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Lohe.

Nr. 121. 23. Jahrgang.

Reichstag .

1. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt.

112. Sigung bom Sonnabend, den 26. Mai, bormittags 11 Uhr.

Am Bundesratstische: Graf Posadowsky, Erbprinz zu Hohen­Vor Eintritt in die Tagesordnung teilt der Präsident Graf Ballestrem mit, daß, wenn an einem Lage mehrere Sizungen statt­finden, die Abgeordneten sich nur einmal in die Anwesenheitsliste einzutragen brauchen. Ohne Debatte erteilt das Haus dem Antrage des Bundesrats, den Reichstag bis zum 13. November zu vertagen

feine Zustimmung.

Es folgt die zweite Beratung des Handels- und Schiffahrts­vertrages mit Schweden .

trages.

Die Kommission beantragt unveränderte Annahme des Ver­Die einzelnen Artikel des Vertrages werden debattelos an.

genommen.

Die Kommission beantragt folgende Resolutionen: A) Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen:

Sonntag, 27. Mai 1906.

dafür gestimmt haben, schalten sich durch ihre infonsequente aufgegeben werden( Großer Lärm links. Beifall rechts.), es fei Haltung von jeder Bedeutung selbst aus und verhelfen dem Zentrum zu seiner ausschlaggebenden Stellung.( Widerspruch bei den Frei­finnigen,) Abg. Lebebour( Soz.):

