Rede die erbärmlichen Volksschulverhältnisse speziell in Preußen und das Bestreben der reaktionären Mehrheit des Dreiklassenparlaments, durch die neuerliche Gesetzesvorlage das Niveau der Volksschule noch mehr herabzudrückeu. um dadurch das Proletariat zum gefügigen Werkzeug der herrschenden Klasse zu erziehen. In der Diskussron nahm kein Gegner das Wort. Mit gespanntem Interesse folgte die Versammlung den Ausführungen des nächsten Redners, Genossen E i s n e r. der an der Hand amtlichen Materials der vom Ministerium für Handel und Gewerbe nach Amerika entsandten Studien- kommission zur Information über die dortigen Schulverhältnisse nach- wies, dag all' die„Utopien" der Sozialdemokratie in bezug am Volksschulwesen in den Vereinigten Staaten tatsächlich verwirklichtseien. Unter kräftigen Hieben auf die in Preußen herrschende Junkersippe und unsere verrotteten politischen Zustände streifte Redner das Gebiet hohenzollernscher Bildungspolitik aus der Zeit der klassischen Philosophie, indem er den Erlaß Friedrich Wilhelms III. über die „Garnisonsschulden" der Versammlung mit entsprechenden Rand- noten bekannt gab. Nach einem Schlußwort des Vorsitzenden Genossen Wenzel, der die Anwesenden zum Austritt aus der Landes- kirche, zum Eintritt in die politischen und gewerkschaftlichen Kampfes- organisationen, zum Abonnement auf die sozialdemokratische Presse und Literatur aufforderte, erfolgte unter Hochrufen auf die Sozial- demokratie Schluß der Versammlung. In Lankwitz referierte die Genossin Mesch vor gut besuchter Versammlung in eindrucksvoller Weise. Die Protestresolution ge- langte hierauf zur einstimmigen Annahme. Die für Zehlendorf nach dem„Neuen Gesellschafts- hauS" in Schlachtensee einberufene Versammlung war gut besucht. Nach dem mit lebhaftem Beifall aufgenommenen zirka I'/«stündigen Referat des Genossen Eugen Brückner-Berlin wurde nach kurzer Diskussion, an der sich der Genosse Ruelius beteiligte. die Resolution einstimmig angenommen. Mit einem Hinweis des Genossen Schüler, die Parteipresse zu lesen und für Verbreitung derselben zu sorgen, erfolgte Schluß der Versammlung. Nowawes-Ncnendorf. Die zahlreich besuchte Protestversammlung gegen den preußischen Schulgesetzentwurf nahm einen vorzüglichen Verlauf. In anderthalbstündigen Ausführungen legte Reichstags- abgeordneter T h i c l e- H a l l e die durch die' bisherige Politik ver- schuldete Rückständigkeit der preußischen Volksschule dar und er- läuterte, wie der jetzt dem preußischen Landtage vorliegende Schul- gesctzentwurf dazu angetan ist, die Bildungsstätte des Proletariats in verstärkter Form der Muckerei und dem Pfnffentum auszuliefern. Redner forderte die Anwesenden auf, den Protest dadurch zu einem wirksamen zu gestalten, daß sie ihre Kinder, auch ivenn sie getauft sind, nicht mehr zum Konfirmanden- Unterricht schicken; ebenfalls müßten die überzeugten Sozialdemokraten aus der Kirche austreten. Reicher Beifall lohnte den Re- ferenten für feine trefflichen Ausführungen. Nach einer kurzen Diskussion, in welcher u.a. Genosse Gruhl die lokalen Schul- Verhältnisse erörterte und betonte, daß in Nowawes wahrscheinlich in nächster Zeit eine Kirchensteuer zur Einführung gelangen wird, wurde die Berliner Resolution einstimmig angenommen. Der Vor- sitzende Gomoll forderte zum Schluß zum Eintritt in den Wahl- verein und zum Abonnement