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Kompetent ers-�emenden Steve etn Urteil darüber abgegeben wurde, ob das dem Genossen Ebbardt gehörige Gut, auf dem die Mai- feier in jedem Jahre stattfindet, als ein Mustergut zu betrachten ist oder nicht. Ende Mai veranstaltete nämlich der landwirtschaftliche Zentral- verein für Litauen   und Masuren   für die Kreise Johannisburg, Lyck  und Oletzko   seine diesjährige Bezirks tiersch au. Nach einem Bericht derOstprenszischen Zeitung" legte diese Tierschau wieder einmal Zeugnis dafür ab, dafi sich die Vieh- und Pferdezucht in Masuren  im konstanten Fortschritt befindet. Dem Parteigenossen Ebhardt-Komorowen wurden folgende Preise zuerkannt: 1. für Rindvieh, Repräsentation ganzer Zuchten: der silberne Ehrenpreis, 2. für B u l l e n über 36 Monate alt: e r st e r Preis 120 Mark, 3. für Stärken, zweimal der zweite Preis, je 40 M., und zweimal der dritte Preis, je 30 M.; 4. Kühe in Milch: viermal der zweite Preis, je 50 M. Dieses Urteil der Preisrichter in Verbindung mit den durchaus sehenswerten mustergültigen Einrichtungen dieses Gutes rechtfertigen Wohl die Bezeichnung Mustergut. Und das alles trotz Arbeits« ruhe am 1. Mai, trotz guter Löhne und menschenwürdiger Be- Handlung der Arbeiter, sowie gesunder Arbeiterwohnungen. Oder vielmehr: infolge dieser Einrichtungen! DieDeutsche Tages- zeitung" darf also wirklich ohne Ironie das Mustergut zur Nach- ahmung empfehlen. Bei dieser Gelegenheit möchten wir übrigens noch mitteilen, dafi es in Ostpreußen   auch noch ein zweites, gegen 4000 Morgen großes Gut gibt, auf dem der 1. Mai seit einer Reihe von Jahren durch vollständige Arbeitsruhe gefeiert wird. Das Gut gehört dem Gutsbesitzer Genossen A. Hofer- Gr.-Skaisgirren. Es ist eine der größten und einträglichsten Besitzungen im Ragniter Kreise. Deutscher Strafvollzug. Vor dem Schöffengericht in Köln  stand ein Insasse der Rheinischen Provinzial-Arbeits- a n st a l t. Er soll auf einen Aufseher einen Angriff verübt und einige Fensterscheiben eingeschlagen haben. Nach dem Ergebnis der Verhandlung kann es kaum einem Zweifel unterliegen, daß die Empörung den Mann zu seinem Vorgehen getrieben hat. Er soll in der Anstalrskirche eine Prise genommen haben, was er aber auf das bestinmiteste bestreitet. Wegen der Lapalie erhielt er von dem Anstaltsdirektor vierzehn Tage Arrest zudiktiert. Als er diese abgebüßt hatte, erhielt er weitere sieben Tage Arrest, weil er gegen den Anstaltsarztfrech" gewesen sein soll. Als er zum Landeshauptmann geführt wurde und dort sich über die schuldlose Bestratung beschwerte, sagte dieser: Ihnen wird nicht mehr geglaubt; Sie sind schon einmal bestraft I Als er den zweiten Arrest verbüßt hatte, schlug er aus Wut mehrere Fensterscheiben ein, und als der Oberausieher hinzu kam, bedrohte er diesen mit einem Fensterriegel. Dieser schlug ihn mit dem Säbel über die Hand, daß das Blut floß und der Mann hinstürzte. Das Schöffengericht bestraste den Häusling wegen des versuchten Angriffes mit zwei Monaten und wegen des Scheiben- zertrümmerns mit einer Woche Gefängnis.   