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für We Liehcllifuhr völlig einverstanden sind, doch bedarf diese Forderung besonders in Anbetracht der unverschämten Preis- Politik der Schlächterinnungen eine Ergänzung: zugleich mit der Grenzsperre für die Einfuhr von lebendem Vieh mühten auch dieZülle und Einfuhrbeschrän­kungen für frisches und gepökeltes Fleisch sowie das Einfuhrverbot für Wurst waren fallen. Tie Wchrsteuer! Die nationalliberale Partei des Reichstages hat zur Neichsfinanzreform folgende Resolution ein- gebracht: Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstag alsbald eine» Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen den vom Militär- dien st Befreiten die Zahlung einer einmaligen, eventuell in Raten zu entrichtenden Abgabe nach Maßgabe der L e i st n n g S s ä h i g t e i l auserlegt wirb, Es ist bezeichnend, datz gerade die Partei der Reichsten der Reichen eine Wehrfteuer fordert, durch die dem Proletariate neue schwere Steuerlasten auferlegt werden sollen I ReichStagSdiiite». Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung die Gesetzentwürfe betr, die Aenderung der Artikel 28 und 32 der Reichsverfassung und die Gewährung einer Entschädigung an die Mitglieder dcS Reichstages nach den Beschlüssen des Reichstages angenommen. Bon der sächsischen Justiz. Mitten im Streik der mitteldeutschen Bergleute wurde bekanntlich vor einigen Wochen der Genosse Pokorny wegen Beleidigung einiger Zechenbesitzer vom Schöffen­gericht zu Stollberg   zu der horrenden Strafe von 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Vor einigen Tage» kam die Sache vor die Berusungsstrafkammer des Chemnitzer   Landgerichts, Der Tatbestand ist folgender: Am 19, November 199ö wurden im Lugau-Oelsnitzer Kohtenbezirk wie im Zwickauer   Bergarbeiterversammlungen abgehalten. lieber die in Niederwürschnitz   abgehaltene Versammlung brachten die Chemnitzer Neuesten Nachrichten" einen Bericht, in dem u, a. ge- schrieben war:Pokorny kam noch auf den KönigSbesnch in Zwickau  zu sprechen, wo dem Monarchen im Wilhelmschacht sogenannte Potemkinsche Dörfer vorgeführt worden seien. Die Bergherren hätten ihren König also belchwindelt und betrogen." Unter Hinweis auf diesen Bericht stellten die Vorstandsmitglieder des Wilhelm- schachtes Schmidt und Wächter und der Vorfitzende deS AufsichtSrates des Werkes, Roller, Strafantrag. P, bestritt, sich im Sinne der Anklage geäußert zu haben. Es wurden die Zeugenaussagen vor dem Schöffengericht verlesen. Die belastendste ist die des Redakteurs F i ck e r derNeuesten Nachrichten", Nach dem Protokoll hat er aufrecht erhalten, was er in seinem Bericht geschrieben. Er habe sich stenographische Notizen gemacht, und die betreffenden Aeuherungeu im Bericht verwendet. Auch der Vorsitzende aus jener Versammlung wurde vernommen. Dieser hat die Aeußerungen nicht vernommen, obwohl P, neben ihm gestanden hatte, als er sprach. Ein löuigstreuer Knappe gab als Zeuge an, daß er diese Aeußerungen nicht gehört und auch einen solchen Sinn aus dem Vortrage nicht herausgehört habe. Sämtliche königstreue Knappen, die in der Versammlung gewesen, hätten für die vorgeschlagenen Maßnahmen mit gestimmt, und auf dem Nach- Hausewege Kälten sie das Referat Pokornhs gelobt ob seiner Snch- lichkeit und Trefflichkeit. Das� Landgericht trat im Kernpunkte dem schöffengerichtlichen Urteil bei. Es erachtete als erwiesen, daß P, die Aeußerungen getan und damit den Beamten des Wilhelmschachtes vorgeworfen habe, daß fie den König getäuscht hätten. Dadurch aber habe er die Beamten verächtlich gemacht. Da er schon zehn Vorstrafen wegen Beleidigung erlitten, sei eine empsindliche Strafe am Platze, zu- mal P. nicht der Schutz des ß 193 zugebilligt werden könne. Aber das fchöffengerichtliche Urteil gehe bezüglich der Strafzumessung zu