wollte von Lohn überhaupt nichts hören und ließ deshalb die Arbeiter gar nicht mehr zu Worte kommen. Die Unter- nehmer brachen dann die Verhandlungen ab. Es ist also zweifellos, daß die Unternehmer den Kampf selbst weiterfuhren wollten und die ganze» Verhandlungen in allen Städten nur geführt sind, uni den Anschein zu erwecken, als sei man zum Frieden geneigt. Ain Freilag nahmen die Streikenden das Resultat der Kommission entgegen und beschlossen darauf einstimmig folgende Resolution: Die heutige Fornier- und Gießereiarbeiter-Versamnilung nimmt mit Entrüstung Kenntnis von dem unbefriedigenden Verlauf der Verhandlungen vom 23. Mai über die Abänderungsvorschläge der Arbeiter und betrachtet die bis jetzt gemachten Zugeständnisse für durchaus»ngeiingend und unannehmbar, sie bedauert namentlich im Hinblick auf die Zurücknahme der Forderung von Mindest- löhnen seitens der Arbeiter die gänzliche Ablehnung jedweder Lohn- erhöhung, insbesondere der schlcchtcst entlohnten Arbeiter. Durch dieses schroff ablehnende Verhalten haben sich die Mctallindustriellen Hannovers in Widerspruch mit ihren Kollegen in vielen Städten Deutschlands gesetzt und nicht zuletzt mir der Metallindustrie in Dresden , Braunschweig , Offen bach und Frankfurt a. M., die die Löhne der Former und Gietzereiarbeiter neu vereinbarte. bei der Aufbesserung besonders die niedrigsten Löhne berücksichtigte und gewährleistete. Die Versammlung hält deshalb, und weil nur ein die Arbeiter befriedigendes Uebereinkominen den Frieden in der Metallindustrie garantiert, an den Abänderungsvorschlägen als geeignetste Grund läge zu einer Verständigung fest. Die Versammlung bekräftigt aufs neue ihre Bereitwillig keit zu lv eiteren Verhandlungen, erklärt aber zugleich. daß den Mctallindustricllrn Hannovers die volle V e r> antwortung zufällt, wenn es wegen ihres halsstarrigen Ver Haltens zu einer Aussperrung von Hunderttausenden von Metall- arbeitern in Deutschland kommt. Die Leitung der Versammlung wird beauftragt, diese ihre ernste Kundgebung dem Bezirksver bände der Metallindustriellen in Hannover , dem Gesamtverbande deutscher Metallindustrieller und seinen sonstigen Bezirksverbänden als Material zur Information zuzusenden. Im Distrikt Halle ist die Kündigung ebenfalls teilweise er- folgt. In der Kündigung heißt es: „Unseren Arbeitern teilen wir mit, daß wir uns leider genötigt sehen, einmiitig mit den übrigen deutschen Metallindustriellen den Beschluß zu fassen, am 2. Juni zunächst drei Fünftel unserer Arbeiter zu entlassen, wenn bis zu diesem Tage bei den im Streik befind lichen auswärtigen Firmen der Metallindustrie eine Wiederaufnahme der Arbeit nicht erfolgt ist. In erster Linie soll diese Maßnahme die dem Deutschen Metall� arbeiter- Verband angehörigen Arbeiter treffen....„Wir wollen' hoffen, daß sich die Dmge bis zum 2. Juni noch dahin wenden, daß wir von einer so ernsten Maßnahme ganz absehen können.' Mai 1903. Der Verband der Metallindustriellen von Halle(Saale) und Umgegend. Auf Grund des vorstehenden Beschlusses kündigen wir Ihnen per 2. Juni er.