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schreiben, das der Vorstand und die Verwaltung der Genossenschaft an sämtliche Gruppen der belgischen Arbeiterpartei richtet, heißt es: DerVooruit" hat als erster den Sozialismus mit der genosien- schaftlichen Arbeit verbunden und stets dem Ziele nachgestrebt, das seine Begründer im Auge hatten: die arbeitende Klasse zu organi- sieren, sie verständig und stark machen, um ihren großen Befreiungs- kämpf mit Erfolg führen zu können. Diesem Ziele ist derVooruit" treu geblieben, und die arbeitende Klasse von Gent ist mit seinem Wachstum und Gedeihen auch an Macht und Ansehen gewachsen. DerVooruit" war ein Vorbild, er hat Nachfolger gefunden in ganz Belgien . Seine Kinder sind groß geworden, einige sind ihm über den Kopf gewachsen, und derVooruit" sieht das mit Freuden." Das Fest wird voraussichtlich alles übertreffen, was die Stadt Gent bisher in dieser Hinsicht erlebt hat. Den Mittelpunkt wird ein großer Festzug zur Verherrlichung desVooruit" bilden. Die geschichtliche Emwickelung der Genossenschaft wie des Parteiorgans, das denselben Namen trägt, und die verschiedenen Wirkungsgebiete desVooruit" sollen in allegorischen Bildern dargestellt werden. Gäste werden in großer Zahl aus allen Teilen Belgiens erwartet; man rechnet auf mindestens 10 000 auswärtige Genossen. Sozlakd* Polizeiliche Aufhebung des Streiks«nd des Koalitionsrechts. Die Polizei ist die Seele des Staats. Sie kann alles, ja mehr als alles. Konnte ein Angestellter der preußischen politischen Polizei eS unternehmen, Juden in Christen umzuwandeln und zu landeö- verräterischen Handlungen gegen eine befreundete Nation anzureizen, Urkunden fälschen usw., so hat eine sächsische Polizeibehörde noch Höheres vollbracht. Sie hat einfach einen Streik poli- »zeilich wegdekretiert. Ueber diesen sächsischen Schwaben- streich wird uns aus Zwickau geschrieben: Großer Jubel wird herrschen im Lager aller Scharfmacher, denn vorbei ist die Zeit der gewaltigen Titanenkämpfe, wo eine, oft nach Hunderttausenden von Köpfen zählende Arbeiterschaft in oft aus- sichtslosem Kampfe rang um mehr Lohn und verkürzte Arbeitszeit. Die garstigen Zeiten sind gewesen, sind nicht mehr, denn sächsische P o l i z e i t ü ch t i g k e i t hat ein neues Universalheilmittel entdeckt: Man erklärt von Polizeiwegen den Streik für beendet, und um ganz sicher zu gehen, sucht man auch noch die Streikbude auszuräuchern. In Zwickau ist dieser geniale Mann erstanden, der unserem Unter- liehmertum als ein segenverkündender Messias erscheinen wird. Herr Stadtrat Wille von Zwickau , Dezernent des Polizei- Wesens, hat am Mittwoch, den ö. Juni, vormittags, an unseren Parteigenossen, den Wirt von Belvedere folgenden UkaS erlassen: Zwickau , den S. Juni 1906. An den Gast Wirt Julius Seifertl Nach den neuerdings gepflogenen Erhebungen ,ind die am 28. April dieses Jahres und in den folgenden Tagen in den Ausstand getretenen Maurer hiesiger Baugeschäftsinhaber zum frößten Teil abgereist. Ein weiterer erheb- icher Teil der ortsanwesenden Maurer ist wieder in Arbeit getreten und eine große Zahl Maurer ist überhaupt nicht ausständig geworden, so daß gegenwärtig nur noch die Führer der Maurer die Beschäftigung nicht aufgenommen haben. Danach hat die unterzeichnete Behörde die lleberzeugung gewonnen, daß der Streik der Maurer Hierselbst erloschen ist und kein Anlaß vorliegt, daß die Streikleitung und das sog. Streikbureau in Tätigkeit bleibt. Es wird des- ?alb und weil durch die ungebührliche Fort- etzung der Agitation für den tatsächlich er- loschenen Streik eine allgemeine Beunruhigung aller in dem Baugewerbe, sowie in den mit dem- (elben in Beziehung stehenden