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Nr. 115. 28. Jahrgang. 2. Mye ki.Mmiick" fftltatt MMR Zonnabend, 19. Mai IM. Die Maifeier in der A. E.-G. Wir teilten in der Dienstngsnummer eine Resolution mit, die Von einer Versammlung derjenigen Arbeiter angenommen war, die an der Maiseier in der A. E.-G. sich nicht beteiligt hatten. Von der Wiedergabe des ausführlichen Versammluiigsberichtes hatten wir abgesehen in der Hoffnung, dag die leidige Sache die Oeffentlichkeit nicht mehr in erheblichem Maffe beschäftigen werde. Diese unsere Hoffnung hat sich leider nicht erfüllt. Da nun aus diesem Grunde eine Reihe von Genossen auch die Gründe der stehengebliebenen Arbeiter kennen zu lernen wünschen, und diese selbst in der Oeffentlichkeit gehört werden wollen, geben wir den Bericht noch nachträglich: Der von der Versammlung gewählte Vorsitzende Koch teilte zunächst mit, daß der Aktionsausschuß vom Verband der sozialdemokratischeit Wahlvereine Berlins wie auch die Ortsbevoll- mächtigten des Metallarbeiterverbandes Cohen und Handtke zu der Versammlung eingeladen worden seien. Letztere waren er- schienen. Der Aktionsausschuß dagegen hatte schriftlich sein Bedauern ausgedrückt, der Einladung nicht Folge leisten zu können, da er sich in die inneren Streitigkeiten der Arbeiter des Werkes nicht einmischen könne. Zugelassen wurde außerdem noch der bisherige Obmann vom Arbeiterausschuß des Werks, Wegner. Vom Vorsitzenden wurde darauf hingewiesen, daß diese Ver� sammlung notwendig geworden sei, um eine Rechtfertigung abzugeben für das Verhalten derjenigen Arbeiter, die am 1. Mai gearbeitet haben. Nachdem man sich jüngst nicht nur in der GeWerk - schuft, sondern auch in der Sitzung der Parteifunktionäre sowie ans dem letzten Zahlabend der Wahlvereine mit der Angelegenheit be- schäftigt und sogar Masseu-Ausschlußanträge gegen die betreffenden Arbeiter gestellt habe, müsse jetzt in voller Oeffentlichkeit klargestellt werden, daß sich diese Arbeiter durchaus nicht als treulose und ehrvergessene Elemente fühlen, als welche sie vom Genossen Cohen bezeichnet worden seien, sondern, daß tatsächlich Entschuldigungs- gründe für ihr Verhalten am 1. Mai vorhanden sind. Als erster Redner nahm hierauf Kummer das Wort. Er führte aus: In demselben Augenblick, wo die Einberufer der Swinemünder " Ausgesperrtenversaminlung vom 7. Mai die Frage aus die Tagesordnung setzten: Bestand bezüglich der Maiabstimmung bei allen im Betrieb Beschäftigten genügend Klarheit?, hätten sie damit schon von selbst zugegeben, daß diese genügende Klarheit nicht bestand. Es habe denn auch tatsächlich eine große Unklarheit geherrscht. Die Aprilbersammlung imSwine Münder", woselbst die erste Abstimmung über die Beteiligung an der Mai feier durch Arbeitsruhe erfolgte, sei von vornherein zu einem derartig weittragenden Beschluß gar nicht kompetent gewesen. Denn einmal habe die Frage der Arbeitsruhe überhaupt nicht auf der TageS ordnung gestanden, sondern sei erst später in der Diskussion aufs Tapet gebracht worden. An der bejahenden Abstimmung aber hätten sich doch auch nur höchstens 1000 Personen beteiligen können, weil das Lokal mehr nicht faßt. Es sei aber doch einfach un- möglich, daß 1000 Personen darüber entscheiden dürsten, ob die 7000 im Werk Beschäftigten die Arbeit ruhen lassen sollten. Uebrigens hätten