Aus solche Art fördert man schwerlich die verkümmerten sittlichen Instinkte in den Anstalts- insassen; im Gegenteil; man erzeugt in ihnen eine unauslöschliche Erbitterung und macht sie zu unversöhnlichen Feinden der mensch- lichen Gesellschaft._ Nochmals der Fall Schöne v. Brockhusen. Der polizeiliche Hintermann der.Post" sucht weiter die Spuren des im Reichstag enthüllten Verbrechens Schöne v. Brockhusen zu verwischen. In der Art, in der die politische Polizei von jeher. steilich geschickter als derPost"- Mensch, gearbeitet hat, verbreitet er in alle Winde hinaus Lügen, konstruiert andern gegenüber Wer- brechen, die nie begangen sind, um die Spur von sich abzulenken und Un- schuldige zur Bestrafimg zu bringen. Neben den für sie geschriebenen polizeilichen Erdichtungen ihres polizeilichen Mitarbeiters gibt die .Post" auch gewissenhast wieder, was ihr getreuer Polizei-Eckehart in andere Zeitungen lanziert hatte. Es wird ganz im System Tausch gearbeitet. Die gestrige.Post" teilt mit, dieReue militärische Korrespondenz' habe aus der amerikanischen   Presse die Mitteilung bekommen, daß die Unterredung des Herrn Schöne in der Wohnung des russischen Kaufmannes vom Genossen Singer und einigen Stenographen aufgenommen sei. An diese Mitteilung" knüpft diePost" ein albernes Gefasel. Da- nach hätten sichdie sozialdemokratischen Führer hier also als sAsnt Provokateurs betätigt". Die.Post" weiß, daß diese Schlußfolgerung idiotenhafter Unsinn selbst dann ist, wenn ihreMitteilung"�wahr wäre. Agent Provokateur ist der An­reizer zu Verbrechen, insbesondere jene« derPost" nahestehende Lumpengesindel, das im polizeilichen Interesse mit dem Geld der Steuerzahler andere zu Verbrechen anzustiften unternimmt. Ein agent Provokateur und außerdem ein Verbrecher ist also zum Beispiel der Schützling und eifrige Mit- arbeiter der.Post", der den russischen Kaufmann durch Bestechung zum Landesverrat zu bestimmen versucht hat. Hätte Genosse Singer die Rolle gespielt, die ihm dieser Schützling an- dichtet, so hätte er daS sehr verdienstliche Werk der Ueberfllhrung eines Verbrechers getan. Die.Post" sollte sich doch nicht so dumm stellen, als ob ihr selbst dieser Unterschied nicht klar sei. Die Rolle, die diePost" auf dem Umwege aus Amerika   von ihrem Polizei- Pänner dem Genossen Singer zuweist, ist erfunden, um auf den Busch zu schlagen, welche Beweismittel dafür vorhanden sind, daß der Bericht, den der Polizeiminister über den Fall Schöne-v. Brockhusen gab, wie bereits Bebel im Reichstage darlegte, der Wahrheit nicht entspricht. Möge doch der polizeiliche Schützling und Schutzherr derPost" veranlassen, daß endlich gegen ihn daS im Reichstag verlangte Strafverfahren wegen wiederholter schwerer Verbrechen eingeleitet werde. Vielleicht erfährt dann diePost" durch phonographisch getreue Beweismittel auch, wie in dem vom Minister angeordneten Ermittelungsverfahren sogar versucht ist, im Sinne desPo st"-Mitarbeiters Zeugen zu einer falschen Zeugenaussage zu be- wegen. In demselben Arttkel sucht der Zuträger derPost" sich durch neue Schwindeleien aus seinem gegen die Genossin Luxemburg ge- sponnenen Lügengewebe herauszuwinden. Zuerst hatte er wiederholt behauptet, ein Sekretär sei mit der Genossin Luxemburg  nach Rußland   gereist. Als wir entgegneten, daß er auch in diesem Punkte erbärmlich lüge und zu dem Zweck lügt, um die russischen Behörden gegen Genossin Luxemburg   irre zu führen, be- liebte diePost" unö mit schockweisen Liebenswürdigkeiten wie Lügner, Schwindler usw. zu beehren. Um nach außen den Anschein zu er- wecken, als wäre irgend etwas Wahres an ihrer Fabel, verwies sie uns dann an Genossen Liebknecht  . Nachdem wir gestern die bündige Er- klärung des Genossen Liebknecht  , die mit unserer Kenntnis über- einstimmt, wiedergegeben hatten, läßt sie ihr altes Lügen- gewebe fallen und fängt