Wilmersdorf.Ein tSdlicher Unglücksfall ereignete sich gestern öoMittag aufder Charlottenburger Chaussee. Der etwa ISjährige LehrlingWalter Kose aus Wilmersdorf fuhr dort mit seinem Zweirade gegeneinen Arbeitswagen und stürzte dabei zu Boden. Er zog sich eineso schwere Verletzung gm Kvpfe zu. dgtz er bgld darauf starb,Friedenau.Die Protestversammlung am Dienstag war von 150 Personenbesucht, vor denen Genosse Dr. Zadel an der Hand drastischer Bei.spiele die Vermuckerung der Volksschule zeigte. Eine Diskussionüber den mit grotzem Beifall aufgenommenen Vortrag fand nichtstatt. Es gelangte hierauf die Resolution zur einstimmigen An-nähme.Rummelsburg.Verkauft für ein Linsengericht. In der letzten nicht öffentlichenGemeindevertretersttzung haben es die bürgerlichen Vertreter unterFührung des Gemeindevorstehers Dr. Hahn fertig gebracht, dieStraßen der Gemeinde Rummelsburg der Großen Berliner Straßen-bahn gegen ein Trinkgeld für ein ganzes Jahrhundert auszuliefern.Dadurch daß die Annahme dieses Vertrages hinter verschlossenenTüren vor sich ging, gaben die bürgerlichen Vertreter zu erkennen,daß sie sich ihrer Rücksichtslosigkeit um die Allgemeininteressenwohl bewußt waren. Alle Hinweise unserer Vertreter, daßman es der Bürgerschaft schuldig sei, die Beratungen über eineso äußerst wichtige und für die Zukunft der Gemeinde von so großerBedeutung seiende Angelegenheit in aller Oeffentlichkeit stattfinden zulassen, wurden mitStillschweigen angehört. Der Rechtsanwalt Bernhardyführte an. daß nach seiner Auffassung der Wille und die Meinung derBürgerschaft für einen Gemeindevertreter nichts gelte. DieseMißachtung der ganzen Bürgerschaft kann nicht weiter Wundernehmen, wenn man weiß, daß der Herr ernannter Gemeindevertreterder ersten Klasse ist, welche bei 8 Wählern 8 Gemeindevertreter zuernennen hat. Der Bürgermeister gab nun bekannt, daß er nochmalsmit der Großen Berliner verhandelt habe, dieselbe aber nicht zu be-wegen sei— auf wesentliche Aenderungen des vorliegenden Ver-träges einzugehen. Zugestanden habe die Große Berliner, die Bahnnicht erst nach zwei Jahren von der Schlichtallee bis zur Friedrichs-felder Weichbildgrenze weiterzuführen, sondern dies sofort bei Er-öffnung des Betriebes zu tun. Eine Gebühr für diese Strecke will dieGroße Berliner dann aber erst nach 13 Jahren nach Betriebseröffnung,und nicht nach sechs Jahren, wie der Vertrag jetzt vorsieht, zahlen.Weiter ist die Gesellschaft damit einverstanden, daß wenn die StadtBerlin eine Bahn nach oder durch Rummelsburg führt, die Ge»meinde Rummelsburg die Ausfälle, welche die Große Berlinerdurch die etwaige Verkehrsentziehung dann haben würde, nurdurch den Erlaß der Gebühren, welche die Große Berlinerfür die Bemltzung der Straßen an die Gemeinde Rummelsburg zuzahlen hat, entschädigt. Der Vertrag sah erst die volle unbestimmteEntschädigung der Gemeinde an die Große Berliner vor. Die jetzt vor-gesehene Entschädigung würde etwa den Betrag von 15 000 M. ausmachen. Unsere Vertreter predigten tauben Ohren, als sie nachwiesen,daß einzelne schwerwiegende Paragraphen bei ihrer Annahme dieInteressen der Gemeinde auf fast 100 Jahre schädigen würden.