denn, daß mein Kaiser es mir befiehlt. Müffen also auch nach Beendigung des Krieges noch stärkere Truppenbesaßungen im Süden bleiben, so müssen wir sie auch verpflegen. Das kann ent­weder wie bisher durch die englische Regierung geschehen oder durch Die Vorgeschichte dieser Kolonialforderung ist vom Abg. Dr. die Eisenbahn. Was die englische Verpflegung anlangt, so will haben damals die Sache von vornherein so beurteilt, daß die Kriegs- im Magazin zu Keetmanshoop 1,70 M., aus dem Kapland bezogen Arendt doch nicht ganz richtig bargestellt worden. Wir wenigstens ich Ihnen einige Beispiele anführen. Eine Flasche Rum kostet lage die Bahn nicht rechtfertigt. Die übrigen Parteien allerdings, 12 M., ein Bentner Hafer aus Deutschland kostet 40 M., englischer die Freisinnigen und das Zentrum namentlich, haben sich zur Bes übers Kapland 70 M., und zudem ist er noch schlecht. Auf diese Kriegslage in einer Weise ausmalte, als ob die Bahn dringend Wählern sagen, Sie haben ihnen durch die Versagung der Eisen­willigung bewegen lassen dadurch, daß die Regierung ihnen die Weise fließen ungeheure Summen nach Kapland. Wenn Sie den notwendig ist. Ich kann mich dabei ausdrücklich auf die Erklärung bahn 5 Millionen erspart, so sagen Sie ihnen auch, wie viele Mil­des Abg. Dr. Müller- Sagan beziehen, die ich damals selbst provoziert lionen Sie mehr für die englische Verpflegung zahlen müssen. Zu­habe. Abg. Müller- Sagan sagte damals, seine Partei hätte gar folge der mangelhaften Verpflegung ist der Krankenstand höher feine Hoffnung auf die wirtschaftliche Entwickelung im Süden, als je. Soll ich Ihnen erst ein paar Hungerleichen auf den Tisch vertreter, die Kriegslage für derartig, daß die Bahn notwendig sei. Patriot wie Sie, ich gehe hinaus mit der ernſten und heiligen sondern halte nur, fußend auf die Autorität der Regierungs des Hauses legen?( Großer Lärm links.) Ich bin ebensogut Jetzt hat sich aber die ganze Situation geändert, und zwar nicht Absicht, dem Vaterlande die Kosten verringern zu helfen und werde etwa nur wegen der Gefangennahme Morengas . Morenga wurde mit der Rücksendung der Truppen beginnen so bald ich kann. Eine uns ja allerdings von dem Regierungsvertreter romantisch aus- bestimmte Zahl kann ich Ihnen noch nicht nennen. Bewilligen Sie gemalt als ein moderner Rinaldo Rinaldini. Man sah in ihm, auch mir erst die Bahn.( Heiterkeit und Lärm.) Was soll ich den ohne daß er den Orden pour le mérite bekommen hätte, einen Truppen sagen, wenn ich heraus komme? Soll ich ihnen sagen, 1. bei dem Abschlusse neuer Handelsverträge feinesfalls in großen Strategen.( Große Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) die Eisenbahn, die euch der Reichstag zu Weihnachten zum Ge Ermäßigungen der Bollsäge des geltenden Generaltarifs zu Nun aber haben Sie sich an Stelle des Morenga einen neuen ge- fchent gemacht hat, läßt er jetzt im wahren Sinne des Wortes bei willigen, welche noch unter die bereits in den abgeschlossenen fährlichen Feind konstruiert, es ist der Abraham Morris, der Sohn Kubub im Dred stecken!( Lärm links.) Soll ich ihnen sagen, der Handelsverträgen zugebilligten Bollherabsetzungen heruntergehen, eines Rabbiners aus Posen. ( Lebhafte Heiterkeit bei den Sozial- Reichstag läßt euch im Stich? Nein, meine Herren, bewilligen 2. den beim Reichsamt des Innern geschaffenen Wirtschafts demokraten.) Ich will die Gefühle des Abg. Arendt nicht so ver- Sie mir die Bahn!( Beifall recht, wiederholtes Biſchen links und lichen Ausschuß zur Vorbereitung von Handelsverträgen" in Bu- legen, daß ich irgend einen Zweifel an der Gefährlichkeit und Feld im Zentrum.) funft vor dem bindenden Abschlusse neuer Handelsverträge einzus herrntüchtigkeit des Abraham Morris äußere.( Große Heiterfeit.) berufen und unter Zuziehung von Vertretern der beteiligten Aber es kann doch gar keinen Eindruck auf uns machen, daß wir Vorredner geführt hat, war weder seiner, noch des deutschen Reichs­Abg. Dr. Müller- Sagan( frs. Vp.): Die Sprache, die der Interessenten gutachtlich zu hören, jezt noch einmal durch Morenga und Morris gruselig gemacht tages würdig.( Lärm rechts, Beifall links und im Zentrum.) werden.( Beifall bei den Sozialdemokraten.) Was der Abg. Arendt Wie kann ein Regierungskommissar es wagen, zu sagen: Be= heute nur als Möglichkeit erwähnte, daß nämlich Morenga ent- schließen Sie hier was Sie wollen; so lange ich das Kommando kommen könnte, das hat er in der Kommission sogar als Tatsache habe, wird der Süden nicht aufgegeben werden! erzählt. Da machte der Oberst Deimling daraus gar fein Hehl, errscher so spricht, läßt man sichs gefallen. daß er sich über die Nachricht freute.( Hört! hört! bei den Sozial- links: Nein!) Wenn aber ein Offizier es wagt, sich in solchen demokraten.) Von einem militärischen Führer ist es ja auch Ausdrücken zu bewegen, so ist das tein Parlamentarismus mehr, schließlich ganz begreiflich, daß er keine Luft hat, immer nur Plaz sondern eine Soldateska.( Lebhafter Beifall links und im Zen­patronen in die Luft zu verknallen, sondern daß er gern einen ernst- trum.) Der Oberst v. Deimling fagt: Bewilligen Sie die Bahn, haften Feind vor sich fieht. Wir aber haben das Interesse, Spar- dann werden wir die Truppen zurückziehen. Entweder liegt es im famkeit walten zu lassen. Mir ist der Gedanke gekommen, ob sich Interesse des deutschen Vaterlandes, daß die Truppen dortbleiben; nicht der Oberst Deimling, der natürlich seine Behauptung von dem dann müssen sie dortbleiben, gleichgültig, ob die Bahn gebaut Rabbinersohn in gutem Glauben ausgesprochen hat, vielleicht irrte, deutschen Konventionaltarif als durch die bisherigen Verhandlungen benn es iſt ja befannt, daß die Hottentotten sich gern alttestamen- so müssen sie zurückgezogen werden, Sie mögen wollen oder nicht. Staatssekretär Graf Posadowsky: Ich betrachte den heutigen und ob nicht vielleicht dieser Abraham Morris ein Hottentotte ist; wird oder nicht. Wenn sie aber zurückgezogen werden können, abgeschlossen und Abänderungen nur insofern noch als möglich, als es fich um Spezialitäten anderer Länder handelt, die einheimischen tarische Namen beilegen, um ihre heidnische Abkunft zu verdecken,( Lebhafter Beifall links und im Zentrum.) Artikeln keinerlei unmittelbare Konkurrenz machen. Was den ganz ähnlich wie bei uns vielfach Leute von alttestamentarischer Ab­Wirtschaftlichen Ausschuß" anlangt, so sollen in zukünftigen Fällen ftammung sich altgermanische Namen, wie Siegfried und Siegmund, vor Abschluß eines Vertrages Interessenten aus allen Kreisen ver- geben, um eine germanische Abkunft zu martieren.( Große Heiter feit bei den Sozialdemokraten.)