hoch. Zwei Monate Gefängnis erachtete das Gericht als ausreichende Sühne.. Kosakenwirtschaft an der preußisch-russische» Grenze. Wie oberschlesische Blätter aus Kattowitz   zu berichten wissen, ist am 11. Mai der preußische Grenzbeamte Bache   aus Eichenau   jKlein- Dombrowka) auf einem Patrouilleimang, den er in Begleitung mehrerer Einwohner unternahm, 100 Meter von der russischen Grenze entfernt, von einem russischen Grenzsoldaten in die linke Seile des Beckens geschossen worden. Bache   ist lebensgefährlich verletzt. Die Begleiter Baches sahen deutlich, wie der Russe auf Bache   anlegte, nahmen aber an. baß er nur einen Scherz machen wolle. Dies ist bereits die dutzendste Bluttat innerhalb des letzten Jahres. Wie viele Fälle mögen indes unbekannt geblieben sein, iveil es sich um arme Teufel handelte, deren Leben für die kapitalistische Gesell- schaft keinen Wert hatte! Gegen die ReichstagSdiäten sollen nach einer Mitteilung im Leipz. Tagebl." die Vertreter des Königreichs Sachsen und einiger anderer Staaten im Bundesrate gestimmt haben. Wie es heißt, war die sächsische Regierung von jeher Gegnerin der ReichStagsdiären und sie hat»hren ablehnenden Stand- Punkt auch in der Neuzeit eingehalten. Deimling Nachfolger Trothas. ImTag" lesen wir: Wie wir mitteilen können, steht die Ge- nehmigung des vom GeneralleuMant v. Trotha eingereichten Ab- schiedsgesucheß unmittelbar bevor. Daß Kommando über die Schutztnippe in Siidwestafrika wird Oberst v. Deimling über- tragen werden. Mit der Vertretung des erkrankten und beurlaubten Obersten   Obnesorge beim Oberkommando der Schutztruppen ist Major Ouaoe vom Generalstabe beauftragt worden und es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß er der Nachfolger des Obersten Ohnesorge wird, falls dieser seine bisherige Tättgleit nicht wieder aufnehmen kann. So werden in Zukunft an den genannten, so überaus wichtigen Stellen Offizteke stehen, welche die Verhältnisse in unseren Kolonien aus eigener Anschauung und Kriegserfahrung kennen. Optimisten konnten glauben, daß die Gefangennahme Maren gas das Ende des slldwestafrilanischen Kriegsabenteuers bedeute. Die Entsendung Deimlings läßt aber keineswegs auf die Absichten der Regierung schließen, dem so ungeheuer kostspieligen Abenteuer nunmehr ein Ende zu machen. Die halbe Milliarde soll erst voll gemacht werden! HuölancU Schweiz  . Eine polizeiliche Gummischlauch-Affäro vom Züricher   KantonSrat. Zürich  , 15. Mai. fEig. Ber.) Im Züricher KantonSrat kam gestern eine Jnterpellatton der sozialdemokratischen Fraktion betreffend die Mißhandlung des Ber- lsnerAnarchisten" Johannes Holzmann   im Gefängnis durch den Polizeioberleutnant Locher zur Verhaildliuig. Der schon zweimal auS Zürich   und der Schweiz   ausgewiesene Holzmann war kürzlich wieder in Zürich   aufgetaucht und wieder verhaftet worden. Im Gefängnis wurden der inzwischen nach Straßburg   ausgelieferte Polizetkommissar Stephany. seine Frau und der Rechtsanwalt Dr. Farbstein zufällig Zeugen, wie Locher den Holzmann in der Zelle mit einem Gummi- schlauch schwer mißhandelte, worauf Frau Stephany mit ihrer SiamenSnntersthrist die Affäre imBollsrecht' veröffentlichte. Die Behörden schwiegen zunächst darüber, und ein Teil der Bürgerlichen gönnte dem Anarchisten die Hißhandlung. Endlich gab der offizielle Polizeibericht die Tatsache der Mißhandlung zu. Im KantonSrat begründete unser Genosse Kaufmann die Interpellation, indem er den viehischen Roheitsakt auf das schärfste verurteilte und die Abschaffung des Gummischlauchs in der Polizei- kaserne sowie die Entlassung deS Prügelhelden forderte. Die Antwort gab der dem Polizeioberleutnant geistesverwandte Justtzdtreltor Kögels, der die Roheil damit zu entichuldigen versuchte, bah Holzmann die PolizeibeamtenSchurken" und Locher insbesondere einenfeigen