wolle) der Friede zwischen den beiden kontrahierenden Teilen gestörtwerden sollte, so soll den Angehörigen des einen Staats, welche.zu derZeit in dem Gebiete des anderen sich befinden, der Aufenthaltdaselbst und der Betrieb ihres Berufes oder Gewerbes g e st a t t e tbleiben, ohne daß sie auf irgend welche Art, insbesondere durchaußerordentliche Steilerleistungen oder Kontributionen, welche nichtzugleich alle Angehörigen des Landes treffen, belästigt werden, undder volle Genuß ihrer Freiheit und ihrer Güter soll ihnen gelasstnwerden, so lange sie sich keiner Verletzung derLandesgesetze schuldig machen/'6. Artikel 1 des Handels- und Schiffahrtsvertrages mit Japanvom 4. April 1836:„Die Angehörigen eines jeden der beiden ver-tragschließeuden Teile sollen volle Freiheit genießen, die Gebiete desanderen vertragschließenden Teiles zu betreten, zu bereisenoder sich daselbst niederzulassen und sollen vollen unduneingeschränkten Schutz für ihre Person und ihr Eigentumgenießen."Nur mit Guatemala ist demnach eine Aufhebung des Aufenthalts-rechts vorgesehen, falls Verstöße gegen die Gesetze des Landesvorliegen. Eine Ausweisungsbefugnis, aber nur unterder Annahme des Vorliegens bestimmter Gründe, enthält lediglich derVertrag mit Columbien. Die hierauf bezüglichen Artikel 3 und 6des Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrags zwischen demDeutschen Reich und dem Freistaat Columbien vom 23. Juli 1832lauten: Art. 3.„Die Augehörigen beider vertragschließenden Teiledürfen wechselseitig mit voller Freiheit jeden Teil der betreffendenGebiete betreten, daselbst ihren Wohnsitz nehmen,Groß- und Kleinhandel treiben, Grundstücke, Lagerräume und Lädenkaufen, mieten und innehaben, Waren und edle Metalle ein-handeln.....ES soll ihnen vollkommen freistehen, ihre Geschäfte p e r s ö n«lich zu führen, bei den Zollbehörden ihre Erklärungen selbstabzugeben oder sich hierbei nach Belieben von anderen Personenunterstützen oder vertreten zu lassen....Art. 6. Die vertragschließenden Teile behalten sich daS Rechtvor, nach Maßgabe ihrer Gesetze Personen auszuweisen bezw. nichtzuzulassen, welche auf Grund ihres üblen Vorlebensoder ihres Verhaltens für schädlich anzusehensind."Demnach steht den Nüssen ein Recht des Aufenthalts in Deutsch-land zu, falls sie nicht bestimmte Reichsgesetze verletzen, die ei» ge-setzlichcs Answeisungsrccht verleihen.Die Revolution in Rntzland.Konterrevolutionare Militärpropagauda.Der Kommandeur des in Warschau garnisouierenden 38. To-bolsker Infanterieregiments hat dieser Tage vor seineu Soldatenfolgende Ansprache gehalten:„Unser Vaterland macht jetzt schwere Tage durch. Aufwieglerund Sozialisten wolle» unser Vaterland teilen und hetzen sogarunsere tapferen Soldaten auf, indeni sie ihre Lehre unter dentreuen Dienern unseres Väterchens Zar zu verbreiten suchen. DieMehrzahl der Agitatoren sind Juden und Polen. Brüder!denkt immer daran, wer Eure Feinde sind und vernichtet sie beijeder Gelegenheit! Wenn Ihr bei der Verfolgung eines Auf-wieglers diesen niederschießen wollt, aber irrtümlich einen anderentöten werdet, so wird Euch deshalb nichts geschehen. Im Gegen-teil: man wird Euch für Eure gute Absicht auszeichnen. Vergehtnicht, daß wir Kriegszeiten durchzumachen haben: Je mehr unsererFeinde Ihr vernichten werdet, um so höher wird man Euch be-lohnen. Vergebt nicht, daß unsere inneren Feinde, die Juden,Polen und Sozialisten, viel gefährlicher sind, als die äußeren."Am Abend desselben Tages wurde den Soldaten in der Kaserneein Artikel aus dem Blatte„Moskowskija Wjedomosti" vorgelesenund daran nochmals folgende Bemerkung geknüpft:-„Das ganze Unheil, unter dem unser Vaterland leidet, kommtausschließlich von den Juden, die unser Blut aussaugen und dennochso tun, als ob ihnen das Wohl des Muschiks und des russischenArbeiters am Herzen läge. Doch glaubt ihnen nicht.. Moschka"(der vorlesende Herr Offizier zeigte auf einen jüdischen Soldaten)ist Euer Feind I Ich, ein Russe, ein Rechtgläubiger und Adliger,warne Euch, dem Moschka zu glauben. Spuckt ihm ins Gesicht!"