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61nc TagcSzcUung der englischen Arbeiterpartei wird, wie wir derJustice" entnehmen, vom 26. Juni ab in London   heraus gegeben werden. Herausgeber und Chefredakteur soll der Journalist Mortimer Holden werden. Holden war bei den letzten Wahlen Kandidat der Arbeiterpartei für Accrington; früher leitete er 17 Jahre lang dieLancashire Arbeiterzeitung" und war jetzt der parlamentarische Korrespondent für Arbeiterfragen für dieDaily Mail". Seitdem er vor 20 Jahren zum erstenmal Hyndman und Morris in einer Versammlung hörte, gehört er der Arbeiterbewegung an; da er ein begabter Journalist ist, scheint er der richtige Mann zu sein, um ein so schwieriges Unter nehmen zu leiten.The Majority" Die Mehrheit, wie das neue Blatt Heisjen soll, wird, um mit dem großkapitalistischen Zeitungsuntcrnehmen konkurrieren zu können, auf breitester Grund läge errichtet. Die englischen Sozialisten und Gewerkschafter sollen durch Gewinnbeteiligung an dem Unternehmen interessiert werden Für 1000 Leser derMajority  " soll dem Parlamentarischen Fonds der Arbeiterpartei 1000 M., für 100 000 Leser 100 000 M. zugeführt werden usw. Gelingt eS dem neuen Organ, die englische Arbeuer schaft auch unabhängig von der kapitalistischen   Presse ob kon- fervativ oder liberal zu machen, so wäre das ein immenser Fortschritt zur Selbständigkeit der Arbeiterklasse. poliretlickes» 0ertcbtUcheo ulw. Mißglückte Staatsrettung. In Danzig   hatte der Genosse Voßl Danzig ein Strafmandat von 50 M. nebst 8 M. Kosten billiger macht man es in Danzig   nicht erhalten, weil er im Monat Januar in einem Dorfe eine geheime Versammlung abgehalten haben sollte. Voß war jedoch von seiner Unschuld so fest überzeugt, daß er gerichtliche Entscheidung beantragte, und vor dem Schöffengericht wurde durch die Zeugenaussage die ganze Haltlosigkeit der An schuldigung bewiesen. Der Gastwirt, in dessen Lokal das Verbrechen begangen sein sollte, bekundete, daß er dem Boß das Lokal verboten habe. Der Sozialdemokrat sei auch sofort gegangen. Der Gendarm. der die Anzeige gegen Voß erstattet hatte, mußte dem Gericht sagen, daß er aus eigener Kenntnis nichts wisse, sondern nur durch Hören- sagen s!!) etwas erfahren habe.(Da sieht man, wie Strafmandate zustande kommen.) Natürlich mutzte der Genosse Boß auf Grund solcher Aussagen freigesprochen werden. GetverKIcbaftlicKes. Zur BuchbinderauSsperrung liegt ein Dokument vor. das so charakteristisch sowohl wahren Absichten der Arbeitgeber als auch die Natur die des heutigen Klassenstaates widerspiegelt, daß es verdient, im vollen Wortlaut wiedergegeben zu werden. Dasselbe lautet C. H. Schwabe Buchbinderei Stuttgart  . Telephon Nr. 3. Stuttgart, den 30. Mai 1906. Tübingerstr. 83. Herrn(folgt Name und Ort). Höflich bezugnehmend auf Ihr Geehrte? vom 27. er. an die Vereinigung der Arbeitgeber der Buchbindereien Stuttgarts   teile ich Ihnen hierdurch mit, daß Sic sowie Ihre zwei Kollegen s o« fort in meine Großbuchbinderei eintreten können. Wegen des Streiks brauchen Sie keine Sorge zu haben, denn erstens arbeiten sowieso einige Leute schon bei mir, 2. habe ich für den nötigen Schutz(durch Polizei) gesorgt, 3. werden die Rädelsführer unv Hetzer(Agitatoren) in allen Städten (Stuttgart  . Berlin  . Leipzig  ) nicht wieder eingestellt. Sie haben also von diesen nichts zu befürchten! Die Hauptsache ist die, daß Sie sich von den Streikposten nicht abhalten lassen; dann haben Sie in meinem Geschäft, wenn sie gute Arbeiter sind, bestimmt dauernde und gutbezahlte Beschäftigung. Fahrgeld 3. Klasse vergüte ich gerne, sobald Sie 4 Wochen lang in