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«ngllmpfungen nur in einem antisemitischen Schmutz- und Revolver- blatt, das kein anständiger Mensch lese, gestanden hätten. Der Anti- semitenredakteur verkaufte die Nummern pro Stück mit SV und SV Pf. Als man ihn aber wegen Beleidigung an den Kragen ging, verriet er erstens den Verfasser der Artikel in der Person des Kunst- kritikers Martin Frey und dann behalchtete er. er habe.keine Idee" gehabt, wer mit den Artikeln getroffen werden sollte. Als Frey ihn, die Artikel gebracht und Beklagter gefragt habe, auf wen sie gemünzt wären, habe Frey entgegnet:Wissen ' Tie, das ist nur ctwaS für Kenner I" Gutgläubig als Redakteur habe er. nachdem man ihm die F r e m d w ö r t e r k l a r g e m a ch t, die Artikel ohne Bedenken veröffentlicht. Gegen Frey schwebt ein besonderes Verfahren und der.gutgläubige" Antisemitenredakteur wurde mit 500 M. be­straft.- Gin VcrmSgeuSsteucrgeseh hat die Zweite b a d i s ch e Kammer am Freitag gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und des Abg. Schmidt(Bund der Landwirte) angenommen. Die Sozialdemokratie stimmte natürlich wegen seiner Unzulänglichkeit gegen das Gesetz. Tie Zentrumsfraktian hat beschlossen, daß jeder Abgeordnete von seinen Diäten Ivv M. an den Parteifonds zu bezahlen hat. Huöland, Frankreich . EiltUnifizierter" für die Bl-cktaktik! Paris , 29. Mai. (Eig. Ber.) In derPetite Republique" veröffentlicht der Deputierte Breton,_ der der geeinigten Partei angehört. einen Artikel über die sozialistische Partei und die Delegation der Linken. Breton, der schon in der vorigen Kammer zu den eifrigsten Anhängern der Blocktaktik gehörte, vertritt in seinem Artikel die Meinung, daß die sozialistische Partei sich nicht zum intransigenten Dogmatismus" verleiten lassen dürfe, worin siegc- wisse Angehörige der Partei" isolieren möchten. Breton beruft sich auf die glänzenden Resultate, die die Blocktaktik unter den, Ministerium Combes ergeben habe. Er erklärt sogar, daß die sozialistische Partei, wenn sie der Delegation der Linken fernbleibe, die Verantwortung für die mögliche Resultatlosigkeit der beginnenden Gesctzgebungsperiode tragen werde. Der Artikel Bretons leidet an zwei falschen Voraussetzungen: Vor allem handelt es sich szar nicht um einen Wieder eintritt der Sozialisten in die Delegation. Die jetzige sozialistische Fraktion ist mit der aufgelösten und der Parteieiuigung zufolge mit den ehemaligen Revolutionär- Sozialisten verschmolzenen.parlamen- tarischen" Fraktion nicht identisch. Wie jedermann weiß, ist die Parteieinigung nur möglich geworden, weil die«Parlamen- tarischen" sich zum Austritt aus dem Block bereit fanden. Selbst- verständlich behält jedermann in der gceinigten Partei da? Recht, die eingehaltene Taktik zu kritisieren und eine andere zu beantragen, aber man müßteich, nur die neueste Parteigeschichte, sondern die allgemeine politische Geschichte geradezu verschlafen haben, um den Augenblick für gekommen zu halten, die vor ein paar Monaten auch von der alten.parlamentarischen" Fraktion als überflüssig auf- gegebene Blocktaktik wieder auszunehmen. Wenn sich die politische Situation geändert hat, so sicher nicht in dem Sinne, daß «ine Meinungsänderung bei den Genossen vom ehe« maligen revolutionären Flügel anzunehmen wäre. Nicht nur die jetzige Regierung, sondern auch die radikale Partei hat gegen die organisiert- Arbeiterschaft die Bourgeoisinteressen mit größter Rück- sichtslostgkeit vertreten. Mai, erinnere sich nur an die Abstimmung anläßlich des Briefträgerstreiks, wo sich die Bourgcoisradikale» mit den Reaktionären verbanden und derparlamentarische" Sozialift der maßregelnden Regierung sogar das Vertrauensvotum stilisierte I Dazu kommt aber auch, daß die Gründe, die unter dem Mi« nisterium Combes für ein Zusammengehen