischen Schulverwaltung beabsichtigte Auflösung der4<: Gemeindeschule am Lausitzerplatz zu derIndern. Aus den Kreisen der daran interessierten Elternwar ein energischer Widerstand gegen diesen Plan gekommenund das Lehrerkollegium der Schule hatte sich auf die Seiteder Eltern gestellt. Die eifrige Agitation, die da entfaltetwurde, hatte einen gewissen Erfolg gehabt— allerdings nurden, daß die Schulverwaltung sich entschloß, zwar nicht der46. Schule, aber dafür der benachbarten 42. Schule in derPaunynstraße die Aufnahmeklasse zu nehmen und ihr keineSchulrekrutcn zuzuführen. Der Grund, aus dem die Verwaltung im Südosten der Stadt die eine oder die andereSchule und wahrscheinlich sogar mehr als nur eine eingehenlassen wird, soll der augenblicklich dort herrschende Schulen-Überfluß sein. So las man's vor Wochen in der bürgerlichenPresse, die jederzeit bereit ist, sich zur Beschönigung solcherMaßregeln herzugeben.Ein wenig offener hat jetzt die Schuldeputation selber sichgeäußert. Im März hatte eine Versammlung der an der46. Schule interessierten Eltern an die Schuldeputation eineEingabe gerichtet, die gegen den Plan einer Auflösungprotestierte. Die Schuldeputation hat nunmehr endlich darau:geantwortet; in einer erneuten Versammlung, die am Montagstattfand, wurde die Antwort mitgeteilt. Darin wird mitdürren Worten erklärt, die Frequenz der im Südosten undauch im Süden gelegenen Schulen sei so sehr im Abnehmen,daß die Verwaltung im Interesse der Steuerzahlerdarauf Bedacht nehmen müsse, dort einzelne Schulenallmählich zu verkleinern(soll heißen: schließlich eingehen zulassen.) Herr Jden, der freisinnige Stadtverordnete undHausagrarierführer, der in Berlin-Südost zu Hause ist, warwieder gekommen, um die Schulverwaltung zu vertreten. Ergab sich alle Mühe, glauben zu machen, daß tatsächlichInteresse der Steuerzahler" gebiete, dem Südosten eine seinerSchulen zu nehmen. Auch er stehe auf dem Standpunkte,daß„wir sparen müssen". Dabei behauptete er, schonjetzt gebe die im Jahr einfach über 100 M. für jedes Gemeindeschulkind aus. Die Behauptung ist, wie bereits vor Wochenim„Vorwärts" gezeigt wurde, unwahr; und sie bleibt es.mch wenn Herr Jden sich auf den Stadtkämmcrer beruft,der die Zahl herausgercchnet habe. Dem Freisinn, derwieder mal entdeckt hat. daß er im Volksschulwesen nochmehr als bisher„sparen muß", kommen solche irrigenRechnungsergebnisse sehr gelegen. Wird nicht die Bevölkerungvom Rathause aus darüber„belehrt" werden, wo der Kämmererdiese Zahl her hat?Die 46. Schule ist vorläufig dem Schicksal entgangen, einOpfer des Spartriebes freisinniger„Volksschulfreunde"zur£werden. Der Bund zwischen Schule und Haus, derwehr geschlossen wurde, hat die Schulvcrwaltung genötigt, sich«mächst noch ew anderes Opfer auszusuchen. Die Eltern der»wder aus der 46. Schule wollen aber auch fernerhinsämmenhalten. Sie haben jetzt einen„Verein deriteressenten der 46. Gemeindeschule" ge'slen. Diese neueste Vereinsgründung will nichtüber den Weiterbestand der 46. Schule wachen,luchern zugleich die Beziehungen zwischenSchule und Haus besser gestalten. Die Vereinsitzungen sollen wirkliche Elternabende werden, an denen dieAltern nicht stumm anhören, was die Schule ihnen bietet,'andern Fragen des Schul- und Erziehungswesens gemeinsammit den Lehrern besprechen. Die in der Versammlung vomMontag anwesenden Lehrer der 46. Schule erklärten, daß siedem Gedanken wohlwollend gegenüberstehen. Doch dürfe derVerein nicht etwa zu einem Gerichtshof für allerlei Klageniber Lehrer werden.— Wann endlich werden die Lehrer lernen,ne Kritik der Eltern nicht als einen Uebergriff, sondern als«ine sehr wünschenswerte Ergänzung ihrer eigenen Tätigkeitaufzufassen?