(Die betreffenden Paragraphen sind bereits in Nr. 106 des.Vorwärts"näher behandelt.) Der Bürgermeister, der mit Ausnahme von einpaar kleinen nebensächlichen Ausführungen nur allein gegen dieAusführungen unserer Genossen sprach, gab sich zwar die größteMühe, seine und seiner Kumpane Handlungsweise zu entschuldigen,was ihm jedoch nicht gelang— ihm dabei aber folgendes Malheurpassierte: Genosse John hatte bei seinen Ausführungen be-sonderes Gewicht darauf gelegt, daß die Gemeinde Rummels-bürg sich das Recht der Mitbenutzung der Gleise derGroßen Berliner vorbehalten soll, wie dies die Stadt Berlingegenüber der Großen Berliner getan. Hierauf antwortete derBürgermeister— von Beruf Jurist— daß dies nicht notwendig sei,da auf Grund des Kleinbahngesetzes die Große Berliner verpflichtetwäre, jedem Unternehmer die Mitbenutzung ihrer Gleise bis aufeine Strecke von 400 Meter zu gestatten. Als Genosse John dieseVerpflichtung der Großen Berliner bezweifelte und um Verlesungder betreffenden Paragraphen aus dem Kleinbahngesetz ersuchte, daschränkte der Herr Gemeindevorsteher seine Behauptung dahin ein,daß er glaubt— dies stände im Kleinbahngesetz. Obdie Große Berliner auf Grund dieses Glaubens später bereitsein wird, der Gemeinde die Mitbenutzung ihrer Gleise zu gestatten??Sehr bezeichnend für die Rummelsburger Gemeindevertretung ist esauch, daß die Annahme dieses schwerwiegenden Vertrages in derGenleindevertretersitzung nur noch eine formelle war. Die bürger-lichen Vertreter und Schöffen hatten sich bereits vorher ineiner geheimen Sitzung geeinigt, den vorgelegten Vertrag unterallen Umständelt anzunehmen. ES ist vorgekommen, daßein bürgerlicher Vertreter, der die öffentliche Erklärung abgab,gegen einen solchen Vertrag zu stimmen, vom Gemeinde-Vorsteher in letzter Stunde geladen wurde, um ihn noch zu bearbeiten.Als Genosse John diese beschämende Handlungsweise in gebührenderWeise geißelte, schwieg man sich aus. Schließlich wurde der Bertragmit den 17 Stimmen, die bereits in der geheimen Besprechung derbürgerlichen Vertreter festgestellt waren, angenommen. Von denbürgerlichen Vertretern stimmten nur die Herren Werther und Klug-mann dagegen.Köpenick.Eine harmlose Aufklärung hat das Verschwinden des Arbeiters A.aus Köpenick gefunden, der, wie bereits gemeldet, die sechsjährigeTochter seiner Wirtin entführt hatte. A. war mit seiner Wirtin ver-lobt, hatte jedoch mit derselben einen Zwist gehabt und sich deswegenmit dem Kinde heimlich entfernt, welches er zu Verwandten nachWriczen brachte. Von dort aus gab er der Mutter des MädchensMitteilung, worauf die Witwe nach Wriezen fuhr, woselbst sich dasBrautpaar wieder aussöhnte.Tegel.Ei» tragischer Nnglücksfall ereignete sich in Tegel. Die fünf-jährige Tochter des Schiffseigners Kuhlicke aus der Ackerstr. 85 ausBerlin, dessen Zille zurzeit am Tegeler See vor Anker liegt, warmit ihrem 2'/z Jahre alten Schwesterchen am Mühlenfließ spazierengegangen. Das Kind wagte sich beim Blumenpflücken zu nahe andas Gewässer heran und stürzte in den Fluß. Als die Jüngere sah,daß die Schwester ins Wasser gestürzt war, eilte sie zu der Mutter.Diese lief sofort nach der Unfallstelle und es gelang ihr auchschließlich, ihr Kind, das bereits mit dem Tode rang, aus demWasser zu ziehen. Leider war es jedoch zu spät, denn vergeblichbemühten sich zwei hinzugerufene Aerzte, die Kleine am Leben zuerhalten. Die Leiche wurde nach der FriedhofShalle gebracht.Waidmannslnst.In der lebten Wahlvereinsversammlung erstattete GenosseDentzer Bericht über die Konferenz der Gcmeindevertreter Groß-Berlins. Die hierauf vorgenommene Ersatzwahl des zweiten Vor-sitzenden entfiel einstimmig auf den Genossen Ouade. Derselbesprach des längeren über die verflossene Maifeier und