n, einem Geschäft sind. Sollten Sie also geneigt sein, bei mir eintreten zu wollen, so bitte ich Sie um gefälligen sofortigen Bescheid. Achtungsvoll C. H. Schwabe. Glück hat ja Herr Schwabe mit seinem heißen Werben licht gehabt, köstlich ist aber die Naivität, mit welcher er über die Polizei zumnötigen Schutz" für die Streikbrecher verfügt. Meine Herren! Wir arbeiten ja nur für Sie" sagte bekanntlich Herr v. Bötticher, weiland preußischer Minister, zu den Unternehmervertretern im Reichstage. Ganz so rechnet Herr Schwabe auch auf die Polizei in Stuttgart  und verrechnet sich bei solcher Kalkulation durchaus nicht. denn vor allen Aussperrungsbetrieben in Stuttgart   steht stramm ein Schutzmann der Unternehmerinteressen kann man hinzufügen. So gebietet es dasStaatsintercsse". In der Stadt der abgehackten Hand das vergebliche Suchen nach demuim sichtigen" Schutzmann und in Stuttgart  , Berlin   und Leipzig  die Schutzwachen vor den Aussperrungsbetrieben, damit die Rädelsführer. Hetzer und Agitatoren nicht wiedereingestellt zu werden brauchen." Und der Kollegenschaft in derProvinz" wird die un- würdige Rolle zugedacht, als Verräter ihrer Berufsangehörigen schimpflichen Streikbruch zu verüben. Das alles wird und soll den Herren aber nicht ge° lingen!_ Ein neuer Ulitcrnehmer-Trutzverband. Der in Göttingen   tagende Hannoversche Handwerkertag faßte sine Resolution, überall die Bildung von Arbeitgeber-Fachverbänden vorzunehmen zwecks Gründung eines allgemeinen Schutzverbandes gegen Streiks. Wenn die Herren ihre Aufgabe so anffaffen, daß sie durch Eni- gegenkommen gegenüber berechtigten Arbeitcrforderungen Streiks verhindern wollen, dann werden Erfolge die Früchte ihrer Wirksam- keit sein. Berlin   und Umgegend. Die Aussperrung der Lithographen und Steindrucker. Am Mitt- woch waren die Berliner   Ausgesperrten im Gewerkschaftshause per- sammelt, um den Bericht über den Stand des Kampfes entgegenzu­nehmen. Der Referent Bartels kennzeichnete die gegenwärtige Lage folgendermaßen: Noch vor kurzem gaben die Unternehmer und deren Organe kund, daß 8-, 10-, ja 16 000 Berufsangehörige in Deutschland   ausgesperrt werden sollten. Auch jetzt noch spricht das Organ des Unternehmerverbandes von 5000 Stcindruckern und Lithographen  , die zurzeit ausgesperrt sein sollen ohne die Streikenden, die außerdem noch hinzugerechnet werden müßten. Nach einer von den Arbeitnehmern gemachten Aufnahme, die sich auf alle in f frage kommenden Städte erstreckt, kann dagegen festgestellt werden. gegenwärtig in ganz Deutschland   2790 Berufsangehörige aus- gesperrt sind. Dazu kommen noch 8S0, die schon vor der jetzigen Aussperrung im Streik standen oder ausgesperrt waren, so daß die Zahl der Streikenden und Ausgesperrten insgesamt 3610 beträgt. Das ist etwa ein Fünftel aller organisierten Lithographen und Stein- drucker. Dieso Zahlen beweisen, daß die Aussperrung bei weitem nicht den Umfang angenommen hat. den sie nach den Absichten der Scharfmacher annehmen sollte. Auch in Berlin   hat die Zahl der Ausgesperrten bei weitem nicht die erwartete Höhe erreicht. Während man damit gerechnet hatte, daß am Sonnabend 1500 Arbeit- nehmer in Berlin   ausgesperrt werden würden, sind nur 330 Lithographen und 400 Stcindrucker von der Aussperrung betroffen. 