(Unterschrift.) Dagegen erhalten wir von anderer Seite friedlich klingende Mitteilungen. So meldet uns ein Privattelegramm: Braunschwcig, 26. Mai. Ein. Versammlung der Former, die heute vormittag hier tagte, nahm folgende Resolution an: „Die heute am 26. Mai in Braunschweig tagende Former und Gießereiarbeiter-Versammlung hat von den Berichten der Betriebskommisstonen Kenntnis genommen und erklärt die schwebenden Differenzen in den Gießereibetrieben für beseitigt. Sie beschließt, unter den vorgelegten Bedingungen die Arbeit aufzunehmen, wenn die Aussperrung aufgehoben ist.' Kerlin und Omgegend. Deutscher Metallarbeiterverbant». Die Gasmesser- und Gasofenfabrik in Mariendorf ist für sämtliche Metallarbeiter gesperrt. Iie Ortsverwaltung. Achtung! Nabitzputzer, Spanner und Träger! Die Sperre bei der Firma Otto S t ü w e, Hagelbergerstr. 35. ist hiermit aufgehoben; die Differenzen sind beigelegt. _ Der Sektionsvorsdand. Tarifforderungen der Buchbinder. Nachdem die Buchbindereibesitzer die Maifeier in Berlin zu einer Aussperrung in den drei Tarifstädten benutzt und damit den noch bis zum 31. August gültigen Tarif gebrochen haben, sind die Vertreter der Gehülfenschaft übereingekommen, nun zugleich F o r- deruwgen für eine neue Tarifgemeinschaft zu stellen. Mit diesen Forderungen befaßte sich am Freitag eine öffentliche Versammlung der Buchbindereiarbeiter und-Arbeite- rinnen, die Kellers großen Saal füllte. Der Verbandsvorsitzende Kloth hielt das Referat und wies darauf hin, daß es sich nun bei der Aussperrung infolge der Taktik der Unternehmer nicht mehr um einen Kampf wegen der Maifeier, sondern um einen Kampf um die Erneuerung der Tarifgemein- s ch a f t handelt.— Die Forderungen, die in gemeinsamer Be- ratung von Vertretern der Kollegenschaft von Berlin . Leipzig und Stuttgart aufgestellt worden sind, wurden von der Versammlung gutgeheißen. Es wird für Berlin eine Erhöhung des Minimal- lohnes für Gehülfen von 48 auf 54 Pf. verlangt, für geübte Ar- beiterinnen von 29 auf 31 Pf. Aehnliche Erhöhungen werden für die Minimallöhne der Spezialarbeiterinnen und der Arbeiter an bestimmten Maschinen verlangt. Für alle Arbeiter und Arbeite- rinnen, deren Lohnverhältnisse durch die geforderten Minimal- löhne nicht verbessert werden, wird eine Zulage von 16 Proz. verlangt. Von den übrigen Forderungen sind hervorzuheben: ein Verbot der Heimarbeit, die sich namentlich in Leipzig einzubürgern beginnt, und eine genaue Abgrenzung der Frauen- und Männer- arbeit, wodurch den: Zustand entgegengewirkt werden' soll, daß Arbeiterinnen mit ihren geringen Löhnen als Schmutzkonkurrcnten der Männer ausgenutzt werden. Nach lebhafter Diskussion, die erkennen ließ, daß die Ver- sammelten einmütig bereit sind, einen, wenn es sein muß, langen und opferreichen Kampf mit aller Energie durchzuführen, wurde folgende Resolution einstimmig angenommen: „Die Versammlung verurteilt aufs schärfste das Vorgehen des Verbandes deutscher Buchbindereibesitzer, da durch die von diesem Verband systematisch betriebenen Aussperrungen in Leipzig und Stuttgart , welche in gar keinem Zusammenhang mit der Mai- feier in Berlin stehen, bewiesen wird, daß die Maifeier nur zum Vorwand diente, um ganz andere Pläne als die angegebenen zu verwirklichen. Die Versammlung kann daher nur konstatieren, daß diese Aussperrungen den Bruch einer der wichtigsten. Bestim- mungen des Tarifs, wonach die Tarifgemeinschaft! bis zum