brachte zurSprache, daß ein organisierter Genosse und zugleich Vorstandsmit-glied des Nieder-Barnimer Kreiswahlvereins am 1. Mai bei Borsiggearbeitet habe. Es wird deshalb beantragt, denselben aus derPartei auszuschließen. Zum Schluß wurde aufgefordert, für dasan, 2. Pfingstfeiertag in Waidmannslust stattfindende Frühkonzertlebhaft zu agitieren.Spandau.Die Protestversammlung am Dienstag war von zirka 1000 Per-sonen besucht. Vor Eintritt in die Tagesordnung gab der Vor-sitzende. Genosse Pieper, bekannt, daß der Genosse Paul Schwarzerplötzlich verstorben ist. worauf sich die Versammelten von denPlätzen erhoben.„Gegen Polizeigewalt" lautete das Thema, welchesalsdann Genosse Karl Liebknecht in markanter Weise behandelteSich anlehnend an die neuesten Vorkommnisse in Breslau, HamburgS&iben entwarf Referent ein anschauliches Bild des engen Zu-sanMenhangeS zwischen kapitalistischer Gesellschaft und PolizeiwiH»kür. Seine flammende Anklage gipfelte in der Aufforderung andie Anwesenden, diese elende Polizeischmach mit einer Verstärkungder Organisation und der Arbeiterpresse zu beantworten. In derDiskussion verurteilten die Genossen Pieser, Schulert, Reilefolgund Fink scharf das Verhalten der Spandauer Polizei am 1. Mai.Mit einem Mahnruf des Vorsitzenden an die Anwesenden, nun ihrePflicht zu erfüllen, erreichte die imposante Versammlung ihr.Ende.GemKts- Deining.200 000 Mark-Durchstechereien bei der Eisenfirma Druckenmllller.Umfangreiche Durchstechereien beschäftigten gestern und vor-gestern die dritte Strafkammer in der Strafsache gegen den Fabri-kanten Kiselowski, den Expedienten Jhrke und den Lager-Verwalter Staudemeyer. Großmann und Jhrke waren beider Eijen-Engrosfirma von A. Druckenmüller angestellt. Zuihren Obliegenheiten gehörte es u. a., die von den Fabritanten anDrucken müller gelieferten Eisenwaren zu wiegen und abzu-nehmen. Kiselowski betreibt eine Gußplattenfabrik in Lichtenberg,Staudcmeyer ist Kiselowskis Schwager und war bei diesem im Ge-schüft tätig.Die Angeklagten haben die Firma Druckenmüller monatelangdurch folgende Manipulationen geschädigt: Kiselowski hatte fürDruckenmüller umfangreiche Lieferungen auszuführen. Er fülltenun auf dem Lieferschein ein Höheres Gewicht aus, als er mit deneinzelnen Wagenladungen tatsächlich ablieferte. Großmann undJhrke nahmen auf den Druckenmüllers chen Lagerplätzen die vonKiselowski gelieferten Waren ab und bescheinigten das höhereGewicht, das K. auf seinen Lieserscheinen angegeben hatte. DieFirma zahlte bei der Abrechnung dann weit mehr,.als sie Warenerhalten hatte, und der auf diese Weise erlangte Gewinn wurdezwischen den Angeklagten geteilt. Auf diese Weise ist die Firmaum etwa 200 000 M. geschädigt worden.— Die Angeklagtenhaben, als das Strafverfahren in Gang kam, einen Teil desSchadens ersetzt.Der Staatsanwalt beantragte gegen den Angeklagten K i s e-l o w s k i 1 Jahr 6 Monate, gegen Jhrke 3 Jahre Gefängnis, gegenStaudemeher 100 M. Geldstrafe. Der Gerichtshof verurteilte inspäter Abendstunde Kiselowski zu 2 Jahren 6 MonatenGefängnis und 5 Jahren Ehrverlust, Jhrke zu 3 JahrenGefängnis, 1000 Mark Geldstrafe und 5 Jahren Ehrverlust,Staudemeyer zu 2 Monaten Gefängnis. Diebeiden ersten Angeklagten wurden in Haft genommen.Dir Verhandlung gegen de» Prokuristen Hugo Spiegel, der die„Oberschlesischen Kokswerke und Chemische Fabriken A.