20 Firmen sind an der Aussperrung beteiligt. In einer Anzahl von Lohndruckereien und bei Privatlithographen ist es zu Arbeits- einstellungen gekommen, weil die Arbeiter verhüten wollten, daß in diesen Betrieben Streikarbeiten für die aussperrenden Firmen an- gefertigt werden. Es ist aber bereits in den meisten Fällen eine Verständigung darüber erzielt worden, daß alles, was als Streik- arbeit zu betrachten ist, zurückgestellt wird und nur einwandsfreie Arbeiten angefertigt werden. Unter den bei den aussperrenden Firmen beschäftigten Kollegen herrscht volle Einmütigkeit. Bis auf einzelne Abtrünnige hat keiner sich den Bedingungen der Unter- nehmer unterworfen. Einmütig haben die Kollegen die Betriebe verlassen. Die wenigen, die sich den Unternehmern unterworfen haben und stehen geblieben sind, können den Kampf nicht zuun- gunsten der Arbeiter beeinflussen. In Augsburg   und in Elberfeld   haben die Unternehmer die Kündigungen zurückgezogen, dort ist also keine Aussperrung erfolgt. In Heilbronn  , Solingen   und Dresden   hat je eine Firma den Aus- sperrungsbeschluß nicht ausgeführt, Die Lage des Kampfes ist nach alledem für die Arbeiter äußerst günstig, sie können deshalb mit der Gewißheit deS Sieges dem weiteren Verlauf der Dinge ent­gegensehen. Oeutfehes Reich. Der Lohnsklaven Empörung. Druck erzeugt Gegendruck! Das erleben nun auch die Swmmlinge im Saarrevier. Hier glaubt man in altgewohnter Willkür den ungezügelten Herrenstandpunkt aufrecht erhalten zu können. Nicht einmal die den Harmoniestandpunft Per- tretende christliche Organisation fand vor den Herrschern in Saarabien Gnade. Und lange, lange Zeit waren die Berg- und Hütten- sllaven geduldig und gehorsam jedem Machtgebot. Aber schließlich mußte die verhaltene Wut. der in der Tiefe wirkende Groll gleich einem Naturgesetz in offeneWidersetzlichkeit" sich geltend machen. Und das ist geschehen. Unterm 6. Juni wird aus Saarbrücken  gemeldet: Eine stark besuchte Versammlung der Burbacher Hüttenleute be- schloß die Arbeit niederzulegen, nachdem den Arbeitern vom Direktor der Hüttenwerke ihre Forderungen abgelehnt worden waren. So wurde den Arbeitern unter anderem die Erlaubnis verweigert, dem christlichen Metallarbeiterverband beizutreten. Infolgedessen werden 1300 Hüttenarbeiter heute die Arbeit niederlegen. Wie auch diese Widersetzlichkeit gegen Unternehmerwillkür- Herrschast auslaufen mag, der Bann ist gebrochen, der Anstoß zu einer weitergreifenden Belvegung ist gegeben. Einmal zum Bewußt- sein der Menschenwürde, der Gleichberechtigung und der Kampf- fähigkeit erwacht, werden die Lohnsklaven in das alte Joch nie mehr sich zurechtfinden._ Dekorierte Streikposten. Bei der Aussperrung der Lithographen und Steindrucker sind in Dresden   einige ältere Arbeiter mit auf die Straße gesetzt worden, die das von der sächsischen Regierung gestiftete Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit haben, das nach 30jähriger ununterbrochener Arbeitsdauer bei einer Firma verliehen wird. Die für ihre Treue in der Arbeit jetzt ausgesperrten Arbeiter wollen die Medaille bei dem Streikpostenstehen tragen, um so zu veranschaulichen, wie das Unternehmertum Treue in der Arbeit lohnt. Kampf im Baugewerbe. In Düren  (Rheinl.) hat der Arbeit- geberverbaud für das Baugewerbe am 2. Juni zirka 100 Maurer und BauhülfSarbeiter ausgesperrt, um die Aufhebung einer Sperre zu erzwingen, die verhängt war, weil von den Maurern Putzerarbeit (Streikarbeit) verlangt wurde. Die organisierten Maurer und Hülfs arbeiter beschlossen, bei allen Unternehmern, welche jetzt die im rühjahr aufgestellten Forderungen nicht bewilligen, gleichfalls die lrbeit einzustellen. Dadurch kam es bereits zu weiteren Arbeits- niederlegungen. Die Zahl der Ausgesperrten resp. Stteikenden hat bereits 150 überschritten. Die Arbeitgeber wollten am Sonnabend. den 2. Juni, den Stukkateuren die Forderungen bewilligen. Diese Genossen haben jedoch die Aufnahme der Arbeit von dem Kampfe der Maurer und