danach strebe, die Probinzkreise so selbständig wie möglich zu machen, falle das Argument bon der Bevormundung einfach ins Wasser. Hätte ihn Genosse Sydow vorher davon unterrichtet, daß er gewillt sei, dieses Thema auf der Konferenz anzuschneiden, so hätte er. Schulz, sich mit noch anderem Material versehen und dann eventuell die Gründe Sydows noch besser widerlegen können. Der Entwurf der Agitationskommission und der Antrag Brandenburg wurden darauf den einzelnen Orten zur Beratung überwiesen. Nack, einer anfeuernden Ansprache des Genossen Karl Schmidt an die Teilnehmer der Konferenz wurde sie gegen 7 Uhr mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf die völkerbefreiende Soziab dcmokratie geschlossen._ Wendepunkte der neueren deutschen Geschichte. S. Der Sieg der preußischen Krone.(186&— 71.) In seinem fünften Vortrage, den er am Montag in Kellers Saal hielt, führte Genosse Dr. Maurenbrecher ungefähr- folgendes auS: Die kleirrbürgcrlich-klcinbäuerlichs Demokratie ist 1849 abgetan wordem Die demokratische Bewegung wurde in den Kämpfen in Baden im Blutbade erstickt. Sie hat sich seitdem nicht mehr empor- gerungen. Im Frankfurter Parlament vereinigte sich die Demo- kratie mit der Erbkaiserpartei, die das Programm aufgestellt hatte: Konstitution in Preußen, Erhebung Preußens zum führenden Bundesstaat in Deutschland . Das war die erste Partei, die ein ilares politisches Programm hatte, hinter dem reale Interessen, nämlich die der Bourgeoisie standen. Die Nevolutionskämpfe von 1848 und 1849 hatten aber der Bourgeoisie die Ueberzeugung beige- bracht, dah sie bei der Krone, die über das Machtmittel der Armee verfügte, Schutz finden könne vor einem Wiedererwachen der Nr- Volution. Deshalb stellte sich die Bourgeoisie als Schild vor die Dynastie, sie schloß ein Kompromiß mit derselben in dem Augenblick, wo die Bahn frei gelvesen lvär«, um einen wirklich demokratischen Staat ins Leben zu rufen.— Nachdem die Erbkaiserpartei aus dem Frankfurter Parlament ausgetreten war, spaltete sie sich in zwei Dichtungen: die Gothaer und die Köthener. Die erste fand sich mit den Verhältnissen, wie sie sich nach den Nevolutionskämpfen gestaltet Hatten, ab und erklärte sich damit zufrieden, daß nunmehr die preußische Krone die deutsche Einheit in ihrem Sinne verwirklichen werde. Die Köthener dagegen. Die Köthener protestierten gegen die Aufzwingung des Dreiklassenwahlrechts und proklamierten Eni» Haltung von den Wahlen und der parlamentarischen Betätigung. Beide Richtungen dokumentierten durch ihr Verhalten, daß die Bourgeoisie als Partei erledigt lvar, aber sie hatte noch nicht jede Möglichkeit, bei der Gestaltung der politischen Verhältnisse mit- zuwirken, verloren. Die preußische Krone hatte im März 1343 dem Volksaufstand gegenüber nachgegeben, um das Volk für ihren Plan: die deutsche Einheit unter Preußens Führung zu verwirklichen, zu gewinnen. Aber das gelang nicht, denn die demokratische Bewegung war schon zu weit fortgeschritten. Um zu ihrem Ziele zu kommen, schloß sich die preußische Krone mit Sachsen und Hannover zu dem TrcikönigSbund zusammen, der aber auch nicht zum Ziele kam, weil Oesterreich » und die deutschen Kleinstaaten sich gegen diese Pläne er- hoben. So kam anfangs 1850 die Demütigung Preußens in Olmütz , die Unterwerfung Preußens unter den Willen Oesterreichs und die volle Wiederherstellung des deutschen Bundes von 181S.