auf unsere Presse auf. Zossen . Die Protestversammlug gegen die preußische Schul- Vorlage, ivelche von 3<X> Personen, darunter viele Frauen, besucht war, nahm einen demonstrativen Verlauf. Die Ausführungen des Referenten Fendel wurden mit großem Beifall aufgenommen. Als Gegner sprach Herr Lehrer Löhr . Die Resolution wurde einstimmig angenommen. Für Nieder-Schöncwcide, Johannisthal und Rudow tagte die Versammlung im Krügerschen Lokal, welche von 300 Männern und Frauen besucht war. Der Referent, Genosse Katzenstein, kennzeichnete den kultnrfeindlichen Entwurf in marlige» Zügen und erntete leb- haften Beifall. Zum Schluß forderte der Vorsitzende zum Austritt aus der Landeskirche auf. In Karlshorst referierte vor stark besuchter Versammlung, darunter viele Frauen, Genossin L i l y Braun. Das gegenwärtige Jahrhundert, meinte Rednerin, kann wenig Anspruch darauf machen. das Jahrhundert des Kindes zu sein. In großen Zügen entwarf sie dann ein Bild unseres Erziehungssystems und verurteilte scharf das neueste Attentat auf die Volksschule. Die Ortsgeistlichen und Lehrer waren besonders eingeladen, es waren jedoch nur drei Lehrer er- schienen, in deren Namen Herr Toepler die Gegnerschaft zu dem Schulgesetzentwurf darlegte. Die Resolution wurde bei wenigen Stimmenthaltungen an- genommen. Mit einem Appell des Vorsitzenden zum Beitritt in die Organi- sation wurde die Versammlung geschlossen. Friedrichsfelde . Vor gutbesuchter Versammlung referierte Ge- nosse Bernstein in wirkungsvoller Weise. Der Resolution wurde einmütig zugestiinmt. Die Versammlung in Bernau war von 250 Personen besucht, die den trefflichen Ausführungen der Genossin Zeetze reichen Beifall zollte. Auch hier hat die Protestversammlung einen großen Eindruck hinterlassen. Köpenick . In der Versammlung im Stadttheater referierte Genosse Fülle- Berlin . In seinem 1'/« stündigen Vortrage zeichnete der Redner in großen Zügen ein Bild der preußischen Schulrcaktion, vornehmlich seit den Tagen der Westphalen— Räumer— Mühler, um daran anschließend des preußischen Dreiklassenunrechts zu gedenken, das eine Einwirkung des Proletariats auf die Gestaltung der Schul- Verhältnisse ausschließt. Dieses Unrecht zu beseitigen und dem Volke den gebührenden Anteil an der Gesetzgebung und Verwaltung Ju verschaffen, war der Schlußappell deS Referenten an die Ver- ammlung.die durch lebhaftenBeifallihr Einverständnis mit dcm Refe- renten bekundete. Nachdem in der Diskussion noch ein Redner zum Austritt aus der Landeskirche aufgefordert hatte, wurde die Resolution einstimmig angenommen. I« Königs-Wusterhausen referierte G. R i e g e r in einer gut besuchten Versammlung; der Vortrag wurde mit großem Beifall aufgenommen. Am Schluß meldeten sich 10 Personen zum Austritt aus der Landeskirche. Die Versammlung in Klein-Besten war sehr zahlreich besucht. Der Referent Genosse K ll t e r aus Schöneberg fand nach 1»/, stündigen treffenden Ausführungen reichen Beifall. Diskussion fand nicht statt. Die Resolution wurde einstimmig angenominen. Pankow . Die Demonstrationsversammlung war von zirka 200 Personen, darunter zahlreiche Frauen, besucht. Genosse Paetzel- Berlin referierte und erntete nach l'/z stündigem Vortrage reichen Beifall. Genosse Strzelewicz forderte die Versammelten auf, für den Austritt aus der Landeskirche eifrig zu agitieren. Genosse Schwarz brachte den hier gegründeten Verein der jugendlichen Ar- beiter rn Erinnerung. Die Resolution wurde einstimmig an- genommen. Franz.