-G." umetwa 750 000 M. durch Unterschlagungen geschädigt hat, wird heute,Freitag, IlVz Uhr vor der 7. Strafkammer unter Vorsitz des Land-gerichtsdirektors Dr. M e n tz stattfinden. Spiegel war schon mehrereJahre Prokurist der Gesellschaft, deren Auffichtsrat der bekanntekürzlich mit dem Adel belegte, steinreiche Geheime KommerzienratFritz Friedländer ist, und gleichzeitig Direktor bei einer Tochter-gesellschaft derselben, der Russischen Montanindustrie-Aktiengesellschaft.Der 45 jährige Angeklagte hatte ein großes Einkommen, lebteaber mit seiner Familie weit über seine Verhältnissehinaus. Am 11. August v. I. hatte er seinen ge-wöhnlichen Sommerurlaub angetreten, war aber von diesemnicht mehr zurückgekehrt und bei Durchsicht der Bücher stellte es sichheraus, daß er mit Hülfe unrichtiger Eintragungen im Laufe derZeit Defraudationen begangen hatte, deren Höhe zunächst auf un-gefähr dreiviertel Millionen berechnet wurde. Spiegel scheint Haupt-lächlich durch Börsenspekulationen, die er in großem Umfangebetrieben haben soll, auf die schiefe Ebene gekommen zu sein. DieNachforschungen, die nach seinem Verschwinden aus Berlin nachseinem Verbleib angestellt wurden, waren lange Zeit erfolglos.Er hatte sich zunächst nach der Schweiz begeben und dannseinen Aufenthaltsort nach Paris verlegt, wo er ein lustigesLeben führte und in den bornehmen Restaurants und Cafes alsfreigebiger„Graf" bekannt und wohlgelitten war. Auf Betreibeneines Herrn Cohn, der ihn in Paris sah und wiedererkannte, wurdeer verhaftet. Bei seiner Leibesvisitation wurden nur noch etwa140 Fr. bei ihm vorgefunden. Er will größere Summen bei Wettenauf Pariser Rennplätzen verloren haben. Seine Verhaftung erfolgteam ersten Weihnachtsfeiertage, im Januar wurde er dem hiesigenUntersuchungsgefängnis zugeführt und wird nun heute abgeurteiltwerden.Postbotenelend. Ein Soldatenbriefmarder stand gesternin der Person des früheren Postboten, jetzigen Schuhmachers WilhelmR e ck l i n vor der v. Strafkammer des Landgerichts I. Er war miteinem Tagegeldersatze von 2,70 M. bei dem Postamt VI angestellt.Als in dieiem Amte mehrfach Soldatenbriefe verschwanden undUeberreste von Briefen im Klosett gefunden worden waren, wurdeder Angeklagte, der sich verdächtig gemacht hatte, beobachtet und dabeiabgefaßt, als er zwei Soldatenbriefe verschwinden lassen wollte.Da solche oft Spenden der Soldatenmütter an ihre Söhne ent-halten, sind sie mehrfach Gegenstand des Angriffs ungetteuer Post-beamten schon gewesen und auch der Angeklagte hat diesen Briefenseine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Er gab gestern vor Gerichtzu, vier Soldatenbriefe unterschlagen zu haben, behauptet aber, daßdarin nur einige wenige Postmarken enthalten gewesen seien.Außerdem hat er sich geständlich zwei Briefmarken, die im Amtszimmerlagen, angeeignet und aus einer Postsendung zwei Portemonnaiesentwendet. Er gab seine bedrängte Lebenslage als Motiv seinerVerfehlungen an. Der erst 28jährige Angeklagte hat zu früh ge-heiratet und mußte seine aus vier Köpfen bestehende Familie—zwei Kinder und die Ehefrau waren wiederholt krank— mit seinemEinkommen von 81 M. monatlich durchbringen. Dabei will er inNot geraten sein und gehofft haben, in den Soldatenbriefen wert-volleren Inhalt vorzufinden.