— Nur das Dreiklassenwahlrccht in Preußen ist aus der Zeit des Dreikönigs. buiedes geblieben. Die Situation war nun so: Dia Krone Preußens hat 1343/49 der Volksbewegung einiges nachgegeben, sie hat die Verfassung und den Landtag eingeführt und darüber hinaus aus Furcht vor der Revolution ein Wahlrecht eingeführt, welches den Landtag der Bour- geoisie ausliefern mußte, sobald sie sich entschloß, von demselben Gebrauch zu machen. Die demokratische Partei war erledigt, die Bourgeoisie aber hatte noch nicht alle Trümpfe verloren. Die proletarische Bewegung, vertreten durch Marx und Engel» in der „Neuen Rheinischen Zeitung ", hatte das klarste nationale Programm: Einheitliche unteilbare deutsche Republik . Aber diese Bewegung hatte auf die Gestaltung der politischen Verhältnisse im Jahre 1343 fast gar keinen Einfluß, weil noch keine Klaffe hinter ihr stand. Die Arbeiterklasse war noch nicht zum politischen Bewußtsein erwacht, und die Demokratie sowie die Bourgeoisie konnten sich nicht für die deutsch « Einhcitsrepublik erklären, weil sie bereits mit der Dynastie Gemeinschaft gemacht hatten. Die proletarische Bewegung, die oa- mals erst im Programm und im Gedanken existierte, konnte daher von der preußischen Regierung lahm gelegt werden durch das Verbot der„Neuen Rheinischen Zeitung " im Mai 1349. Damit war es mit der proletarischen Politik in Deutschland einstweilen vorbei. Aber man mußte sich sagen, diese borläufig unterdrückte Bewegung kann wieder einsetzen, wenn die Arbeiterklasse erst besser durchgebildet ist. Da3 Wicdererwachen der proletarischen Bewegung trat denn auch in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre ein. Tie Zeit bis l8SS war politisch tot. Die Ursache davon ist nicht üur die Niederwerfung der Revolution, sondern für das Bürgertum kam noch ein anderer Grund hinzu, nämlich der: Die Jahre 1849 bis 1897 brachten eine enorme EntWickelung des Kapitalismus, die zusammenhing mit der damaligen Entdeckung der kalifornischen und der australischen Goldfelder. Eö ist eine geschichtliche Erfahrung, daß die Bourgeoisie, wenn sie gute Geschäfte macht, für die Politik kein Interesse hat. Nur in Zeiten schlechten Geschäftsganges kann die Bourgeoisie revolutionär werden.— Als 18S7 die wirtschaftliche Krise in Europa einsetzte, als für die Kapitalisten die Zeit mühelosen Erwerbes durch Gründungen vorüber war und Geschäfte nur noch auf sicherer kalkulatorischer Grundlage gemocht werden konnten, da wandte sich die Bourgeoisie wieder der politischen Bewegung zu. Die Verwirklichung des bürgerlichen Einheitsstaates in Italien war für die deutsche Bourgeoisie das Signal, wieder mit der politischen Tätig- keit einzusetzen. Der erste Schritt auf diesem Wege war im Herbst 1899 die Gründung des Nationalvereins, der die Einheit Deutschlands auf sein Programm setzte. Ein merkwürdiger Zufall war es, daß sich auch um dieselbe Zeit die preußisch-dhnastische Bewegung wieder belebte. Während Frie- brich Wilhelm IV. nicht mehr gewagt hatte, gegen Oesterreich zu mucksen, sammelten sich um den Prinzen von Preußen, den nach. hcrigen König Wilhelm I. , alle jene Personen, die für die deutsche Einheitsbewegung unter Preußens Führung eintraten, und die er- bittert waren über Oesterreichs Vorherrschaft in Deutschland . Die alte Aktionslust begann sich wieder zu regen. Als dann der Prinz von Preußen die Regentschaft an Stelle seines geistig erkrankten Bruders übernahm, lvar das erste, was er tat, die Entlassung des konservativen Ministeriums und die Berufung von Mnistern, welche nach der liberalen Seite hinneigten. Daß oer Prinzregent gerade solche Männer zu Ministern berief, war eine mehr zufällige Kr- fcheinung, die dem Einfluß seiner Frau zuzuschreiben sein mag, welche als Weimarer Prinzessin in den Traditionen der Goethezeit lebte.