-Buchholz . Hier referierte Genosse Stürmer vor einer den hiesigen Verhältnissen entsprechend imposanten Versammlung unter großem Beifall. Die vorgelegte Resolution wurde einstimmig angenommen. In der sehr lebhaften Diskussion wurde auf die im März stattgefundene Gemeindcvertreterwahl und auf die vielen Ber- stöße und Gesetzwidrigkeiten gröbster Art hingewiesen. Es wurde bekannt gegeben, daß von den Genossen im Verwaltungssireitverfahren die Klage gegen die Gemeindevertretung auf Ungültigkeitserklärung der Wahl des Herrn Sielaff erhoben wird. Wie ber Bettelsack für den Bau immer neuer Kirchen ge- schwungen wird, beweist ein Flugblatt, das dieser Tage der„Ger- mania" beilag. Auf der einen Seite dieses Blattes befindet sich ein Bildnis der heiligen Maria mit der Unterschrift:„Maria. Maienkönigin, bitte für unsl" während auf der anderen Seite folgendes im Text zu lesen steht: „Im Marien-Monate und ebenso im Monate deS hhl. Herzens Jesu will ich alle Tage Deiner gedenken, wenn Du die folgenden geilen wenigstens aufmerksam liesest. Das Berliner Scheunenviertel wird niedergerissen! Warum? Weil es nicht mehr paßt zu dem herrlichen Ge- mmtbild der Reichshauptstadt. Recht also! Aber es gibt noch Scheunen in Groß-Berlin, welche nicht zu Wohnungen von Menschen dienen, sondern hergerichtet sind zu Wohnungen Gottes. In Berlin . Zehlendorf steht solch' eine not- dürftig eingerichtete Scheunen-Kirche, auf welche über 1000 Katholiken angewiesen sind. Ja, aber warum reißt man denn diese Scheune nicht nieder und baut ein würdiges Gotteshaus? Sehr einfach, weil die nötigen Baugelder fehlen. Und doch muß noch in diesem Jahre 1006 der Grund- st ein für eine Kirche in Berlin -Ze Hiendorf ge- legt werden, weil unter dieser Bedingung ein passendes Kirchengrund st ück unentgeltlich zur Verfügung ge st e l l t ist. So bitte ich denn(mit ausdrück- licher Genehmigung meines Diözesan-Bischofes Kardinals Georg Kopp ) noch einmal flehentlich und inständig um eine kleine Beihülfe für den Kirchenbau in Berlin-Zehlendorf . Es tut bitter not: der religiöse kirchliche Sinn schwindet gar zu sehr, wenn keine Kirche mit regelmäßigem Gottes- dienst vorhanden ist. Die Verluste unserer Kirche sind ganz ge- waltig groß: es ist z. B. hierorts eine Seltenheit, daß eine ge- mischte Ehe noch kirchlich katholisch eingesegnet wird, von 100 kaum 10.„Ja— aber der Bettelbriefe ist ja kein Ende, allen kann ich nicht geben, darum gebe ich keinem." Falscher Schluß: es muß heißen: Darum bekommen die einzelnen weniger. Eben um dieses Wenige bitte ich recht dringend, nur nicht ganz über- sehen. Kannst Du aber etwas mehr opfern— 5 M. mindestens, — so schicke ich auf Wunsch umstehendes Bild in Größe von 53i4X70 Zentimeter, das sich als Wandschmuck vorzüglich eignet. „Wer sich der Armen erbarmt, der leihet auf Wucher dem Herrn: Er wird's ihm hinwiederum vergelten."(Spr. 19. 17.) Allen bisherigen Wohltätern und auch den neuen ein herz- liches Bergelt's Gottl Berlin-Steglitz, am Schmerzens feste Maria. Flensburgerstr. 3/4. Jos. Deitmer, Pfarrer. Gaben werden am besten mittels Postanweisung eingesandt. Porto für Beträge bis 5 M.— 10 Pf., bis 100 M.