Nr. 133. 23. Jahrgang. 2. Jriltp»es Jetiuirte" Knlim lolMIntt Dieustag, 12. Juni 1906. Um flüMoch findet für Berlin und Vororte der Zablabend statt. parte!- Angelegenheiten. Fünfter Wahlkreis. Am morgigen Zahlabend wird die Broschüre:»Gegen Volksverdummung" an die Mitglieder gratis verteilt. Köpenick . Laut Beschluß der letzten Wahlvereinsversammlung erhalten diejenigen Vorwärtsleser, welche Mitglied des Wahlvereins und von der Maiaussperrung noch betroffen sind E.-G. und F. Spindler) den„Vorwärts" ab t. Juni gratis zugestellt. Die Aus- gesperrten mögen sich nun beim Genoffen Woik melden. HermSdorf. Zu dem am Mittwoch, den 13. Juni, im ForsthauS stattfindenden Diskutierabend werden die Genossen ersucht, pünktlich und vollzählig zu erscheinen. Zur Ausgabe gelangen die neuen Mitgliedsbücher. Zwecks Kontrolle find die alten Bücher mitzubringen. Der Vorstand Schmargendorf . Die nächste Mtgliederversammlung des Wahl- Vereins findet am Mittwoch, den 13. Juni, abends 8'/, Uhr, im Nestaurant„Wirtshaus Schmargendorf", Warnemünderstr. 6, statt. Auf der Tagesordnung steht unter anderem Vortrag des Genoffen Brückner-Berlin über: Die neue Krankenkaffennovelle. Pünktliches Erscheinen jedes Genossen ist erforderlich. Der Vorstand. Wilhelmsruh . Heute abend 8>/z Uhr bei Barth, Prinz Heinrich- straße, Mitgliederversammlung des Wahlvereins. Tagesordnung: 1. Stellungnahme zur Generalversammlung. 2. Wahl emer Schieds- kommisston. 3. Vereinsangelegenheiten, i. Abrechnungen. 5. Verschiedene». 6. Speditionsangelcgenheiten. Vollzähliges Erscheinen ist Pflicht. Spandau . Wir machen die Parteigenossen darauf aufmerksam, daß heut gbend in allen Bezirken Zahlabend stattfindet. _ Der Vorstand. Berliner IVadmcbten. Eisenbahnfahrt vierter Klasse. Wer auf der Eisenbahn noch nie in der vierten Klasse Yuhr, der kann sich schwer eine Vorstellung davon machen, wie weit dort der Mangel an Bequemlichkeit geht und zu welcher Marter eine längere Fahrt in einem Wagen dieser Klasse lverden kann. Es gibt Leute, die es noch niemals nötig hatten, eine Eisenbahnfahrt vierter Klasse zu probieren. Und es gibt andere, die sich noch nie in ihrem Leben etwas Besseres als die vierte Klasse leisten konnten. Diese Viertklassigen haben wieder keinen rechten Begriff davon, wie bequem sich's diejenigen machen dürfen, die in der glücklichen Lage sind, tiefer in ihr Portemonnaie hineinfassen zu können. Schon die dritte Klaffe, deren Wagen wahrlich nicht luxuriös aus- gestattet sind und noch lange kein Uebermaß von Behaglichkeit gewähren, erscheint wie ein Himmel dem. der aus der Hölle der vierten Klasse floh. Das ist der Klassengegensatz auf der Eisen- bahn! Er wirkt wie ein Gleichnis des großen Gegensatzes der Klaffen, der durch die ganze Gesellschaft geht und all unsere sozialen Zustände beherrscht. Die Reisenden der zweiten oder gar der ersten Klasse kennen die vierte Klasse nur von außen. Sie betrachten das Bild, das sie bietet, höchstens mal im Vorbeigehen. Ein plumper Wagen in häßlichem Grau mit einer spärlichen Zahl kleiner Fenster— und dahinter ein sich drängendes Gewimmel von Gestalten aller Art! Es wird dem Betrachter nicht schwer, bei diesem Anblick an einen Stall zu denken, in dem das Schlachtvieh hineingepfercht wurde. Die Zweit- und Erstklassigen wenden sich mit einer flüchtigen Empfindung leisen Grauens ab— oder schütteln wohl auch in stiller Verwunderung den Kops über das, was ihr Auge da drinnen bemerkt. Sie begreifens nicht, wie Menschen „so fahren können". Und so können auch die oberen und obersten Klassen unserer vom Kapitalismus