— Als so der Prinzrcgent 13ö3 seine Regierung antrat, schien für die Bourgeoisie eine neue Möglichkeit gegeben, um ohne Wieder- holung der„Tollheiten von 1348" ein Stück parlamentarischer Ge- Walt zu bekommen. Jetzt blieb der Bourgeoisie nichts übrig, als dem liberalen Ministerium auch«inen liberalen Landtag an die Seite zu stellen. Bisher hatte der preußische Landtag eine konservativ« Mehrheit, weil sich die Köthener Richtung der Liberalen nicht an den Wahlen beteiligt hatte. Jetzt erkannten die Köthener das Drei. klassenwahlrecht, welches sie bisher bekämpft hatten, als Grundlage des Staates cm. Gothaer, Köthener und die Reste der Demokraten schlössen sich zusammen, um eine Landtagsmehrheit zu schaffen, mit der die Minister regieren konnten. So entstand die liberale Aera in Preußen in den Jahren 1359—31. Aber sie stand nur auf schwachen Füßen. Das Bürgertum glaubte, es könne ohne Kampf zur poli. tischen Herrschaft kommen. Dieser Glaube war die Todsünde des Liberalismus, er hat ihm alle Kraft gebrochen und seine günstig« Position vollständig zu seinen Ungunsten verschoben. Schon im ersten Jahre der liberalen Aera zeigte die Regierung und besonders der Prinzregent pcrsönftlh, daß cS sich für ihn nur um die Stärkung der Militärmacht sowie um seine eigene Macht- ßellimg innerhgw des Militärs handelte. 1SS9 forderte die Neuerung die Militärreform: Verdoppelung der Stärke der Armee und Tinführung der dreijährigen an Stelle der damals geltenden zwei- grerung Einführ■»» Ji � jährigen Dienstzeit. Diese Reform wurde als notwendig bezeichnet zum Kampfe gegen die Vorherrschaft Oesterreichs. — Die Vermehrung der Armee konnte vom Standpunkt der Bourgeoisie aus angenommen werden. TaS war auch für sie kein Streitobjekt. Aber sie wandte sich gegen die dreijährige Dienstzeit, weil das dritte Dienstjahr für die militärische Technik überflüssig ist, sondern viel mehr dazu benutzt wird, um den Soldaten durch Drkll zu einem zu verläffigen Werkzeug der Krone zu machen. Hier handelte es sich also für die Bourgeoisie um eine Machtfrage.— Der Prinzregent begann die liberale Aera mit einem Programm, welches bestimmt war, die Macht der Krone zu stärken, und die Bourgeoisie hatte darauf keine klare Antwort. Der Liberalismus tat angesichts der Militärreformvorlagc das dümmste, was er tun konnte. Er be willigte sie nicht und lehnte sie auch nicht ab, sondern drückte sich um die Entscheidung herum. So hatte die Regierung die Möglichkeit ihre Militärreform durchzuftibrcn. Erst 1862, nachdem die dreijährige Dienstzeit schon seit drei Jahren bestand und die HeereSvcrmehrung durchgeführt war, kam es zum Kouflikt.- Der Liberalismus lehnte den Militäretat ab, weil der König die zweijährige Dienstzeit, die die Liberalen zur Bedingung ibrer Zustimmung zur Heeresvermehrung machten, nicht wieder ein- führen wollte. Aus Anlaß dieses Konfliktes kam im Sommer 1862 das Ministerium Bismarck. — Der Liberalismus spielte sich jetzt als Verfechter der verfassungsmäßigen Rechte auf, welche die Regierung verletzt habe, indem sie ohne Zustimmung des Landtags die Militär- reform durcksührte. Aber die Verfassung, auf deren Boden sich der Liberalismus stellte, das war Sie aufgezwungene Verfassung, die, was Lassalle zu jener Zeit am schärfsten betonte, noch keinen Augen blick zu Recht bestand. Daß sich der Liberalismus auf den Boden dieser Verfassung stellte, das zeigt deutlich, daß