mit der bürgerlichen Linken sprachen, fortgefallen sind. Damals handelte eS sich um p o l i t i s ch e Reformen, die im Interesse aller republikanischen Parteien lagen. Jetzt ist die Reihe an diesozialen und wirtschaftlichen Reformengekommen, und es gehört schon ein demokratischer Köhlerglaube dazu, zu meinen, daß sich auch hier die Linke vertrauensvoll von den Sozialisten führen lassen werde. Ist doch sogar im Schöße der radikalen Partei das Mißtrauen gegen die Absichten der Regierung und die Konzessionen an die gemäßigten Parteien im Wachsen. Die.Lanterne" greift den Finanzminister Pomcarö, der in Commercy eine programmattsche Rede gehalten hat, heftig an, weil er als Haupteigenschast der künfsigen Einkommensteuer bezeichnet hat, daß sieweder inquisitorisch noch vexatorisch sein" dürfe, da« heißt, daß sie dem Steuer- betrug der Bourgeoisie Tor und Tür offen lassen wird. Auch soll sie nicht alle, sondern nur.gewisse" direkte Steuern ersetzen. Bergleicht man die S p a r s a m k e i t, die ber Finanzminister für notwendig hält und die er sicher vor allem bei der Sozialreform wird in Anwendung bringen wollen, mit dem ungeheueren Flotten- budget, das der Marineminister Thomson angekündigt, so läßt sich ungefähr ermessen, wie die Pläne der herrschenden Bourgcoisieclique aussehen, zu deren Mitverantwortung sich die Sozialisten nach Bretons Ansicht drängen sollen. ImMatin" verficht heute Pelletan dieselbe Ansicht über die vollständige Wiederherstellung de« Blocks. Er meint aber, die Sozialisten seien ein notwendiges Gegengewicht wider die ge- mäßigten Elemente der Majorität, wogegen Breton geltend macht, daß die Radikalen mit den Sozialisten allein eine genügende Majorität bilden würden. Er meint. daß das Fernbleiben der Sozialisten vom Block die Radikalen zwingen werde, ihre Majorität bei den gemäßigten Elementen zu ergänzen. Aber dieses Argument hebt die ganze Beweisführung auf. Wenn eine radikale Majorität möglich ist, wozu ist dann eine Delegation der ganzen Linken notwendig? Würden sich die Radikalen aus eine ihrem Programm entsprechende Reformpolitik verpflichten, so ließe sich ein Zusammenarbeiten der Sozialisten mit ihnen wohl denken. Bleibt die beginnende Legislaturperiode in dieser Beziehung wirklich un- fruchtbar, so tragen die Radikalen selbst die Verantwortung und nicht die Sozialisten. _ Keine Blockpolitik. Paris . 30. Mai.(Eig. Ber.) Die Parlamentsfraktion der geeinigten Partei, die sich heute fonstituiert hat. ist in der Frage der parlamentarischen Taktik zu einem unzweideutigen Beschluß gelangt. Sie hat, um ihre Selb- ständigkeit gegenüber dem bürgerlichen Radikalismus kundzugeben, beschlossen, für die Präsidentschaft und für die Bureau» der Kammer keinen Kandidaten aufzustellen I Der Antrag Bretons ent- sprechend seinem von unS gewürdigten Artikel in der»Petite Röpublique": die Delegation der Linken wieder zu beschicken, wurde durch einfachen Ucbergang zur Tagesordnung erledigt. Die von der Fraktion angenommene Resolution lautet: »Der parlamentarische Verband der Sozialisten beschließt, um gleich am Beginn der Legislaturperiode die absolute Un- abhängigkcit seiner Politik und seiner Aktion zu kennzeichnen. daß er von den anderen Parteien keine Vertretung im Bureau verlangen wird. Er erklärt außerdem, daß er die Aufstellung eigener Kandidaten für diese Aemter aus dem Grunde unter- läßt, weil er entschlossen ist. sofort nach Konstituierung der Kammer seine Klassenpolitik deutlicher und stärker als durch eine geheime und debattelose Abstimmung kundzugeben." Der Sinn dieses Beschlusses wird deutlich, wenn man sich er- mncrt. daß über die abwechselnde Aufteilung der parlamcntari- schen Aemter ehemals eine Vereinbarung der Linksparteien bestand und daß JanreZ seine Vizepräsidentschaft auf diese Art erlangt hat. Die motivierte