3. den Wirtschaftlichen Ausschuß" alsbald zu ergänzen in der Richtung, daß alle Juteressenten der deutschen Produktion mög­lichst gleichmäßig in demselben vertreten sind.

B) Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dahin zu wirken, daß zugunsten der heimischen Preiselbeerproduktion sowie der Basalt­und Pflastersteinindustrie ungesäumt Eisenbahn- Ausnahmetarife in den einzelnen Bundesstaaten eingeführt werden. Abg. Graf Schwerin- Löwik( f.): Meine Freunde können dem Handelsvertrage nur unter der Vorausseßung zustimmen, daß die in den Resolutionen der Kommission zum Ausdruck gekommenen Gedanken von den verbündeten Regierungen geteilt werden.

nommen werden.

-

Die Resolutionen werden gegen die Stimmen der Linken angenommen.

Es folgt die zweite Beratung des Ergänzungs- Etats in Ber bindung mit dem Ergänzungs- Etat für die Schutzgebiete.

Es gibt aber eine Bevölkerungsklasse in Südwestafrika, die das größte Interesse an der Fortführung des Krieges hat, das sind haben ja geradezu unglaubliche Zahlen gehört: ungeheuere Gelder, die Händler!( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wir Die Kommission beantragt, die Nachforderungen für das Heeres- Händler natürlich profitieren. Der zartfühlende Abg. Dr. Semler die für die Truppen ausgegeben werden müssen, und an denen die toefent( 550 000 m.), 100 000 M. zur Förderung der Syphilisforschung, scheute sich ja ordentlich, die Zahl über die Lippen zu bringen. Die 127 000 M. Marineforderungen, sowie 4 Millionen Mart für Fern sprechzwecke und 610 000 m. für ein Sabel zwischen Deutschland und Kriegsführung kommt uns auf Norwegen zu bewilligen. Vom Ergänzungs- Etat für die Schutz­gebiete beantragt die Kommission 100 000 M. für Neubauten zu bewilligen.

Berichterstatter Abg. Erzberger beantragt, die Beratung über die übrigen, von der Kommission abgelehnten Forderungen( Kolonial­forderungen) von der Tagesordnung abzuseßen.

Die von der Kommission bewilligten Forderungen werden ohne Debatte bewilligt, die Beratung der übrigen Forderungen wird bertagt. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Nächste Sigung: heute Sonnabend 1 Uhr. Tagesordnung: Petitionen, dritte Beratung des schwedischen Handelsvertrages, Fortsetzung der zweiten Beratung der Ergänzungsetats.

Schluß 12 Uhr.

113. Sigung vom Sonnabend, den 26. Mai, nachmittags 1 hr. Am Bundesratstisch: Erbprinz zu Hohenlohe. Erster Gegenstand der Tagesordnung sind Petitionen, die von der Kommission als nicht geeignet zur Erörterung im Plenum er­achtet werden; fie sind zur Einsicht im Bureau niedergelegt. Es folgt die dritte Beratung des Handels- und Schiffahrts­vertrages mit Schweden . Der Vertrag wird debattelos gegen einige Stimmen der Rechten angenommen.

Es folgt die Fortsetzung der zweiten Beratung des Ergänzungs­Etats mit dem Ergänzungs- Etat für die Schußgebiete. Die Beratung beginnt mit dem

Ergänzungsetat für Ostafrika .