regierten Ge- sellschaft es nicht begreifen, wie die unteren und untersten Klassen„so leben können". Sie schütteln verwundert den Kopf, wenn ein Zufall sie auf den Hof einer vielstöckigen Metskaserne führt. Sie wenden sich voll Grauen ab, wenn sie einmal in die stickige Luft einer Arbeitsstube, in den be- täubenden Lärm einer Werkstatt hineingeraten. „Der Mensch gewöhnt sich an alles!" Damit beruhigen die Glücklichen sich, die„so was nicht nötig baben". Wer eS von 6 oder 7 Uhr morgens bis 11 oder 12 Uhr nachts in einem Eisenbahnwagen vierter Klasse aushalten will, der muß sich allerdings in seinem Leben schon an manches gewöhnt haben. Und bei der Behandlung, die die Eisenbahn- Verwaltungen denr Reisenden vierter Klasse zuteil werden lassen. ist dafür gesorgt. daß der Viertklassige nicht leicht aus der Gewohnheit herauskommt. In dem Pfingst- verkehr, den wir nun wieder hinter uns haben, waren wieder 'mal die zum Personentransport eingerichteten Viehwagen zur Mitbenutzung hervorgeholt worden. Für die Reisenden vierter Klasse sind sie ja immer noch gut genug. Auf dem Schlesischen Bahnhofe wurde ein nach dem Osten gehender Zug, der solche Wagen führte, bei der Abfahrt von den Zuschauern mit spöttischem Muh und Mäh begleitet. Die Insassen hatten vor- läufig noch Humor genug, in diesen Abfchiedsgruß lustig mit einzustimmen. Zwölf Stunden später dürste ihnen anders zu- mute gewesen sein. Ein Freund unseres Blattes, der wohl zu den An- spruchsvollen gehört, schildert uns eine solche Eisenbahnfahrt vierter Klasse, die er nach Pfingsten auf der Rückreise von Allenstem nach Berlin zu erdulden hatte. Dabei erzählt er von einem besonderen Umstand, der vielleicht manchem Unbeteiligten komisch vorkommen wird, von einem im Wagen befindlichen Klosett, dessen Tür — zugenagelt war. Auch die Wageninsassen amüsierten sich zunächst über die für- sorgliche Weisheit, die daS zustande gebracht hatte, aber all- mählich fanden sie. daß das vernagelte Klosett eigentlich sehr wenig komisch war. Unser Gewährsmann fügt hinzu, während der Fahrt seien am Tage und in der Rächt Männer und Frauen samt den Kindern auf die Plattform hinausgegangen. um dort trotz der Gefahr für Gesundheit oder Leben ihre Notdurst zu verrichten. Es fährt sich so gemütlich auf der Eisenbahn, nicht wahr? Vermutlich wird die preußische Eisenbahnverwaltung ant- Worten mit der Frage, wer denn früher auf die Idee ge- kommen sei. für einen Eisenbahnwagen vierter Klasse ein Klosett zu verlangen. Das ist allerdings wahr. Es gab eine Zeit-- da galt so etwas nicht'mal für die dritte Klasse als notwendig. Ja, so sind die Menschen, sie werden immer an- spruchsvoller und wollen alle Klassenunterschiede verwischen. Dir Tagesordnung der Stadtverordnetrn-Sitzung am Donnerstag, den 14. Juni, enthält folgende Beratungsgegenstände: Vorlage zur Kenntnisnahme, betreffend den Uebergang einzelner Zweige der Wohlsahrtspolizei auf die Stadtgemeinde Berlin ; Vorlage betreffend die Erhöhung der Kur- und Verpflegungskosten für kranke Kinder in den städtischen Krankenanstalten; Vorlage betreffend den Erwerb der Grundstücke Neue Roßstr. 14 und 10 zum Zweck der Verbreite- rung der Wallstraße zwischen Neue Grün- und Jnselstraße; Vorlage betreffend den Ankauf des Grundstücks Unionstr. 