— 20 Pf. Anweisungsformulare liefert jede Postanstalt unentgeltlich." Eine sonderbare Logik ist es schon, daß deshalb eine Kirche gebaut werden mutz, weil die Verluste der katholischen Kirche ganz gewaltig große sind und beispielsweise von 100 gemischten Ehen nur 10 noch kirchlich katholisch eingesegnet werden.� Jeder ver- nünftig Denkende würde daraus einen entgegengesetzten Schluß ziehen, nämlich den. daß der Kirchen schon viel zu viele vorhanden sind. Das ficht aber unsere Dunkelmänner nicht an: Weil ein passendes Kirchengrundstück unentgeltlich zur Verfügung gestellt ist, muß auch eine Kirche errichtet werden, und um dies zu erreichen, geht wieder der Bettelsack um. Charlottenburg . In der letzte» Mitgliederversammlung der Handels-, Transport- und Verkehrsarbeiter, Ortsverwaltung Charlottenburg, erstattete der Bevollmächtigte Kollege Gebert den Bericht über die letzte Sitzung der Gewerkschaftskommission. Redner nahm namentlich Bezug an; den Beschluß der Gewerkschaftskommission, wonach man eS abgelehnt hat, gegen den Entscheid des Bezirksausschusses zu Potsdam , der die Wahl der Arbeitgeber Prill und Hassel als Beisitzer zum Gewerbegericht nicht anerkannt hat, Einspruch zu erheben. Es sei, meinte Redner, die Entscheidung über die Gültigkeit der Wahl nicht nur für Charlottenburg , sondern für die Gewerbegerichtswahlen von ganz Deutschland von größter Bedeutung. Sämtliche DiskussionS- redner rügten scharf das Verhalten der GewerkschaftSkomnnssion. Es gelangte schließlich folgender Antrag einstimmig zur An- nähme:„Die heute tagende Versammlung der Handels-, Transport- und Verkehrsarbeiter kann sich mit dem Be- schluß der GewcrkschaftSkommission nicht einverstanden erklären und überweist die Angelegenheit der Vertrauensmännersitzung." Ein Antrag, das Mitglied Pontow aus der Organisation auszu- schließen, wurde angenommen. Pontow ist am 1. Mai dem Be- triebe, in dem er beschäftigt war und in dem aus bestimmten Gründen eine Maifeier nicht möglich war, ferngehlieben. Am L.Mai bat er seinen Kollegen erklärt, er sei von der Partei so sehr in An- spruch genommen gelvesen, daß er nicht habe kommen können. Nach- her hat sich aber herausgestellt, daß Pontow bei Ludwig in Treptow als Kellner gearbeitet hat. Zum Schluß wurde auf die am Himmel- fahrtötage stattfindende Herrenpartie aufmerksam gemacht. Treff- Punkt früh S'/z Uhr bei Hacker , Rosinenftr. S. Abmarsch nach dem Zoologischen Garten. Der Vorsitzende gab noch bekannt, daß am 17. Juni das Sommerfest stattfindet und ersuchte, rege an demselben teilzunehmen. Die Freie Bvlksiühne Charlottcnburg veranstaltet heute, Donnerstag, den 17. Mai, eine Ausführung von LessingS „Minna von Barnhelm". Die Vorstellung ist nur für Mitglieder zugänglich._ Serickts- Leitung. Tie Arbeitseinheit des Tages. Der Maler S. war durch Ver- Mittelung des paritätischen Arbeitsnachweises der Malerinnung zu dem Unternehmer Pcschke in Arbeit gekommen. Auf dem Vermitte- lungssckein war vermerkt: Kündigung findet nicht statt. S. wurde eines Morgens entlassen. Er beanspruchte durch Klage beim Ber - liner Gewerbegcricht den vollen Lohn für den Tag, so daß er noch 4,98 Mi. zu erhalten hatte. Außerdem verlangte er eine Termins- cntfchädigung. In der Verhandlung vor der Kanuner 3 am 16. Mai wandte der Beklagte ein, in seinem Betriebe bedeute der Kündigungsausschlutz, daß die Entlassung zu jeder Zeit und Stunde erfolgen könne. Das sollte sein Bruder und Arbeitsleiter bekunden. Ter Zeuge sagte auch aus, er sei an die Arbeitsstelle gekommen, habe S. arbeiten sehen und ihm eingeschärft, daß er ja wisse, Kündi- gung fände nicht statt, er könnte zu jeder Zeit und Stunde ent- lassen werden.