_Der Gemeindesriedhos der Stadt Berlin zu Friedrichsfelde besteht jetzt ein Vierteljahrhundert. Die erste Anregung.diese Begräbnisstätte zu schaffen, war im Jahre 1870 gegebenworden. Damals stellte sich heraus, daß die beiden der Stadt-gemeinde gehörenden Friedhöfe in der Gerichtsstraße und in derFriedenstratze, die nur zur Beerdigung von Armenleichen dienten,nicht lange mehr ausreichen würden. Der neue Friedhof, für denbei Friedrichsfelde ein Gelände von genau 100 Morgen angekauftwurde, sollte aber nicht nur Armenleichen aufnehmen, sondern alsein öffentlicher Begräbnisplatz für Personen aller Bekenntnisse ein-gerichtet werden. Als Vorbild diente der Hamburger Friedhof zuOhlsdorf, der damqls im Entstehen begriffen war. Der BerlinerFriedhof zu Jriedrichsfelde wurde im Mai 1881 eingeweiht und inBenutzung genommen. Seitdem sind dort annähernd 80 000 Leichenbeerdigt worden, darunter rund 6000 auf Zahlstellen.' Die Böschungsbrände an den Eisenbahndämmen haben in derletzten Zeit einen so bedeutenden Umfang angenommen, daß seitensder Eisenbahnbetriebsämter zum Schutze der an den Bahngeländent liegenden Kulturen besondere Bestimmungen erlassen werdenmußten. Die Bahnbeamten sind angewiesen, jeden Böschungsbrand,acc von den Zugführern alsbald nach der Entdeckung an der nächstenotzfrollstelle zu melden ist, sofort einzudämmen, auch dann, wennch die Kulturen in größerer Entfernung vom Bahnkörper befinden.,>Üc die Lokomotivführer und Heizer ist die Bestimmung erlassen,das Heizen der Maschinen, mit welchem stets ein stärkerer Funken-ouswurf aus den Schornsteinen verbunden ist, an Stellen, woselbsteine Brandgefahr vorhanden ist, nach Möglichkeit zu vermeiden.Diese Maßregel gilt besonders für das Vorbeifahren an trockenemMoorboden, beim Durchfahren von Waldungen, in denen Schutz-streifen nicht angelegt sind und für den Hochsommer bei der Vorbei-fahrt an Getreidefeldern.Für den Stadtbahnbetrieb kommen jetzt schwerere Maschinenzur Anwendung, nachdem die kleinen Lokomotiven sich nicht als ge-nügend leistungsfähig erwiesen haben. Nach der erfolgten Um-Wandlung des Stadtbahnbctriebes, der eine Verlängerung der Zügezur Folge hatte, genügten die bisher gebräuchlichen Majchinen nichtmehr und es kam wiederholentlich vor, daß die Züge, besonders imRingverkehr, nicht unerhebliche Verspätungen erlitten. DiesemUebelstande ist nunmehr durch Auswechselung des Triebmaterialsentgegengetreten. Die dichtere Zugfolge auf der Stadtbahn hatauch naturgemäß eine stärkere Belastung des Bahnkörpers nach sichgezogen und die Notwendigkeit einer Verstärkung der Brückenkon.struktion ergeben. Bei den jetzt stattfindendcn Brückenhebungenwerden demgemäß auch die Konstruktionen durch Einfügung neuerTröger Weserrtlich verstärkt und hierbei auch der projektierten Um.Wandlung des Dampfbetriebes in elektrischen Betrieb Rechnung ge-Lkcgeu. Die gegenwärtig stasifindenpe» Krückenverstätkungeuwerden auch noch eine weitere Belastung des Bahnkörpers erznög-lichen.Wiederum ein brennendes Automobil. Gestern nachmittag ge-riet das Hintergestell eines Privatautomobils auf der Fahrt vonKarlshorst nach Berlin in der Hauptstraße in Rummclsburg inBrand. Das Feuer war im Benzinbehälter entstanden und erfaßtein wenigen Minuten den ganzen hinteren Wagenkasten. Die In-fassen des Wagens vermochten sich noch rechtzeitig in Sicherheit zubringen. Die Ablöschung des Brandes konnte mit Hülfe vonPassanten mit leichter Mühe erfolgen, doch war der Antrieb desMotors durch das Feuer derartig beschädigt daß der Kraftwagenspäter durch ein anderes Automobil fortgeschafft werden mußte.lieber das Unglück, das sich an» Sonnabend in der Volksbadeanstalt an der Schillingsbrücke ereignete, wird uns ergänzend