5 für Gemeinde- schulzwecke; Vorlage betreffend den speziellen Entwurf zum Neubau von Gemeindedoppelschulen an der Greifcnhagenerstraße nördlich der Ringbahn, in der Sonnenburgerstraße und in der Christburgerstraße; Vorlage betreffend die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes der städtischen Gaswerke; Vorlage betreffend die Bewilligung einer Unterstützung für die notleidenden Deutschen Rußlands und für die durch den Ausbruch des Vesuvs geschädigten Hilfsbedürftigen; Vor läge betreffend das spezielle Projekt einer Feldbahn auf dem Riesel gute Buch. Bei den FrtthjahrSumzügen zwischen Berlin und seinen Vororten ist diesmal wieder noch deutlicher als sonst die Erscheinung hervor- getreten, daß Berlin mehr Bewohner an die Nachbargemeinden abgibt, als es von dort empfängt. In den Monaten März und April, die alljährlich dem Stadtgebiet Berlin einen besonders leb- hasten Bevölkerungsaustausch mrt den Vororten bringen, sind dies- mal snach den eingegangenen Meldungen) zusammen IS 333 Per- sonen von den Vororten nach Berlin zugezogen, aber 22 611 von Berlin nach den Vororten weggezogen. Will man von der Unvoll- ständigkeit der Meldungen absehen, so ergibt sich für diese beiden FrühjahrSmonate ein Wegzugsüberschuß von 727S Personen. Doch dürste diese Zahl noch zu gering sein; denn unvollständig sind be- sonders die Wegzugsmeldungen. Gegenüber denselben Monaten des Vorjahres sind diesmal 662 Personen weniger aus den Bororten zugezogen, aber 6S3 mehr nach dort weggezogen, so daß der Weg- zugsüberschuß sich wieder um 1320 erhöht hat. Im März und April vorigen JahreS waren simmer nach den Meldungen) zu- sanrmen 15 gS8 Personen von den Vororten nach Berlin zugezogen und 21 SS3 von Berlin nach den Vororten weggezogen, so daß der Wegzugsüberschuß sich auf SSSS stellte. Zur Gründung eine» Schwangercnheims, verbunden mit einer Rettungswache für Mütter, erläßt der Bund für Mutterschutz einen Aufruf. Neues Teilnehmerverzeichnis für die Umgestaltung des Berliner Fernsprechnetzes. Von dem Verzeichnis der Teilnehmer an den Fem sprechnetzen in Berlin und Umgegend wird am nächsten Freitag, den 15. Jum, eine neue Ausgabe verteilt. Infolge der Vermehrung der Anschlüsse ist das Buch jetzt auf nicht weniger als 1104 Seiten an- geu.ichsen. In den Vorbemerkungen wird vor allem die Neu- Gestaltung des Berliner Fernsprechnetzes berücksichtigt. In nächster .eit, heißt es darin fettgedruckt und durch Striche hervorgehoben, wird für die VermittelungSanstalten 6, 6a und S ein neues Ver- mittelungsamt 6, Körnerstr. 7—10, und für die VermittelungS- anstalten 7 und 7a ein neues VermittelungSamt 7, Palisadenstr. SV, in Betrieb genommen werden. Die Teilnehmer an den VermittelungS- anstalten 6, Sa und S bezw.Tk und 7a werden unter ihrer bisherigen Anschlußnummer an die neuen VermittelungSämter 6 bezw. 7 geschaltet werden. Es hat sich jedoch aus betriebstechnischen Gründen nicht vermeiden lassen, einer Anzahl die Grund« gebühr zahlender Teilnehmer beim VermittelungSamt 7 nach In- betriebnahme des neuen Amtes andere Anschlußnummern zuzuteilen. In dem neuen Teilnehmerverzeichnis find bei den in Betracht kommenden Anschlüssen beide Anschlußnummem in Bruchform angegeben, und zwar die alte Anschlußnummer über, und die neue An- schlußnummer unter dem Bruchstrich, z. B. 7. Nach Eröff nung deS Betriebes bei dem neuen Bermittelungsamt 7, die noch bekanntgegeben wird, erhalten die unter dem Bruchstrich angegebenen Anschlußnummern Gültigkeit. Oeffentliche Sprechstellen sind neu ein- gerichtet auf den Postämtern 27 und 43 in Berlin sowie bei den Postagenturen Heinersdorf und Borsigwalde . Neue Fernsprech- automaten gibt es beim Telegraphenamt in der Börse sowie bei den Postämtern 33, 113, Westend und Berlin 80 in Wilmersdorf .. Um Selbstentzündungen aufgestapelter Preßkohlen zu vermeide«, müssen die Preßkohlenstapel. worauf das