jetzt ein neues an. Der angebliche Sekretär, so lautet jetzt ihre Erklärung, sei ja allerdings nicht mit der Genossin Luxemburg   zusammengereist, aber er sei ihr voraus- gereist und sei mit ihr zusammen verhaftet worden. Selbstverständlich M't auch daS erlogen. Der Mitarbeiter derPost" weiß, daß Genossin Luxemburg   überhaupt keinen Sekretär hatte. " Wir resümieren: Der polizeiliche Einbläser derPost" hat ie- wüßt über die Genossin Luxemburg   und über ihren angeblichen Sekretär usw. Lügen in dir Welt gesetzt, um die Aufmerksamkeit von der Tatsache abzulenken, daß der Polizcimann, der die Verbrechen wiederholter Urkiindenfälschnng und versuchter Bestechung zum Landes- verrat gegen Rußland   in der zynischten Weise unternommen hat, noch ohne Anklage und auf freiem Fuß sich befindet, wiewohl er versucht hat, Zeugen zu einer falschen Aussage in dieser Angelegenheit zu be- wegen. DiePost" hat ihre Spalten bereitwilligst zu diesem Zwecke geöffnet. Von Tag zu Tage deutlicher wird das ver- vrcchcrische Spiel ihres polizeilichen Hintermannes durch seine Erfindungen aufgedeckt. DiePost" spielt eine noch elendere Rolle, als diettreuz-Zeitung" und ähnliche Organe zu der Zeit spielten. als sie Kanaillen wie Ohm, Gödsche, Tiersisch. Lindenberg oder Eentlemens wie Tausch und Konsorten ihre Spalten zur Verbreitung erdichteter Verbrechen öffneten. Mag mm diePost" dies edele Gewerbe weiter fortsetzen. Unsere Leser werden es verstehen, wenn wir eS nicht für nötig halten, auf jede neue Erfindung des Polizei- gesindels, dem die Spalten derPost" offen stehen, oder derPost" zu antworten._ Herrenhäusler und BolkSschullehrer. In Baden führen die Lehrer seit Jahren einen heftigen Kampf um Besserung ihrer Lage. Und dabei handelt es sich nicht nur um eine Gehaltserhöhung; sie wollen in den bestehenden Gehaltstarif für Staatsbeamte eingereiht werden, um der sortdauernden Bettelei um Zulagen überhoben zu sein und mit den übrigen Beamten gleich- zeitig aufzurücken. Jetzt sind die Gehaltsverhältnisse der Lehrer im Schulgesetz geregelt, da sie so ein Zwitterding zwischen Staats- und Gemeindebeamten darstellen. Die Zweite Kammer gab bei der sogenannten Schulreform nach und beschloß die Einreihung in den Gehaltstarif trotz des heftigen Widerspruchs der Regierung. Freilich war diese Mannestat der bürgerlichen Parteien nichts als eitel Heuchelei, denn ihre Redner kündigten gleich an, daß man, wenn die Erste Kammer den Beschluß ablehne, das Gesetz auch dann annehmen werde. Die Herrenhäusler haben den Wink verstanden und den Lehrern ihren Wunsch versagt. Daß sie gleichzeitig den Lehrern eine Gehaltszulage bewilligten, will nicht viel sagen, denn es handelte sich für die Lehrer um eine be- friedigende Lösung ihres Verhälmisses zu Staat und Gemeinde. Aber gerade darin sind auch die Gründe für die Haltung der Regierung zu suchen: die Regierung will von der Volksschule als Staatsschule nichts wissen, sie fürchtet die Konsequenzen, allgemeine Besserung, Unentgeltlichkeit usw. usw. Und darum will sie auch die Lehrer nicht als Staatsbeamte anerkennen, weder in der Form der Bezahlung noch durch ausdrückliche gesetzliche Bestimmung. Daß die Erste Kammer hierbei auf die Seite der Regierung tritt und lieber die rückständige, leichter beeinflußbare Gemeindeschule behalten will. ist selbstverständlich und trotz aller lehrer- und schulfreundlichen Redensarten steuen sich Zentrum und Nationalliberale herzlich über die"jetzigen Beschlüsse der