Ablehnung einer eigenen Kandidatenliste für das Bureau hat Bezug auf einen Antrag, den GueSde in. der Sitzung eingebracht, ober schließlich zurückgezogen hat. Praktisch bedeutet sie. daß die Sozialisten an der demonstrativen Wahl BrissonS teilnehmen werden-\ Genosse C o n st a n S wurde beauftragt, eine Amnestie für alle politischen Delikte und Streikvergehen zu beantragen. Genosse Thivrier soll die Aufhebung derlois scfilärates" beantragen. d. h. der Ausnahmegesetze gegen die Anarchisten, die die Staats- anwälte auch unter der jetzigen radikalen Regierung sich nicht ent- blödet haben, gegen die Arbeiterbewegung in Anwendung zu bringen. Die Beschlüsse der Fraktion sind von dem sichtlichen Bestreben getragen, das Band der Einigung fester zu knüpfen. Die Bereit- Willigkeit der Angehörigen der alten.parlamentarischen' Sozialisten- Partei, den Anschauungen des linken Parteiflügels entgegenzu- kommen, verdient uneingeschränkte Anerkennung. Allerdings die jetzige politische Situation und das Programm der radikalen Re- giernng, das vor allem eine ungeheure Vermehrung des Militär- budgets in Aussicht stellt, sind wirklich nicht danach angetan, die Sozialisten dazu zu verführen, eine Regierungspartei zu werden. Brisson wurde gestern sFreitag) von der Kammer mit 398 von Svv abgegebenen Stimmen zum provisorischen Präsi- deuten gewählt._ Görault-RichardS Winidcruiigen. Paris . SV. Mai.(Eig. Ber.) Die«Petite Röpublique" wandelt sich immer weiter. Seit ein paar Monaten nennt sie sich nicht mehrsozialistisch". Jetzt hat sie auch ihren Chefredakteur Görault-Richard abgesägt, der als letzte Säule von verschwundener sozialistischer Pracht zeugte. Der Herausgeber derPetite Republique", Herr D e j e a n ehedem auchGenosse" hat loährend der langen Abwesenheit Görault- Richards, da dieser auf Guadeloupe räuberroiuantische Wahlagitation trieb, entdeckt, daß das Geschäft auch ohne die politischen Glossen seines alten Redakteurs geht l Und so wurde denn beschlossen, die überflüssige Honorarausgabe zu ersparen. Mit Politik hat die Verabschiedung Gerault-RichardS nichts zu schaffen. Sein rosen- wässeriger Sozialismus auf seine polemische Art soll der Vergleich nicht ausgedehnt werden tat längst niemand mehr wehe. Der verabschiedete Chef derPetite Rvpnblique" hat übrigens schon ein neues Brettel gefunden. Er ist von derAurore" engagiert worden, dem Blatte C l ö in e n c e a n s, der sich jetzt finanziell restauriert haben dürfte. Politischer Chef dieses Blattes ist gegen- wärtig der Radikale R a u c. Bei derAurore" sind auch sozallstische Redallenre tätig, die dort einen zieinlich freien Spielraum haben. Man darf immerhin neugierig darauf sein, wie sich Görault-Richard in das neue Milieu finden wird. Ministerrat. Aus den Verhandlungen, die das französische Ministerium in den letzten Tagen pflog, verlohnt es sich, noch einiges nachzutragen: Am Dienstag erklärte Barth ou. Mimstcr der öffentlichen Arbeiten, er werde dafür Sorge tragen, daß in den Minen von Lcns, wo neuerdings ungesetzlicherweise das System der Ueberstunden wieder eingeführt worden sei, die gesetzlichen Bestimmungen Beachtung finden 1 Vielleicht nimmt sich Preußens Handelsminister, Herr Delbrück , daran ein kleines Beispiel und kümmert sich auch mal ein wenig um die Arbeitsverhältnisse in den Bergwerken, wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist, Arbeiter zu maßregeln eine Tat, deren er sich am 30. Mai im preußischen Herrenhause noch selbstbewußt rühmte I Daß der französische Finanzminister Poincarö am Dienstag gegen die Vermehrung der Kriegs- und Marineausgaben energisch Einspruch erhob, haben wir bereits mitgeteilt. Die Möglichkeit, daß ein preußischer Finanzminister unter Wilhelm II. solche Ketze- reien laut auszusprechen wagt, kommt nicht in Betracht. Am Mittwoch beschloß der