Berufen be- chäftiaten Arbeiter h er b e, g ef ü h rt worden, die Streikleitung und das im hiesigen Gast Hause zum Belvedere (jr richtete Streikbureau aufgelöst. Sie werden hiervon in Kenntnis gesetzt und bedeutet, daß Sie Geldstrafe bis 150 Mark oder Haftstrafe bis zu 14 Tagen zu gewärtigen haben, fiallS Sie Ihr Haus der bisherigen Streikleitung zu anderen Zwecken als zur Streikabrechnung überlassen. Der Rat der Stadt Zwickau . Wille. Doch damit ist Herr Wille, der Polizeigewaltige von Zwickau , noch nicht zufrieden, er ließ seine Schreibmaschine weiter spielen und dekretierte also: An den Maurer... ... Als gegenwärtigen Leiter des hiesigen Maurer st reiks wird Ihnen hiermit eröffnet, unter der gleichzeitigen Bedeutung, daß Sie in jedem Einzelfalle Geldstrafe von 100 M. oderHaft von 14 Tagen zu gewärtigen haben, falls Sie und die sog. Streikleitung, sowie alle sonst von Ihnen zur Agitation für die bisherige Ausstands- bewegung verwandten Personen, diese Agitation fortsetzen, namentlich Berufsgenossen von der Annahme von Arbeit oder deren Fortsetzung irgendwie abzuhalten suchen oder durch irgend- welche Ankündigung die unwahre Behauptung eines fortbestehenden Streikes noch weiter ver- breiten. Diese Verfügung tritt mit dem Tage der Zu- Diese beiden Zwickauer Polizeiukase hängen wir vollinhaltlich niedriger, um nichlS von dem Glorienschein zu nehmen, welcher darob daS Haupt des sächsischen Polizeigewaltigen nach Ansicht des Unternehmertums umstrahlt. Wie ist der Erlaß solcher gesetzwidriger Ukase möglich? Im Zwickauer Stadtparlament waltet als Vorsitzender ein Baumeister Wolf seines Amtes. Wolf ist der Scharfmacher des Unter- nehmerklüngcls im Baugewerbe und so mancheKleine" ist auch finanziell von ihm abhängig. Natürlich ist der Manu eine städtische F r e i s i u n s l e u ch t e. Wolf ist ein Unternehmer, der jeder, auch derZkleiuste» Verbesserung der Lebenslage der Arbeiterklasse lebhaftesten Widerstand entgegensetzt. Dieser Mann ist der eigentliche Vater deS polizeilichen Schwabenstreiches. Seit dem 28. März stehen die Maurer im Streik. Was noch vor zwei Jahren unmöglich schien, ist zur Wahrheit geworden, alle Zwickauer Maurer sind organisiert und die frühere unsägliche Indolenz unter ihnen ist vollständig geschwunden. Zurzeit sind nahezu 400 Maurer abgereist und so gut wie keine Streikbrecher vorhanden. Die meisten Bauten stehen still und wo gearbeitet wird, find die Forderungen der Streikenden bewilligt. Die'kleinen Bauunternehmer wanke», werden aber durch eine hohe Konventionalstrafe gehindert, die Forderungen zu bewilligen. Wolf und Konsorten stieg das Wasser bis zur Kehle. Als am PfingstdienStag wiederum die Bauten wie seit Wochen still und öde lagen, bekamen cS die Herren mit der Ver- z w e i f l u n g zu tun. sie rannten zum Heurr Stadtrat W i l k e: Hilf Samuel, hilf! Und Herr Wirke half. Erließ auf feiner Schreibmaschine die beiden Schriftstücke an da? Streikkomitee und an den Gastivirt Seifert abtippen, dekretierte, der Streik ist beendet und fertig ist die Laube. Daß sich Stadtrat Wille von den Baumeistern hat miß- brauchen lassen, wird ihm erst später zum Bewußtsein kommen, wenn er sich von der Wahrheit der Tatsachen über- zeugt hat. Auch aus diese neuesten Zwickauer Polizeiukase trifft Ben AbikaS: Alles schon dagewesen" zu. Im Jahre 1839 erklärte die Zwickauer Polizeibehörde den Streik der Maurer für beendet und sperrte das Streiklokal. Im Jahre 1899 löste die Zwickauer Polizeibehörde das Streik- komitee auf. Und Hohngelächter, unsterbliches Hohngelächter ertönt in den Reihen der gesamten organisierten Arbeiterschaft, wenn jetzt im Zeitalter der Millionen- starken Organisationen der Arbeiter die