er nur ein Rück- zugsgefecht führte. Nachdem die Regierung ihre Militärpläne gegen den Willen der Landtagsmehrheit durchgeführt hatte, da hätte der Liberalismus jede Beteiligung an den parlamentarischen Arbeiten ablehnen müssen. Statt dessen strich er nur die Mllitärforderungen ans dem Etat, verhandelte aber mit der Regierung weiter und bewilligte andere Etatspositionen. Zum parlamentarifcbci Streik, der aller Welt ge- zeigt hätte, daß in Preußen der nackte Absolutismus herrscht, konnten sich die Liberalen nicht aufraffen. Charakteristisch ist der Umschwung in der Anschauung über das Wahlrecht, der sich sowohl bei den Liberalen wie bei der Regierung vollzog. Nachdem sich die Liberalen allgemein an den Wahlen be- tciligt und die absolute Mehrheit im Abgeordnetenhause erlangt hatten, da sahen sie, daß eS für die Bourgeoisie kein besseres als das bisher von ihnen gebrandmarlte preußische Dreiklassenwahlrecht geben kann, und nun fand der Liberalismus in dem allgemeinen Wahl- recht, das zu seinen Programmforderungen gehörte, einen Haken. Von nun an lehnten es die Liberalm ab, zum Dreiklassenwahlrecht Aenderungsanträge zu stellen.— Als der bon Lassalle 1863 ge- gründete Allgemeine deutsche Arbeiterverein die Fortschrittspartei — wie sich die Liberalen damals nannten— ersuchte, das allgemeine Wahlrecht zu fordern, da antwortete die Fortschrittspartei, sie könne jetzt nicht für das allgemeine Wahlrecht eintreten, da noch das Grundrecht deS Volkes, nämlich das Reckst der Budgetbewilligung in Frage stehe.— Hinter solchen bombastischen Reden verbarg sich die Ansicht, daß das allgemeine Wahlrecht der Bourgeoisie gefährlich werden konnte. Nachdem das Dreiklaffenwahlrecht der Bourgeoisie die Mehrheit im Abgeordnetenhause gebracht hatte, fand auch die Regierung einen Haken in diesem Wahlrecht, und nun war es Bismarck , der den Ge- danken des allgemeinen Wahlrechts vertrat. Er rechnete so: Ein nach der Höhe des Einkommens abgestuftes Wahlrecht mutz der Bour« geoisie unter allen Umständen die Mehrheit bringen. Unter dem allgemeinen gleichen Wahlreckst dagegen werden die unaufgeklärten und unorganisierten Volksmassen— das Kleinbürger- und Bauern« tum— gegen die Bourgeoisie und für die Regierung stimmen, namentlich, wenn eine ausgiebige, auch amtliche, Wahlbeeinflussung zugunsten der Regierung getrieben wird.— Zu derselben Zeit warf auch Lassalle den Gedanken des allgemeinen gleichen Wahlrechts in die politische Arena. Aber während Bismarck daS allgemeine Wahl- recht zur Stärkung der monarchischen Macht einführen toollte, forderte Lassalle das allgemeine Wahlrecht, um die politische Macht in die Hand des Volkes zu legen. In diesem Sinne fürchtete die Fortschrittspartei das allgemeine Wahlrecht und lehnte es ab. Zu der Frage des Wahlrechts kam in den politischen Erörte- rungen jener Zeit noch ein« andere Frage: Soll die deutsche Einheit auch die deutschen Provinzen Oesterreichs einschließen oder nicht.— Di« bisherigen Einhcitsbestrebungen setzten den Einschluß von Teutsch-Oesterreich als selbstverständlich voraus. Die preußische Krone dagegen hatte eine andere Tendenz, denn Preußens Führung in Deutschland war erst möglich, wenn Oesterreich hinausgedrängt war. Da Oesterreich sich aber nicht freüvillig aus dem deutschen Bunde entfernen würde, so war Bismarcks Programm: einen Krieg gegen Oesterreich zu entfesseln, Oesterreich zwangeweise aus dem deutschen Bunde zu entfernen, damit Preußen die Führung in Deutschland übernehmen könne. � Dieser Plan Bismarcks erschien den Liberalen grauenhaft. Das Bürgertum betrachtete Deutschland als eine ideelle Einheit, ihm er- schien ein deutscher Bruderkrieg als etwas unerhörtes, und Bismarcks Plan erschien deshalb den Liberalen als Kabinettspolitil und Landes verrat.