Ersten Kammer. Eine wirklich gute Volks- schule hat nie zu ihren Idealen gehört. Zum Diätenbeschluß im badischen Landtag wird uns aus Karlsruhe   noch geschrieben: Bisher bekamen die in Karlsnihe wohnenden Abgeordneten des badischen Landtags keine Diäten, während die anderen täglich zwölf Mark beziehen. Wiederholten Anträgen nachgebend, schlug die Regierung diesem Landtage vor, den Karlsruber Abgeordneten sechs Mark täglich zu gewähren. In der Geschäftsordnungskommission gab es nun recht unerquickliche"Debatten über die Frage: von einer Seite wünschte man, daß keine Differenzierung eintrete, von anderen Seiten wurde dagegen gefeilscht und gehandelt, als ob sichs um den Ankauf von ein paar alten Hosen, aber nicht um die selbst- verständliche Gewährung vpn Aufwandsentschädigung für Volks- Vertreter handele. Schließlich einigte man sich nach langem Schacher mit Ach und Krach auf 9 M. Tagegelder für die Karls- ruher; bei den übrigen bleibt« bei 12 M. Am Mittwoch beschäftigte sich das Plenum mit dem Diäten- gesetz und hier begann das Zentrum dasselbe Spiel wie in der Kommission. Um bei seinen bäuerlichen Wählern als die unent- wegten Sparer dazustehen, griff es wieder auf die 6 M. der Regierungsvorlage zurück, und der Wortführer, ein hoher Beamter, dessen Gehalt fortbezahlt wird, wenn er seine Landtagsdiäten ein- streicht, klaubte allerlei Gründe zusammen, um seine schmutzige Haltung zu verteidigen. Eine so plumpe Spekulation auf die schlechten Instinkte der bäuerlichen Zentrumswähler ist noch selten in einem Parlament versucht worden. Nun, die Geschichte mißglückte, das Zentrum blieb isoliert, erntete Hohn und Spott und schließlich wurde das Gesetz mit allen gegen die Stimme eines Zentnimsgeistlichen angenommen. Die Karlsruher   Abgeordneten erhalten ihre 9 M. täglich vom Beginn der laufenden Session ab nachbezahlt. Außerdem ist freie Fahrt auf allen badischen Bahnen beschlossen worden. Der Kampf mnS Wahlrecht in Schleswig-Holstein  . Eine würdige und erfrischende Sprache führt die Agitationskommission der sozialdemokratischen Partei für die Provinz Schleswig  . Hol st ein in folgender Eingabe an den S t ä d t e- tag der Provinz: Auf der Tagesordnung des diesjährigen Städtetages steht die Frage der Umgestaltung des in Schleswig-Holstein   geltenden kom- munalen Wahlrechts. Zeitungsnachrichten zufolge soll auch erörtert werden, ob und inwieweit den arbeitenden Klassen die Möglichkeit gewährt werden soll. Vertreter in die Stadtverordnetenversammlung zu entsenden und die Mitglieder der Magistrale zu wählen. Namens der schleswig-holsteinischen Arbeiterschaft richtet die unterzeichnete Agitationskommission der Sozialdemokratischen Partei für die Provinz Schleswig-Holstein   an den Städtetag das Ersuchen, sich für die Einführung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts entscheiden zu wollen. Dem zurzeit in unserer Provinz bestehenden kommunalen Wahl- recht ist von fast allen bedeutenden Stadtverwaltungen eine Ge- staltung gegeben worden, die die Arbeiterschaft fast gänzlich von der Stadtvertretung ausschließt. Bei der Reichstagshauptwahl im Jahre 1903 entfielen von den insgesamt in Schleswig-Holstein   abgegebenen Stimmen in Höhe von 247 177 rund 109 189 Stimmen auf die Kan- didaten der Sozialdemokratie. In Kiel   wurden von 26 184 Stimmen 16 761 sozialdemokratische Stimmen gezählt. Gleichwohl sind unter den 30 Stadtverordneten nur zwei Arbeitervertreter. Noch schärfer tritt das Mißverhältnis