Schurken" genannt habe. Er sei nur einige Minuten gezüchtigt worden. Die Sache wäre aber nicht gefährlich und man solle sie daher nicht übertreiben, zumal da der prügelnde Polizeibeamte einen Verweis erhalten habe. Damit sei dieserDisziplinarhandel" wohl erledigt. Von dieser fast schnodderig zu nennenden Antwort war der Interpellant natürlich nicht befriedigt. Es gab noch eine lebhafte Debatte. an der sich unsere Genossen Dr. F a r b st e i n. S i g g. Greulich und P f l ü g e r beteiligten. Damit war der Fall vor- läufig erledigt. In der nächsten, auf den 18. Juni anberaumten Sitzung des Kantonrats kommt die Interpellation der sozialdemokratischen Fraktion, betrosiend die Affäre des UnivcrsitätS-Dozenten Dr. Gold- stein zur Behandlung, in der Locher- Bater al« gewesener Er- ziehungsdirektor die unrühmliche Rolle spielt. Geschehen wird ihm so wenig wie seinem Sohne, im Gegenteil haben sie durch ihre brutale Schneidigkeil ihre Stellungen nur befestgt. Frankreich  . Der 33. sozialistische Deputierte. Paris  , 15. Mai.<Eig. Ber.) Bei der Deputicrtenwahl in Guyana   wurde Genosse Franeonie. Mitglied der geeinigten Partei, gewählt. Der bisherige radikal- sozialistische Vertreter blieb in der Minderheit.   Interessant ist. daß auch die Kolonie Guadeloupe   zwei Sozialisten allerdings sehr fragwürdige Sozialisten von derparlamentarischen" Partei in die Kammer gesendet hat. Gerault-Richard   schlug dort den Gemäßigten Gerville-Reache. Seinen frühere» Wahlkreis hatte er dem bekannten Neger Legitimus abgetreten, der ehemals als Deputierter dem guesdistischen Flügel der Partei angehört hat. Auch Legitimus siegte. Die Wahllampagne in Guadeloupe   ist im ärgsten Wild- West- Stil geführt worden. Von einer wirklich sozialistisweii Propaganda war nicht die Rede. Güranlt-Richard war geradezu der Kandidat der reichen Pflanzer, und die Neger wurden für ihn zur Urne getrieben. England. Das Parlament, die Polizei und die persönliche Freiheit. London  , 15. Mai.  (Eig. Ber.) Diejenigen Deutschen  , die nicht begreifen können, warum die Engländer so stolz auf ihr Vaterland sind und warum es so schwierig ist, eine revolutionäre Bewegung in England ins Leben zu rufen, haben jetzt Gelegenheit, eine der Ursachen dieser Erscheinungen kennen zu lernen. Im Parlament fand gestern eine scharfe Auseinander- sehung zwischen Abgeordneten und Ministern statt, und zwar über folgendes Vorkommnis: In der Nacht zum 24. April wurde eine französische Frau zwischen 11 und 12 Uhr in Regent Street verhaftet, da sie nach den Angaben von drei Polizisten unsittliche Anträge an Männer gestellt hatte. Die Polizei behauptet, die Frau sei seit einigen Monaten beobachtet und als Stratzendirne be- funden worden� sie spaziere in Regent Street ans und ab ganz allein, spät in der Nacht, und sie spreche Männer an. Vor den Polizeirichter gebracht, bestritt die Frau die An- gaben der Polizei. Ihr Mann, der sich im Zuschauerraum aufhielt, intervenierte von seinem Platze auS und verlangte, sofort vernonimcn zu werden. Der Richter kam dieiem Wunsche nach. Mann und Frau erhoben nun schwere Vor- würfe gegen die Polizei, so daß der Richter die Verhandlung vertagte, um der Angeklagten Gelegenheit zu geben, weitere Zeugen zu bringen. Bei der nächsten Verhandlung wurde die Frau breigesprochen, aber der Richter meinte, daß sie durch ihr Benehmen sich verdächtig gemacht und� dex Polizei den Anlaß zum Einschreiten gegeben habe. Diese Erklärung des Richters hat großes Aufsehen er- regt, und nicht weniger als acht Parlamentsabgeordnete kündigten an, sie würden den Premierminister und den Minister des Innern interpellieren, da die persönliche Freiheit vonseiten der Polizei und der Richter bedroht sei: Das Publikum sei der Ansicht, daß die Französin zu Unrecht ihrer Freiheit beraubt worden und daß es die Pflicht