französische Kabinettsrat unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten Sarrien, ein Kriegsschiff nach Tanger zu entsenden, um Genugtuung für die Ermordung des französischen Bankbeamten Charbonnier zu fordern, der vor einigen Tagen bei einem Spazierritt unweit Tanger von bisher mibekamit gebliebenen Uebeltätern erschossen worden ist. Wenn die preußisch-deutsche Regierung mit einer fremden Macht auf so gutem Fuße steht wie Frankreich mit Marokko , so darf die betreffende fremde Macht sich gegen deutscheUntertanen" schon' sehr viel erlauben, ehe ein Kriegsschiff mobilisiert ivird. Siehe: Rußlands unzählige Uebergriffe gegen deutsche Staatsbürger. Genugtuung! Tonlon, 1. Juni. (W. T. B.) Der KreuzerGalilee" ist heute nach Tanger in See gegangen, um Genugtuung für die Ermordung des Franzosen Charbonnier zu erlangen. Meuterei! Tonlon» 1. Juni. (W. T. B.) An Bord des Torpedobootes SSV meuterte die Mannschaft. Sämtliche Matrosen verliehen das Schiff während einer UebungZfahrt bei Bonifacio an der Küste von Corsika und kehrten erst nach langem Zureden seitens des Schiffs- kommandoS an Bord zurück. Spanien . Bom Bomdtnattentat auf den König von Spanien haben wir bereits gestern in zwei kurzen Telegrammen gemeldet. Die mysteriöse Angelegenheit ist was sich bei der ungeheuren Aufregung, die der Vorfall allenthalben hervorruft, begreifen läßt noch m keiner ihrer Einzelheiten geklärt. Nur soviel steht fest: eS ist ein Bombenanschlag auf den HochzeitSzug des jungen spanischen KönigSpaareS verübt worden. Alfons und seine Gattin blieben un- verletzt. Sonst aber hat das Attentat entsetzliche Folgen gehabt. Die Bombe man spricht auch von z w e i Bomben hat nach einer Meldung 14, nach einer anderen gar 20 Menschcn getötet, außerdem sollen 35, 50 oder gar 100 Personen zum Teil sehr schwere Ver- leyungen erlitten haben. Auch sind die umliegenden Häuser stark beschädigt. Eine Meldung macht darauf aufmerksam, daß genau vor einem Jahre, in der Nacht vom 31. Mai zum 1. Juni 1905 zu Paris da« Attentat" auf König Alfons begangen wurde. Bekanntlich hat sich das Pariser »Attentat" bald nachher als eine hundsgemeine Polizei- und Spitzelmache entpuppt.-- Ueber den oder die Täter ist noch nichts Sicheres bekannt. Zwar hat man 20 Verhaftungen vorgenommen, doch soll sich der wirklich Schuldige nicht unter den Verhafteten befinden. Die Gerüchte, die umherschwirrcn, sind unzählbar. Da heißt es einmal, ein Katalo- nier namens Manuel Duran, der über viel Geld verfügte, sei der Attentäter. Ihn zu verhaften soll noch nicht gelungen sein. Nach einer zweiten Meldung hat ein Italiener das Attentat begangen. ich aber der Verhaftung durch Selbstmord entzogen I Eine dritte Keldung will gar wissen: Der Täter sei schon verhaftet gewesen, aber wieder entsprungen I Ein Engländer namens Robert soll als Mitschuldiger festgenommen sein usw. usw. Was für ungereimtes Zeug zusammcngcfaselt wird, zeigt u. a. folgendes Telegramm: Madrid , 1. Juni. Hier herrscht die Meinung vor, das Atten- tat habe den Zweck gehabt, bei erfolgreichem Ausgang die Kom- mune zu prollamieren. EL soll der Plan bestanden haben, ein Attentat in der Kirche auszuführen. Die Fäden der Verschwö- rung sollen nach London laufen. Bei dem Anschlage sei man von der Erwägung ausgegangen, mit einem Schlage die in der Kirche anwesenden vielen Angehörigen der königlichen Häuser aus ganz Europa zu vernichten. In der Stadt herrscht ungeheure Aufregung. Der König befahl den Fortgang der Feierlichkeiten. Aus allen fünf Erdteilen laufen Depeschen ein, die daS junge Paar zu seiner Errettung beglückwünschen. Die französische Kammer hat ihrer Entrüstung über das Attentat Ausdruck ver- liehen. Die Presse Spanien » und der ganzen Kulturwelt, allen voran die englische und die amerikanische, schäumt vor Wut über die feige