LI. August 1966 gilt, bedeuten. Dementsprechend brandmarkt die Versammlung alle gegenteiligen Behauptungen, wie die, daß der Tarif nicht von den Prinzipalen gebrochen sei und weiter bestehe, als bewußte Unwahrheiten, nur dazu bestimmt, die wahren Ziele jenxr Herren zu verdecken, die darauf hinauslaufen, den Einfluß des Deutschen Buchbinderverbandes und seiner Mitglieder auf die Gestaltung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse aufzuheben und an deren Stelle die bedingungslose Unterwerfung unter den Willen der Führer des Verbandes deutscher Buchbindereibesitzer zu setzen. Einer solchen tatsächlichen Vernichtung des gesetzlich gewähr- leisteten Rechtes auf den freien Arbeitsvertrag verspricht die Ver- sammlung mit aller Energie entgegenzutreten und rechnet dabei auf die volle Unterstützung der gesamten Kollegenschaft und Ar- deiterschaft. Die Versammlung hat von den aufgestellten Forderungen Kenntnis genommen, erkennt ihre Durchführung in Anbetracht der selbst vom Buchbindercibesitzerverband zugegebenen Preissteigerung aller Lebensbedarfsmittel als unbedingte Notwendigkeit an, und beauftragt die Vertreter des deutschen Buchbinderverbandes, diese Forderungen beim Verband der Buchbindereibesitzer einzureichen. Die Versammelten weisen mit Entrüstung die Unterstellung zurück, als seien sie eine„blind ihren Führern gehorchende Masse" da unsere Führer lediglich das ausgeführt haben, zu dem sie von den Mitgliedern des Buchbinderverbandes verpflichtet waren. Schließlich erklären die Versammelten, daß sie sich niemals unter das Joch einer Tarifgemeinschaft beugen werden, die in einseitiger Weise den Interessen der Unternehmer Rechnung trägt. Sie werden in solchem Falle um so lieber von dem Abschluß einer Tarifgemeinfchast überhaupt absehen, als man nach den letzten VoD kommnissen nicht sicher ist, daß die abgeschlossenen Tarifverträge in Zukunft von solchen Unternehmern eingehalten werden. Die Verantwortung für die daraus entstehenden Folgen für unser und die verwandten Gewerbe mutz die Versammlung dem Verband deutscher Buchbindereibesitzer und seinen Führern übev lassen."_ Achtung! Holzarbeiter! Sämtliche Maschinen- und Hülfsarbeiter— 25— der Deutschen Hausbau-Gesellschaft in Golm bei Potsdam sind in den Streik getreten wegen Verweigerung der neunstündigen Arbeitszeit und 46 Pf. Stundenlohn. Zu diesem Konflikt ist zu be> merken, daß die verlangte Verkürzung der Arbeitszeit von zehn auf neun Stunden auch für die Maschinenarbeiter usw. sonst schon im ganzen Betriebe eingeführt ist. Da alle in Frage kommenden Ar beiter im Deutschen Holzarbeiterverband organisiert sind, so ist der Erfolg sicher, wenn Zuzug ferngehalten wird. Die Korbmacher der Glashütte in Stralau forderten eine geringe Aufbesserung ihrer Lohnverhältnisse. Bei den Verhandlungen er- klärte die Direktion, diesen Zweig des Betriebes eingehen lassen zu wollen. Welchen Wert diese Erklärung hat, beweisen Inserate in bürgerlichen Blättern, wo die Firma Korbmacher sucht. Auch soll die Firma beabsichtigen, Lehrlinge zu beschäftigen. Er wähnen wollen wir, daß hier nur einige'Sotten Körbe zu erlernen sind, und daß sich dann nach beendeter Lehrzeit der Lehrling doch erst weiter ausbilden müßte. Die Korbmacher werden gebeten, den