die meisten Teilnehmer der Ver sammlung die Sache so aufgefaßt, als sei nur darüber abgestimmt worden, ob manim Prinzip" für die Arbeitsruhe wäre oder nicht. Nun, im Prinzip sei schließlich jeder für die Arbeitsruhe; es handele sich aber doch um die Durchführung. Das Verhalten der Verbands- Vertrauensleute während der nächsten Tage sei aber auch nicht danach angetan gewesen, Einheitlichkeit und Klarheit unter den übrigen Arbeitern zu schaffen. Auf die vielseitigen Anstagen an sie, was denn nun eigentlich werden solle, seien von ihnen sehr ausweichende und unbestimmte Antworten und Bescheide erfolgt. Dann sei die Stimmzettelwahl im Betriebe gekommen. Auch da hätten die meisten nicht gewußt, was damit bezweckt werden solle, um so mehr, als sie zweimal vorgenommen worden sei. Bei den einen habe die Ansicht vorgeherrscht, als sollte per Stimmzettel festgestellt werden, ob der Betneb der Leipziger Verbandsresolution entsprechend or- ganisiert sei oder nicht; andere wieder hätten geglaubt, es handele sich um eine provisorische Feststellung darüber, wer wohl Lust habe, am 1. Mai die Arbeit ruhen zu lassen. Es seien eben keinerlei präzise Anweisungen erfolgt, so wie sie sonst üblich waren. Davon aber, daß der Verband keine Unterstützung zahlen wolle, habe die Mehrzahl vor der geheimen Abstimmung gar nichts gewußt; erst nachher sei es bekannt geworden, daß aus Idealismus gefeiert werden solle. Das habe dann natürlich viele wanket mütig gemacht. Als dann die Versammlung in denGermanim sälen" stattfand, wo dann nochmal darüber abgestimmt toerden sollte, ob die frühere Abstimmung aufrecht zu halten sei, konnte das Gros der Beschäftigten dort wieder keinen Zutritt erhalten, weil das Lokal nur gut 2000 Personen zu fassen vermag und schon früh polizeilich abgesperrt war. Man hätte aber auch damit rechnen müssen, daß die meisten der Ferngebliebenen infolge der afr gemeinen Konfusion wohl eine Abneigung gegen die Arbeits� ruhe hatten. Zu alledem habe es auch keinen guten Ein druck gemacht, daß der Obmann W e g n e r wegen der Maifeier mit der Direktton Rücksprache genommen habe. Unter diesen Umständen sei es gar kein Wunder gewesen, weim die Sache nicht klappte. sondern mit einer Blamage endete, denn die meisten Arbeiter des Werkes hätten wohl unter dem Eindruck gestanden, als wenn es den leitenden Personen doch nicht recht Ernst mit der Feier sei. Man hätte schon längere Zeit vorher mindestens drei Versammlungen einberufen müssen und dort klar und energisch für die Arbeitsruhe Propaganda machen, dann würde auch jeder gewußt haben, woran er war, so aber nicht. Redner schließt mit den Worten:Wir sind doch meistens Leute, die jahrelang ihre Schuldigkeit in der Arbeiterbe ivegunfl getan haben, da kann man uns doch nicht mir nichts dir nichts ausschließen.". Lindow sagte, er selbst habe befürwortet, daß jetzt nach 16 Jahren seit der ersten Maifeier auch dieses Werk endlich mal am 1. Mai die Arbeit ruhen lassen müsse. Sein Vertrauens- mann aber habe davon abgeredet, denn man sei hier noch nicht so weit. Die Kollegen hätten tatsächlich nicht gewußt, daß die geheime Abstimmung als endgültiger Beschluß gelten follte Alles habe noch auf große Versammlungen gewartet. Wie weit die Konfusion gegangen sei, ersehe man auch daraus, daß viele Arbeiter glaubten, die Stimmzettel kämen von der Direktion und sollten an die Meister ab gegeben werden. Rabe, Transportarbeiter, kann die ganze Abstimmung Nicht als korrekt anerkennen. 