Polizei mit derartigen Krähwinkeleien aus wartet. Die Zwickauer Arbeiterschaft wird es ihrem Polizeistadtrat jedenfalls beibringen, daß wir das Jahr 190S schreiben, und das, was in den Jahren 1889 und 1899 noch e r n st h a f t genommen werden konnte, heute als daS erkannt wird, was es ist. Die Ukase der Zwickauer Polizei sind widerrechtliche Versuche, daS Koalitionsrecht aufzuheben. Eine auch nur handwerksmäßig arbeitende Strafverfolgungsbehörde hat die Pflicht, zu untersuchen, ob der begangene Amtsmißbrauch ein strafbarer ist. Die Ukase selbst werden und brauchen die Arbeiter selbstverständlich nicht befolgen._ Hiid Induftrie und F)andeU Starke Ueiertrribung. In der bürgerlichen Presse wird fort- gesetzt Klage geführt über großen Wagenmangel, durch welchen an- geblich die' Kohlenförderung in ganz eminenter Weise eingeschränkt wird. DerBörsen-Courier" spricht gar von einer Wirkung gleich eine», Elementarereignis, ganze Industriezweige würden dazu gedrängt, ausländische Kohle zu beziehen, die Wagen würden den Zechen nicht annähernd in gewünschter Anzahl gestellt. Der Wagenmangel ist natürlich eine Kalamität, aber die offenkundigen Uebertreibungej, müssen doch stutzig machen. Nach den amtlichen Ausweisen sind im Ruhrrevier in der Woche vom 16. bis 22. Mai 133 625 Wagen angefordert worden, gestellt wurden 131 822 Wagen, mithin haben gefehlt 2680 Wagen gleich 2 Proz. DaS ist weniger als im Vor- jähre zu derselben Zeit. Damals wurden pro Arbeitstag 531 Wagen weniger gestellt als angefordert wurden, diesmal belauft sich die Fehlziffer nur auf 447. Da die Zechen bei den Anforderungen eine gewisse Prozentziffer aufschlagen werden, ist die tatsächliche Fehlziffer jedenfalls nicht so groß, um die in die Presse lanzierten Schilde- rungen von ttef eingreifenden Wirkungen durch den Wagenmangel zu rechtfertigen. Die Sttmmungsbilder sollen den Glauben an weiteren Aufstieg unsereStWirtschaftslebenS stärken. Je höher dadurch die Kurse steigen, desto schärfer nachher der Krach. Die Bereinigten deutschen Nickelwerke in Schwerte verteilen für das letzte Jahr 14 Proz. Dividende gegen 10 Proz. im Vorjahre. So genießen die Aktionäre den Segen der guten Konjunktur, von dem die Arbeiter wenig oder gar nichts zu spüren bekommen. Die Verhältnisse auf den Nickelwerken sind besonders unrühmlich bekannt. Wegen der billigen Arbeitskräste in Schlesien hat die Firma einen Teil ihrer Produktion nach dort verlegt. Staatliche Gewinnbeteiligung beim Kalibergbau. Im Fürstentum Lippe-Detmold vermutet man reiche Kalilager. Die Lipper können Geld brauchen und da lag der Gedanke nahe, durch staatliche AuS« beutung der Lager der Landeskasse eine ergiebige Geldquelle zu er- öffnen. Zunächst dachte man denn auch daran, das Schürfrccht ftir den Staat dauernd zu reservieren. Das behagte natürlich dem Privatkapital, nicht und' da der Wille deö Unternehmertums weit reicht, ließ man den Plan des staatlichen Schürfmonopols wieder fallen. Jedoch eine anständige Beteiligung am Reingewinn soll dem Staate gewahrt bleiben. Zunächst war in einem Entwurf ein Anspruch des Staates von 10 Proz. am Reingewinn vorgesehen, ietzt ist der Landtag einberufen zur Beratung eines Ver- träges, der für die Landeskasse 15 Proz. vom Reingewinn vorsieht. Der Reingewinn ist zu verstehen als das Erträgnis vor Absetzung von Zinsen, Dividenden und Tanttemen. Außerdem hat der Unter- nehmer 30 Proz. von der ihm vom Kalishndikat zufließenden Eni- schädigung an die Landeskasse zu überweisen. Dem Staat soll ferner das Recht vorbehalten sein, innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren 12 Prozent der Bergwerksanteile zu den tatsächlichen Ge- stehungskosten zu übernehmen. Setz: der Staat diesen Anteil vor Beginn der Förderung auf höchstens 5 Proz. herab. so hat der Uuteriiehnier dem Staate einen Gewinnanteil von mindestens 50000 Mark zu garantieren. Mit solchem Ver­trage ist ja der Landeskasse ein immerhin ansehnlicher Anteil an dem Gewinne gesichert, aber wie steht es mit den Arbeitern? Unter den obwaltenden Umständen dürften sie die Zeche zu zahlen haben. Es ist notwendig, daß in dem Vertrage auch eine gewisse Richtlinie über daS Verhältnis des Gewinnes zum Lohne festgelegt wird. So gut wie der Staat einen Anteil am Bolksvennögen für sich reserviert, kann er auch die Rechte der Arbeiter wahrnehmen, und es ist seine Pflicht, das zu tun. Staat und Privatunternehmertum als Eisenbahnunternehmer. Die japanische Regierung beabsichtigt, nach einer Meldung des Rcuterschen Bureaus, die von ihr in der Mandschurei erworbenen Eisenbahnen in ein Unternehmen umzuwandeln, welches in den gemeinsamen Besitz der Regierung und einer Gruppe von Finanz- leuten übergehen soll, unter Aufwendung eines Kapitals von 15 Millionen DenS, das zu gleichen Teilen von den Vertragschließenden aufzubringen ist. Die Enthüllungen über die Zustände in den Betrieben deS amerikanischen RindfleischtrustS haben zunächst die Wirkung gehabt, daß im ganzen Lande der Verbrauch von Erzeugnissen des Trusts erheblich zurückgegangen ist und infolgedessen die Preise stark ge- fallen sind. Die Trustfirmen setzen infolgedessen der Veröffentlichung der kommissarischen Berichte keinen Widerstand mehr entgegen, da sie der Ansicht sind, die Sttmnmng im Lande könnte doch nicht ver- schlimmert werden. Einen gewalttgen Aufschwung hat bezeichnenderweise der Vegeta- rismus genommen. Es wurden bereits mehrere neue vegetarische Lokale in New Aork eröffnet. Die Erzählungen, daß Menschen in die Siedekessel der Chicagoer Fleischdersaudhäuser gefallen und mit zerkocht worden seien, werden von Mr. A. M. Simons, einem höheren Beamten des Verbandes des Chicagoer WohltättgkeitSvereine, bestättgt. Mr. Simons war drei Jahre lang unter den Arbeitern in den Chicagoer Packhäusern tätig. In dieser Zeit kamen, wie er sagt,_ zwei derartige Fälle direkt zu seiner Kenntnis. Ein Knabe, der seinem Vater Frühstück ins Siede- Haus brachte, fiel in einen mit kochender Masse gefüllten Schmalz- kessel und konnte nicht mehr gerettet werden. Nachdem der Dampf abgelassen worden war, wilrden nur einige Knochen heraus- gefischt. Einige Wochen später fiel der Vater deS Knaben in den- selben Kessel und erlitt daS gleiche Schicksal. Beide Male wurde der Inhalt des Kessels, als ob nichts geschehen wäre, in Büchsen gefüllt und verkauft. Die großen Fleischversandfirmen in Chicago tun ihr AeußersteS, um der Wirkung der Enthüllungen über die Schmutzereien und Scheuß- lichkeiten in ihren Betrieben entgegenzuarbeiten. Vor allen Dingen hat sich ihrer plötzlich ein ungewohnter Trieb zur Reinlichkeit be- mächttgt. In den Schlachthäusern werden die Fußböden gereinigt, die Wände abgekratzt und ftisch gestrichen, bessere Beleuchtung und Lüftung eingeführt und auch die Verhältnisse, unter denen die Arbeiter tätig sind, verbessert. Neue Waschstellen und andere sanitäre Einrichtungen werden angelegt, und Plakate fordern die Vorarbeiter auf, dafür zu sorgen, oaß da» Fleisch rein gehalten wird und die Arbeiter sich der Sauberkeit befleißigen? wer nicht vor und nach der Arbeit sich die Hände wäscht, soll mit Entlassung bestraft werden. Tabak ist in allen Betrieben verboten. Während sich der Fleischtrust so rührt, herrscht im Repräsentantenhause eine bemerkenswerte Apathie. Die Botschaft und der Bericht des Präsidenten wurdm mit bedeutsamem Schweigen aufgenommen. Zahlreiche Mit- glieder des Hauses