— Das Gericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung des Lohnes für den strittigen Tag und zur Zahlung einer Termins- entschädigung von 2 M. Die Kammer ging davon aus, daß trotz der Zeugenaussage anzunehmen sei, daß hier lediglich Kündigungs- ausschluß vereinbart sei, nicht aber eine Vereinbarung vorliege, wonach jede der Vertragsparteien jeden Augenblick beziehungsweise jede Stunde das Verhältnis lösen könnte. Bei einfachem Kündi- gungSausschluß aber sei die Arbeitseinheit nach Annahme� des Ge- werbegericbts der Tag, das heißt, das Arbeitsverhältnis könne mit dem Schlüsse eines jeden Arbeitstages beendet werden. Wer es des Moygens oder im Laufe des Arbeitstages löse, gegen den könnten noch für den fraglichen Tag Entschädigungsansprüche geltend ge- macht werden.— Die Auffassung des GelverbegerichtS deckt sich mit der ständigen gewerbcgerichtlichcn Rechtsprechung. Nachklänge zu dem Kamps zwischen dem Apothekergewerbe und den Krankenkassen bildete ein Privatbeleidigungsprozetz, der gestern unter Vorsitz des Amtsgerichtasseflors Heller vor dem Amts- gericht 1 zur Verhandlung kam. Als Kläger stand Apothekcnbesitzer Dr. Martin Fraenkel dem Redakteur der„Deutschen Kranken- kasscn-Zeitung" Hermann Sydow gegenüber, der von Rechts- anwalt Bahn verteidigt wurde.— Seit längerer Zeit wird in den Apothekerkreisen der Kampf gegen die Krankenkassen geführt, welche gewisse Medikamente und Arzneien direkt von den Grossisten be- ziehen und so die teure:: Preise in der Apotheke umgehen. Dieser Kampf führte zu dem bekannten Apothekenboykott. Während der Kläger Dr. F. in der„Pharm. Ztg." mit aller Energie dafür ein- trat, daß den Krankenkassen das direkte Beziehen von Medikamenten unter Umgehung der Apotheken verboten wurde, vertrat der Be- klagte in seiner Zeitung die Interessen der Krankenkassen und gab auch eine hieraufbezügliche Broschüre heraus. Dieses Werk wurde von dem Kläger Dr. F. einer scharfen Kritik unterworfen, zugleich wurde dem Handelsminister und anderen maßgebenden Behörden das Studium des Buches„empfohlen", da in diesem wiederholt Aufforderungen zu Ungesetzlichkeiten gegen die bestehenden Be- stimmungen über das Apothekergewerbe enthalten seien. In der „Deutschen Krankenkassen-Zeitung" erschien daraufhin eine Er- widerung seitens des Angeklagten, in der er dem Kläger vorwarf, er treibe„juristische Clownscherze". Dies bezog sich auf eine An- zeige, die von einer Apothekervereinigung gegen Sydow tvegen Per- gehen gegen§ 110 St.-G.-B.(Aufforderung zum Ungehorsam gegen das Gesetz) erstattet worden war. Durch diesen Artikel fühlte sich Dr. Fraenkel beleidigt und erstattete Anzeige wegen Beleidigung gegen Sydow. Dieser wiederum erhob Widerklage wegen der Kritik seines Buches. Die von dem Vorsitzende:: eingeleiteten Vergleichs- Verhandlungen scheiterten an dem Widerstand des Klägers. Nach kurzer Beratung wurde der Kläger und auch der Widerbeklagte freigesprochen, da beiden als Vertreter zweier Parteien der Schutz des§ 193 zuzubilligen sei. Vermischtes. Das heftige Unwetter, das in den letzten Tagen verschiedene Länderstrecken im Reiche heim- gesucht