beteiligte Publikum be- sonders hingewiesen wird, auf je 2 Meter Länge VentilattonSkanäle in ihrer ganzen Tiefe und Höhe erhalten. Diese Kanäle lassen sich leicht dadurch herstellen, daß zwer Preßkohlen mit 6 Zensimeter Zwischenraum als Läufer und über dieselben gleichfalls zwei Preß- kohlen mit demselben Zwischenraum als Binder und in der gleichen Weise durch den ganzen Stapel flach hingelegt werden, und zwar dergestalt, daß dadurch nicht nur ein senkrechter Luftkanal, sondern auch zwei sich kreuzende horizontale Kanäle gebildet werden. Die durch letztere stattfindende Lufterneuerung erscheint geeignet, Selbst- entzlindungen der Preßkohlen zu hindern. Bon großem Interesse für daS Publikum dürste eine Neu- einrichtuna sein, die gestern ,n dem neuen Kriminalgericht in Kraft getreten ist. In den: Vorraum des Mittelgebäudes, Hauptportal IV, Turmstr. 91. ist eine Br i e f a n n a h m e st e l l e für d i e L an d- gerichte 1. II und HI und für die Schöffengerichte Berlin-Mitte , Berlin- Tempelhof, Berlin- Schöneberg und Berlin- Wedding ein- gerichtet. Die bei dieser gemeinschaftlichen Annahmestelle abgegebenen Briefschaften, Strafanzeigen, Eingaben zc. werden kostenlos an die betreffenden Behörden weiterexpediert. Eine bemerkens- werte Neuerung. die eine große Bequemlichkeit für das Publikum bedeutet, besteht darin, daß bei dieser Brief- annähme nicht nur wie bisher ausschließlich auf Straffachen bezügliche Briefschaften angenommen werden, sondern auch die für die Zivilabte ilu n gen der erwähnten Gerichte be- stimmten Sendungen. Ausgeschlossen sind hierbei nur Grundbuch- und Testamentssachen. Um diese Zivilprozeßangelegenheiten in kürzester Zeit an die in Frage kommenden Behörden gelangen zu lassen, ist ein besonderer Tilbotenverkehr von dem Moabiter Kriminal- gericht nach den übrigen Gerichtsstellen eingerichtet worden, so daß nun Briefe, die am Vormittag aufgegeben, noch an demselben Tage vorgelegt werden. Briefschaften, die nach zwei Uhr nachmittags ab gegeben werden, gelangen schon am nächsten Morgen vor acht Uhr ? c- ä � l_____ m die Hände der Adressaten. Zwei Kinder»erbrannt. Ein erschütterndes Brandunglück, bei dem zwei Kinder im zartesten Alter den Tod fanden, spielte sich in der Nacht zum Sonn- rag in der C a m p h a u s e n st r a ß e S ab. Dort wohnt seit einem halben Jahre der Restaurateur Oskar B e e r m a n n, der im Border- Hause eine Stehbierhalle betreibt und im ersten Stock des rechten Seitenflügels eine aus Stube und Küche bestehende Wohnung inne hat. Seine Familie besteht aus Frau und vier Kindern im Alter von acht Wochen bis vier Jahren. Während nun die beiden jüngsten Kinder bei den Eltern in der Stube schliefen, hatten der dreijährige Kurt und der vierjährige Albert ihre Schlafftätte in der Küche. Diese beiden Knaben waren gegen 3 Uhr abends gebadet und zu Bett ge- bracht worden. Als um 1 Uhr früh die Schankwirtschast geschlossen war, sah der Bater nach den schlafenden Kindern in der Küche, ohne dabei etwas Verdächttges zu bemerken. Früh 6 Uhr wollte er Küche betreten, doch drang ihm beim Oeffnen der Tür dicker Qualm und starke Hitze entgegen. Hiilferufend eilte er in die Wohnstube zurück und brachte mit Hülfe seiner Frau die beiden jüngsten Kinder zu einer Flurnachbarin. Als dann erschreckte Hausbewohner in die Küche stürmten, bot sich ihnen ein herzzerreißender Anblick dar. Un- mittelbar neben der Tür lag der kleine Kurt halb verkohlt als Leiche. Seine Haut war an zahlreichen Körperstellen geplatzt. Der unglückliche Knabe hatte also noch versucht, der ihm drohenden Gefahr zu