und Schul- digkeit des Richters gewesen wäre, die Polizei scharf zu tadeln und die freigesprochene Frau in respektvollster Weise um Entschuldigung zu bitten. Unter den acht Abgeordneten befanden sich Arbeiter. Liberale und Konservative, so daß nian von einem allgemeinen Wunsche Englands sprechen darf, die persönliche Freiheit auch der geringsten und verdächtigsten Person- strengstens zu achten. Als Resultat der Interpellationen soll eine königliche Kommission eingesetzt werden, um die Methoden zu unter- suchen, deren sich die Polizei bei Beobachtungen und Verhaf- tungen bedient. Aber schon die scharfe Verurteilung, die die Polizei und der Richter im Parlamente gefunden haben, wird sie i» ihrem Vorgehen künftig vorsichtiger machen. Gibt es noch ein Land in Europa  , wo sich ein Volk und ein Parlament aufgeregt hätten über die Verhaftung einer sich verdächtig machenden Ausländerin und über einen Richter, der es unterließ, sich bei dieser Ausländerin zu entschuldigen? Man müßte einmal einen preußischen Junker als Minister des Innern bei der Beantwortung einer solchen Jnterpellatton reden hören! Japan  . Ein sszlaltstischer Erfolg. Die Elektrische Straßenvahngesellschaft von Tokio   hatte, wie das Parteiorgan der japanischen Sozialisten,Hikart", mittollt, den Ber  - such unternommen, die Fahrpreise heraufzuschranben. Eine ent- sprechende Petition lag dem Ministerium vor, und diese wäre höchst- wahrscheinlich auch im Sinne der Gesellschaft beantwortet worden. Da griffen unsere Genossen ein. Sie machten sich nach besten Kräften den Umstand zunutz», daß die Regierung im März diese« Jahres auch den Sozialisten das Recht zugestanden hat, sich zu einer Partei zusammenzuschließen. Versammlungen abzuhalten und von der Redefreiheit Gebrauch zu machen. Si« veranstalteten große Demonstrationsversanmllungen. klärten die Bevölkerung auf und die Protestbewegung Irnichs so sehr, daß der Minister des Innern sich veranlaßt sah, den Anträgen der Gesellschaft nicht stattzugeben. Der moralische Einfluß unserer Genosien ist durch diese geschickt durchgeführte Bewegung stark gewachsen! die Bevölkerung hat gesehen, daß die Sozialisten es sind, die für die Interessen der Allgemeinheit gegen die Klique der Großkap, talisten eintreten. kommunales. Staittverordneten-Versammlnng. 21, Sitzung vom Donnerstag, den 17. Mai. nachmittag« 5 Uhr. Der Borsteher Dr. Langerhan« eröffnet die Sitzung nach '-HS Uhr mit ehrenden Worten de» Nachrufs für den am 13. d- M- an den Folgen de« am letzten Donnerstag erlittenen Schlaganfalles au« dem Leben geschiedenen Stadtschulrats Dr. Gersienberg. Er erwähnt besonders das organisatorische Talent, den Fleiß und die Umsicht, die de» Dahingegangenen auszeichneten und die ihm das große Werk der obligatorischen Fortbildungsschulit dflS St fait. voltzpidet hat. durchzuführen ermögijch�L, Für die Vorbereitung der Neuwahl einen Ausschuß einzusetzeff, wird sofort beschlossen, und zwar soll damit der bereits bestehende Ausschuß für die Neuwahl eines unbesoldeten Stadtrats betraut werden. Auch des Ablebens des früheren Stadtverordneten Lüben (Fr. Fr.) gebeult der Vorsteher mit einigen warmen Worten. Zur Beratung gelangt nunmehr endlich der seit Januar er. der Versammlung vorliegende Entwurf einer Grund st euer. o r d n u n g nach dem Maßstabe des gemeinen Wertes und einer revidierten Umsatz st euerordnung unter Ein- führung einer.Wertzuwachs st euer. Stadtv. Heimann(Soz.) i'Wir haben die Vorlage mit Freuden begrüßt als einen Erfolg der Bestrebungen, die wir seit 1390 und länger beharrlich verfolgt haben. Im Jahre 1890 wurde ein be- züglicher Antrag abgelehnt und zahlreiche ihm folgende Anträge erlitten dasselbe Schicksal. Nach 1902 haben Stadtrat TourbiS und Magistratsrat Hainburger   Gutachten abgegeben, welche sich scharf gegen diese Steuer