unterstützten unter Führung des Sprechers offen den Fleischttust und erklären die vom Präsidenten Roosevelt ge- machten Mitteilungen für unverbürgt. Das Publikum läßt sich jedoch weder durch die vom Trust eingeführten Reformen noch durch die Haltung der Volksvertreter beeinflussen, und weist die Chicagoer Er- zeugnisse zurück. Auch eine gemeinsame Erklärung von acht Chicagoer Firmen, worin versichert wird, der Präsident und die Zeitungen hätten die Fleischpacker verleumdet und die Tatsachen ent- stellt, macht keinen Eindruck. Die allgemein herrschende Ueber« zeugung, daß die in den Blättern erschienenen Schilderungen nicht übertrieben seien, ist nun einmal nicht zu erschüttem. Em der frauenbewegung» Der große- kleine Tag! Die Finsterlinge und Reaktionäre in Deutschland haben Glück. Was der Münchener Lehrertag ihnen an einem Tage in den Weg rollte, das machten die Männer-Lehrer weit am nächsten Tage durch eine unglaublich reaktionäre Stellungnahme in bezug auf den Einfluß der Lehrerinnen auf den Gesamtunterricht. Die Kundgebung in der Frage: Simultan- oder Konfessionsschule war eine herrliche Demonstratton gegen die Bermuckerung und Verdummung der Volksschule, es war eine Herzerftischende Tat, die in den weitesten Kreisen freudige Zustimmung auslöste. Mit ihrem Eintreten für Geistesfteiheit in der Volksschule haben die Lehrer der Kultur einen Dienst erwiesen, der hoch, sehr hoch bewertet werden kann. Umso peinlicher berührt ihre Stellungnahme in der Frage der Gleichberechttgung der Lehrerinnen im Lehrkörper. Man erkannte der Lehrerin die volle Gleichberechtigung ab, weil sie von Natur aus nicht genügend qualifiziert sei. Da zeigt sich die Macht der Klasseninteressen! Daß alle vorgeschützten Gründe nur einen durchsichttgen Schammantel für das Klasseninteresse darstellen, das hier im Kampfe gegen die weibliche Konkurrenttn in Erscheinung tritt, ist leicht zu erkennen. Daß man sich der Schwäche der Position gegenüber demschwachen" Geschlecht bewußt war, trat schon äußerlich in Erscheinung. Zu dem hochwichtigen Thema, bei dem es sich um die Gleichberechttgung beider Geschlechter im Lehr- körper handelte, bestellte man zwar einen Referenten, der die Frage verneinte, aber denen, gegen die man angriffsweise vor- ging, wurden nur zehn Minuten Redezeit gestattet. Allerdings einer längeren Diskussion waren die Argumente, durch welche den Lehre- rinnen und damit dem weiblichen Geschlecht Qualitätsmangel zu- gesprochen werden, die die Aberkennung der Gleichberechtigung be- gründen, nicht gewachsen. Die ganze Argumentation bewegte sich in dem engen Rabmen: der Mann hat besondere Eigenheiten, die Frau hat besondere Eigenheiten. Die besonderen Eigenheiten befähigen den Mann zur Erziehung der Knaben und Mädchen, die besonderen Eigenheiten der Frau befähigen nur zur Unterrichtung von kleinen Mädchen, daher, deshalb usw. Irgendwelche beweiskräfttge Tatsache hat man nicht vorgebracht. Das war auch nicht möglich, denn die Behauptungen widersprechen sich selbst. Wenn die besonderen Eigenheiten der männlichen und weiblichen Natur so stark sind, daß ein Ausgleich ausgeschlossen ist, wie dürfen Männer dann in der subtilsten Frage, der der Erziehung und der Geistes- und Herzensbildung der Mädchen, eine überlegene Fähigkeit für sich reklamieren? Der Kampf gegen die Konkurrentin faltete die Binde, die die Lehrer in der weltbewegenden Frauenfrage vor die Augen nahmen. Voll« ständig blind muß man gewesen sein, um die Wirkung' solchen Vor- gehens ganz zu übersehen. Die Einheitlichkeit des Widerstandes gegen die Volksschulfeinde hat man gestört, Zersplitterung und leiden« schaftliche Kämpfe in die eigenen Reihen hineingettagen, die Sympathien