mit-geteilt, daß das Abflußrohr vor Beendigung der Badezeit geöffnetworden sei. Der Inspektor hatte angeordnet, daß bereits um 0 Uhrdas Waffer abgelassen werden solle, und es wird vermutet, daß derjunge Mann durch die Strömung in das Rohr hineingezogen wurde.Was den Kameraden des Verunglückten betrifft, so habe dieser an-fänglich geglaubt, sein Kollege habe sich einen Scherz erlaubt undsich in der Anstalt versteckt. Als das Suchen vergeblich war, habeman im Wasser gesucht und es habe sich dann ergeben, daß derjunge Mann im Abflußrohr steckte und dort seinen Tod ge-funden hat.Kuriose Sammelmame. Es wird ja unglaublich viel in allenmöglichen und unmöglichen Gegenständen gesammelt, aber neu sindfolgende Objekte: Bei einer kürzlich hier stattgehabten Versteigerungwurden unter anderen Kuriositäten auch eine Sammlung von altenPostscheinen und von— Wachsstreichholzschachteln feilgeboten.—Interessant ist auch das folgende Kaufgesuch, das als Inserat ineiner hiesigen Zeitung stand:„Junger Gutsbesitzer kauft für be-sondere Sammlung elegante Schuhe, getragen von hochgestelltenSchauspielerinnen und fürstlichen Damen." Offerten unter Samm,lung usw.In dem Streite um das Virchow-Denkmal sollen Kräfte tätigsein, die zwischen den Medizinern und dem Künstler einen Ausgleichherbeiführen wollen. Wie das geschehen soll, steht dahin. Auf-merksam machen möchten wir aber, daß die Jury ausdrücklich be-schlössen hat, Herrn Klimsch mit der Ausführung des preisgekröntenEntwurfes zu betrauen. Dieser Beschluß ist in der letzten Nummerdes.Gemeindeblattes" veröffentlicht und es ist deshalb unerfindlich,wie am Sonnabend magistratS-offiziöserseits berichtet werden konnte,daß über die Ausführung noch nichts bestimmt sei.Ardeiterrifiko. Gestern vormittag gegen 10'/, Uhr stürzte einMaurer aus dem dritten Stockwerk des in der Rotherstraße auf-geführten Neubaues der Auerlichtgesellschast aufs Straßenpflaster undblieb mit zerschmetterten Gliedern liegen. Auf dem Wege nach derUnfallstation in der Warschauerstraße, wohin ihn Kollegen in einerDroschke brachten, erlag der Verunglückte seinen Verletzungen.Ein heftiger Zustnminensioß eines Geschäftsauwmobils derFirma Rudolf Hertzog. Breitestr. 15, mit einem Straßenbahnwagender Linie A der Westlichen Berliner Vorortsbahn fand gesternnachmittag gegen 2 Uhr am Kurfürstendamm in der Nähe derJohann Georgstraße statt. Das in der Richtung nach dem Zoo-logischen Garten fahrende Automobil wollte einem von entgegen-gesetzter Richtung kommenden Rollwagen ausbiegen, und der Führerlenkte das Gefährt etwa zwei Meter vor einem in der gleichenRichtung fahrenden Straßenbahnzug der Linie A(Grunewald—Potsdamer Bahnhof) auf die Straßenbahnschienen. Der Motor-lvaggon erfaßte den Vorderteil des Automobilwagens und preßtedas Gefährt gegen die Bordschwelle und einen Oberleitungsmast.Durch den Zusammenstoß wurde das Vordergestell des Automobilszertrümmert, die Seitenwand des Straßenbahnwagens eingedrücktund mehrere Fensterscheiben zersplittert. Personen wurden glück-licherweise nicht verletzt. Durch den Unfall wurde eme 20 Minutenjvährende Betriebsstörung herbeigeführt.Der Defraudant Riedel, der mit 11 000 M. durchging, ist inGütersloh ergriffen worden. Riedel hatte sich am Freitag-abend mit den ihm anvertrauten 11 000 M. nach Alt-Geltow beiPotsdam begeben, wo er in verschiedenen Restaurants sehr freigebigauftrat. Er war dort auf einem nagelneuen Bremiabor-Fahrradeingetroffen, das er ebenso wie einen eleganten Anzug und einegoldene Uhr noch am Freitag in Berlin gekauft hatte. Seine Ausgaben betrugen bis dahin noch nicht 1000 M. In Alt-Geltow hatteer Gelegenheit, ein Automobil bis nach Hannover zu mieten, angeb-lich, weil er möglichst schnell