7400 Mann seien zur Zeit der geheimen Ab- stimmung im Werk beschäftigt gewesen. Stimmzettel seien aber nur 6657 ausgegeben worden. Davon seien 5082 zurückgegeben worden. Von den abgegebenen Stimmen hätten sich dann 3192 für und 1890 gegen die Arbeitsruhe erklärt. Damit sei erwiesen, daß nicht einmal die Hälfte der im Werk Beschäftigten für die Arbeits ruhe gestimmt hätten. Wäre korrekt vorgegangen worden, dann hätte das Ergebnis ein anderes sein n,üssen. Auch die Leitung deS Transportarbeiterverbandes habe Fehler gemacht. Brüggemann ist ebenfalls der Ansicht, daß über den Zweck der Abstimmung Unklarheit geherrscht hat. Vor allem aber seien die Arbeiter stutzig und wankelmütig durch die Erklärung geworden, daß es im Falle einer Aussperrung keine Unterstützung gäbe. Wäre das vor der Abstimmung gesagt worden, dann wäre keine Mehrheit für die Arbeitsruhe zustande gekommen, denn die meisten sagten sich eben, wenn sie so und so lange für den Verband gesteuert hätten, dann müßten sie auch bei dieser Gelegenheit au 'den Verband rechnen können. Der Idealismus sei im Werk .Brunnenstraße leider nur recht knapp vertreten. Viele kennen die edeutung itß Wortes kaum. Wenn ihnen gesagt mm;«Ihr müßt aus Idealismus feiern", so verständen sie darunter wohl die Teilnahme an der Feier als eine Art innerer Pflicht, aber noch lange nicht den Verzicht auf Unterstützung. Wer dies außer acht lasse, der kenne eben die Psychologie der Masse nicht. So wie die Verhältnisse in diesem Werk lägen, sei auf eine korrekte Durchführung der Arbeitsruhe von vornherein nicht zu rechnen ge- Wesen, und bei richtiger Würdigung dieser Verhältnisse hätte die etzige Blamage vermieden werden können. Hinzu kommt aber, daß die an der Spitze der Organisation stehenden Verbandsver- treter seit langem nur sehr widerwillig für die Maifeier eintreten. Das wüßten die Metallarbeiter, deshalb hätten viele Verbandsmitglieder im Werk die diesmalige Agitation für die Mai- mer auch gar nicht so besonders ernst genommen. So habe schon jeder gewußt, daß die Boraussetzungen der Leipziger Resolution für den Betrieb nicht erfüllt waren.Die Leipziger Resolution ist die Dornenhecke, in der die Metallarbeiter hängen bleiben." Sie sei ebc� gefaßt worden, um die Maifeier direkt unmöglich zu machen, denn I ihre Vorschrift laffe sich in den meisten Großbetrieben mit Aussicht auf einen positiven Beschluß überhaupt nicht anwenden. Weil dem aber so sei, deswegen habe man hier im Werk den Vorbereitungen und Abstimmungen über die Maifeier, ganz abgesehen von der herrschenden Konfusion und dem Mangel an Begeisterung, vielfach nur eine untergeordnete, rein formale Bedeutung beigemessen. G e r l a ch mißt der Leitung des Metallarbeiterverbandes ebenfalls die Hauptschuld an dem kläglichen Ausgang der Feier im Werk zu. Es sei ein allgemeiner Kuddelmuddel gewesen, so daß die Vertrauensleute selbst nicht wußten, woran sie waren. ~reilich, einen Teil der Schuld hätten auch die ichtfeiernden auf sich geladen. Darauf erhielt Wegner das Wort. Er gab seiner Ver- wunderung darüber Ausdruck, daß Kummer und Brügge - mann über angebliche Unklarheit und Inkorrektheit bei den Ab- stimmungen gesprochen haben, da