Betrieb streng zu meiden. Wahlkampf in der Ortskrankenkasse des Schlächtergewerbes. Zwischen der Innung bezw. ihrem Anhang und den organisierten Schlächtergesellen spielt sich seit einiger Zeit ein Kampf ab, der sich um die Delegiertenwahlen zur Ortskrankenkasse des Schlächter gewerbes dreht. Die Wahlen, welche im November vorigen Jahres stattfanden, sind auf eine Beschwerde der gewerkschaftlich organi- sierten Fleischergesellen hin als ungültig erklärt worden, weil die Jnnungsfreunde durch statutenwidrige Unregelmäßigkeiten eine Mehrheit erlangt hatten. Im Februar d. I. wurde die Wahl zum zweitenmal vorgenommen. Diesmal erlangte die Liste der Ge- werkschaft die Mehrheit und nun erhoben die innungsfreundlichen Gesellen, vertreten durch den Altgesellen. Protest gegen die Wahl. Von einer großen Reihe von Beschwerdepunkten, welche sie vor- brachten,.erkannte die Aufsichtsbehörde jedoch nur einen als be- gründet an, nämlich den, daß die Wähler nicht daraufhin kon- trolliert worden seien, ob sie am Wahltage auch noch Mitglieder der Kasse waren. Man hatte sich zwar seit Jahren damit begnügt. daß die Wähler ihre Kassenbücher als Legitimation vorwiesen, jetzt aber erklärte die Aufsichtsbehörde diese Art der Legitimationen als ungenügend und verlangte, daß die Mitgliedschaft der Wähler aus den Mitgliederlisten der Kasse festgestellt werde. Weil das nicht geschehen war, so wurde auch die zweite Wahl als ungültig erklärt und die Mitglieder der Ortskrankenkasse des Schlächtergewerbes haben am 29. Mar zum drittenmal eine Delegiertenwahl vorzu- nehmen.— Der Agitation für diese Wahl diente eine öffentliche Fleischergesellen-Versammlung, die am Donnerstag im Musiker- saal tagte. Nachdem Gewerkschaftssekretär Ritter einen Vortrag über die Bedeutung der Selbstverwaltung in den Krankenkassen gehalten hatte, gingen Krause und H e n s e l auf die besonderen Verhältnisse in der Ortskrankenkasse des Schlächtergewerbes ein. Sie führten unter anderem aus: Es sei zweifellos, daß bei dem Wahlprotest auch die Innung ihre Hand im Spiele gehabt habe, und daß die Gesellen, welche den Wahlprotest erhoben und unter- stützten, nur vorgeschobene Personen seien, welche für die Interessen der Innung arbeiten. Den Jnnungsmeistern sei es natürlich nicht recht, daß die gewerkschaftlich organisierten Gesellen die Mehrheit der Delegierten bilden, und sie bemühen sich deshalb, eine Mehrheit zustande zu bringen, die aus gefügigen Werkzeugen der Innung zusammengesetzt ist. Der Altmeister Beust fahre bei den Schlächter- meistern herum zrnd agitiere dafür, daß die Gesellen für die Liste stimmen, welche man als die Liste der Innung bezeichnen könne.— Die organisierten Gesellen müßten nun dafür sorgen, daß die Bemühungen der Innung und ihrer Gefolgschaft vereitelt werden. Es müsse eine lebhafte Agitation entfaltet werden für die gewerkschaftliche Liste, welche von der freien und der christlichen Gewerkschaft gemeinsam auf- gestellt ist.— Die bisherige Mehrheit der Kastenverwaltung, welche ebenfalls aus gewerkschaftlich organisierten Vertretern bestand, habe verschiedene Verbesserungen eingeführt: Erhöhung der Dauer und des Satzes der Unterstützung, sie habe auch die Meister aus- findig gemacht, welche die Kassenbeiträge nicht ablieferten.