monatlich 12 Millionen Mark

zu stehen( hört! hört! bei den Sozialdemokraten.), wenn der Truppenbestand so bleibt, wie er gegenwärtig ist. Dieser Bestand scheint aber in der nächsten Zeit nicht positiv reduziert zu werden. Ich habe mich bemüht, bei der Regierung positive Angaben darüber zu erhalten, aber man wollte nicht recht mit der Sprache heraus. ( Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Eins steht fest: Für den Krieg mit Morris kommt die Bahn unter allen Umständen zu spät. ( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Allenfalls kann sie nämlich von heute ab in zwei Jahren provisorisch fertiggestellt werden, und es wird ein weiteres Jahr dauern, bis sie ganz fertig ist.( Sört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Glaubt denn nun irgend ein Mensch, daß diese Führer mit ihren paar Hundert Hottentotten nach ein paar Jahren noch Krieg führen können? Für diesen Krieg kann die Bahn also überhaupt nicht mehr in Betracht tommen. Nun ist aber bei den früheren Erörterungen niemals der Verfuch gemacht worden, wirtschaftliche Gründe für die Bahn ins Feld zu führen. Das ist nur so ein Nachtragsgedante( Heiterkeit), der den Herren jest gekommen ist. Ob aber die Bahn für einen späteren Krieg einmal notwendig sein wird, diese Debatte will ich jest nicht aufrollen, wir werden uns im kommenden Jahre darüber noch unterhalten können. Die Maiorität des Hauses, also alle Mit­glieder mit Ausnahme der Herren, die einmal unbedingt für feloniale Ausgaben eintreten nd sich einig, daß wirtschaftliche Gründe nicht in Frage kommen. Fallen jetzt auch die mili­tärischen Gründe, so bleibt gar nichts anderes übrig, als die Bahn rundweg abzulehnen.( Lebhafter Beifall bei den Sozial­demokraten.)

Abg. Spahn( 3.): Meine Freunde lehnen die Forderung ab. Ich muß meiner Verwunderung Ausdruck geben, daß die Kolonial­überhaupt eingebracht hat.( Beifall im Zentrum.) verwaltung eine solche Forderung ohne die genügenden Unterlagen

Die Kommission beantragt, diesen Etat abzulehnen. Abg. Dr. Semler( natl.): Wenn wir dem Antrage der Kom­mission zustimmen, so nicht etwa, weil wir diese Forderungen nicht Stellvertretender Kolonialdirektor Erbprinz zu Hohenlohe: für begründet oder zurzeit nicht für begründet halten; wir wollen Wir konnten dem Reichstag noch nicht alles Material vorlegen; vielmehr bei der Geschäftslage des Hauses alle Energie auf die es lag uns zunächst nur an dem Weiterbau der Bahn, um die Ver­beiden Hauptforderungen, den Schadenersatz für die Ansiedler und proviantierung unserer Truppen zu verbessern und zu verbilligen. die Fortführung der Bahn nach Keetmanshoop , verwenden.( Beifall Außerdem gebietet auch die Ehre des Deutschen Reiches, das Gebiet bei den Nationalliberalen.) festzuhalten.( Beifall rechts.)

Abg. Frhr. v. Richthofen ( f.): Wir behalten uns eine Prüfung dieser Forderungen für später vor. Der Etat wird abgelehnt. Es folgt der

Etat für Südwestafrita.

Die fortdauernden Ausgaben: für weiße Hülfskräfte 49 200 M., zu Dienstreisen usw. 30 000 m., zur Unterhaltung und Ergänzung des lebenden Inventars 121 925 M., beantragt die Kommission zu streichen. Entsprechend dem Antrag der Kommission wird die Forderung Unter den einmaligen Ausgaben werden 5 Millionen Mark für die Fortführung der Bahn Lüderitzbucht- Kubub nach Keetmanshoop verlangt.

abgelehnt.

Die Kommission beantragt, diese Forderung abzulehnen. Stellvertretender Kolonialdirektor Erbprinz zu Hohenlohe: Die Konzentration auf den Norden des Schutzgebietes liegt nicht im Interesse des Reiches und des Schutzgebietes; denn der Süden ist durch seine geographische zage geeignet, der Vermehrung

Abg. v. Standy( f.): Wir müssen die Bahn bauen, um die Zu­funft der Kolonie nicht zu gefährden und das Blut unserer Lands­leute zu schonen.( Bravo ! rechts.)