— Das beste Mittel gegen die Politik Bismarcks wäre es ge� ivesen, wenn der Nationalverein eine Nationalversammlung nach Frankfurter Muster einberufen hätte, die den Versuch gemacht haben würde, die dynastischen Streitigkeiten zu entscheiden und die Frage auf diese Weise zu lösen.— Aber der Nationalverein tat nichts der- artiges. Er erließ am 14. Mai 1866 nur einen Aufruf an feine Mitglieder,, die er aufforderte, gegen den Bruderkrieg und für die Einberufung eines deutschen Parlaments zu agitieren. Da» geschah zu einer Zeit, wo sich die preußischen Regimenter rüsteten, um nach Sachsen zu marschieren.— Sobald mit eisernen Würfeln gespielt werden sollte, kroch der Vorstand des Nationalvcreins hinter seine Mitglieder und was er von ihnen verlangte, das war nichts anderes, als daß sie am Biertisch große Reden führen sollten. Im Gegensatz zu dem Verhalten des Nationalvereins steht eine Aktion, welche die Arbeiter, so schwach sie auch noch waren, unter nahmen. Im„Sozialdemokrat, dem durch von Schweitzer redi gierten Blatte des Allgemeinen deutschen Arbeitervereins , wurde daS Verhalten des Nationalverein« als unsinnig und töricht bezeichnet und ausgeführt, daß die deutsche Einheit nur zu erlangen sei durch eine deutsche Revolution im Anschluß an den Krieg zwischen Preußen und Oesterreich. Auch Bebel erklärt« damals in Leipzig , es komme jetzt nicht auf die Erhaltung des Friedens an, sondern vielmehr darauf, daß das Volk auf seiner Hut sei, dah sich aus dem Kriege zwischen den beiden Kabinetten die deutsche Revolution entwickele, welche die deutsche Einheit in demokratischem Sinne verwirkliche. Das war die Stimmung der jungen Arbeiterpartei. Sie war noch nicht stark genug, unt handelnd in den Gang der Dinge einzu- greifen, aber sie war sich bewußt, daß dieser Krieg die letzte Ge. legenheit sein würde, um die demokratische deutsche Einheit durchzu- setzen.— Alle Erwartungen, die man in dieser Hinsicht an den Krieg von 1866 knüpfte, sind durch den unerwartet raschen Sieg Preußens über den Haufen geworfen worden. Man hatte mit einer längeren Dauer und wcchseliiden Erfolgen des Krieges gerechnet. So wäre Zeit gewesen, um eine große Volksbewegung zugunsten der demo- kratischen Einheit anzufachen. DaS ist nun durch den vaschen Sieg Preußens unmöglich geworden. Der Sieg der preußischen Einheitstendenz war nun entschieden. Nach ihrem Siege im Felde war die preußische Regierung stark �c- nvg, um den Liberalm die Hand zu reichen und um Indemnität wegen der verfassungswidrigen Ausgaben der Vorjahre nachzusuchen, die ihr denn auch gewährt wurde. Die Gewährung der Indemnität ist schon dadurch eine klägliche Sache, daß die Liberalen dadurch an- erkannten, die Regierung sei sachlich im Recht gewesen, aber noch kläglicher wird diese Angelegenh.-it dadurch, dah die Regierung aus- drücklich erklärte, sie gebe keine Garantie dafür, daß sie in Zukunft nicht noch einmal verfassungswidrig regieren werde. Trstz dieser Kriegserklärung stimmte die überwältigende Mehrheit der Liberalen. die sich nun naiionalltberale Partei nannten, der Jndemnitatsvor- Utae m. es kam ihnen nur darauf cm, sich aus der scyßefen �bge zu ziehen, in die sie sich während der vorhergegangenen Jahre gebracht hatten! In dieser Frage hat die Krone.jrber nicht der L-deral-smus gesiegt. Was 1866 und 1871 zum Siege gelangte, das-st die dynastische Politik des Königs von Preußen, d-e 1849 schon dem Siege nahe war, aber durch Oesterreich und Rußland daran ver- hindert wurde.