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Nr. 139.

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Vorwärts

Berliner Volksblatt.

23. Jahrg.

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Telegramm Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.

Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.

Heimarbeit und Landarbeit.

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Auf ein neues Mittel gegen die Leutenot" lenkt die Deutsche Tageszeitung" die Aufmerksamkeit ihrer agrari­schen Anhänger. Aus dem Königreich Sachsen läßt sie sich schreiben: " Im Anschluß an die Berliner   Ausstellung von Seim arbeiten, auf welcher die traurigen Lohnverhältnisse bei dieser gewerblichen Tätigkeit klar zum Ausdrud gebracht wurden, ist von der Reichsregierung eine Kommission mit Erhebungen über die Lage der Heimarbeiter und zur Ausarbeitung von Ver­besserungsvorschlägen eingesetzt worden. Die Herren Kom missionsmitglieder haben inzwischen u. a. auch das sächsische Erz­ gebirge  , einen der Hauptfiße der Hausindustrie, besucht und mit Geistlichen, Lehrern, Bezirksärzten, Fabrikanten und anderen Sachkundigen eingehend die Frage erörtert, auf welche Weise man den industriellen Heimarbeitern zu einer Verbesserung ihrer

traurigen Lage verhelfen könne.

Dienstag, den 19. Juni 1906.

sozialdemokratische Landagitation und ihr sittlich anstößiger Charakter."-Jedennoch, die Hoffnung des Herrn Köhler, sein Buch würde in der konservativen und agrarischen Wahl­agitation reichliche Verwendung finden, hat sich nicht erfüllt. So sehr wir auch spähten und blickten im ganzen Wahl­fampf des Jahres 1903 und selbst späterhin haben wir in der konservativen Bresse noch nicht einmal den Namen des Buches erwähnt gefunden und auch sonst von seiner Verwendung

nichts gespürt.

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Gleichwohl muß ich, um der Wahrheit die Ehre zu geben, hinzufügen: Es fehlt den sozialistischen   Schriftstellern, die sich mit ländlichen Angelegenheiten befassen, doch meistens an gründ­licher Kenntnis und Erfahrung. Derartige Verzeich= nisse würden sich aus dem Sprachschat un­serer Landwirte mit Leichtigkeit berboII= ständigen lassen. Aber es ist, wenn auch des Guten mit­unter zu viel geschieht, allermeist nicht so böse gemeint, wie es flingt. Der Landwirt läßt sich nicht gern das Recht nehmen, sich dann und wann mit seinen Leuten auszusprechen, und fie herstehen einander."

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV. Nr. 1984.

Essen und Trinken noch übrig bleibt, ist leicht nachzurechnen. Beiten langer Krankheit und Arbeitslosigkeit dürfen nicht vor­kommen, sonst nimmt das Elend überhand."

In der Tat, die Rechnung ist einfach: zum bloßen naďten Sattessen sind für eine Familie von Mann, Frau und drei Kindern( die Kinder zu 30 Pf. gerechnet, was sicherlich zu mäßig ist) täglich 2,10 m., d. h. im Jahre 766,50 m. erforder­lich. Das gesamte Einkommen beträgt aber, hoch ge­rechnet, 750 M. Wie stimmt das wohl mit den dreisten Be­hauptungen der Deutschen Tageszeitung"?- Nebenbei wirft das auch ein scharfes Licht auf die Lage der städtischen Arbeiter. Wir möchten selbst in der Stadt den Arbeiter sehen, der bloß für Essen und Trinken 766 M. jährlich aufzuwenden imftande ist!

Aber weiter, immer weiter. Auf Seite 77 lesen wir:

Bon allen Nöten auf dem Lande die schwerste ist die Wohnungsnot. Die Zustände, wie sie z. B. durch die so­genannte Pastorenenquete aufgedeckt sind, spotten aller An­forderungen der Hygiene( Gesundheit) und Sittlichkeit, von Komfort( Behaglichkeit) und Aesthetit( Schönheit) ganz ab gesehen, in empörendster Weise auch das letztere( das Bild ländlicher Wohnungsnot) dankt seine unheimlichen Züge zum großen Teil dem Geiz, der Menschenverachtung und Rücksichtslosigkeit... Solche Notstände aber bilden für die, sozialdemokratische Agitation eine unerschöpfliche Fund­grube und geben ihr eine gewisse sittliche Berechtigung. An haarsträubenden Beispielen von Wohnungen oder vielmehr Höhlen und Ruinen, die auf dem Lande armen, besonders alten Leuten zur Benußung überwiesen werden, ist kein Mangel, auch nicht an solchen zeitweiser vollständiger Obdachlosigkeit.