Wenn der ( Stürmische Rufe

Meine Herren von der Steuermehrheit, Sie haben sich bemüht, aus allen Eden und Winkeln die Pfennige zusammenzuscharren und zwar von den schlechtesten Steuerzahlern( Lebhafter Wider­spruch rechts.), und kaum haben Sie die Finan reform unter Dach und Fach, so kommen die Kolonialenthusiasten und kehren mit dem Riesenbesen alles wieder weg. So kommen wir in die ( Großer Lärm rechts. Beifall links.) Pumpwirtschaft und Lumpwirtschaft.

v. Deimlings erste Aufgabe sei es, mit der. Reduzierung der Abg. Gröber( 3.): In der Kommission sagte man uns, Oberst Truppen sofort zu beginnen. Oberst v. Deimling dagegen will erst die Bahn haben. Aber Dr. Müller- Sagan hat recht: entweder können die 5000 Mann zurückgezogen werden oder nicht mit dem Bahnbau hat das gar nichts zu tun.( Beifall im Zentrum.) Prinz Hohenlohe: Die Worte des Obersten v. Deimling dürfen nicht dahin ausgelegt werden, daß wir etwa die Reduk­tion von dem Bahnbau abhängig machen wollen. Selbstredend wollen wir die Reduktion, deren Notwendigkeit wir vollauf aner= kennen, nicht zu einem Handelsobjekt machen. Wohl aber besteht ein gewisser ursächlicher Zusammenhang zwischen der Reduktion und dem, Bahnbau. Selbstredend denken wir nicht daran, auf die Dauer 15 000 Mann in Südwestafrita zu lassen. Eine gewisse Truppenzahl wird allerdings nötig sein. Ich bitte nochmals um Bewilligung der Forderung. Wie aber auch der Reichstag sich entschließen mag, ich werde es als meine patriotische Pflicht be= trachten, dem Reiche die schweren Opfer, die ihm Südwestafrika auferlegt, nach Möglichkeit zu erleichtern.( Beifall rechts.) Der Präsident Graf Ballestrem teilt mit, daß ein Antrag v. Normann( tons.), v. Kardorff( Rp.) und Bassermann ( natl.) auf namentliche Abstimmung eingelaufen sei.

Abg. Ledebour( Soz.):

Der Abg. Semler hat mir den Vorwurf gemacht, daß ich die Argumente scherzhaft behandelt habe. Ja, die Argumente, die an­gewandt sind, sind eben derart, daß das alte Wort gilt: Difficile est, satiram non scribere.( Es ist schwer, teine Satire zu schreiben.) Wenn eine Bahn gebaut werden soll wegen eines Krieges" mit ein paar Hundert Leuten, dann kann man das nicht ernst nehmen. Der Oberst v. Deimling hat gesagt, er werde dafür eintreten, daß die Truppen in der Zahl von 5000 Mann zurückgezogen werden, sobald die Bahn bewilligt ist. Das hat allgemeines Befremden hervorgerufen, weil aus diesen Worten das Angebot eines Schachers herauszuhören war.( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Der Erbprinz zu Hohenlohe hat diesen Eindruck abzuschwächen ge= sucht, indem er einen inneren Zusammenhang zwischen beiden Säßen hergestellt und auf das Ueberflüssigwerden der Etappen hin­gewiesen hat. Durch diese Erklärung ist die Sache aber noch schlimmer geworden; denn wenn es von der Bahn abhängt, ob die Etappen vermindert werden können, dann werden wir ja mit der Zurückziehung der versprochenen 5000 Mann noch zwei Jahre warten müssen.( Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Ich sehe aber in dieser Aeußerung nur einen verunglückten Versuch, die Ent­gleisung des Obersten v. Deimling nachträglich abzuschwächen. Der Oberst v. Deimling selbst hat es für gut befunden, sich auf den Kaiser zu berufen. Aber der Kaiser von Deutschland ist nicht Selbst­herrscher aller Reußen( Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten), sondern der Kaiser ist auf dem Papier wenigstens ein fon­ftitutioneller Monarch, der, soweit das Reich in Beiracht kommt, an die Beschlüsse des Bundesrates und des Reichstages gebunden für die Geldausgaben. Vom Kaiser als solchem hängt es also nicht ab, wie viel Truppen der Herr Oberst v. Deimling in Südwestafrika behält, sondern von dem Zusammenarbeiten beider Faktoren der Gesetzgebung.( Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Daß der Oberst v. Deimling aber sich überhaupt erlaubt hat, in dieser Weise hier zu sprechen, das kommt daher, daß die Mehrheit bei früheren Gelegenheiten in ihm den Glauben erweckt hat, er würde hier immer, wenn er solche Reden hält, tosenden Beifall einernten. ( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Sein Auftreten früher hat nicht immer an Buffalo Bill erinnert.( Heiterkeit bei den Sozial­demokraten.) Heute dachte ich an den General Boulanger ( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten. Große Unruhe rechts), nur daß Herrn Deimlings Auftreten zehnfach schlimmer ist; denn das fran­ zösische Parlament ist viel zn selbstbewußt, um sich solche Reden Befallen zu lassen. Der Oberst v. Deimling würde solche Ausdrüde nicht gebraucht haben, wenn er nicht glaubte, an einer anderen Stelle, auf die er mehr Wert legt, damit Beifall zu finden, wenn er nicht glaubte, bei Hofe dafür hohen Ruhm zu ernten.( Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.)