BauhülfSarbeiter abhängig gemacht. In einer Tarifbcwegung stehen die in den Kunstanstalten usw. beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen der Buchbinderbranche Nürnbergs  . Eine Kommission erhielt den Auftrag, die Tarif- Vorlage für Nürnberg   und Fürth   möglichst einheitlich zu gestalten und demnächst einer Versammlung vorzulegen, die dann definitiv Stellung nehmen soll. Die Aussperrung in den gesamten Betrieben der dem Verbände deutscher   Kachclofenfabrikanten angeschlossenen Unternehmer ist mit dem 2. Juni perfekt geworden. Bis jetzt sind der Zentralleitung 41 Orte gemeldet, in denen die Aussperrung proklamiert worden ist. Der Verband der Töpfer hat den Kampf mit frischem Mute aufgenommen. Ii« unterstützen sind mit den im Streik befindlichen Kollegen zirka 1700 Mann. Der Verband ist imstande, diesen Machtkampf völlig aus eigener Kraft führen zu können. Eine Beendigung der Aussperrung ist nur möglich, wenn der Stteik in Breslau   beendet wird. Eine am 1. Juni kurz vor Tores- schluß in Breslau   stattgefundene Sitzung vor dem dortigen Gewerbegericht verlief völlig resultatlos, da den Breslauer Unternehmern durch das schneidige Eingreifen des Ofen protzentums jetzt der Kamm geschwollen ist. Die Herren waren in jener Sitzung sogar so fr ivol, da? Ansinnen zu stellen, daß die Breslauer Töpfer jetzt zu ungünstigeren Bedingungen die Arbeit aufnehmen sollten, als vorher von ihnen bereits zugestanden Unter solchen Verhältniffen war eine Beendigung des Kampfes un- möglich. Es soll nun am 11. Juni ein Schiedsgericht zusammen- treten, zusammengesetzt aus je drei Vertretern der Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Diesem Schiedsgericht sollen auch die Vorsitzenden des Fabrikantenverbandes und des Zentralverbandes der Töpfer an- gehören. Der Schiedsspruch soll nicht bindende Kraft erhalten. Möglich, daß diese Verhandlung den Frieden bringt. Dieser aber ist nur möglich, wenn das Unternehmertum den Arbeitern in weitgehendem Maße entgegenkommt. Der Verband der Töpfer ühlt sich stark genug, den Kampf auf der ganzen Linie führen zu können. Zustatten kommt, daß die beiden Arbeitgeber� Organisationen im Töpfergewerbe sich einander nicht grün sind, andererseits haben viele Fabrikanten dem Aussperrungsbeschlusse nur in der Hoffnung zugestimmt, daß aus der Aussperrung nichts wird. Diese leiden nun an Warenmangel und haben große Geschäfts- einbüßen. Ein erheblicher Teil der Fabrikanten gehört der Organi- sation nicht an und hat gar nicht ausgesperrt. Weiterhin brennt den Breslauer Unternehmern der langwierige Streik bereits stark auf den Nägeln. Andererseits ist die Haltung der Breslauer Streikenden sowohl wie die der Ausgesperrten einfach mustergüttig. Wie ein Mann halten die Stteikenden fest, wie ein Mann haben die Ausgesperrten die Betriebe verlassen! Unter solchen Umständen kann der Organi- ätion um den Erfolg nicht bangen. Sie steht einig und geschloffen da und wird dem brutalen Machtspruch der Kachelprotzeu zu be- gegnen wissen I Aussperrung. Die Maschinenfabrik Recke   in Rheydt   hat von ihren Arbeitern, da die Arbeiter der Maschinenabteilung im Streik be­harren. 