— Wenn eine meistertreue Mehrheit gewählt würde, dann könnten diese Verbesserungen im Kassenwesen wieder verloren gehen, und die alte Lotterwirtschaft könnte wieder einreißen, bei der es möglich war, daß der frühere Rendant 6666 M. unterschlagen konnte und der damalige Vorsitzende, ein Meister, diese Angelegenheit zu ver- schweigen suchte.— Die Vertreter der organisierten Gesellen hätten diese Mißwirtschaft beseitigt. Um die von ihnen geschaffenen besseren Verhältnisse zu erhalten, müsse die Liste der Hand in Hand gehenden Verbände gewählt werden. Oeutfcffes Reich. Der Zentralverband der Zimmerer hat im Gau Branden- bürg während der letzten Wochen noch in folgenden Ortschaften Tarifverträge mit den Unternehmern abgeschlossen: In Buch auf ein Jahr bei einer Lohnerhöhung von 65 auf 76 Pf. pro Stunde unter Beibehaltung der neunstündigen Arbeitszeit. In Reppen ebenfalls einjähriger Vertrag, Lohnerhöhung von 36 auf 32� Pf. und Beibehaltung der zehnstündigen Arbeitszeit. In Königs-Wu st erhausen einjähriger Vertrag, Lohnerhöhung von 65 auf 66 Pf., neunstündige Arbeitszeit wie bisher. In Eberswalde zweijähriger Vertrag, Lohnerhöhung von 56 auf 52 Pf., vom 1. Juli d. I. ab 53 Pf. und vom 1. April nächsten Jahres ab 55 Pf., die Arbeitszeit bleibt wie bisher eine 9l4stündige. In I ü t e r b o g' einjähriger Vertrag, Lohnerhöhung von 46 auf 42 Pf., zehnstündige Arbeitszeit wie bisher. In Zehdenick. r a n s e e und Angermünde kam es zu mündlichen Verein- barungen. wobei der Löhn von 38 auf 46 resp. 46 auf 42% Pf. und in Zehdenick vom 1. Juli d. I. ab auf 45 Pf. erhöht wurde. Die zehnstündige Arbeitszeit bleibt bestehen. In Velten bequemten sich >ie Unternehmer nach fünfwöchentlichem Streik der Zimmerer zu einer Arbeitszeitverkürzung von 16 auf 9% Stunden und einer so- ortigen Lohnerhöhung von 56 auf 55 Pf., die vom I. Juli d. I. ab auf 57% Pf. steigt. Der Vertrag gilt auf zwei Jahre. In Cammer, einem rein ländlichen Lohnbezirk, der 16 kleiner« Ortschaften umfaßt, wurde ebenfalls nach sünfwöchentlichcm erfolgreichen Streik ein einjähriger Vertrag abgeschlossen, mit Lohn- erhöhungen von 35 auf 37 Pf. für den ersten Distrikt, von 38 auf 46 Pf. für den zweiten Distrikt und von 33 auf 42 Pf. für den dritten Distrikt. Die zehnstündige Arbeitszeit bleibt allerdings auch hier bestehen. Der Streik im mitteldeutschen Kohlenrevier ist beendet. Uns gehen folgende Telegramme zu: Weißenfels , 26. Mai. Der Streik der Braunkohlcnarbeiter ist nach einem heute nachmittag gefaßten Beschlüsse der in dem hiesigen Braunkohlenrevier abgehaltenen Versammlungen der Ausständigen beendet worden. Am Montag wird dem„Weißenfelser Tageblatt' zufolge die Arbeit allgemein wieder aufgenommen werden. Meuselwitz , 26. Mai. In der heute nachmittag hier abgehaltenen Bergarbeiterversammlung wurde, wie das„Meuselwitzer Tageblatt' meldet, f a st e i n st i m m i g der Beschluß gefaßt, Montag, den 28. Mai die Arbeit auf denjenigen Werken wieder aufzunehmen, die bindende Zusagen abgaben und die neunstündige Schicht einführen wollen. Im Meuselwitzer Revier haben nur drei Werke keine bindende Zusage abgegeben. Diese Mitteilungen werden UNS durch ein Privat- telegramm bestätigt. Dreihundert Bauarbeiter sind zu Bautzen