— Die bürgerliche Tendenz der deutschen Einheit ist zu jener Zeit zum zweiten Male und zwar endgültig besiegt worden. Von den vier Einhcitstendenzm, die sich 1848 gegenüber standen, ist jetzt nur noch übrig geblieben die preußisch-dynastische, die gesiegr hat, und die proletarisch-demokratische, die in der nun folgenden Zeit feste Formen annahm.— Wie nun diese beiden Mächte mit einander ringen, wie die proletarisch-demokratische Bewegung das Erbe der alten Einheitsbewegung übernimmt, die nun in der steigenden Ar- beiterbewegung ihren Zentralpunkt findet, und wie der Liberalismus mehr und mebr von seinem alten Programm aufgibt, daS soll im nächsten und letzten Vortrage gezeigt werden. Versammlungen. Erklärung. Die Erklärung des Genossen Gerisch in der gestrigen Nummer des„Vorwärts" habe ick, mit großem Erstaunen gelesen, denn sie steht in direktem Widerspruch* mit den auf diese Sache getanen Aeußerungen des Genossen Ebert in der Versammlung am Sonn- abend. Der Genosse Ebert sagte lant Versammlungsbericht des„Vor- wärts"(und der„Vorwärts" gibt diese Stelle richtig wieder): Ja, der Genosse Gerisch hat an jenein Morgen, als wegen dieser Angelegenheit die erste Unterredung zwischen-hm und Cohen statt- fand, zu Cohen sogar ausdrücklich gesagt:„Wenn Euer Bedarf nicht gerade in die Hnnderttausende geht, dann wird keine Sammlung vorgenommen." Nach dieser in beftiinmiester Weise vorgebrachten Aeußerung mußten wir annehmen, die Erklärung des Genossen Gerisch soll am Freitag, den 4. Mai. früh(ine Zeit der ersten Unterredung) erfolgt sein. WnZ aber erklärt der Genosse Gerisch im gestrigen.Vorwärts"? Am Morgen nach der Sitzung der Berliner Parteifunktionäre traf ich den Genossen Cohen im Bureau usw. Am Morgen»ach der Siyimg der Parteifunktionäre war aber Sonnabend, den 5./5. früh. Merkwürdig ist es ja nun. daß den, Genossen Ebert bei der Wiedergabe der Erklärung de? Genossen Gerisch gerade in bezug ans die Zeit, wo diese Acntzerimg gefallen sein soll, ein solch bedeutungs- voller Irrtum unterläuft. Denn zwischen Freitag früh und Sonnabend früh fand die Sitzung in Ober- Schöne weide statt, in welcher ich die bekannte Aeußerung tat. Doch die ganze Angelegenheit soll, wenn ich es verhindern kann, keine Sceschlange werden, deshalb will ich den Faden auch nicht weiter spinnen. Aber darauf mutz ich noch hinweisen, bei meiner Aeußerung vom Sonnabend, den 19. d. M.> bez. der 100009 M. bleibe ich, aber selbst wenn die Aeußerung deS Genossen Gerisch getan ist, konnte sie, weil an, Sonnabend erfolgt, auf meine Aeußerungen am Freitag keinen Einfluß ausüben. Berlin , den 23. Mai 1906. Adolf Cohen. Hierzu will ich bemerken, daß es fachlich ganz gleichgültig ist, ob der Genosse G e r i s ch die fragliche Mitteilung am 4. oder am 6. Mai dem Genossen Cohen gemacht hat, weil Cohen— wie er in seiner Erklärung im„Vorwärts" von, 13. Mai auch selbst zu- gibt— am Montag, den 7. Mai, also immer noch zwei Tage später, den Genossen von Ober-Schöneweide erklärte:„Wenn Ihr von der Partei auch nur 1090 M. losmacht, dann könnt Ihr mehr wie Brot essen." Auf weitere Auseinandersetzungen werde ich mich nicht mehr ein« lassen, da die von Cohen bestrittenen Tatsachen nun wahrlich zur Geniige festgestellt sind. � Fr. Ebert. In der Erklärung deS Genossen Ebert in der Donnerstag« numiner muß es natürlich