— Das Gericht verurteilte den An-geklagten zu sechs Monaten Gefängnis.Wird es durch die Bestrafung möglich, eine aus vier Köpfenbestehende Familie mit 31 Mark monatlich zu ernähren und als„Beamter" zu bestehen?Vermischtes.Aufsehen erregt in Rostock, daß sich der Leiter der dortigenFrauenklinik, Geheimrat Professor Schatz in der Verwaltung derihm unterstellten Institute grobe Unregelmäßigkeiten habe zu-schulden kommen lassen. Es hat sich herausgestellt, daß GeheimratSchatz Wirtschafts- und Gebrauchsgegenstände aller Art, die fürRechnung der Frauenklinik geliefert waren, in seinem Haushaltverwandte. Wie hoch der Wert dieser Sachen ist. konnte noch nichtfestgestellt werden, man spricht von 200 000 M.. doch läßt sich etwasBestimmtes hierüber nicht sagen. Geheimrat Schatz, der mit seinerFrau verreist ist, hat die Disziplinaruntersuchung gegen sich be-antragt.Die stehlende Fürstin Wredr. Von der Fürstin Wrede wurdebekanntlich erzählt, daß sie bei ihrem Aufenthalt in Hotels. Pen-sionen und dergleichen kostbares Silberzeug von der Tafel wegstahl.Zwar versuchte man nach berühmtem Muster, den Diener, der dieSache aufdeckte, wegen Erpressung zu belangen, aber es haben sichmittlerweile die Beweise gegen sie derart gehäuft, daß ein Ab-leugnen der fürstlichen Spitzbübin ganz nutzlos wäre.Nachdem es nun auf diese Art nicht mehr gelingt, die Sachezu vertuschen, greift man zu dem alten Trick: Wenn einmal einePerson aus höheren Kreisen bei einer ganz gemeinen Spitzbübereiertappt wird, ist es krankhafte Veranlagung. So soll auch jetzt diehochgeborene Fürstin, die augenblicklich in Spanien weilt, geistes-krank fkin, Selbstverständlich ist das Schwindel, es soll aus dieseWeise der skandalöse Fall der öffentlichen Erörterung und dieDiebin der Bestrafung entzogen werden.Es ist immer das alte Trauerspiel: die arme Arbeiterfrau, diqsich einige Kartoffeln oder Holz stiehlt, um ihrer Not zu steuern,kommt unerbittlich ins Gefängnis, die hochgeborene Fürstin läßt sichbescheinigen, daß sie geisteskrank ist und geht frei aus.Das ist unsere bürgerliche Moral.Uebrigens scheint bei der fürstlichen Familie Wrede das Stehlenvon Silberzeug von jeher ein gern geübtes Vergnügen gewesenzu sein. Der„Reichsbote" erzählt nämlich:„Angesichts der Silberaneignungen, mit denen das FürstenpaarWrede in Verbindung steht, ist es interessant, daß ein Vorfahr des-selben ansang vorigen Jahrhunderts vom Freiherrn vom Stein alsein übler Beuteräubcr gestraft wurde. E. M. Arndt erzählt darüberin seinen Wanderungen mit Freiherrn vom Stein, wie dieser einLandhaus sofort verließ, als der bayerische Fürst Wrede als Gastvorfuhr, weil er„mit solchem verfluchten Räuber nicht in eineinZimmer sitzen" wollte. Arndt erzählte dann als Grund folgendes:„Wrede war wohl mit Recht beschuldigt, den Seinigen nicht nurvieles nachzusehen, sondern ihnen auch selbst das böseste Beispielgegeben zu haben. Bei einem solchen Beispiel hatte ihn nun Steinerfaßt, und zwar recht tüchtig angefaßt. Wrede war in SchloßOels in Schlesien einquartiert, im Schlosse des Herzogs von Braun-schweig. Hier hatte er es ganz den gierig unverschämten französi«schen Räubern nachgemacht, den Soult, Massena und ihresgleichen,welche das Silber(Löffel und Teller), womit sie von ihren Wirtenbedient wurden, nach der Tafel gewöhnlich einpacken und mit ihremGepäck wandern ließen. So hatte Wrede in Oels ganz nach französi-scher Marschallweise bei seinem Abzüge alles herzogliche Schloß,silber mit zu seinem Feldgepäck legen lassen. Der arme Schloß-vogt hatte dem nicht wehren gekonnt, hatte aber, damit er selbstnicht für den Räuber und Dieb des herzoglichen Silberschatzes ge-.halten würde, den Marschall um einen Schein gebeten, daß er inKraft des Kriegsbefehls es sich habe ausliefern lassen. Und wirklichhatte der Feldmarschall ihm den genau spezifizierten vorgelegtenSchein bei seinem Abmarsch in einfältiger deutscher Ueberraschungunterschrieben."