aussprachen. Die Steuernsuche, die dann in- szeniert wurde, hat zur Annahme unseres Antrages geführt, und es steht zu erwarten, daß der erste Teil der Vorlage jetzt zur Annahme gelangen wird. Den zweiten Teil betreffend, kommt wesentlich nur die Wertzuwachs st euer in Betracht. Ich gab 1900/1901 eine erste Anregung dazu, die aber schon im Ausschuh auf steinigen Boden fiel; jetzt kommt der Magistrat aus freien Stücken damit. In der Grundbesitzerpresse ist nun über unsere heutige Versammlung zu lesen, daß nicht bloß der Grundbesitz Ber. lins, sondern, ganz Deutschland   und die ganze gebildete Welt mit Spannung die Entscheidung der Versammlung erwartet.(Große Heiterkeit.) Es ist da von wüster Agitation und von der Mög- lichkeit die Rede, daß eine der festesten Basen unserer Staats- und Gesellschaftsordnung zu zertrümmern der Sozialdemokratie ge- lingen werde,(Rufe: Hu, Hui und große Heiterkeit). Jgner- halb der Anhängerschaft der heuligen Wirtschaftsordnung bricht sich allerdings die Anschauung erst ganz langsam Bahn, daß die Ge- sellschaft ein Anrecht auf den Gewinn hat, die sie selbst erzeugt. Nun sagt man, wenn der Konjunkturgewinn an Grund und Boden besteuert wird, muß jeder derartige Konjunkturgewinn besteuert werden. So auch die Aeltesten der Kausmannschast in ihrer Protest­schrist gegen die Steuer. W i r finden diese Theorie vollkommen richtig und haben nichts dagegen einzuwenden, wenn sie überall in die Praxis übergeführt wird. Nur ist die Sache nicht so ein» fach; bei den meisten anderen Konjunkturgewinnen bestehen auch noch erhebliche Unterschiede gegenüber denen beim Grundbesitz, weil dort großen Gewinnen große Verluste gegenüberstehen. während der Grundbesitz immer nur gewinnen kann,(Große Heiterkeit.) Die Existenz des Grundbesitzers selbst ist sist: die Schaffung des Wertzuwachses doch absolut gleichgültig! der Grund- besitz steigert sich in seinem Werte, ohne daß der Besitzer auch nur den klonen Finger zu rühren braucht.(Lärm und Gelächter.) Das Parasitentum im Grundbesitz ist daher auch weit überwiegender als im sonstigen Kapital. Im einzelnen vermisse ich das sehr wichtige Erfordernis einer Steigerung der Steuersätze, kombiniert aus der Höhe des Wertzuwachses und der Länge der Zeit, in der sie entstanden ist. Die Vorlage schreibt nämlich im Gegenteil vor, daß die Normalsteuersätze, hie sie selbst festsetzt, nur in wenigen Fälle» zur Erhebung kommen sollen, so daß von 50 Proz. Eigen, tumswechseln nur ein Drittel, 25 Proz, nur zwei Drittel und nur 25 Proz. den vollen Satz zu tragen haben sollen. Die Vorlage schont den älteren Besitz in durchaus ungerechtfertigter Weise. Der Berliner Magistrat wird damit die gleiche Erfahrung machen, wie man sie in Frankfurt   gemacht hat, und es besteht daher die Hoff» nung, daß seinerzeit dieser Fehler hier wieder gut gemacht werden wird. Die Wertzuwachssteuer führt dem Stadtsäckcl wenigstens einen kleinen Teil dessen zu, was eigentlich voll der Kommuno ge- hört, dann hofft man auch dadurch die Grundstücksspekulation ein» zudämmen. Die Befürchtung, daß die Steuer diesen Zweck nicht erreichen könne, weil die Grundbesitzer sie doch wieder abwälzen würden und bloß eine Mietssteigerung die Folge sein würde, liegt näch meiner Meinung nicht vor. Ich glaube nicht, daß diese Steuer überwälzt werden kann. Leider ist di« Borlage ganz ungeeignet, al« Mittel für eine Wohnungsreform zu dienen, dazu sind die vorgesehenen Steuersätze viel zu niedrig, auch wirken einige Epezial» bestimmungen des Entwurfs direkt diesem Zweck entgegen, indem sie den Grundstücksspekulanten eine Ausnahmestellung gegenüber allen sonstigen Spekulanten gewähren. Das Objekt, der Grund und Boden, ist ja eine Monopolware! außerdem wird dem Speku- lauten zugesichert, daß er den früheren Erwerbspreis und 4 Proz. Zinsen unter allen Umständen