—Die Soldaten umringten Moschka und begannen den Befehl aus-guführen. Schließlich, als der Stubenälteste sich ihm näherte undrhm dieser ins Gesicht spie, fuhr Moschka aus und gab ihm zweiOhrfeigen. Moschka kam ins Militärgefängnis und bald wird ihndas Kriegsgericht wegen schwerer Mißhandlung eines Vorgesetztenaburteilen.Dieses Vorkommnis hat in der ganzen Bevölkerung von Warschautiefgehende Entrüstung hervorgerufen. Diese Hetze in den Kasernenwird selbstverständlich unter den Augen der Behörden und mit derenEinwilligung oder richtiger: unter deren Mitwirkung betrieben.—Auf finnischem Boden.Um einem eventuellen Zusammenstoß mit der russischen Polizei-behörde auszuweichen, veranstaltet der russische Bauernbund indiesen Tagen eine große Versammlung in Terioki in Finnland, ander auch die gesamte Parlamettts-„Arbeitergruppe", die Vertreteraller russischen sozialistischen Parteien, die finnländische sozial-demokratische Partei und die„Rote Garde" teilnehmen werden.Die Gärung im Heere.In Telawa im Kaukasus hat das Baschladyklarer Reserve-bataillon gemeutert. Da Kosaken erwartet werden, geben die Sol-baten die Gewehre nicht aus den Händen.Hungersnot.Nach Meldungen, die der russischen Regierung zugegangen sind,herrscht in 212 Distrikten große Hungersnot! Namentlich sind dieBezirke von Jrkutsk, Jakulk und die um den Baikalsee schwer heiin-gesucht.Wenn das nicht hilft!—Einige Abgeordnete der Bauernpartei, die nach dem jetzigenStand der Agrarverhandlungen befürchten, vorläufig noch kein Landzu erhalten, wenden sich jetzt an den bekannten Priester Johann vonKronstadt mit dem Ersuchen, einen Bittgottesdienst abzuhalten,damit die Bauern Land bekommen!—Die Hüter der Geschäftsordnung!Petersburg, 6. Juni.(Meldung der Petersburger Telegraphen-Agentur.) Der Ministerrat hat sich dahin ausgesprochen, daß es uu-möglich sei, die Frist von eiiiem Monat, die nach der Geschäfts-ordnung der Reichsduma verstreichen mutz, bevor die Diskussion überdie Frage der Abschaffung der Todesstrafe aufgenommen wird, ab-zukürzen.—Noch eine Sympathit-Kundgebnng für die Duma.Wir meldeten gestern, daß die französische sozialistische Kammer-gruppe eine Sympathie-Kundgebung für die Reichsduma vorbereitet.Der Pariser Gemeinderat ist unseren Genossen zuvorgekommenund hat nun bereits der Duma ein Sympathie-Telearamm über-sandt,>n dem er den Wunsch ausdrückt, die Duma möge das vonihr unternommene politische und soziale Werk erfolgreich zu Endeführen._poUtifcbe QcberficbtBerlin, den 7. Juni.Die schöne Leiche.Der deutsche Kaiser ist auf seineu vielverschlungenen Reisen zurAbwechslung jetzt in Wien bei dem alten ehrlichen Franz Joseph.Dieser Abstecher wird in der bürgerlichen Presse von der einen Seiteals völlige Privatsache, von der andere» als welthistorisches Er-eignis bewertet. Wir nnsererseitS haben keinen Anlaß, uns indiesen, beinahe hnndstägigen Streit zu mischen, weil die deutschePolitik in diesem Falle wirklich nicht von einer Reise mehr oderweniger abhängt. Indessen ist es nun gestern von Wien answieder zu einem Depeschen Wechsel gekommen, der diesmal dieOriginalität aufweist, daß zwei an einen gedrahtet haben.Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Joseph haben nämlichan den König von Italien gemeinsam ein in französischerSprache abgefaßtes Telegramm gerichtet, das in deutscher Ueber-setzung lautet:„Zu zweien vereinigt, senden wir unserem dritten treuen Ver-bündeten den Ausdruck unserer unveränderlichen Freundschaft.Wilhelm. Franz Joseph."Die ebenfalls in französischer Sprache abgefaßte Antwort-depesche des Königs von Italien, die an Kaiser Franz Joseph ge-richtet war, hat folgenden Wortlaut:„Ich teile die Befriedigung Eurer Majestät und SeinerMajestät des Deutschen Kaisers über Ihr Zusammensein undbitte die beiden Verbündeten, mit meinem Dank für Ihreliebenswürdige Depesche die Versicherung meiner treuen undunverbrüchlichen Freundschaft entgegenzunehmen.Viktor Emanuel."Man wird zunächst nicht fehlgehen, wenn man die schrift-stellerische Leistung für das erste, stark persönlich-familiäre Tele-gramm der Eigenart Wilhelms II. zuschreibt. Die Antwort desViktor Emanuel bewegt sich demgegenüber, fast prononziert, in demüblichen formalen Kurialstil.Dieser äußerlichen und notwendigerweise auffallendenGegensätzlichkeit der beiden Telegranime entsprichtauch durchaus ihr verschiedener innerer und politischer Wert.Wie auch die bürgerliche Presse hervorhebt, spricht der König vonItalien nur von„den beiden Verbündeten", nicht von„seinen"beiden Verbündeten, er verzichtet auch darauf, sich, wasnach dem ersten Telegrammstil doch so nahe gelegen hätte,ausdrücklich als Dritter im Bunde zu bezeichnen. VielStaat ist also mit dieser Antwort wirklich nicht zu machenund nun gar, wie ein Teil der bürgerlichen Presse es übereifrig tut,den ganzen Telegrammwechsel als eine neue offenkundige gegen-seitige Belräftigung des Dreibundes hinzustellen, dazu gehörtentweder eine unglaubliche Naivität oder eine offiziös bezahlte Ge-schäftigkeit. Bestenfalls könnte man das erste, das Doppeltelegrammals den Versuch einer Revokation der berühmten„Sekundanten-depesche" an Goluchowsky auffassen. Aber auch als solche hatsie, wie Figura zeigt, ihre Absicht nicht erreicht.Der Telegrammwechsel ändert also nicht das geringste daran,daß der durch die Veränderung der weltpolitischen Lage längst über-rannte Dreibund bleibt, was er seit Jahren ist: eine schöneLeiche.—_Eine neue„Koalition"?Aus Wien wird der„Franks. Ztg." vom 7. Juni telegraphiert:Wie verlautet, ist in den Gesprächen Kaiser Wilhelmsund Kaiser Franz Josephs sowie GoluchowslyS undV o n Ts ch i r s ch ky s die innere Situation Rußlandsberührt worden, da man es nicht für ausgeschlossen hält, daß dieDinge in Rußland einen unerwünschten Einfluß auchaußerhalb ausüben könnten.Im Jahre 1731 ward zu Pillnitz in Sachsen die erste Koalitionzwischen Preußen und Oesterreich wider die französische Revolutiongeschlossen. Den Lauf der großen Bewegung hat aber weder dieseKoalition noch die anderen, die ihr gefolgt sind, aufhalten können.—Der neue Herr im österreichischen Abgeordnetenhaus.Am Donnerstag stellte sich Ministerpräsident Freiherr v. Beckdem österreichischen Abgeordnetenhause in einer längeren Rede vor,deren Bedeutung nicht verkannt werden darf. Wie sehr die Mehr-heit des Hauses mit Becks Rede einverstanden ist, geht daraushervor, daß ein Antrag: in die Debatte über die Regierungs-Erklärung einzutreten, abgelehnt wurde IAus der Rede des Ministerpräsidenten ist folgendes herbor-zuheben: Zunächst entwickelte er unter allgemeiner Aufmerksamkeitdas Programm der Regierung,„welche nicht die Regierung einerPartei, aber auch nicht eine Regierung gegen irgend eine Partei"sei, sondern die Konzentration von Kräften der Arbeit darstelle,die teils den großen parlamentarischen Parteien, teils demBeamtenstande entnommen seien. Die Regierung