—Der Massenmörder von Marrakkesch. Ueber die Verbrechen undBestrafungen des Flickschusters in Marrakkesch, der nicht wenigerals 39 junge arabische Mädchen ermordet hat, werden neue haar-sträubende Einzelheiten bekannt, die gleichzeitig ein Bild derfurchtbaren Erregung geben, die sich der dortigen Bevölkerung be,mächtigt hat. Der Massenmörder von Marrakkesch war selbst keinAraber, sondern ein Neger von Misfiua, der früher in Tangerunter BeihiMfe derselben Megäre, die ihm in Marrakkesch seineOpfer zuführte, einen schändlichen Mädchenhandel betrieb und wiees sich nunmehr herausgestellt, auch dort ähnliche Verbrechen be,gangen hat. Seit der Verhaftung wurde der Neger und seine Mit,Helferin täglich nach wiederholten furchtbaren Bastonaden rücklingsauf Esel geschnallt, durch die Straßen von Marrakkesch geführt undder Wut der empörten Bevölkerung preisgegeben. Als das Todes,urteil gefällt wurde, gelang es den Richtern nicht, eine Todesartzu ersinnen, die dem Vergeltungsrecht genügt hätte. Es wurdedaher dem Drängen der wütenden Bevölkerung nachgegeben und ihrdas Verbrecherpaar ausgeliefert. Zuerst dachte man daran, diebeiden Unmenschen mit Petroleum zu übergießen und bei lebendigen,Leibe zu verbrennen. Dann aber beschloß man die Kreuzigung,weil diese für die qualvollste Todesart gehalten wird, da die Ge,kreuzigten unter den furchtbarsten Leiden tagelang am Kreuze lebenkönnten.-Der Neger war bereits ans Kreuz genagelt und map ginggerade daran, seiner Gefährtin die Nägel durch die Glieder zutreiben, als auf Grund eines vom A>!aghzen eingetroffenen Be,fehles die Hinrichtung unterbrochen werden mußte, da diese in Fezstattfinden sollte. Der gekreuzigte Verbrecher wurde daher vomKreuze heruntergerissen und in einem furchtbaren Zustande mißeinen Esel geschnallt, dasselbe geschah mit der Frau, beide wurdendann unter sicherer Bewachung nach Fez geschickt, wo sie wohl, wennsie überhaupt noch lebend die Sultanstadt er.re.ichten, ein qfl�lVoÜLsEnde ereilt hat.Berliner Marktpreise. Aus dem amtlichen Bericht der städtischenMarlthallen-Direltion. Rindfleisch 1»«2— SS pr. 100 Psund, Ha 51—62,nia 49—52, lYa 40—46, engl. Bullen- 0,00, dän. Bullen- 0,00,Holl. Bullen- 0,00. Kalbfleisch, Doppelländer 105—120, la 80—90,IIa 66-78, nia 52—64. Hammelfleisch Ja 62—72, Ha 66—62.Schweinefleisch 56—62. Kaninchen 0,20—0,70. Hühner, alle, Stück1,60—2,60, junge, per«stück 0,80—1,10. Tauben, junge 0,50—0,67,alte 0,00. Enten, prima, per Stück 2,30—2,60, Hamburger per Stück 2,75bis 3,85. Gänse, junge, per Pjd. 0,90—0,95, per Stück 4,00—7,30. Hechts74—87. Schleie 71—88. Bleie 0,00, matt 0,00. Aale, grog 100—112, mittel102—112, klein 51—58, uns. 69—84. Plötzen 38,00. Flundern, pomm. I,P. Schock 3,00—6,00. Kieler, Stiege la 4—6, do. mittel, per Kiste 2—4,do. klein, per Kiste 0,00. Bücklinge, Holl, per Wall 0,00, Kieler 1—3,Strals. 