steuerfrei behält. Damit wird gerade das Gegenteil von einer richtig ausgestalteten ZuwachSstsu« er­reicht. In Bremen   hat man ja sogar 5 Proz. Zinsen steuerfrei ver- langt und auch die Zinseszinsen; die Mehrheit des Bürgerausschusses hat diese Anschauung aber von sich gewiesen. Di» allgemeinen Em- wände gegen die Wertzuwachssteuer in der Oesfentlichkeit gehen zunächst davon aus, daß die Auflegung zu Härten führen werde. Gerade bei dieser Wertzuwachssteuer ist aber keine Härte zu fürchten: wo kein Wertzuwachs, da auch keine Steuer. Die Pe- tition der Aeltesten der Kaufmannschaft übertreibt in dieser Be- ziehung in unglaublicher Weise. Dann heißt es, der Grundbesitz sei schon so überlastet/daß er unter dieser neue» Last zusammen- brechen muß. Da wird ebenso maßlos ubertrieben: in Köln  , heißt es. erzeuge jeder Grundstückswcchsel zw»' Sozialdemokraten. (Stürmische Hciterkett.) Gewiß gibt es in Berlin   HauSbescher, denen nicht ein Ziegelstein auf dem Dache gehört; solche Männer mögen i» Schwierigkeiten kommen, wenn eine Wohnung leer steht und sie nicht wissen, wo sie die HypothekenzinsoN herbekommen sollen! damit ist doch aber nichts gegen die Lage des Grundbesitzes in Berlin   gesagt, die eine geradezu glänzende ist. Ferner wird ge- sagt, der Grundbesitz gelte alles, was die Kommune ihm leistet, völlig und sogar über die Gebühr ab.(Stadtv. Wallach: Sehr richtig!) Sehr unrichtig, keine Aufwendung städtischer Mittel gibt es, die nicht unmittelbar oder mjrtelbar dem Grundbesitz zugute kommt. Andererseits verlangt man, daß die Kummunen, wenn sie von dem Wertzuwachs etwas haben wollen, auch aufkommen müssen, für jede Wertminderung.(Sehr richtig!) Ich möchte sehen, wie sich der preußische Fiskus zu einer analogen Forderung verhalten würde! Wir wissen doch auch, was die Grundbesitzer von der Stadt fordern, wenn sie deren Grundstücke braucht, um Vsrkehrsverbessc- rungen durchzuführen, die jenen unbedingt zugute kommen müssen l Hier wird die Wertzulvachssteuer als ei» kleiner Ersatz für die Unzulänglichkeit des Kommunalabgabengesetzes wirken. Endlich wird die Behauptung aufgestellt, Berlin   habe den Terraingescll. schaften und Grundstücksspekulanten zu danken, nicht aber deren Tätigkeit zu erschweren. Eine große Berliner Tageszeitung hat sich sogar zu dem Ausspruch verstiegen, daß ohne diese Gesellschaften Berlin   mit Vororten nie zur heutigen Entwickolung gelangt wäre. Das geht mir einfach nicht in den Kopf. Eine verständige kom- munale Bodenpolitik hätte diese Resultate auch gezeitigt, ohne unS die großen Schäden dieser Spekulantengesellschaften zuzufügen. welche in der Hauptsache bloß Tochtergesellschaften unserer Groß- bapken sind und das gesamte umgebende Land der großen Städte in ihren Fingern mit eiserner Kraft festhalten. Was eins gesunde Spekulation ist und wo die ungesunde Spekulation anfängt, habe ich noch nicht herausfinden könne» für uns ist j e d» Grundstück«- spekulation ungesund und schädlich. Der Ausschuß wird ja eine schwierige Arbeit haben, namentlich wenn er verhindern will, daß das Kapital durch die Maschen der Steuerordnung durchschlüpft. Da« Schicksal der Vorlage ist jfa recht zweifelhaft; peschlossen sind nur wir und die Sozialfortschrittlichen dafür; der Magistrat wird sich also unsere Unterstützung gefallen lassen müssen, so schwül ihm dabei auch manchmal werde» mag.(Lobhafter Beifall.) Stadtv. Kämpf(A, Lj! Die Bs denken des größten Teils meiner Freunde gegen die Vorsage sind seit Januar nur noch ge- stiegen. Di« Besteuerung nach dem gemeinen Wert ist populär, aber sehr häufig wird fchtewr gar nicht festzustellen sein. Die Wertzulvachssteuer ist al» rechtsbeständig überhaupt noch nicht un- zweifelhaft anerkannt. Abgesehen davon überwiegen die Bedenken jftüNpvUlijchcr und wirtschastlcher Astux, Die Wertzuwachssteuer