weiter Volkskreise hat man mindestens stark abgeschwächt. Kräftigung erfährt, die Reaktion sowohl gegenüber den berechtigten Bestrebungen der Frauen, wie auch im Kampfe gegen die Volks- schule. Den Ausgang des großen-kleinen TageS kann man nur auf« richtig bedauern._ Zur Beachtung t Bon jetzt ab werden die Versammlungen der Frauen- und Mädchen-BildungSvereine nur noch allwöchentlich in der Dienstag- und Freitag-Nummer unter nachstehender Uebersicht bekanntgegeben. Versammlungen Veranstaltungen. Reinickendorf . Dienstag, den 12. Juni, abends 8'/g Uhr. im Vereins« lokal: Vortrag. Borsigwalde -Tegel . Mittwoch, 13. Juni, abends 8'/, Uhr. bei Kube, Ernststt. 8: Vortrag._________ Sozialdemokratischer Lese, und Diskntierklubvorwärts-. Freitag abend 8>/, Uhr bei Knötsch, Hirtenstr, tv. Vortrag des Genossen A. K o s i o l über: ZluS der EntwickelungSgeschichte der Familie I Gaste sehr willkommen. Berein der Lehrlinge, jugendlicher Arveiter und Arbeiterinnen Berlin » u. Umgegend. Abt. Charlottenburg . Sonnabend, den S. Juni, abends 8 Uhr, im Volkshause, Rosiuenstt. 3: Versammlmig. Tagesordnung t 1. Vortrag. 2. Diskussion. 3. Verschiedenes. Vermischtes. Zu der Bluttat in Bornstedt bei Potsdam wird uns berichtet, daß es sich nach Lage der Sache um keinen Mord, sondern um einen Todschlag Handelt. Hetsch, der einmal vorbestraft ist, hat aöend» gegen 8 Uhr den Zigarrenhäudler Vierkant mit einem Stock der- maßen über den Kopf geschlagen, daß der Bedauernswerte bald darauf verstarb. Der Pastor v. Bodelschwingh, der erst kürzlich die Kolonie Hoffnungstal gründete, wird auch in der Provinz Brandenburg ein Asyl für Arbeitslose ins Leben rufen und zwar in der Kunersdorfer Forst im Kreise Zauch-Belzig in der Nähe deS Schmerberges. DaS in Aussicht genommene Terrain wurde dieser Tage von ihm und einigen höheren Regierungsbeamten besichttgt. DaS erste Opfer der Herkomer-Fahrt. Der Kontrolleur, der, wie wir bereits meldeten, in der Nähe von EmSsirchen an einer Kurve aus dem Wagen geschleudert wurde, ist bald nach dem Unfall infolge eines Schädelbruchs verstorben. Der Verunglückte ist der Direktor Schloer. der in München ansässig ist. Ein Pauoramabrand hat in Rathenow stattgefunden. Im Hanse Fehrbcllinerstraße 40 war seit einiger Zeit einPanorama tnter- nationale" als Filiale des Berliner Kaiser- Panoramas etabliert, das aber mit Eintritt der wärmeren Witterung geschloffen wurde. Durch das Herabfallen der Petroleumlampe von der Brüstung des drehbaren Apparats entstand nun. während der Besitzer deS Pano- ramas schlief, ein Brand in dem Saal, der schnell um sich griff und daS ganze Institut einäscherte. Der Schaden ist ein beträchtlicher. da auch einige Serien der glasstereoskopischen landschaftlichen"Auf- nahmen mit verbrannten. Da die Feuerversicherungen eS meistens ablehnen, derartige Panoramen zu versichern, dürste ihn der Besitzer allein zu tragen haben. Eingestellte Bergungsarbeiten. Kiel , 7. Juni. Nachdem an der Unfallstelle des Torpedobootes ,8 126' noch zwei Leichen, die des Torpedoobermatrosen Gronau auS Königsberg und des Torpedo - Matrosen Waltcmathc aus Rumbeck an der Weser, geborgen und weitere Leichen nicht entdeckt worden sind, sind die Bergungsarbeiten nunmehr als abgeschlossen eingestellt worden. Der Schrecken de» BesiwS. Im Innern des Vesuvs finden neue heftige Einstürze statt, die neuen Aschenregen verurs«chen. Unter den Beivohnern der umliegenden Ortschaften herrscht große Panik. Gleichzeitig wurden in Calabrien Erdstöße verspürt. Die Pest. Konstantinopel , 6. Juni. (Meldung de» Wiener K. K. Telegr.-Korr.-BureauS.) Bis zum 4. Juni sind in Dscheddah 25 Pestfälle vorgekommen, von denen neun tödlich ver« laufen sind.