3,00-3,50. Aale, groß, P.Psd. 1,10-1,30, mittel 0.80-0L0, ll, 0,50 big0,60, Sprotten, Kieler, 2 Wall 0,00, Elb- per Kiste 0,00. Sardellen,1902er, per Anlcr 76,00, 1904er 74,00, 1905er 70,00. Schottische Vollhering«1905 0,00, largo 40—44, füll. 36—38, med. 33—35, deutsche 37—44.Heringe, neue Maises, per'/, Tonnen 60—120. Hummern, IIa, 100 Psd.0,00. Krebse, per Schock, große 19,50—31,00, mittelgroß 9,00, kleine 4,50bis 5,00, unsortiert 7—13, Eier, Land-, per Schock 3,25, frische 3,75.Bulter per 100 Psund. la 114—118, Na 110—113, INa 106—108, ab.fallende 103— 105. Saure Gurken, Schock 3,50—4 M,, Pjesfergurken 3,50—4 M.Kartoffeln per 100 Psd, magn. hon. 2,10—2,35, rote® abcische 2,00—2,20,runde weiße 1,80—2,00. Wirsingkohl, Holl., per Schock 0,00, Weiß-kohl, dän., per Schock 7,00—9,00, Rotkohl, Holl., per Schock 0,00.Grünkohl, per 100 Psd, 0,00. Rüben, weiße 0,00, Teltower 0,00.Kohlrüben, per Schock 0,00, Holl. 5— 6.Bnefhaftcn der Redaktton.Tie juristische Sprechstunde findet täglich mit Ausnahme de? Sonnabendsvon?>/z bis»-/, Uhr abends statt.(Seöffn-t-? Uhr. Jeder Anfrage istei» Buchstabe und eine Zahl alS Merkzeichen beizufügen« BriefltchsAntwort wird nicht erteilt.t. P. 100, A. F. Nein,— Lansisterstr. 23. Die Tabelle, ausie die Empfängniszeil ersehen, finden Sie Seite 36 bis 40 des dem„Arbeiterrecht" beigefügten„Führers durch das B. G. B,". Das Buch liegtin den öffentlichen Bibliotheken aus,— H. M. 74. 1, Ja. 2. Nein.Berufung gegen ein gewerbegerichtliches Urteil ist nur zuläsfig, wenn dasSlreitobjekl 100 M. übersteigt.— H. L. 6. 1. und 2, Nein,— F. I. 20.Bolljährigleit genügt. Die Volljähriglest tritt mit Vollendung des21. Lebensjahres ein. Aus Antrag kann daS Amtsgericht die Volljährigleitschon stüher erklären,— I. ft. 1. Wenn noch kein Urteil ergangen ist, sokonnten Sie einen höheren Bestag klagend geltend machen, sonst nicht.2, Wenn ein bestimmter Bettag ausgeworfen ist, so kann sür Schulkostenund dergleichen nicht ein besonderer Ersatz verlangt werden. 3. Die Vor-mundschast sollte Ihre Frau nicht abgeben.— K. 100. Das Eigentumder Ehestau hastet nicht iür die Schulden des Ehemannes. Werden dieSachen gepsändet, so würde die Ehefrau mit Ersolg eine Wtderspruchsklageerheben und einen Einstellungsantrag durchsetzen können.— A. F. S. Ja.— 1906. 1. und 2.: Beide Ausdrücke sind gleichwerfig. 3. Seinenideallen Anteil kann jeder Miteigentümer verkaufen. 4. Die Klage kannabgewiesen werden. 5. Das Amtsgericht des Wohnsitzes der Beleidigerin istzuständig. 6. Nein.— Deutschmann. Fordern Sie den Urmacher aus.innerhalb einer angemessenen sestzusetzenden Frist die Reparatur vorzu-nehmen, drohen Sie, sür den Fall sruchtlojen Ablauss der Frist, die Uhraus seine Kosten reparieren zu lassen, führen Sie Ihre Drohung aus undklagen Sie die Kosten beim Amtsgericht ein. Ihr Mann Hai aus demKaus usw. weder Rechte noch Pflichten.— O. R. 87. Das Amtsgericht,in dessen Bezirk Sie wohnen, ist zuständig.— 91. 3. 33. 1. und 2.: Nein.3. Ja. Ihre Frau könnte auch schon jetzt aus Mmeniation klagen. Sie solltenIhrer Frau entgegenkommen. Durch Gewalt läßt fich nichts erreichen.— Anna 106. 1. Wenn Sie nicht innerhalb einer Woche bei dem Gericht(nicht bei dem Gerichtsvollzieher) Widerspruch gegen den Zahlungsbefehlerheben, so wstd er vollstreckbar. 2. DaS Unentbehrliche— das Gesetz läßtvon Fall zu Fall entscheiden, waS dazu gehört— ist unpfändbar. 3. IhreFrau hastet nicht sür Ihre Schulden.— A. St. 17, M. P. A. Nein.-F. D. 100. 1. Falls es sich um Schulden der Ehestau und um nicht un-entbchrltche Möbel handelt: ja. 2. Ja.— R. N. 40. Die Versichcrungs-anstatt ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, aus Antrag einen Zuschuß jürZahngebiffe u. dgl. zu leisten.— L. B. Wir müssen die Antwort aus dieFrage, wie viel oox 25 Jahren eine Ware an einem bestimmjen Ort gekostethat« ablehnen.