in Altona   hervor. In der Stadt Altona wurden bei der letzten Reichstagswahl von insgesamt 22 317 Ssimmen 15 859 sozialdemokratische Stimmen abgegeben, also etwa 71 Proz. Mit diesem Prozentsatz ist Altona   derjenige Reichstagswahlkreis Deutschlands  , der die relativ stärkste Anzahl sozialdemokratischer Stimmen aufweist. Dagegen befindet sich unter den 36 Stadtver- ordneten nicht ein einziger Sozialdemokrat. Es gibt keine preußische Stadt von der Größe Altonas, deren Stadtverordnetenversammlung auch nicht einen einzigen Vertreter der arbeitenden Klassen in ihrer Mitte zählt. Diese aller Gerechtigkeit hohnsprechenden Verhältnisse sind auf die Dauer nicht erträglich. Das Reichstagswahlrecht gewährt jedem Staatsbürger ohne Unterschied des Berufes und des Vermögens nach Vollendung des 25. Lebensjahres das gleiche Wahlrecht. Wenn die Gesetzgebung jedem Bürger das Recht und die Befähigung zur Mit- Wirkung an den Angelegenheiten des Reiches zuspricht, so muß sie logischerwcise das gleiche für den weit enger begrenzenden Kreis der kommunalen Verwaltung tun. Der Einwand, daß der Stadt- gemeinde gegenüber die Leistungen des Bürgers sich in der Haupt. äche auf das Steuerzahlen beschränken und danach also auch die kommunalpolitischen Rechte des Bürgers im Gegensatz zu den Pflich- ten und Rechten des Staatsbürgers bemessen werden müßten, verrät eine derartig beschränkte Ausfassung von den Aufgaben der Kommune und von der Stellung des Bürgers in der Kommune, daß es eine Beleidigung des Städtetages wäre, diesem Argument eine weit- läufige Widerlegung zuteil werden zu lassen. Zurzeit werden die Stadtverordnetenversammlungen beherrscht von den verschiedenen Interessengruppen der besitzenden Klassen. Die großen Unternehmer, die Hauseigentümer, die Groß- und Kleinkauf- leute haben die ausschließliche Herrschaft in den Stadtparlamenten und bestimmen deren Entschlüsse. Die Arbeiterschaft steht mit diesen Kreisen vielfach in den härtesten wirtschaftlichen Kämpfen. Wider- spruchslos muß sie die kommunalen Maßnahmen über sich ergehen lassen, die von ihren Gegnern sür gut befunden werden. Unter dieser einseitigen Jnteressenpolitik leiden nicht allein die arbeitenden Klassen. Es ist z. B. bekannt genug, daß eine Vernunft- gemäße Wohnungspolitik, die die Interessen aller Mieter wahr- nimmt, trotz der Bemühungen weitsichtiger Magistratsmitglieder vielfach scheitert an der Engherzigkeit und dem Egoismus eines hausagrarischen- Klüngels. Demgegenüber haben selbst unsere Gegner den Eifer und das Verständnis anerkennen müssen, mit dem die Arbeitervertreter sich in den kommunalen Körperschaften betätigt haben. Als neueste» Zeugnis hierfür nehmen wir Kezug guf die Verhandlungen der Kommission für die Reform der Strafprozeßordnung. In dieser aus konservativen Juristen und bürgerlichen Parlamentariern zu. sammengesetzten Kommission wurde mehrfach hervorgehoben,dah die Arbeiter auf allen Gebieten der staatlichen und kommunalen Per. waltung vielfach reges Interesse und großes Verständnis sur die ihnen zugewiesenen Aufgaben gezeigt hätten".