entrinnen, hatte aber nicht vermocht. die Tür zu öffnen und war dann, vom Rauch betäubt. niedergesunken. Sein Brüderchen lag im Bett und gab noch schwache Lebenszeichen von sich, weshalb man ihn schleunigst nach dem Urbankrankenhause schaffte. Kurz nach seiner Einlieferung ver- starb er indes auch an der erlittenen Rauchvergiftung. Die in- zwischen herbeigerufene Feuerwehr löschte den Kllchenbrand, der in der Hauptsache den Fußboden und einige Möbelstücke erfaßt hatte, in kurzer Zeit ab. Es wird vermutet, daß das Feuer durch den Schornstein entstanden ist, doch sind die Ermittelungen hierüber noch nicht abgeschlossen. Die beiden Leichen wurden nach dem Schau- hause gebracht.—_ Bon dem zum Tode verurteilten Raubmörder Hennig ist jetzt beim Landgericht zu Potsdam eine 16 Seiten lange Revisions- Recht- fertigungsschrift eingegangen. Hennig hat sich nicht damit begnügt, seinen: Verteidiger allein die Abfassung der Schrift zu überlassen, sondern machte sich im Untersuchungsgefängnis zu Moabit selber dabei, eine solche auszuarbriten. Er arbeitete verschiedene Tage daran und ließ sich dazu mehrere Rechtsbücher kommen. Nachträglich ist Hennig noch eingefallen, daß er einen Punkt nicht ausgeklärt habe und er sandte deshalb noch einen Nachttag an das Gericht ein. Um Gültigkeit zu haben, mußten diese Hennigschen Selbstarbeiten von seinem Verteidiger legalisiert werden. Um das Birchow-Denkmal. Gestern fand im Rathause eine Sitzung der Kommission zur Vorberatung der Entwürfe für daS Birchow-Denkmal statt; es handelte sich dabei um die Äenderung des DenkmalscntwurfeS von Fritz Klimsch . Die Ansichten gingen in der Kommissionssitzung, der unter anderen Oberbürgermeister Kirschner und die Professoren Waldeyer und Posner beiwohnten, sehr auseinander, eine Einigung konnte nicht erzielt werden. So mußte die Sitzung resultatlos vertagt werden. Ein schrecklicher Unglücksfall ereignete sich Sonntag abend auf dem Gesundbrunnen . Durch die Koloniestraße war eine leere Droschke gefahren und eine größere Anzahl spielender Kinder baten den Kutscher, doch eine Strecke mitfahren zu dürfen. Der Roffelenker wollte den Kleinen eine Freude bereiten und ließ sie in die Droschke Sineinklettern. Als der Wagen überfüllt war. hingen sich noch einige inder hinten und an der Seite fest, um auch mitfahren zu können. Während der Fahrt geriet der zehnjährige Schüler Richard Geißler, Koloniestr. 71, plötzlich mit den Beinen:n die Radspeichen und wurde mehrer« Male mit herumgeschleudert. Auf die Angstrufe der Kinder hielt der Kutscher an und befreite den Kleinen aus der entsetzlichen Lage. G. hatte doppelte Beinbrüche sowie schwere innere Ver- letzungen erlitten und wurde in fast hoffnungslosem Zustande in das städtische Kinderkrankenhaus eingeliefert. Schwere Folgen hat ein Ueberfall gehabt, welchem in der gestrigen Nacht der 21 jährige Zuschneider Paul Schönebeck aus der Greffs- walderstr. 228 zum Opfer gefallen ist. Der junge Mann war am Sonntagabend mit seinem Freunde Gustav Kasche in der Gast- Wirtschaft von Gülle in der Greifswalderstr. 