nicht„Konstatiernorm", sondern„Konsta- tierungen heißen. Die Erklärung des Genossen Cohen ging uns schon am Mitt- ivoch zu, leider zu einer Zeit, in der wir über den Raum des Blattes schon disponiert hatten. Wir bringen sie deswegen erst heute. Red. Der Handels«, Transport- und VerkehrSarbeiter-verltmid, Ortsverwaltung I, hielt am 19. Mai seine ordentliche General« Versammlung für daS erste Quartal ab. Vor Eintritt in die Tages- ordming ehrte die Versammlung das Andenke» von 13 Kollegen, ivelche im Laufe des Quartals verstorben sind. Sodann teilte der Bevollmächtigte mit, daß der Berbandsansschuß de» Antrag der Berliner Generalversammlung auf Bewilligung einer Teuerungs- zulags für die Verbandsbeamten abgelehnt habe. Nach Bericht« erstattung über die zurzeit bestehenden Streiks und Mai«Aus- sperrnngen gab der Kassierer S t e i n i ck e den Kassenbericht. Der Bericht zeigt folgende Zahlen: Einnahme(iull. eines örtlichen Kassenbestandes von 29 12ö.89 M. cim 31, Dezember 1905) insgesamt 104 672,00 M., Ausgabe 72 295,83 M., mithin am 1. April ein örtlicher Kassenbestand von 32 277,07 M. Der Ueberschuß beträgt 3161,13 M._ An die Hauptkasse wurden 64 262,30 M. abgeliefert; dieselbe zahlte an die Mitglieder der örtlichen Verwaltung für Kraiilen« und Sterbebeihiilfe, Arbeits- losen-, Rechtsschutz- und Stretkuutcrstiitzung 21 643,89 Mark. Die Mitgliederzahl betrug am 1. April 17 042 männliche und 56« weibliche. Der Kassierer bemängelte, daß noch eine große Anzahl Mitglieder mit ihren Extrabeiträgen während der Aussperrung in der Elektroindustrie sin Rückstände sind. Hierauf gab Härling folgenden Bericht über den Arbeitsnachweis: Arbeitslos waren am Schlüsse des 4. Quartals 1906 142 Kollegen, im Laufe deS 1. Quartals meldeten sich neu 1306 Kollegen, zu- sammei» also 1447 Kollegen. Arbeitslos blieben am Schluß des 1. Quartals 96 Kollegen. 303 unterstiitzuugsberechtigte arbeitSloso Kollegen erhielten für 4911 Tage 6453,26 M. insgesamt Arbeitslosenunterstützung. lieber die Iveitere Anstellung von zivei Beamten für die Ver- waltung Berlin I berichtet Werner, daß 21 Kollegen ihre Ve- Werbungsschreiben eingereicht haben. AuS der Reihe der Bewerber habe der Hauptvorstand und die innere Verwaltung die Kollegen W e r t in a n n- Hamburg und W a c l a Iv i a ck- Berlin zu Beamten in Vorschlag gebracbt. Die erweiterte Ortsverwaltung habe diesen Vorschlag jedoch nicht gutgeheißen, dieselbe schlage dem Haupt- vorstand die Kollegen Franke- Rixdorf und L a m p r e ch t- Hain- bürg vor. Nach Lage der Sache empfehle er der Generalversammlung ebenfalls, dem Beschluß der erweiterten Verwaltung beizutreten. lieber diese Angelegenheit entspinnt sich eine längere lebbafts Debatte, die schließlich damit endet, daß die Versammlung beschließt, die AnstcllungSfrage nochmals dem Zentralborstand und der erweiterten Verwaltung zur gemeinsamen Beratung zu überweisen. Wegen StreikbruchS werden sodann die Mitglieder Otto Dörr , Franz Bork. Paul Ziehm, Ferd. Zehm, Karl Prause. Karl Sckmac! und Oskar Schäfer von der Versammlung aus dem Verbände aus- geschlossen._ Angegangene Druckschriften. Plutu». Kritische Wochenschrift für Volkswirtschaft und Finanzwesen (HerauSg-ecr! Georg Bernhard ). 2t. Hest.(Abonnement, cinschli-fchch der PIntus-Merltasei vierteljährlich per Post und Buchhandel 3,60 lvt., direlt oom Verlag 4 M. Verlag Vcrlin-Charlollciiburg, Goethestr. öS.) A. Petrovic. Wahrheit und Trug im Sozialismus. 144 Sellen Preis 2 M. Verlag H. Walther, Berlin W. 30. Ö"
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