90 Proz. ausgesperrt. Zum Straßenbahncrstreik in Dortmund  . Nicht Uebermut hat die Leute zum Streik gettieben, sondern die bittere Not. Sie waren immer sehr bescheiden undgesiimungStüchtig". fie wachten ängstlich darüber, daß jeglicher äußere Einfluß von gewerkschaftlicher Seite ferngehalten blieb. Bisherige Organisationsversuche waren noch immer vergebens. So war's, bis das Regiment Schmieding anbrach. h. bis die Sttaßenbahn in städttsche Regie überging. Verlänge- mng der Arbeitszeit, rigorose Strafen und eine fast unmenschliche Behandlung hat nun die Leute zu dem verzweifelten Schritte des Streiks getrieben, nachdem die Verwaltung auf die Beschwerden der Leute mit Maßregeln geantwortet hatte. Daß es soweit kommen mußte, ist einfach ein Skandal. Die Forderungen der Leute sind so bescheiden, daß kein Mensch den ablehnenden Bescheid der Verwaltung begreifen wird. Damit sich die Welt überzeugen kann, in welch bescheidenen Grenzen sich die Forderungen der Straßenbahner bewegen, seien sie hier angeführt. Sie sind geteilt in s) allgemeine Forde­rungen, b) Lohnforderungen. Allgemeine Forderungen: 1. zehnstündiger Arbeitstag; gemachte Ueberstunden werden mit dem Lohnsatz gleichgestellt; 2. angefangene Stunden müssen voll bezahlt werden; 3. als Ruhetag ist jeder achte Tag anzunehmen; 4. das Kleidcrgeld soll fortfallen; 5. den Wagenführern müssen Regen- mäntel kostenlos gestellt werden: 6. die Kilometergelder sollen nach dem früheren Satz bestehen bleiben, anfangend nach einem halben Jahre; 7. die einbehaltenen sechs Schichten müssen zurückgezahlt werden; 8. die Tage, welche durch den Streik verloren sind, müssen nach- gezahlt werden. Lohnforderungen: Anfangsgehalt 95 M.. nach einem halben Jahre 100 M.. nach einem Jahre 105 M.. nach zwei Jahren IlOM. und dann von zwei zu zwei Jahren um 5 M. steigend bis zum Höchstgehalt von 1600 M. Ferner wünscht das Personal die Einrichtung einer Pensionskasse. Die Verwaltung hat die Forderungen abgelehnt und damit den öffentlichen Skandal heraufbeschworen. Die sonst so bescheidenen Straßenbahner besannen sich auf ihre Menschenwürde und legten voller Enttüstung die Arbeit nieder. Sie ernteten damit den ungeteilten Beifall der Arbeiterschaft Dortmunds  . Der Betrieb ruhte auf allen Linien, die Verwaltung suchte jedoch baldmöglichst Ersatzlräfte heranzuziehen. Zum Teil haben sich solche in den Werkstattarbeitern der Straßenbahn gefunden, außerdem fungierten eine Anzahl Schutzleute als Fahrer. Trotz aller Bemühungen ist es aber nicht gelungen, mehr als 13 Wagen fahren zu lassen, während sonst an gewöhnlichen Wochentagen etwa 7075 Wagen verkehren. Der Unwille der Bürgerschaft ist bedenklich hoch gestiegen, was der Verwaltung aber gänzlich gleichgültig zu sein scheint. Denn anstatt eine Verständigung mit den Leuten zu suchen, hat sie am Sonnabend sämtliche Streikende entlassen. Die Straßenbahner selbst bezeichneten die Ankündigung der Eni- lassung als einen Schreckschutz und beschlossen, nur die Arbeit ans- zunehmen, wenn die Forderungen anerkannt würden. NichtSdesto- weniger muß das brutale Verfahren der Verwaltung vor aller Welt gebrandmarkt werden. Es mutz auch festgenagelt werden, daß solche Zustände in einer Kommunalverwaltung möglich sind, wo zwar die Nattonalliberalen die Mehrheit haben, das Zentrum aber infolge eines Kompromisses entscheidenden Einfluß ausübt. ZZusland« Eine« glänzeuden Sieg haben die Jnnsbr ucker Tischler errungen. Nach einem Vertrag, der durch Vermittelung deS Statt- Halters zwischen ihnen und den Meistern nach voraufgegangenen Streik zustande kam. ist folgendes festgelegt: Neunstundentag mit l�stiindiger Mittagspause und 6 Uhr abends Arbeitsschluß; Minimallohn von 3 Kronen 40 Heller(3 Mark) und vom 1. Juli ab 3 Kronen 60 Heller. Die Niederlage der Scharfmacher drückt sich aber noch deutlicher aus in dem Umstand, daß sich die Meister ge- zwungen sahen, von Organisation zu Organisation zu verhandeln. Die von den Scharfmachern des Baugewerbes inszenierte allgemeine Bauarbeiteraussperrung mußte schon nach 14tägiger Dauer wieder aufgehoben werden. Die Aussperrung der Wiener