dort eintreffen müsse. Er will, wieer später angab, mehrere hundert Mark für die Faljrt gezahlt haben.In Hannover verbrauchte er in der Nacht zum Sonntag in lustigerGesellschaft über 400 M. und machte dabei die Bekanntschaft einesChauffeurs, der auf einem Schlosse in der Provinz Hannover an-gestellt ist und nach dem Rhein fuhr. Beide traten am Sonntagmorgen die Fahrt über Minden nach Bielefeld an, Ivo sie die Nachtzum Montag wieder recht vergnügt verlebten. Riedel spielte sichals reicher Mann aus, dem es auf ein paar Hundertmarkscheinenicht ankam. Montag früh verließen sie Bielefeld, der Chauffeurauf seinem Automobil,.Riedel auf seinem Fahrrad. Dem Chauffeurwar schließlich das Auftreten seines Begleiters verdächtig erschienen.Er fuhr schneller, als Riedel folgen konnte, und machte in Gütersloh auf der Polizei Anzeige. Dort hatte man bereits von derUnterschlagung und dem Verschwinden des Geschäftsdieners gehört.Nkan erwartete den Verdächtigen am Stadttor und nahm ihn fest.Er gab einen falschen Namen an, bequemte sich aber, als man inseinen Taschen noch 7152 M. vorfand, zu einem Geständnis.Ein Revolver-Attcntatist Montag abend gegen 10 Uhr in der HennigSdorferstraße 26 verübt worden. In dem Hinterhause versuchte ein Mieter namenSBlumental den 26jährigen Arbeiter August Weikenat sowie dessen18jährige Schwester durch Revolverschüsse zu töten. Bei der blutigenAffäre wurde W. lebensgefährlich, dessen Schwester schwer und das2 Vü jährige Töchterchen der Braut des W. ebenfalls erheblich verletzt.Blunieutal hat jedenfalls in einem Anfall von Geistesstörung ge�handelt., Als gegen ValO Uhr der Arbeiter Weikenat mit seiner Braut,deren Kind, seiner Schwester und seinem Schwager in vergnügterStimmung die Treppe des Hinterhauses HenuigSdorferstr. 26 hinaufnach der in der dritten Etage gelegenen Wohnung ging, trat in derzweiten Etage plötzlich Blumental auf den Korridor und rief hinter. her:„Na, Du alter Bruder, was klopfst Du an meine Tür?W. hatte jedoch keineswegs geklopft, und da ihm bekannt war,daß Blumental, mit dem er bis dahin übrigens noch niemalsin Berührung gekommen war, unter den Anwohnern als seltsamerKauz galt, ging er ruhig die Treppe hinauf. Einige Zeit späterkam W. mit der Braut, der Schwester und dem Kinde wieder dieTreppe hinunter und auch jetzt trat Blumental auf den Treppenflur.Die drei Erwachsenen trugen Wäschestücke und in dem Augenblick,als W. an dem unheimlichen Mitbewohner vorüberging, zog derletztere plötzlich einen Revolver hervor, richtete die Waffe gegen dieBrust des Arbeiters und im nächsten Augenblicke krachten kurz hinter-einander 3 Schüsse. Getroffen stürzte W. zu Boden und entsetzt schrieendie Frauen auf. Nun richtete der Mordbube die Waffe gegen dieSchtvester des W. Auch sie brach, von zwei Schüssen getroffen, zu-iammen. Der sechste Schuß galt dem Kinde. Er drang der Kleinenin den Unterschenkel. W. hatte einen Schuß in die Brust, in dieGegend der Magengrube, einen zweiten in den Oberschenkel undeinen Streiffchuß an die linke Schulter erhalten. Sein Zustand gibtzu den äußersten Bedenken Anlaß. Kam hatte Blumentak seineblutige Tat vollbracht, so eilte er nach dem Polizeirevier und gabdort an, er sei überfallen worden. Der wahre Sachverhalt stelltesich jedoch bald heraus und B. wurde verhastet. Wie bereits er-wähnt. dürfte er in einem Anfall von Unzurechnungsfähigleit ge-handelt haben._Eine zeitweilige Umleitung des Personen- und Güterverkehrsder Berlin— Hamburger und Lehrter Eisenbahn in der Nähe desalten Fürstenbrunner Weges machen die Charlottenburger Kauali-sationSbautcn für Westend notwendig. Auf der sogenannten Förster-wiese zwischen dem alten Fürstenbrunner Weg und dem Bahntörperder Berlin— Hamburger