214 gewesen und hatte sich gegen Mitternacht auf den Heimweg begeben. Nicht weit vom Elternhause entfernt wurde Sch. plötzlich von zwei vorübergehenden unbekannten Personen ohne irgend welche Veranlassung an- gerempelt. Als er sich dies höflich verbat, griff einer der Fremden in die Tasche. holte ein Messer hervor und stach die Klinge dem ahnungslosen juugen Menschen ttef in den Hinterkopf. Hierauf entflohen die gefährlichen Burschen. Sch. wurde von seinem Freunde in einer Droichke nach der Unfall- statton in der Keibelstratze gebracht und begab sich, nachdem er dort die ersten Notverbände erhalten hatte, nach seiner Wohnung. Als ihn die Mutter gestern morgen wecken wollte. erfaßten ihre Hände einen erstarrten Toten. Sch. war in der Nacht gestorben. Jedenfalls ist infolge der Schädelverletzung ein Gehirn- schlag eingetreten und hat dem jungen Leben ein jaheS Ende be- reitet. D:e Leiche ist von der Polizei beschlagnahmt worden. In den Tätern ermitteltet« die Kriminalpolizei zwei Brüder und ver- hastete sie gestern nachmittag. Verhaftung von acht Kupferdrahtdieben. Die fortgesetzten Dieb- stähle an Kupferdraht, wodurch sowohl die Postverwaltung als auch Privatgesellschaften schwer geschädigt wurden, haben jetzt wenigstens teilweise ein Ende gesunden. Es:st den Polizeibehörden gelungen, nicht weniger als acht gefährliche Drahtdiebe unschädlich zu machen. Drei Täter entfallen auf Grunewald , deren Verhaftung einem auf der Streife befindlichen Polizeibeamten gelang. Im Besitze der Burschen befanden sich noch große Mengen Metallhülsen, Drähte usio. Man glaubt bestimmt, daß man in den dreien jene Täter fest- genommen hat. die vor einigen Tagen in der Berlinerstraße in Wilmersdorf nicht weniger als 92 Fernsprechleitungen durchgeschnitten haben. Außerdem konnten noch fünf Kupferdrahtdiebe durch die Lichtenberger Polizei verhaftet werden. Es find alles„Gelegenheits- arbeiter" aus Lichtenberg und Rummelsburg , die in letzter Zeit durch Beraubung elektrischer Anlagen, Telcphondraht- und Bleiröhren- diebstähle erheblichen Schaden angerichtet haben. Unangenehme Folgen dürste die Verhaftung der fünf Diebesgesellen noch für mehrere Produktenhändler haben, welche als Hehler in Betracht lommen. Fünf Segel- und Ruderboote kenterten vorgestern nachmittag aus der Südseite des Müggelsees, wobei die Insassen, insgesamt fünf- zehn Personen, in Lebensgefahr gerieten.' Das auf dem Wasser kreuzende, nach Rahnsdorf gehörige Motorboot„Müggelsee" leistete in allen Fällen Hülfe. Es gelang dem Führer und der Be- mannung des Bootes, die fünfzehn Verunglückten zu retten und auch vier der gekenterten Fahrzeuge ins Schlepptau zu nehmen. Die Unglücksfälle sind zun: Te:l durch ungeschickte Segelführung, zum Teil durch die Unvorsichtigkeit der Ruderer herbeigeführt worden. Bei zwei weiteren Bootsunsällen auf der Klemen Müggel griff die Mannschaft der Rettungsstation helfend ein, und auch in diesen fällen gelang es, die sämtlichen ins Waffer Gestürzten zu retten, evor sie ernsteren Schaden genommen hatten. Aus der Selbstmordchronik. Traurige Ueberraschunaen wurden dem Metalldrücker P., Skalitzerstr. 58, und dem Arbeiter L., Kösliner- straße 9, zuteil, als sie am Sonnabendabend heimkehrten. P. fand seine 33 jährige Ehefrau auf ihrem Bette zur Leiche erstarrt vor. Vor dem Bette standen zwei geleerte Bierflaschen und ein Fläschchen, das noch einen kleinen Rest Salzsäure enthielt. Mir dem Bier hatte sich die Lebensmüde zu ihrer unseligen Tat wahrscheinlich Mut an- trinken wollen. Aus Furcht vor dem Arzte war die Unglückliche in den Tod gegangen. Sie war im höchsten Grade nervenleidend und sollte sich deswegen in ärztliche Behandlung begeben. Hiergegen sträubte sich Frau P. jedoch mit aller Gewalt und zog eS schließlich vor, freiwillig aus dem Leben zu scheiden. — Als der Arbeiter lj. au: Sonnabendabend seine Wohnung betrat, bot sich ihm auf dem Korridor ein erschütternder Anblick. Seine Frau hatte sich am Tür- Pfosten erhängt und war bereits tot. Sie hatte sich ebenfalls eines
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