beide doch an allen vorbereitenden Sitzungen teilgenommen hätten. Die geheime Abstimmung sei in dem Betriebe erfolgt, weil die Erfahrung lehre, daß sich immer ein Teil der Arbeiter von den Werkstattversammlungen drückt. Bei der Auszählung habe der Beamte des Transportarbeiterverbandes aus- drücklich bestätigt, daß die Mehrzahl der Stimmen für Arbeitsruhe abgegeben wurde. Der Hauptgrund, daß die Transportarbeiter nicht feiern wollten, liege darin, daß sie fürchteten, nach einer event. Aussperrung nur zu dem niedrigsten Lohnsatz wieder eingestellt zu werden. Zur Direktion sei er gegangen, aber nicht um die Frei- gäbe des 1. Mai zu erbetteln, sondern nur, um dort mitzuteilen, daß die Abstimmung erfolgt sei. Den größten Fehler hätten die Nichtfeiernden damit begangen, baß sie noch am 1. Mai unter sich selbst den Beschluß faßten, in den Betrieb hineinzugehen. In sonntäglicher Kleidung hätten sie sich zur Schichtzeit versammelt, wie wenn sie mitfeiern wollten, und dann seien sie truppweise durchs Fabriktor in die Werkstatt geschlichen. Das beweise doch zur Genüge, daß die Nichtfeiernden ein schlechtes Gewissen gehabt haben. Jetzt würden ihm, Redner, Borwürfe gemacht, weil er die Maifeier propagiert habe. Wie aber, wenn er seinen Einfluß als Obmann aufgeboten hätte, um die Maifeier hier abzuwürgen! Dann wäre von Parteigenossen und Verbandskollegen sicher ebenso auf ihm Holz gehackt worden, und am meisten vielleicht gerade von denen, die überhaupt nicht die Absicht zu feiern hatten. Um die Feier zu ermöglichen, habe es sich gar nicht anders machen lassen, als daß aus der Masse selbst die Anregung dazu kam und von der Masse auch unbeeinflußt die Entscheidung gefällt wurde. Denn die Organisation mußte sich passiv verhalten, weil die Leipziger Resolution mehr vollberechtigte Mitglieder verlangt, wie hier vor- Händen waren. Kummer erwiderte darauf, es sei doch auffällig, daß man jetzt mit einemmal die Masse habe entscheiden lassen wollen, während doch sonst die Masse von den Verbandsvertretern immer sehr sorglich geleitet, wenn nicht gar bevormundet werde. Gerade infolge dieser Erziehung zum Sich-leiten-lassen habe sich die Masse jetzt zur Selbst- entscheidung als nicht reif erwiesen. Uebrigens seien die Führer doch dazu da, um die nötigen Direktiven zu geben. Dies aber zu unterlassen und dann lautVorwärts"-Bericht den größten Teil der Masse hinterher als ehrlos zu brandmarken und aus den Organisationen zu stoßen, das habe jetzt nahezu zur Vernichtung der jahrelangen Organisationsarbeit geführt. ! Sodann nahm Cohen das Wort. Er wolle aufrichtig be kennen, es ärgere ihn durchaus nicht, wenn sich die Anwesenden durch den erwähnten Bericht imVorwärts" getroffen fühlen. Bei näherer Ueberlegung aber müsse sich doch ein jeder sagen, daß er in seiner Stellung als Verbandsbevollmächtigter gar nicht anders handeln konnte, als wie er hier gehandelt habe. Die Leipziger Resolution sei im Werk nicht erfüllt worden. Trotzdem habe er aber doch nicht die Maifeierverbieten" können. Was wssrden ihm wohl für Nackenschläge erteilt worden sein, wenn er etwa das Ar- beiten am 1. Mai empfohlen hätte, obwohl er sich der Schwierig- leiten, die der Durchführung der Arbeitsruhe im Wege standen, wohl bewußt gewesen sei. Dann hätte es doch in anderen Organi- sationen wie auch in der Partei wieder