hat, hat überall erheblichen Schaden angerichtet. Aus Halber st adt wird unterm 16. Mai berichtet: Gestern abend ging hier ein schweres Unwetter nieder, der untere Stadtteil wurde überschwemmt. Die meisten Felder der ganzen Gegend müssen noch- mals bestellt werden. Im Dorfe Börnecke wurden zwei Mädchen vom Blitz erschlagen. Fast in jedem Dorfe sind Gehöfte beschädigt und viele Gärtnereien vernichtet. E i s e n a ch. 16. Mai. Das Suhl - und Werratol sind über- schwemmt. Die Suhle ist aus den Ufern getreten und hat viele Brücken fortgerissen. Der Bauunternehmer Eckardt und die Gast- Wirtsfrau Vogler wurden vom Blitz erschlagen. Frankfurt a. M, 16. Mai. Tie letzten Gewitter habe» im Maingebiet, im Kinzigtal, im Odenwald und in der Lahngegend großen Schaden angerichtet. Bei Limburg wurde ein Mann vom Blitz erschlagen, desgleichen in Steinau bei Schlüchtern . AuS dem Auslande liegen folgende Nachrichten vor: Prag , 16. Mai. Wöhrend des gestern Nachmittag über die hiesige Gegend hereingebrochenen Unwetters fuhr der Blitz in eine Anzahl von Bahnarbeitern. Zwei Personen wurden getötet, mehrere tödlich verletzt. Pilsen , 16. Mai. In ganz Westböhmen sind schwere Ge- witter niedergegangen, die großen Schaden anrichteten. Im Wall- fahrtsorte Mariarast wurden durch den Blitz zwei Personen getötet. In der ganzen Gegend fiel ein feiner Staubregen, der von den Ausbrüchen des Vesuvs Stromboli herrühren soll. Madrid , 16. Mai. Ein Orkan ist gestern über die Provinz Valencia niedergegangen. Die Ortschaft Lotobonado wurde Plötz- lich vom Wasser überrascht, welches in kurzer Zeit eine Höhe von zwei Metern erreichte. Es gelang den Einwohnern nur mit großer Mühe, die umliegenden Höhenzüge zu erreichen. Die Ernteaussühten sind vernichtet. Viele Häuser sind zerstört worden. Große Kreise zieht, wie aus LudwigShasen gemeldet wird, eine Untersuchung, die gegen zahlreiche Frauen des Stadtteils Friesen- heim wegen Verbrechens im Sinne des 8 218 des Reichsstrafgesetz- buches eingeleitet ist. Auf Grund gefundener Aufzeichnungen sollen gegen 290 Frauen kompromittiert sein. Ein österreichischer Brüsewiv. Zu Reichenberg (Böhmen) stach am Freitagabend in einem Gasthaus der Oberleutnant Reinhardt den Versicherungsagenten Adolf Hiller, einen 56 Jahre alten Mann. Vater von drei unmündigen Kindern, auf eine geradezu bestialische Weise nieder. Hiller erhielt von dem Säbelhelden einige Hiebe über den Kopf und einen Stich in den Unterleib. Der Anlaß zu dieser blutigen unmenschlichen Tat war ganz harmlos. Am Sonn- tag hatten beide einen kleinen Wortwechsel. Sorglos besuchte am Freitag Hiller das Gasthaus� grüßte beim Fortgehen den Ober- lcutnant und als dieser darüber aufgebracht war, sagte Hiller, mit den Händen gestikulierend, daß die Auseinandersetzung am Sonntag doch weiter nichts gewesen sei. Darauf zog der Oberleutnant den Säbel und schlug und stach auf ihn loS. Die blutige Tat des Offiziers rief eine ungeheure Aufregung hervor. In kurzer Zeit waren Hunderte von Menschen am Platze, die in erregten Worten ihrer Entrüstung Ausdruck gaben, besonders als der Mörder im Offizicrsrock abgeführt wurde. Gegen 1 Uhr nachts erschien eine gerichtliche Kommission auf dem Tatort, um einen Lokalaugcn- schein vorzunehmen. Auf dem Fußboden sah man eine große Blut- lache. Die Tischtücher auch der benachbarten Tische waren mit Blut