(Vcrgl. Protolollo der Kommission für die Reform der Strafprozeßordnung Bd. 1. Seite 398.1... Ein geistig entwickeltes, klassenbewußtes Proletariat sit nicht gewillt, sich länger als willenloses Objekt einer einseitigen Gesetz. gebung behandeln zu lassen. Die Demokratisierung des Wahlrecht v ist heute das Zeichen, unter dem das politische Leben aller Völker steht. Das schleswig-holsteinische Proletariat ist daher entschlossen. mit allen zulässigen Mitteln sowohl gegen das heutige Zensuswahl» recht wie gegen ein etwa beabsichtigtes Klasscnwahlrecht zu kämpfen. Ebenso protestiert es gegen jeden Versuch, die Wahl der Magistrats- Personen noch mehr als bisher einzuengen. Für die Magistratswahl und für die Stadtverordnctenwahl darf nur ein und dasselbe Wahl- recht gelten und zwar ein besseres Wahlrecht als das von heute. Die Eroberung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahl» rechts ist unser Ziel. Wir sind uns bewußt, daß wir dies nicht im ersten Anlauf erreichen werden. Die Arbeiterschaft wird aber nicht ruhen in diesem Kampfe und ist entschlossen, ihn zu führen mit der Energie, mit der das Proletariat seine politischen und wirtschaftlichen Kämpfe zu führen gewohnt ist._ Die politische Einsicht der leitenden Kreise kann diese Kampfe verhindern oder doch wenigstens mildern. Wir appellieren nicht an die Gerechtigkeit. Wir wissen, daß in der Politik nicht eine auS- gleichende Gerechtigkeit, sondern das Klasseninteresse der bestimmende Faktor ist. Aber wir erwarten von der politischen Klugheit der maß- gebenden Kreis«, daß sie unserem Verlangen Folge leisten und daß dem Proletariat schon jetzt diejenige Anteilnahme an der städtischen Verwaltung gewährt wird, die ihm nach seiner wirtschaftlichen und politischen Bedeutung gebührt. Inzwischen hat, wie eine Meldung aus Lübeck   vom 8. Juni besagt, der 11. schleswig-holsteinische Städtetag be- schlössen, vorläufig eine Reform des kommunalen Wahl- rechts unter Slbschaffung des Zensus und Einführung der Klassen- wähl abzulehnen. Es soll also alles beim bösen Men bleiben. Der ehemalige sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Bueb in Mülhausen   i. E. ist nach derNeuen Mülh. Ztg." spurlos ver- schwanden. Offcnbach a. M., 9. Juni. Die sozialdemokratische Fraktion des Stadtverordnetenkollegiums, die die Mehrheit bildet, lehnte die Wiederwahl des seit 24 Jahren amtierenden Oberbürgcr- meisterS Brink ab. Hiidland. Oesterreich. Der Ministerpräsident zur Wahlreform. Wien  , 9. Juni.  (B. H.  ) Im W a h l'r e'f o r m a u s s ch u ß erklärte Ministerpräsident v. Beck, die Regierung betrachte die Wahlreform als ihre hauptsächlichste Aufgabe. Sie werde die Regierungsvorlage nicht modifizieren, weil dies zu einer Verzögerung führen würde, in- dessen werde sie sich Abänderungsanträgen nicht widersetzen, wenn diese eine Verständigung ermöglichten. Der Wahlrechtskampf müsse bald abgeschlossen werden._ Wien  , 9. Juni.  (ffl. T. B.) Die Reichsratsdelegation ist hente zusammengetreten. Der Minister des Aeußern unterbreitet das gemeinsame Budget. Im Einlaufe befindet sich eine hinter- p e l l a t i o n Dobernig, die an den Minister des Aeußern die Frage richtet, wie er die Einbringung des autonomen unga» risch en Zolltarifes, durch den die Gemeinsamkeit der Mon- archie erschüttert und die Interessen Oesterreichs   beeinträchtigt würden, ohne Befragung der österreichischen   Regierung und des österreichischen Parlaments zugeben konnte. Frankreich  . Die Sozialreform des ArbcitSministcrS. Paris  , 8. Juni. lEig. Ber.) Der Arbeitsminister B a r t h o u hat vorgestern in Ronen   eine Rede gehalten, die den Charakter einer Erwiderung auf die sozialistische Pfingstkundgebnng in St. Mandö an der Stirne trägt. Herr Barthou   will nicht, daß die Arbeit die Welt beherrsche und die Gesellschaft von der Ausbeutung durch die Nichtarbeitenden