geheißen, Cohen habe die Maifeier vereitelt; sei er doch gerade hinsichtlich der Maifeier viel- fach als Bremser verschrien. Ihm sei also gar nicht anderes übrig geblieben, als den Arbeitern die Entscheidung über die Ar- beitsruhe selbst zu überlassen. Beschlossen sie dieselbe, dann hatten sie auch die Konsequenzen zu tragen; er habe dann keinerlei Ver- antwortung dafür zu übernehmen. Deswegen habe er auch gesagt: Macht was Ihr für nötig haltet, doch sorgt dann auch dafür, daß es klappt. Nun habe es in allen anderen Betrieben, wo die Ar- beitsruhe beschlossen wurde, teils sehr gut, teils leidlich geklappt, nur hier in der Brunnen st raße nicht, und das sei Schuld der Arbeiter selber. Es sei leider nur zu wahr: Die jahrelange Organisationsarbeit sei hier jetzt mit einem Schlage vernichtet und die Einheitlichkeit zertrümmert. Wenn die Ar- beiter im Zweifel darüber waren, wie sie sich verhalten sollten so mußten sie doch durch das von den Obleuten der Großbetriebe herausgegebene Flugblatt eines anderen belehrt sein. Dies Flugblatt habe doch gar keinen Zweifel darüber gelassen, daß am 1. Mai nicht gearbeitet werden solle. Ein Protest geg�n das Flug- blatt ist nicht erfolgt. Was nun die Frage des Ausschlusses an- belangt, so sei es einstweilen gleichgültig, ob derselbe einzeln oder im ganzen vollzogen wird. Er, Redner, habe ja gewußt, mit welchen Schwierigkeiten solch ein Massenausschluß verknüpft sei. Eine Organisation entscheide so und die andere so. Deshalb habe er ja auch die Einheitlichkeit der Prüfung und des Vor- gehens gegen die nichtfeiernden Arbeiter befürwortet. D i e S s ei ja die einzige Forderung gewesen, die er an die Partei gestellt habe; alles andere kam nicht in Betracht. Die Partei habe ihr gleichzeitiges Einschreiten jedoch abgelehnt. Wie man ihm da vom Aktionsausschuß den Vorwurf der Unwahr- haftigkeit machen könne, sei ihm unerfindlich. Ein Redner habe nun von derPsychologie der Masse" gesprochen. Nun. er, Redner, kenne die Masse, und zwar besser wie mancher H u r r a t r o m p e te r. die der Masse immer so sehr schmeicheln, wenn es ihnen gerade in den Kram paßt. Er wisse, daß die Masse leider noch iftcht reif sei, die Arbeitsruhe am 1. Mai konsequent durchzuführen. Deshalb auch seine Bedenken. Deshalb habe er auch gesagt:Wenn Ihr Euch stark genug fühlt, nun gut, dann handelt auf eigene Faust. Ich aber lehne die Verantwortung für die Folgen der Maifeier ab; die mögen jene tragen. die so sehr für die Maifeier Propaganda ge- macht haben." Auch heute noch sage er, niemand wäre froher wie er. wenn nachgewiesen würde, daß den Nichtfeiernden triftige Entschuldigungsgründe für ihr Verhalten zur Seite ständen, denn keine Organisation schließe gerne ihre Mitglieder guZ, Doch wenn sie bewußt und mit Absicht den einmal gefaßten Beschluß durch- brachen hätten, dann haben sie Treubruch begangen und ehrlos gehandelt.