bespritzt. Alles deutete auf den großen Blutverlust hin, den der Versicherungsinspektor erlitten hatte. Eine Wand, welche mit Oel » gemälden geschmückt war, war umgeworfen und einige der Bilder durchgestoßen. Das Befinden des Schwerverletzten gibt zu den größten Besorgnissen Anlaß. Gegen 11 Uhr nachts wurde an ihm eine Operation vorgenommen, doch ist nach dem Ausspruch der Acrzte wenig Aussicht vorhanden, das Leben Hillers zu erhalten. Insbesondere ist es der Stich in den Unterleib, der offenbar edle Teile durchbohrt hat und der das Leben Hillers gefährdet. Ein marokkanischer Massenmörder. Aus Marokko werden Einzelheiten über eine Reihe haarsträubender Verbrechen berichtet. die von einem Flickschuster in Marakkesch verübt worden sind. Die Entdeckung geschah durch Zufall. Vor einigen Tagen fand ein Mann beim Vorübergehen an einem Trödlerladen im Schaufenster die Kleider seiner jungen Tochter, die vor kurzen: verschwunden war. Der Trödler konnte die Frau angeben, die ihm die Kleider verkauft hatte. Diese Frau wurde in dem Laden eines Flickschusters gefunden, mit dem sie zusammen lebte. In dem Läden herrschte ein? dumpfe Atmosphäre. Als man die Lumpen in einer Ecke durchwühlte, fand man einen Frauenkopf, der bereits in Ver- wesung übergegangen war. Taraufhin riß man den Boden des Ladens auf und fand nacheinander 23 Fraucnköpfe. Bei einer weiteren Durchsuchung der Wohnung des Flickschusters wurden noch 16 Frauenköpse entdeckt. Es wurde nunmehr festgestellt, daß mehrere junge Mädchen ermordet wurden, die bei dem Flickschuster kleinere Reparaturen vornehmen ließen.' Die meisten der Opfer aber waren junge, leichtfertige Mädchen, die von der Frau dem Flickschuster zugeführt wurden unter der verlockenden Vorspiege- lung, der Mann sei kein Flickschuster, sondern in Wahrheit ein reicher Bankier. Sie versprach den Mädchen reiche Geschenke. Auf diese Art gelang eS ihr. viele junge Mädchen in die Wohnung des Flickschusters zu locken, der sie alle der Reihe nach ermordete und beraubte. Die Leichen wurden zerstückelt und versteckt, kiiie Frau verkaufte unter der Hand die Habe der Unglücklichen. Ter Flick- schuster gab vor Gericht an, er hätte die jungen Mädchen aus Empörung über ihren schlechten Lebenswandel ermordet, und ver- suchte seine Mordtaten mit einer Art moralischen Fanatismus zu decken. Die Bevölkerung von Marrakkefch, die sich in der größten Auf- regung befindet, glaubt, daß die Zahl der Opfer noch weit großer fei. Nachdem das Gericht den Missetäter zum Tode verurteilt hatte, wurde er dem Volke übergeben, das ihn ans Kreuz heftete. eingegangene Druehrcbriftai. Dr. R. Penzig. 1. Laienpredigten von neuem Menschentum. S. DaS Recht auf Mutze. 11 Seiten. Preis 30 Pf. Verlag für ethisch« Kultur, verlin 8\V, 48. . 17. JahreS- und Kassenbericht der Berliner Gewerkschaftslommisston und Bericht des Arbeiter-SekretariatS Berlin « pro 1S0S. 142 Seiten. Berlag der Gewerkschasiskommisfion Berlin . Wasser«., nt> an: 15. Mai. Elbe bei Aussig+ 0,18 Meter, bei Dresden— 1,23 Meier, bei Magdeburg -f 1,23 Meier.— U» st r u t bei Strautzjurt+ 1,35 Meier.— Oder bei Ratibor 4- 1,66 Meter, bei Breslau Oberpegel-f 5,06 Meter, bei Breslau Unterpegel— 0,SS Meter, bei Frantsurt st- 1,48 Meter.— Weichsel bei Brahemünde + 3,04 Meter.— Warthe bei Pose»+ 0,62 Meter.
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