glaube daherdas ehrende Beiwort einer parlamentarischen Regierung inAnspruch nehmen zu dürfen. Dem Parlamente biete die Mitwirkungder Vertrauensmänner der großen Parteien im Schöße der Regierungeine Bürgschaft dafür, daß er beruhigt der Führung der Regierung'olgen könne. In und mit dem Parlamente werde die Regierung dieKraft finden, die ihr gestellte schwere, verantwortungsvolle Aufgabezu lösen.Auf das Verhältnis zu Ungarn übergehend, erklärte der Minister-Präsident: Während die diesseitige Regierung die Ansicht vertritt,daß nach erfolgter Ratifikation der Handelsverträge im Sinne derfrüher mit Ungarn getroffenen Vereinbarungen der Zolltarif alsgemeinsamer Tarif gesetzlich zu artikulieren ist, steht dieungarische Regierung auf dem Standpunkte, daß seit 1833 der Zu-stand des selbständigen Zollgebietes bereits eingetreten ist. Infolgedieser Anschauung ist der sachlich allerdings gleichlautendegemeinsame Zolltarif als selbständig für Ungarn geltender Zolltarifdem ungarischen Abgeordnetenhause vorgelegt worden. Oeslerreichhat sich durch den für das gemeinsame Zollgebiet erfolgten Abschlußvon Handelsverträgen und durch die im Rahmen derselben für dieGemeinsamkeit gebrachten Opfer einen wohlerworbenen, teuer erkaufte»Anspruch auf die bündnisinäßige Aufrechterhaltung des gemeinsamenZollgebietes und Zolltarifs für die Dauer der Handelsverträge ge-sichert. Ungarn aber versagt uns jenen Gegenwert und macht dieNichtanwendung des ungarischen Zolltarifs auf die Herkünfte ausOesterreich von der Einhaltung der Reziprozität abhängig. Andie Stelle der Stabilität vertragsmäßiger Vereinbarungen setztsomit Ungarn einseitig die Labilität der Reziprozität. iLebhafteZustimmung.) Oesterreich könnte daher schon jetzt grundsätzlich dieBerechtigung zu selbständigen Verfügungen beanspruchen.(Zwischen-rufe: Nicht könnte, sondern muß!) Da aber die ungarischeRegierung erklärt, die verfassungsmäßige Behandlung des Zoll-tarifs nicht eher fortzusetzen, als bis die Verhandlungen mit derösterreichischen Regierung beendet sind. steht die österreichischeRegierung nicht an, zu erklären, daß sie zunächst zur Ver-ständiguiig bereit ist. Die Verhandlungen müssen jedochden gesamte» Komplex der Ausgleichsfragen umfassen, mitLoyalität und Entschiedenheit geführt werden, eine voll-kommen klare, jede Beeinträchtigung ausschließende Sicherheitgewähren und eine dauernde Grundlage der lvirtschast-lichen Entwickelimg schaffen.(Allgemeine Zustimmung.) Sollten dieVerhandlungen nicht z» einem u»S befriedigenden Ergebnis führen unddie Verhältnisse uns zwingen, unser Hans selbst zu bestelle», so werbenwir dies mit Ruhe und Ernst und der gebotenen Entschiedenheit tu».Die Regierung erbittet die kräftigste Unterstützung des Hauses und stehtdafür ein, daß dem legitimen Einfluß des Parlaments kein Abbruch ge-schieht, daß keine Entscheidung in Sachen, die uns betreffen, gefällt wird,ohne uns I(Lebhafter Beifall.) Die Regierung erachtet gerade im Hin-blick auf die mögliche Gestaltung der Dinge in Ungarn die Fort-setzung und Durchführung der Eifnbahnverstaatlichnngsaltiou fürgeboten.(Zustimmung.) Die möglichst baldige Verabschiedung derNordbahnvorlage ist ein dringendes Bedürfnis. Nicht minder gebotenerscheint die demiiächstige Regelung des Fluß- und Sceschiffahrt-verlehrs."Der Ministerpräsident betont dann die Notwendigkeit einerbaldigen Erledigung der Gewerbenovelle und erklärt:»Die Re-giernng befindet sich gegenüber derWahlreformvorlagrin der Lage eines Universalerben: Sie tritt die Erbschaft ohneVorbehalt an und will die Borlage entschlossen zum Ziel bringen.Eine Verständigung in der Wahlreformvorlage muß gefunden