in den Ausstand getreten da die Arbeitgeber ihre Forderung auf 46 Pf. statt 35 Pf. Stundenlohn und zehnstündige statt der bisherigen elfstundigen Arbeitszeit nicht bewilligt haben. Christliche Gewerkschaften und christliche Unternehmer. Im Kreise Kleve , der schwärzesten Ecke Preußens, an der holländischen Grenze, wird momentan ein Stück Klassenkampf in der Zentrums- Partei ausgefochten. In einigen Orten des Kreises versuchten die freien Gewerkschaftler die Arbeiter zu organisieren. Diesen Ver- such zu machen, erforderte schon der Selbsterhaltungstrieb der Or- ganisierten in den größeren Städten der Rheinprovinz , weil aus dem Kreise die meisten Streikbrecher geholt werden. Die Lage der dor- tigen Arbeiter ist so erbärmlich, daß sie leicht zu überreden sind, unter besseren Bedingungen auch als Arbeitswillige zu fungieren, war ihnen das Wort Solidarität bisher doch ein fremder Begriff. Es gelang den freien Gewerkschaftlern nicht, festen Fuß zu fassen; die Hetze der Pfaffen und der Zentrumspresse verschuldete es. daß kein Wirt sein Lokal zu Versammlungen oder Zusammenkünften her. gab. Die christlichen Führer fühlen sich stets erst veranlaßt, die Ar- beiter in gewerkschaftliche Organisationen zu sammeln, wenn Ver- suche von den freien Gewerkschaftlern oder von den Sozialdemokraten gemacht werden, in die sonst vom Zentrum beherrschten Gegenden einzudringen. So auch hier. Besonders war es der christliche Holz- arbciterverband. der eine eifrige Propaganda entfaltete. Die Holz- arbeiter schlössen sich auch zahlreich der Organisation an, doch ver- langten sie nach kurzer Zeit schon, daß die Versprechungen, die ihnen gemacht, Verbesserung ihrer Lebenslage, auch erfüllt wurden. Wohl oder übel mußte der Vorstand des christlichen Holzarbeiterverbandes die Forderungen der Arbeiter formulieren und dieselben den in Be- tracht kommenden Innungen vorlegen. Die Förderungen waren sehr bescheiden, die Herabsetzung der Arbeitszeit von 12 auf 10 Stunden. Zahlung eines Stundenlohnes von 26 Pf. für Vollgesellen und 25 Pf. für angehende Gesellen. � Die Antwort der Unternehmer war kurz und bundig. s,e lehnten nicht allein sämtliche Forderungen ab, sondern verlangten auch noch den Austritt aus der christlichen Holzarbeiterorganisation. Sie haben sich durch Unterschrift verpflichtet. 306 M. für jeden Fall zu zahlen, in welchem sie noch einen organisierten Arbeiter beschästigen. Einen solchen Ausgang hat die Zentrumspresse nicht erwartet, ihr ist die Sache sehr unangenehm, weil die Unternehmer samt und sonders st ramme Zentrumsmänner sind. Es wird deshalb in der Presse zum Frieden geraten; doch bestehen die Unter. nehmer auf dem Austritt, auch haben die letzteren jede Verhandlung mit den Führern der christliche:, Organisation abgelehnt und in Kleve allein schon über 56 Gehülfen auf die Straße geworfen, weil diese sich weigerten, eine Austrittserklärung zu unterschreiben. Hier wird den katholischen Arbeitern ein Stück Klassenkgmpf von den eigenen Parteigenossen aufgezwungen. Ausland. Der Arbeitgeberverband in Innsbruck erklärte die Aus- sperrung der Bauarbeiter für aufgehoben, so daß die Arbeit am Montag wieder aufgenommen wird. Der Ausstand der Tischler und Maler dauert fort._ Letzte jVaebnehten und Depefeben, Beendete Aussperrung. Innsbruck , 26. Mai.