und Lehrter Eisenbahn neben der siüd-tischen Baumschule soll später die projektierte gemeinsame Pump-station für Westend und den Stadtteil nördlich der Spree errichtettverdcn. Von hier sollen zwei Notauslässe nach der Spree und duVerbindungskanal, der die künftige Pumpstation mit der jetzigenprovisorischen Pumpstation auf dem Lagerplatz am Nonnendammauf dem anderen Ufer der Spree verbinden soll, deinnächst gebautwerden. Diese drei zwei Meter hohen Kanäle muffe» durch denEisenbahnkörper hindurchgeführt werden und sollen unter ihm ineinem gemeinschaftlichen eisernen Unterführungsbauwerk, welchesaußerdem noch Raum für einen Verbindungsweg nach dem dies-seitigen Spreeufer bieten soll, untergebracht werden. Zur Aus-sührung dieses Unterführungsbauwerks muß der Eisenbahnkörperan der betreffenden Stelle von den Schienen freigelegt und aus-geschachtet werden und infolgedessen müssen die Personen- undGüterzüge während der Bauzeit auf provisorischen Nebengleisenum die Baustelle herumgeleitet werden.Ein Dragoner durch Pferdehufe getötet. In dem Pferdestall desII. Garde-Dragoner-Negiments in der Blücherstraße hat sich gesternabend ein bedauerlicher Unglücksfall, welchem ein jrmgeS Menschenleben zum Opfer gefallen ist. zugetragen. Der Garde-DragonerFirke war mit Pferdeputzen beschäftigt, als eines der Tiere, ver-mutlich wohl infolge zu starken StriegelnS, unruhig wurde und aus-schlug. F.. der sich in gebückter Stellung befand, erhielt durch diePferdehufe einen so wuchtigen Schlag, daß er auf den Stallganggeschleudert wurde und dort besinnungslos liegen blieb. Dem Be-dauernswerten war der Schädel gebrochen Ivorden und bald»achseiner Einlieferung in das Garnison-Lazarett in Tempelhos starb eran den Folgen der Verletzung.Gesctzesveriichter. Ein Pistolenduell, das unblutig verlief, hatam Sonnabendmorgen um%6 Uhr in der Zehlendorfer Forstzwischen einem Offizier der Schutztruppe und einem höheren Be-amten der Hosverwaltung stattgefunden. Die Veranlassung zu demZweikamps soll eine Ehescheidungsaffäre gewesen sein. Die beidenDuellanten standen vor Jahr und Tag in einem engeren Freund-schaftsverhältnis. Als der Offizier sich im vorigen Jahre zum Feld-zug nach Südwstafrika begab, erfuhr der Beamte, daß sein« Gattinmit jenem in unerlaubten Beziehungen gestanden habe. Die Folgewar eine Forderung, die der Hintergangene Ehemann dem Offiziernach Südwestafrika übersandte. Nach der Rückkehr des Offiziersnach Berlin fand das Duell statt. Bedingung war dreimaligerKugelwechsel auf 20 Schritt Distanz. Verwundet wurde keiner derDuellanten.Durch seltene Geistesgegenwart hat in der vergangenen Nachtder 75 Jahre alt« Invalide Theodor Rock, Schulstraße/ sein Lebengerettet. Der Greis wollte auf dem Bahnhof Schönhauser Alleeeinen Nordringzug besteigen, um nach dem Wedding zu fahren. Erkam jedoch etwas zu spät und als er den Zug besteigen wollte, hattedieser sich bereits in Bewegung gesetzt. Der Invalide kam zu Fallund stürzte unter den Zug. Ein Wagen nach dem anderen rollteüber den Verunglückten hinweg und die Augenzeugen des auf-regenden Vorfalles glaubten natürlich nicht anderes, daß R. durchdie Räder des Zuges zermalmt wurde. Kaum waren jedoch dieWagen über ihn hinweggefahren. so erhob sich der Totgeglaubte undkletterte wieder auf den Bahnsteig. R. hatte die Geistesgegenlvartbesessen, sich schleunigst mitten zwischen das Gleis zu bringen undso konnte der Zug über ihn hinwegrollen, ohne daß ihm ein Schadenzugefügt wurde. Nur be, dem Sturze hat sich R. eine blutige Ver-lctzung am Ellenbogen zugezogen, die er sich auf der Unfallstation VIverbinden ließ.Selbstmord eines Oberlehrers. Traurige Folgen hat ein Un-fall gehabt, den sich vor vierzehn Tagen der 33 Jahre alte Ober-lehrer Paul Matthiae am Grabe seine? Vaters zuzog. Matthiae,der seit 6% Jahren am Luisenstädtischen Gymnasium in derBrandenlmrgstr. 