(Große Erregung. Ruf: Dann hätten in verschiedenen Abteilungen einzelne mit großen Familien rausgehen müssen. Nun, Klarheit könne am besten durch ein Ausschlußverfahren ge- schaffen werden. Zum Schluß erklärte Redner: Was ich in der Sache gesagt und getan habe, das halte ich vollständig aufrecht. Auf eine Anfrage hin gab Cohen noch den Bescheid, daß sich Mittwoch die Ortsverwaltung darüber schlüssig werden wolle, ob das Ausschlußverfahren einzeln oder insgesamt eingeleitet wird. Die Versammlung wählte sodann zwei Mann, die bei dieser Orts« Verwaltungssitzung als Vertreter der Nichtfeiernden gehört werden sollen. Hierauf wurde die schon mitgeteilte Resolution gnge- nommen._ Verbaudstag der Schmiede. Berlin , 13. Mal. Die heutige Sitzung begann mit der Fortsetzung der Debatte über die Streiktaktik. Einzelne Redner traten der vom Verbandsvorsitzenden empfohlenen Taktik entgegen; sie meinten, wenn man die von ihm befürwortete Vorsicht walten lasse, wenn man namentlich dem Vorstande die Entscheidung über Streiks über- lasse, dann würden die Mitglieder wohl kaum zum Streik kommen. Andere Redner teilten dagegen den Standpunkt des Verbands- Vorsitzenden vollkommen. In den Debatten wurden besonders die gegenwärtigen Kämpfe in der Metallindustrie berücksichtigt, bei denen der Schmiedeverband in Mitleidenschaft gezogen ist, ohne daß seine Mitglieder unmittelbar an diesen Bewegungen inter - essiert sind. Ferner wurde die Frage erörtert, wie man der von den Unternehmern beliebten Aussperrungstaktik begegnen könne. Anerkannt wurde, daß man hinsichtlich der Streiktaktik einen Unterschied machen müsse zwischen den Großbetrieben und den Klcinmeistern, mit denen das Schmiedegewerbe noch sehr zu rechnen hat. Die verschiedenen Verhältnisse im Groß- und im Kleinbetrieb erfordern natürlich auch eine verschiedene Taktik. Hinsichtlich der Agitation hatte der Verbandsvorsitzende Lange in einem Antrage verschiedene Vorschläge gemacht über die Ein- teilung der Gaue, Anstellung von besoldeten Gauleitern und der- gleichen mehr. Unter anderem beantragt Lange, daß die Gau- Vorsteher durch die Generalversammlung gewählt werden sollen, während sie bisher auf Grund einer Vorschlagsliste deS Haupt- Vorstandes von tstn Mitgliedern des Gaues gewählt wurden. Diesem Vorschlage traten verschiedene Redner entgegen. Sie ver- langten, daß den Gauen das Recht der Wahl erhalten bleibe. Sabath, der Vertreter der Generalkommission, führte dazu aus, daß weder die Wahl der Gauleiter durch die Generalver» sammlung noch die Wahl durch den Gau selbst zu empfehlen sei. Er trat dafür ein, daß die Gauleiter vom Verbandsvorstande er- nannt werden, weil derselbe am besten in der Lage sei. die für einen so verantwortungsvollen Posten geeigneten Personen her- auszufinden. Der hierzu borliegende Antrag des VevbandSvorsitzenden Lange, sowie seine gestern mitgeteilte Resolution zur Taktik wurden einer Kommission zur Beratung überwiesen. Hierauf erfolgte der Bericht über den Kölner GeWerk- schaftSkongreß, den Seegert- Düsseldorf erstattete. Er bemerkte unter anderem, die wichtigsten Punkte der Kongreßver- Handlungen seien der Generalstreik, die Maifeier und die Grenz- streitigkeiten. Der Generalstreik sei eine Frage, welche d:e Schmiede vorläufig noch nicht diskutieren brauchen, denn sie hätten zunächst noch mit der agitatorischen und organisatorischen Klein- arbeit in ihrem Berufe zu tun. Die Kölner Debatten über die Maifeier hätten die Folge gehabt, daß sich die diesjährige Maifeier so imposant gestaltete. Da der Volkswille sich für die Maifeier entschieden habe, dürften die Führer nicht bremsen. In dieser Angelegenheit müsse zwischen der Partei und den Gewerkschaften Uebereinstimmung herrschen. Menge« Berlin , dem auch B a h n k e- KönßMwustevhausckn