werden.Die Regierung, die weiß, wie unerläßlich eine baldige gedeihlicheLösung dieser im Interesse der Modernisierung der staatlichen Ein-richlunge», der Verjüngung und Stärkung des Parlaments gelegenen Aktionist, wird alles daran setzen, um die parlamentarische Erledigung derWahlreform herbeizuführen und zu beschleunigen. Diese wird auch ge-fingen, wenn die Verständigung im Gerste der Einmütigkeit, Gerechtigkeitund Billigkeit und mit starkem Wollen gesucht wird. Wenn wir be«reit sind, mit kleinen Opfern eine so große Errungenschaft zu er-kaufen, dann wird die Wahlreform als Emanation der großen Ge-meinsamkeit des Enipfindens aller Völker Oesterreichs erscheinenund das Werk des nationalen Friedens fördern. Dieser für dieVölker Oesterreichs heiligen Aufgabe wird die Regierung ihreganze Kraft und ihr bestes Können weihen. Die Regierungwürde ihre Kräfte überschätzen, wenn sie glaubte, daß der Streit derNationalitäten alsbald gänzlich tilgbar sei, aber sie hegt die zu-verfichtliche Erwartung, daß es ihrem unablässigen Bemühen ge-fingen wird, wenigstens eine Milderung und Abschwächungdes Streites, die Vorbereitung einer Schlichtung der weiterenFragen zu erzielen. Da die Vertrauensmänner der im Streiteverfangenen Parteien an der Regierung Anteil nehmen, ist derMinisterrat der Boden geworden, auf dem die Verständigung an-gebahnt werden soll. Die Regierung sieht mit festem Vertrauendem Werke der nationalen Friedensstiftung entgegen, für dessenGelingen alles aufzubieten sie entschlossen ist. Sie wird zunächstbemüht sein, das Milieu für die Behandlung dieser großenFragen zu schaffen, und wird im richtigen Augenblicke auch vorkritischen Fragen erster Ordnung nicht zurückweichen, wie vor einerAnbahnung der Lösung der Sprachenftage in Böhmen, oderder mährischen Universitätsfrage:(Lebhafte Zustimmung.) dennauch für diese Fragen muß es eine befriedigende Lösunggeben. Diesem ereignisreichen, schicksalsschweren� Augenblicke,der den stärksten Schutz für die gemeinsamen Interessen der VölkerOesterreichs erfordert, ist nur eine unerschütterliche Einigkeit zwischenRegierung, Parlament und den Völkern Oesterreichs gewachsen.Diese ist jetzt unsere allererste und höchste Pflicht."(LebhafterBeifall.)Der Telegraph meldet noch aus dieser Sitzung eine bezeichnendeEpisode, die wir unfern Lesern nicht vorenthalten wollen:Von der ersten Galerie wurden Zettel in den Saal geworfen,des Inhalts, daß die Bergarbeiterschaft in letzter Stunde vor Ver-schleppung der Wahlreform warne und dringend die soziale Reformfordere.—•••Veutlckes Reich.RussenauSwcisungen und Zigarettensteuer.Von neuen Russenausweisungen aus Berlin wird gemeldet:Sie haben diesmal ein besonderes Charakteristikum. Sie betreffendie Russen(daneben auch einige andere Ausländer), die inZigarettenfabriken arbeiten. In einer großen Fabrik imNorden Berlins sind an hundert Ausgewiesene zu verzeichnen, inanderen fünfzig usw. Die Regierung scheint hier zwei Fliegen miteiner Klappe schlagen zu wollen. Außer der Beseitigung„lästigerElemente" will sie anscheinend eine Milderung der verheerendenWirkungen der Zigarettensteuer erreichen. Das böse Gewissen sagtihr, daß die Steuer Elend und Arbeitslosigkeit für viele Arbeiterder Zigarettenbranche im Gefolge haben wird und so suchtsie die Schar der Betroffenen vor Inkrafttreten der neuenSteuer möglichst zu verringern. Natürlich hat diese un-bedeutende Verringerung so gut wie gar keine praktischeBedeutung. Die Regierung wird durch solche Maßregel weder dieäußere noch die innere Schmach verdecken, weder die Schmach derAusweisungen noch die Schmach der Steuerpolitik auf Kosten derSchwachen I �_Hetze gegen die Genossin Luxemburg.Der den Schöne- v. Brockhusen sehr nahestehende Hintermannder„Post" hatte bekanntlich vergeblich versucht, die im Reichstageaufgedeckten, mit Zuchthausstrafe bedrohten Verbrechen der Urkunden-fälschung und der Bestechung eines Russen zum Landesverrat gegenRußland in eine harmlose, mit Geldstrafe bedrohte Uebertretungder Benutzung eines fremden Passes„zwecks besseren Fort-kommens" umzudichten. Der eifrige Mitarbeiter der„Post" suchte dieAufmerksamkeit von den im Reichstag niedriger gehängten und selbstvon der Regierung nicht verteidigten Schöne- v. BrockhusenschenTaten durch feige Verunglimpfungen der Genossin Luxemburg ab-zulenken. Mit diesen aus polizeilicher Quelle stammenden An-griffen gegen Genossin Luxemburg verfolgte der Hintermann der„Post", der auch andere� Quellen versorgt, noch einen anderenZweck. Dieser Zweck'geht dahin, die Hastentlassung derGenossin Luxemburg, die zurzeit noch in der Warschauer Zitadelleinterniert ist, gegen die aber nicht das geringste Anklagematerialvorliegt, durch unwahre Behauptungen zu verzögern. Nach dieserRichtung registrieren wir folgende Tatsachen: Der Hintermann der„Post" hat neu behauptet, die Genossin Luxemburg sei zur Be-gehung strafbarer Handlungen nach Rußland gereist, undzwar habe sie zu diesem Zweck einen Sekretär mitgenommen.Diese Behauptung der„Post" ist von Anfang bis zu Ende erfunden:Genossin Luxemburg hat weder einen Sekretär gehabt, noch ist siemit einem Sekretär nach Rußland gereist. Weshalb brachte die„Post" plötzlich diese albernen Unwahrheiten? Um dieselbe Zeit alsdie„Post" ihre Enten aufflattern ließ, war in der«Danziger Ztg."mitgeteilt, das Verfahren gegen die Genossin Luxemburg habe zudem Ergebnis geführt, daß ibr lediglich die Benutzung eines Passeseines andern zur Last gelegt werden könne. Dem gegenüber be-hanptete die„National-Zeitung", das Verfahren gegen die GenossinLuxemburg sei noch keineswegs beendet, die deutsche Regierunghabe übrigens anerkannt, daß Genossin Luxemburg auch russischeStaatsangehörige geblieben sei. Daß in der Tat ein solchesAnerkenntnis seitens der deutschen Regierung abgegeben ist, möchtenwir lebhaft bezweifeln, zumal solchen staatsrechtlichen Unsinn höchstensein Gutachter behauptet haben könnte, der jenem Gutachter gleicht,welcher die preußische Behörde in dem bekannten Königsberger Hoch-Verratsprozeß mit den größten Albernheiten bedient hat. Aber magdem sein wie ihm wolle— wie sollte denn die deutsche Regierungüberhaupt dazu gekoinmen sein, über diese Frage ein Gutachren ab-zugeben? Der Schlüssel für das neue Kesseltreiben gegen GenossinLuxemburg liegt in folgendem: Die Untersuchung gegen die GenossinLuxemburg hat m der Tat nicht das geringste nach russischenGesetzen Gravierende gegen sie ergeben. Just um die-selbiT Zeit, wo die Warschauer Behörde zu diesem Ergebnisgelangte, unternahm der polizeiliche Hintennann der„Post" dieneue Attacke gegen die Genossin Luxemburg. Allein diesem Zweckdient das in der„Post" geipounene Lügengewebe.Erbärmlich ist dieS Treiben der polizeilichen Hintermänner.Wir haben zu der Annahme Grund, daß auch die russischen Be-Hörden die Lügen und den Zweck des Hintermannes der„Post", dereinen Russen zunr Landesverrat gegen Rußland gegen große Summenanzustiften suchte, durchschaut haben.—Baltische Junker als preußische Hakatisten. Wie uns von zu-verlässiger Seite ans Riga gemeldet wird, beabsichtigen die baltisch-deutschen Qsroßgrinidbesitzer. im Falle der zwangsweisen Expropriationihrer Güter insgesamt nach Preußen auszuwandern und sich derA n s i e d e l u» a S l o in m i s s i o n in den Ostmarlen zur Verfügung