<B. H. ) Die hiesige Genossenschast der Baugewerbe hob infolge behördlicher Intervention die AuSlperrung der Arbeiter auf._ Racheakt. Madrid , 26. Mai. (B. H. ) In Navaluenga wurde der Gemeinde- richter Terizo auf offener Straße im Betsein seiner Gattin und Töchter von mehreren Männern, welche er kürzlich zu Gefängnis- strafen verurteilt hatte, nbersallen und durch Dolchstiche getötet. Einer der Töchter wurden die Finger der rechten Hand abgeschnitten, als sie versuchen wollte, ihren Vater zu retten. Die Mörder wurden verhaftet. Die russische Regierung auf der Anklagebank. Petersburg, 26. Mai. (W. T. B.) Duma. Nachdem Goremykin die Erklärung verlesen hat, die sofort an die Deputierten verteilt wird, ergreift Nabokoff unter allgemeiner Erregung das Wort und gibt seiner Enttäuschung Ausdruck; er sagt, man habe die Versicherung abgegeben, daß die Entlassung Wittes den Eintritt des neuen Ministeriums in den Weg der Konstitution bedeuten sollte, das sei aber leider ein Irrtum gewesen, die Hauptfrage, die Amnestie, die das ganze Volk bewege, sei unbedingt ablehnend be- schieden worden. Die Erklärung des Ministeriums bedeutet die Kriegserklärung an das Land, das rot sei, nicht infolge von Re» volution, sondern infolge der Politik der halben Zugeständnisse der Regierung.(Stürmischer anhaltender Beifall.) Roditscheff be- steigt die Tribüne und, sich andauernd gegen die Minister wendend. sagt er mit durchdringender Stimme und ausdrucksvollen Ge- bürden: Die alte Politik dauert fort, die Politik der Ber - gcwaltigungen und des Kriegszustandes, die Verbrechen hervor- ruft, die Beruhigung ist auf diese Weise undurchführbar. Die Re- gierung teilt immer das Land ein in gefährliche und sichere Beute, in angenehme und unangenehme Beute. Der Redner spottet über die Haltung des Ministeriums gegenüber den Bauern, da sie die frühere Bevormundung durch besondere Fürforgemittel ersetzen wolle.(Lebhafter Beifall auf den Bänken der Bauern.) Roditscheff geht dann auf die Rechtsfrage über, deren Lösung dem Volke und nicht der Regierung zukomme, die sich der gesetzgebenden Macht unterwerfen müsse. Obgleich die Verantwortlichkeit der Minister noch nicht eingeführt sei, so hoffe die Duma, daß das Bewußtsein der Notwendigkeit eine solche Verantwortlichkeit sich doch dem Geiste der Regierung eingeprägt habe. Wenn sie sich dieses Bewußtseins nicht begeben habe, so müsse sie einem neuen Ministerium Platz machen._ Nahrungsmittel-Schweinereien. New Jork , 26. Mai. (B. H. ) Infolge von Enthüllungen über Unreinlichkeiten bei Herstellung von für den inländischen Konsum be» stimmten Fleischkonserven nahm der Senat eine strenge JnspektionS- bill an. Die Enthüllungen zeigten, daß erkrankte Tiere im geheimen geschlachtet und verarbeitet wurden, die Arbeiter höchst unreinlich und manche schwindsüchtig waren, sowie daß Tausende von Ratten, von denen viele in die Maschinerie gerieten, mit in die Konserven verarbeitet wurden. VeraytS. Redakteur; Hans Weber. Berlin . Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Kerlin. Druck u.Perlgg: BorwörtsBuchdr.u.Perlagscmstglt PgiZ Singer Lc C.y., Be:l.ig 5W. Hiera» 5 Beilagen.
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