zustimmte, wandte sich gegen die Art, wie der Generalstreik in Köln behandelt worden sei. Er meinte ferner, der Gewerkschafts- kongreß sei nicht der Ausdruck der Meinung der Arbeiter, denn es seien dort nur Gewerkschaftsbeamte vertreten gewesen.» Im weiteren Verlauf der Debatte traten verschiedene Redner, be- sonders Sabath, der Auffassung entgegen, als öS die Beamten, welche doch durch das Vertrauen der Mitglieder auf ihren Posten berufen sind, nicht die geeigneten Vertreter der Arbeiterinteressen wären. Besonders wiesen auch andere Berliner Delegierte darauf hin. daß ihr Kollege Menge fast regelmäßig in Mitgviederver- sammlungen gegen die Verbandsbeamten auftrete und man deshalb auf seine Ausführungen über diesen Punkt nicht viel geben könne. Andererseits kam aber auch die Meinung zum Ausdruck, daß auf dem künftigen Gewerkschaftskongreß nicht, wie eS auf dem Kölner Kongreß der Fall war, nur drei Angestellte des Verbandes die Schmiede vertreten sollen, sondern daß auch Delegierte aus den Reihen der Mitglieder gewählt werden sollen. Hierzu wurde denn auch ein von H ö n e l- Dresden gestellter Antrag angenommen. welcher besagt, auf den Gewerkschaftskongressen soll der Zentral- Vorsitzende als Vertreter des Vorstandes anwesend sein, die weiteren Delegierten sollen durch Urabstimmung der Mitglieder gewählt werden und zwar so, daß auf je 5000 Mitglieder ein Delegierter kommt. In der Nachmittagssitzung begann die Statuten» beratung. Ein Antrag, den Sitz des Verbandes von Hamburg nach Berlin zu verlegen, wurde abgelehnt. Beschlossen wurde, den Beitrag, der bisher für männliche Mitglieder 30 Pf., für weibliche 20 Pf. betrug, auf 55 bezw. 35 Pf. zu erhöhen. Zur Anstellung besoldeter Gauleiter(deren der Verband bis jetzt je einen für Sachsen , Rheinland-Westfalen und Südwestdeutschland hat) beschloß die Generalversammlung, daß nach Bedarf in allen Gauen, wo es noch nicht geschehen ist, besoldete Gauleiter durch den Vor- st and und Ausschuß anzustellen sind. Der Gau l(mit dem Sitz in Königsberg ) soll dabei zuerst berücksichtigt werden. Durch einen anderen Beschluß wurde ein erweiterter Vorstand eingesetzt, der in besonderen Fällen Beschlüsse zu fassen hat, die für die Mitglieder bindend sind. Der erweiterte Vorstand besteht aus dem Hauptvorstand, den Gauvorstehern, dem Redakteur des Ver- bandsorganes, dem Vorsitzenden des Ausschusses und dem Vor- sitzenden der Prcßkommission. Der Sitz der Preßkommission, der bisher in Berlin war, wurde nach Hamburg , dem Sitz des Verbandsorganes, verlegt. Hierauf ging der Verbandstag zur Beratung deS Streik- reglements über, die morgen fortgesetzt wird, Der Kergarbeiterstreik im mitteldeutschen Sraunkohlenbergduu. Zeitz . 17. Mai.(Eig. Betz.h Ein scharfer Wind weht jetzt gegen die Streikenden von oben herab: Ueber hundert Strafmandate sind an die Ein- Wohnerschaft von Streckau und Umgegend ausgeteilt worden, Grober Unfug, Belästigung Arbeitswilliger, Streikpostenstehen. Lächerlicher Anzug", Musizieren, Tragen von Uniformstücken ohne behördliche Genehmigung" usw. usw. Das sind so die ständigen Requisiten, mit denen die hochwohllöblichcn Behörden und ihre Polizei den Ausständigen gegenüber arbeiten. Selbstverständlich wird gegen die en masse ausgefertigten Strafmandate Einspruch erhpben werden. Morgen findet in Hohenmölsen hrttitZ ein