Bauarbeiter wächst sich zu einer allgemeinen Aussperrung aller in den Barigewerben beschäftigten Arbeiter, als Stukkateure, Tischler, Schlosser, Dachdecker, Anstreicher, Maler, Bildhauer, Steinmetzer, Glaser   usw., aus. Wenigstens haben die Baumeister den Unternehmern dieser Branchen, mit denen sie zu- sammen denZentralverband der Baugewerbebetriebe" bilden, diese Order gegeben. Dadurch glaubt man die Bauarbeiter und Maurer  mürbe zu machen. Ob sich dem Befehl der Scharfmacher die Mehr- zahl der Meister fügen wird, bleibt freilich abzuwarten. Bis jetzt läßt sich der Umfang der Aussperrung noch nicht genau feststellen. Ein Zimmererstreik in Holland  . Die Zimmerer in Leiden find vor ungefähr acht Tagen in den Streik getreten. Anfangs beteiligten sich nur 34 Mann; inzwischen ist die Zahl der Streikenden auf 200 an- gewachsen, so daß der Stteik sowohl in der Stadt selbst wie in der Umgebung allgemein ist. Gefordert werden statt des 11 stündigen der 10 stündige Arbeitstag und 23 Cent Stundenlohn. Die Arbeitskammer sucht zu vermitteln. Letzte ffJacbricbtcn und Oepelcben. Sympathie für die Duma- Parks, 6. Juni.  (Privatdepesche unseres Pariser Karre- spondenten.) Tie sozialistische Kammergruppe bereitet eine Sympathiekundgebung für die russische Reichsduma vor. In- dessen hat die Fraktion noch nicht darüber entschieden, ob sie auch die Kammer zu solcher Kundgebung veranlassen wird. Streikfortsetzung. Breslau  , 0. Juni.  (W. T. B.) Die ausständigen Former und Gießer sowie die ausgesperrten gewerkschaftlich orgamsierten Metallarbeiter haben in einer heute vormittag abgehaltenen Ver- sammlung beschlossen, weiter im Kampf auszuharren, da die Ver- Handlungen mit der Breslauer Maschinenbauanstalt wegen Bei- legung des Former- und Gicßerausstandes dortselbjt ergebnislos geblieben sind. Die russischen Agrarunruhen. Petersburg, 6. Juni.  (B. H.  ) Nach hier eingetroffenen Mel- düngen sind in fast allen Gouvernements Agrarunruhen ausgc- brachen. In verschiedenen Orten kam eS zu Zusammenstößen, wobei viele Personen verletzt wurden. Bom internationalen Bergarbelterkongreß. London  , 6. Juni.  (W. T. B.) Ter internationale Berg- arbeiterkongrcß nahm in seiner heutigen Sitzung einen Antrag der deutschen   Delegierten an, wonach die Beschäftigung von Kindern unter 14 Jahren im Bergwerlsbrtriebe gesetzlich verboten werden soll. Die englischen und französischen   Delegierten enthielten sich der Abstimmung, da sie von ihren Verbänden keinen Auftrag hatten. Erdbeben. Tanger  , 6. Juni.  (W. T. B.) Ein Erdbeben in Fez am I. Juni wurde in dem deutschen   Konsulat um 3 Uhr 29 Minuten morgens örtlicher Sonncnzeit durch einen starken Stoß wahrge- nommen. DaS HauS schwankte zwei- bis dreimal von Südwesten nach Nordosten und zurück. In der tiefer gelegenen Altstadt wurde das Beben weniger, dagegen in der oberhalb des Konsulats ge- legenen Judenstadt stärker verspürt. Der Stoß soll dort so stark gewesen sein, daß Kinder umfielen, Türen aufsprangen und Wanduhren stehen blieben. Eingeborene versichern, daß em leiser Stoß etwa um 2 Uhr nichts vorangegangen sei. Anarchistendeportatio». New Jork  , 6. Juni.  (B. H.  ) Hiesigen Blättern zufolge ist der Negierung der Plan unterbreitet worden, eine Insel zur Jnter- nierung gefährlicher Anarchisten aller Länder herzugeben. Diese soll von Kriegsschiffen bewacht werden, welche ein Entweichen der Internierten unmöglich machen. Lerantw. Redakteur: Hans Weber. Berlin  . Inseratenteil vcrantw.: Th. Glocke, Berlin  . Druck u, Verlag: Vorwärts Bucht r. u. VcrlagSaustalt Paul Singer&<So..Berlin   S W. Hierzu 2 Beilagen u.vnterhaltungSilatt M«