anarchistische Tat! Ist'S denn wirklich die Tat eines Anarchisten? In Spanien selber und dort muß man es doch wohl am besten wissen wird es im AugeM'ck Wch©if vgre schicdencn Seiten bestritten. Ein Telegramm meldet, daßTimes" undStandard" sofort: wieder die altbekannte Frage aufrollen: Wie dum man derlei anarchistische Attentate in Zukunft verhindern? Wir haben es nicht nötig, unsere Stellung zu Atten'talen bei diesem Anlaß noch einmal des langen und breiten zu erörtern- Wir können derTimes",Standard" und den anderen Fragern nur antworten, daß es unter kapitalistischem Mrtschaftsshstem stcks wieder Wirrköpfe geben wird, die den Zusammenhing der Dinge verkennend Einzel-Individuen für Schäden und Verbrechen ver» antwortlich machen, an denen ganz andere Faktoren die Schuld tragen. Eine Gesellschaft, die Millionen und Abermillionen von jeder Mitbestimmung ausschließt, die in Millionen und Abermilli, onen jedes Gefühl der Menschlichkeit und Menschenwürde gewalt­sam erstickt, eine solche Gesellschaft darf sich nicht wundern, wenn ihre Politik Früchte trägt, deren eine wir jetzt wieder in Madrid so bitteren Samen haben hervorbringen sehen. England. England und Serbien . Die englische Regierung hat schon öfter bewiesen, daß sie von ihren Verbündeten eine gewisse Stnbcnreinheit verlangt. Speziell Serbien gegenüber betonte sie wiederholt, daß sie nichts zu tun haben wolle mit einer Regierung, die den Mördern der vorherigen Dynastie Gunst und Vertrauen schenke. Kürzlich hat Peter von Serbien den allzu deutlichen Wink befolgt und die Herren Königs- mördcr schweren Herzens«im Interesse des Vaterlandes" ehrenvoll verabschiedet. Nunmehr verlautet, die englische Regierung sei bereit, die diplo» matischen Beziehungen mit Serbien wieder aufzunehmen. Indessen wird der serbischen Regierung das Versprechen abverlangt, daß die verabschiedeten Königsmörder nicht etwa in Zukunft wieder eingestellt werden!_ Immer langsam voran Der Gegensatz zwischen den Arbeitervertretern und Mister John Burns trat am vergangenen Mittwoch im Unterhause wieder einmal so recht in die Erscheinung. Die Arbcitervertreter beklagten sich über die zögernde Haltung der Regierung bei der Behandlung deS Arbeitslosenproblems. John BurnS hielt eine echte Ministemde: Er verteidigte die Regierung gegen den Vorwurf der Gleichgültig- keit bei der Regelung dieser Frage und erklärte, die Regierung halte sich an die Zusage der Thronrede, ein Gesetz darüber einzubringen. gebunden.~ Hu9 der Partei» DftsSchriftenverzeichnis" der Buchhandlung Vorwärts ist so« eben neu herausgegeben. Jeder, der sich für sozialdemokratische Parteischristen und die gelverkschaftliche Literatur, für die grund» legende populäre naturwissenschaftliche, philosophische und volks­wirtschaftliche Lektüre interessiert, sollte sich das Schriftenverzeichnis schicken lassen. Insbesondere sollten die Vereinsvorstände nicht ver- säumen, bei Neueinrichtung oder Ergänzung der Vereinsbibliothek das Verzeichnis zu Rate zu ziehen. ES enthält neben den oben bereits genannten Gebieten auch eine reiche, gut ausgewählte Zu- sammenstellung aus der Unterhaltungsliteratur und zahlreiche, von Arbeitern gern gelesene Reisewerke, die zum Teil zu wesentlich herab- gesetzten Preisen geliefert werden können. Sämtliche Parteibuchhandlungen, Kolporteure und Zeitungs- austräger liefern auf Verlangen das Verzeichnis gratis. Bon der Buchhandlung Vorwärts wird es jedennann auf Verlangen gratis und franko zugesandt. Gemeindewahlcn. In dem badischen Dorfe Wieblingen siegte bei der Wahl der Vertreter der Niederstbesteuerten zum Bürger- ansschuß die sozialistische Liste mit 93102 Stimmen, während sich auf den Borschlag der vereinigten Gegner nur 7479 Stimmen vereinigten. Bei der Wahl der 3. Klasse in R a st a t t rückte die liberal« sozialistische Vereinigung