37 angestellt war, war Klaffenlehrer der Obersextaund unterrichtete die höheren Klassen im Hebräischen. Vor vierzehnTagen wollte er auf dem Grabe seines Vaters einen Baum pflanzen.Hierbei kam er zu Fall und zog sich mehrere Verletzungen zu. Be-sonders klagte er nach dem Unfall über Kopfschmerzen und Ver-stauchung eines Beines. Seit acht Tagen muhte er zu Hause bleibenund sich jeden Tag das Bein massieren lassen. Diese erzwungeneUntätigkeit machte den pflichtgetreuen und diensteifrigen Maimnervös. Gestern vormittag kurz vor 10 Uhr veranlaßte er seineFrau, mit der er in kinderloser Ehe lebte, zur Schneiderin zu gehe«.Das Dienstmädchen schickte er zum Masseur, dem er sagen ließ, erbedürfe seiner Dienste nicht weiter, weil er sich wieder ganz wohlfühle. Als das Mädchen bald darauf nach der Wohnung m derBergmannstr. 52 zurückkehrte, fand es den Unglücklichen tot amSchreibtisch sitzen. Er hatte sich eine Revolverkugel in die rechteSchläfe geschossen. Ein Arzt konnte nur noch den Tod feststellen.Ei» neuer Trick der BrrficherungSgesellschaften.Die Stellenofferten der Versicherungsgesellschaften, durch dieunter mehr oder weniger lockenden Versprechungen Herren aus allenStänden für den Außendienst gesucht werden, gehören zum eisernenBestände des Inseratenteils großer Tageszeitungen. Daß dieBedingungen, die der Bewerber erfüllen muß. um nach einer Probe-zeit von etwa einem Vierteljahr eine feste Anstellung gegen 200bis 250 Mark monatliches Fixum zu erhalten, allermeist unerfüllbarsind, pfeifen nachgerade die Spatzen von den Dächern. Es bedarfdaher neuer Lockmittel, damit sich überhaupt noch jemandmeldet. Neuerdings werden nun gebildete Herren mitgrößerem Bekaimtenkreise für nebenberufliche. organisato-rische Tätigkeit gegen sofort zu gewährendes, hohesFixum gesucht. Die Versicherungsgesellschaften denken natürlich garnicht daran, den sich Meldenden ein festes Monatseinkommen zu ge-währen. Es ist aber interessant, aus einer Darstellung der geschaft-lichen Handhabung zu ersehen, mit welcher Schamlosigkeit dieStellungsuchenden genaSführt Iverden. Wer sich auf ein solchesStellenangebot einer Versicherungsgesellschaft, die natürlich nur unterChiffre inseriert, meldet, erhält nach einiger Zeit ein Schreiben desGeneralinspektors der Gesellschaft, worin ihm mitgeteilt wird, derGeneralinspektor sei beauftragt, mit ihm zu unterhandeln und bäteum seinen Besuch. Leistet er dieser Aufforderung Folge, so wirdihm von den, Generalinspektor eröffnet, daß er für eine organisa-torische Tätigkeit jn Aussicht genommen sei, wofür dieGesellschaft sofort 200 oder 260 M., oder auch bedeutend höheref e st e Monatsbezüge, neben hoher Proviston bei Abschluß von Ver-sicherungen, gewähre. Der Begriff der„organisatorischen Tätigkeit"wird dann sehr umständlich erläutert und mundgerecht gemachtFindet nun der Bewerber die Sache annehmbar, so entläßt ihn derHerr Generalinspektor, nachdem er ihm die Statuten und Ver-stcherungspläne zum Studiun, mitgegeben, mit der Bemerkung, erwerde ihn, in einigen Tagen einen Vertragsentwurf zusenden undbitte, seine Wünsche mit Bleistift an den Rand zu schreiben. DerBewerber glaubt nun. den Vertrag, der ihm ein monatliches Fixumzusichert, schon so gut wie in der Tasche zi, haben undstudiert zu Hause mit heißem Bemühen die ihm über-gebenen gedruckten Anleitungen, um sich die notwendigentheoretischen Kenntnisse möglichst rasch anzueignen. Leider warteter von Tag zu Tag vergeblich auf das Eintreffen des Vertrages.Spricht er dann nochmals persönlich vor, so wird ihm durch einen