-

Abg. Dr. Semler( natl.): Den Süden von Südwestafrika räumen, heißt Südwestafrika räumen, denn die einzige sichere Landungsstelle ist Lüderizbucht. Hätten wir die heutigen Er­fahrungen früher gehabt, so hätten wir Südwestafrika vielleicht nicht offupiert; aber das besetzte Land aufgeben fönnen wir nicht, nach­dem wir 300 Millionen dafür ausgegeben haben. Kollege Ledebour meint, ein wirklicher Krieg bestände dort nicht; die Verlustlisten ist, und zwar an die Beschlüsse des Reichstages in erster Linie auch reden darüber eine beredte Sprache. Weiter sagt Kollege Ledebour , die Frage sei, ob wir die Bahn für zufünftige Kriege brauchen. Nein, wir brauchen die Bahn, um zukünftige Kriege zu vermeiden! ( Beifall rechts.)

Oberst v. Deimling:

Ich gehe jett hinaus nach Südwestafrika.( Zuruf: Glück. liche Reise!) Präsident Graf Ballestrem: Ich bitte dringend, Zwischenrufe und Rekrutierung von Räuberbanden Vorschub zu leisten. Freilich zu unterlassen einem Manne gegenüber, der solche Verdienste hat. Oberst v. Deimling: Ich hoffe, daß es bald gelingen wird, ist Morenga gefangen, aber es befinden sich noch erhebliche Banden in jenem Gebiete. Uebrigens ist die Bahn nicht nur von militärischer mit den Banden, die so minderwertig nicht sind, wie der Abg. Bedeutung, sondern auch von wirtschaftlicher; wenn das Land ist Ledebour meint, fertig zu werden und sie zu unterwerfen. Aber sehr besiedelungsfähig, nur hat die Besiedelung jetzt durch den Auf- auch dann wird auf längere Zeit eine stärkere Befagung notwendig stand gelitten. Gerade im Interesse der Steuerzahler lege ich Ihnen sein; denn wir müssen den Süden auf längere Zeit halten gegen die Bewilligung dieser Sache aufs wärmste ans Herz, die uns die die Gefahr, daß der Aufstand jederzeit wieder auffladern tann. Verpflegung der Truppen ermöglichen und dem Schußgebiete die Die Eingeborenen haben ihre Gewehre nur in geringer Zahl ab­wirtschaftliche Entwickelungsmöglichkeit erschließen soll.( Beifall geliefert und warten nur auf den Abzug der Truppen, um den Aufstand wieder zu beginnen. Die Gefahr droht um so mehr, als Abg. Dr. Arendt( Rp.): Die Bahn ist vom Reichstag felbst ge- in ganz Südafrika bie äthiopische Bewegung fordert worden, daher muß sie jest auch angenommen werden; denn wenn auch Morenga gefangen ist, so würde der Aufstand ohne um sich greift. Den Süden aufzugeben halte ich für ausgeschlossen. die Bahn sehr bald wieder auflodern. Die Bahn ablehnen, heißt den Hunderte von Farmeregistenzen würden wir ruinieren und unser Süden überhaupt aufgeben. Die Sozialdemokraten find tonsequent Prestige dem Ausland gegenüber unheilbar schädigen. So lange in der Ablehnung, die Breifinnigen abe: die bar awei anatzuli bie Ehre habe, das Kommando zu führen, wird der Süden night

rechts.)

Präsident v. Ballestrem: Sie dürfen einem Vertreter der bere bündeten Regierungen nicht Motive unterlegen, zu denen er sich nicht selber bekennt. Das ist ungehörig.( Bravo ! rechts. Unruhe bei den Sozialdemokraten.)

Abg. Ledebour ( fortfahrend): Ich habe ganz im allgemeinen gesprochen. Wenn es sich um den Obersten v. Deimling per.