dem Zentrum, das Sieger blieb, sehr nahe. DaS neue Londoner Heim der Sozialdemokratischen Föderation. L o n d o n. 29. Mai. (Eig. Ber.) Die Sozialdemolratische Föderation beging gestern abend die Einweihung ihres neuen Lokals in 21a Maiden Lane, Strand, London WC. Die leitenden Genossen von London und Umgebung waren bei dieser Gelegenheit zusammen und erzählten ihre Er- fahrungen in der sozialistischen Agitation der letzten fünfundzwanzig Jahre. Manche konnten auch noch über ihre Mitgliedschaft in der Internationale" erzählen. Genosse H y n d m a n eröffnete die sehr lehrreiche Unterhaltung mit seinen Erinnerungen an Marx, der ihn zu seinem BucheEnglimck kor AU" inspirierte; dieses Buch sei das erste, das über den modernen Sozialismus von einem Engländer geschrieben wurde. Die S. D. F. bete keine Person an, auch nicht Marx, aber sie gebe mit Freuden zu. daß die Grundlinien der ökonomischen Auffassung von Marx sich als wahr erwiesen haben. Die S.D. F. sei während des verflossenen Vierteljahrhunderts ihren Idealen treu geblieben. Sie hatte anfangs mit ungeheueren Schwierigkeiten zu kämpfen; die neuesten Ereignisse zeigten indes, daß diese Kämpfe nicht vergebens waren. Nach ihm sprach Dr. Clark , ein alte« Sozialist, der noch in derInternationale" tätig war und zwar gegen Marx und für B a k u n i n. Clark lvar, wie er gestern sagte, mehr Anarchist als Sozialist; er strebte nach Freiheit, nach unbegrenzter Freiheit und war erbittert gegen alles, was nach staat« sicher Autorität roch. In den letzten Jahren sei er indes zur Ueber« zcuaung gelangt, daß die Ursache der Lsiicchtschaft nicht im Vor- handenseln des Staates und der Autorität, sondern in der fehler- haften Oekonomie zu suchen sei. Besonders habe ihn eine vor 6 Jahren unternommene Studienreise in den Ver- einigten Staaten von Amerika zum marxistischen Standpunkt gebracht. Marx habe recht gehabt, seine Zergliederung der mensch« lichen Gesellschaft sei die richtige. Dann sprach eine alte Genossin, namens D e sp a r d, eine Schwester des Generals French . Sie sagte, seitdem sie die Wahrheit deö Sozialismus erkannte, habe ihr Leben Wert und Ziel erhalten. In den reichen Gesellschaftskreisen Englands fei bei den besseren Naturen ein Forschen und Suchen zu bemerken; man empfinde die Gegensätze und das Erbitternde der gegenwärtigen Zustände, aber nur sehr wenige mögen die Schlußfolgerung ziehen, daß daS System einer radikalen Umwälzung bedarf, wenn das Heil« mittel nur nicht sounkonfortabel" wäre! Sie empfinde es als eine große Ehre, zu den Pionieren des englischen Sozialismus sprechen zu dürfen. Es sprachen noch die Genossen Andreas Scheu, ein alter österreichischer Genosse, der aber in England naturalisiert ist und zu den Gründern der S. D. F. gehört, dann Hunter Watts, einer der opferwilligsten und unermüdlichsten Agitatoren deS englische» Sozialismus, schließlich Herbert BurrowS, der den deutschen Genossen bekannt sein dürfte. poUzeUiesies,©crichtUcbco ulw. Wir ruhen nicht und raste» nicht, wir schreiten mit der Zeit." Diesen in Warenhäusern angeschlagenen Sinnspruch scheint sich die H a I l e s ch e Staatsanwaltschaft bei der V e r f o l g u n g der F l u g- bffattverteiler vom 14. Januar zum Vorbilde genommen zu haben. Bekanntlich sind vom Halleschcn Schöffengericht rund zwei Schock Parteigenossen, die durch die Flugblattvertcilung eine öffentlich bemerkbare Arbeil verrichtet Kaben sollten, freigesprochen worden. Gegen diese 120 Urteile eS ist gegenwärtig in den Strafkammern wenig Arbeit haben die Ankläger Berufung eingelegt. Die BerusungS- begrllndung, die den vielen Attentätern zugegangen ist, zeugt von tiefem Mitgefühl" der Anklagebehörden mit den Arbeitern, ES heißt da, daß die Angeklagten sämtlich den arbeitenden Klaffen an- gehören, welche Sonntags zu feiernpflegen. Wenn sie