befreie. Er will dem Kapital und der Arbeit gleiche Rechte und Freiheiten gesetzlich verbürgen und eine gerechte Verteilung" desgemeinsamen Ertrages" bewirken. Als Rkittel gegen die Krisen und gegen die Streiks nennt er den kollektiven Arbeitsvertrag. Er stellt die Reform des Gewerkschaftsgesetzes von 1884 in Aussicht, die Kompetenz der Gewerkschaften müsse erweitert werden. Das Problem sei nicht mehr aufzuschieben. Vor allem köune man die Verwirklichung dieses Prinzips in jenen Industrien versuchen, die wie der B c r g b a u und die Metall- industrie sowohl auf feiten des Kapitals wie der Arbeit starke Organisationen darbieten. Das Bergbaugesetz von 1310 wäre in diesem Sinne zu reformieren, auch sei er(der Minister) bereit, dieses Gesetz durch die heute fehlenden Unfalls- bestimmungen zu ergänzen, ohne die der Staat wehr- los sei. Endlich werde er in einem weiten Ausmaß die Gewinnbeteiligung anzuwenden versuchen. Der Staat köiiue bei Verleihung eines Monopols die Gewinnbeteiligung als Be- dingung aufstellen. Die bevorstehende Reform des Berggesetzes und die' Reorganisation der Pariser Transportunternehmungen werde eine besonders günstige Gelegenheit bieten, diesen Grundsatz zu ver« wirklichen. Die Regierung sei dazu bereit. So ungenügend diese Ankündigungen vom sozialistischen   Stand« Punkt aus erscheinen müssen, so beweisen sie doch den starken Fort« schritt, den die sozialistischen   Ideen in Frankreich   gemacht haben. Barthou   selbst gehört zu den gemäßigtsten Mitgliedern des Kabinetts, in politischer und sozialpolitischer Beziehung. Sein neues Pro- gramm ist offenbar aus der Erkenntnis geboren, daß sich die Arbeiter mit der demokratischen Phrase nicht mehr sabspeisen lassen wollen. Die große Bedeutung, die vom Minister und auch von anderen Leuten jetzt dem alten Mittelchen der Gewinnbeteiligung zu« geschrieben wird, zeigt allerdings auch die Rückständigkeit, die in der französischen   Bourgeoisie in bezug auf die Erkennwis sozial- ökonomischer Probleme besteht. Die programmatischen Erklärungen der Sozialisten beanspruchen auch in der bürgerlichen Presse einen breiten Raum. Be- sonderes Aufsehen hat die Ankündigung I a u r ö s hervorgerufen, daß die Sozialisten die Hundert-Millionen-Forderung, die der Kriegsminister und der Marineminister in Aussicht gestellt haben, nötigenfalls selbst mit der parlamentarischen Obstruktion entgegentreten werden, welche Regierung auch immer am Ruder sein werde. Die Diskussion über die militaristischen Projekte wird jeden- falls eine der bedeutendsten Ereignisse der Herbstsession werden. Sie wird wohl auch das Gefüge der radikalen Mehrheit sprengen, da ein Teil der Radikalsozialistcn. vor allem die Gruppe um P e kl e t a n. entschlossen ist. die Herabsetzung der Militärausgaben zu verfechten. Ohne solche Herabsetzung bleibt alles Gerede von Sozialpolitik bloße Spiegelfechterei._ Wirkungslose Waffen. In Flavignh, Departement CSte d'Or, wurden im Auftrage des gerichtlichen Liquidators die Ursuline- rinnen aus ihrem Kloster durch Gendarmen gewaltsam weggeführt. Die Oberin erhob lebhaften Einspruch gegen' die Ausweisung und der anwesende Delegat des Bischofs von Dijon   sprach über die Ur- Heber und die Vollstrecker des Kongregationsgesetzes die höhere Exkommunikation aus. Italien  . Die italienische   Polizei in Tätigkeit. Turin  , 9. Juni.  (Herold-Depesche.) Die Polizei entdeckte in der Alfieristraße eine geheime Druckerei, in welcher die in letzter Zeit