Ein Wunder ist das nicht. Wendet man sich dem Inhalt des Buches zu, so versteht man leicht, weshalb die Konserva­tiven und Agrarier allen Anlaß hatten, seine Eristenz mög­lichst zu verheimlichen. Mag nämlich Herr Köhler durch Schlußfolgerungen und Urteile noch so sehr die Sozialdemo­fratie in Grund und Boden beweisen", so enthält das Buch doch außer diesen seinen persönlichen Meinungsäußerungen auch Tatia che n, und zwar gerade die Tatsachen, welche unsere Ordnungsstüßen im Interesse der Staatserhaltung Es ist das ja alles ganz gut und schön, aber ich muß sehr stets wegzuleugnen bemüht find. start bezweifeln, ob dabei ein praktischer Erfolg herauskommen So z. B.( Seite 55-57) erbost sich der Verfasser über wird. Eine wirklich wirksame Besserung könnte die Verhebung", welche die sozialdemokratischen Blätter an­aber andererseits sehr leicht herbeigeführt werden, geblich treiben, indem sie die bei den Agrariern üblichen Be­wenn sich diese so sehr beklagten Leute oder ihre Nachkommen- ichi mpfungen der Arbeiter aufzählen. Und am schaft von Jugend auf dazu verstehen wollten, bei uns Schluß bemerkt er ganz harmlos: Landwirten in Arbeit zu treten. Der Arbeiter­mangel ist hier zurzeit ganz besonders groß, namentlich weib­liche Arbeitskräfte sind fast gar nicht mehr zu erhalten, trotzdem die Löhne für Mägde schon auf 240 bis 300 m. neben völlig freier Wohnung und guter reichlicher Verpflegung gestiegen sind. Wäre es nicht zweckmäßiger gewesen, wenn die Herren der Unter­suchungskommission den notleidenden Heimarbeite= rinnen den Rat gegeben hätten, sich der gesunden, gut gelohnten Landarbeit zuzuwenden, anstatt in ihren meist Dumpfen, ungefunden Wohnungen so schlecht bezahlte Heimarbeit für die Spielwaren- und Tabakindustrie zu berrichten oder Spißen zu flöppeln usw., wobei sie dahinsiechen und in großer Wie hieß es doch oben? In Deutschland   wird der Land- Sozialdemokraten über die Lage des Landarbeiters jemals Zahl der Schwindsucht zum Opfer fallen?" Die Zuschrift beklagt alsdann, daß die Landwirte ber- arbeiter als freier Mensch behandelt". Herr Köhler aber behauptet haben. Und auch das väterliche" Verhalten des gebens nach den notwendigsten Arbeitskräften Umschau halten weiß, daß es der Landwirt" liebt, sich mit seinen" Leuten Gutsherrn zu seinen" Leuten muß nach Herrn Köhlers Er­und froh find, wenn sie wenigstens einige bielfach 3 erauszusprechen". Das genügt vollständig. Wir sind über- fahrungen sonderbar aussehen. Sonst würde er sich wohl Iumpt ankommende( 1) Ausländer mit großen zeugt, nicht nur die Landarbeiter, sondern jeder bernünftige nicht( S. 98-99) zu folgendem beweglichen Appell veran­Roften herbeifchaffen können," und behauptet, daß eine Besse. Mensch wird das richtig verstehen. Doch weiter. Auf laßt sehen: rung für beide Teile( Landwirte und Heimarbeiter) leicht Seite 59 heißt es: wäre, wenn lettere sich der Landwirtschaft zuwenden wollten. In einer redaktionellen Schlußnotiz stimmt die D. T." den Ansichten des Einsenders durchaus bei, bezweifelt aber ,,, daß irgend ein diesbezüglicher Rat bei den industriellen Heim­arbeitern Gehör und Nachachtung finden würde. Diese Leute werden leider nach wie vor lieber als Heimarbeiter hungern und an der Schwindsucht sterben, als als gut genährte und entlohnte Landarbeiter leben wollen."

Unsere Agrarier sind praktische Leute ohne störende schöne Gefühle; das grauenhafte Elend der Heimarbeiter löst bei ihnen nichts weiter aus als den Wunsch, es zum eigenen Vorteil zu benußen, Profit daraus zu ziehen. Im übrigen enthält, rein inhaltlich genommen, die obige agrarische Aus­lassung nichts neues. An Hunderten von Beispielen haben wir ebensogut wie zahlreiche andere Parteiblätter nachge­wiesen, wie es mit der gesunden, gutbelohnten Landarbeit" und mit den gut genährten" Landarbeitern in Wirklichkeit bestellt ist. Eine Wiederholung dieser Beweise erübrigt sich, denn unsere Genossen wissen Bescheid und die Deutsche Tageszeitung" nebst ihrer Gefolgschaft--weiß ebenfalls Bescheid und wird von ihren falschen Behauptungen deswegen doch nicht ablassen. Indessen wird zu gleicher Zeit ein Aufruf veröffentlicht, den ein ruthenisches Auswanderungskomitee erlassen haben soll und der sich wie folgt an die ruthenischen Landarbeiter wendet:

Statt bei den polnischen Gutsherren für einen elenden Lohn zu fronden, möge jeder Ruthene, der Arbeit sucht, nach Deutschland   gehen, wo er gut bezahlt und als freier Mensch behandelt wird. Das Komitee fann 100 000 Ruthenen Arbeit in Deutschland   verschaffen, und wer kein Reisegeld hat, wird auf Kosten des Komitees bis zum Arbeitsort befördert. Wer nur über den Sommer in Deutschland   arbeitet, bringt sicherlich einige hundert Kronen als Ersparnis nach Hause." Gegen diese geradezu planmäßige Irreführung der Deffentlichkeit erscheint es uns angebracht, mitzuteilen nicht etwa, was Sozialdemokraten, sondern was fonservative Männer, die es mit der Wahrheit ernst nehmen, über die wirkliche Lage der Landarbeiter in Deutschland   festgestellt haben.

Bur Reichstagswahl 1903 ist ein kleines Werk erschienen, das sich betitelt: Landwirtschaft und Sozial­demokratie" von Herrmann Röhler zu Nieder­Lößnitz bei Dresden  . Ueber den Zweck der Schrift läßt der Verfasser feinen Zweifel. Er schreibt im Vorwort:

Ge=

Auf die Landagitation sind alle Anstrengungen der sozial­demokratischen Partei gerichtet. Material und brauchsanweisung zu liefern zur Abwehr, ist der Zweck der Schrift

Am liebsten würde ich die Schrift in den Händen von Geist­lichen und Lehrern auf dem Lande, besonders aber gebildeter Landwirte sehen, denen die Pflicht obliegt, der Einwirkung fozialdemokratischer Agitation auf Gesinde, Tagelöhner und fleine Besizer entgegenzutreten...

Sozialdemokratischer Neigungen wird der Verfasser hier­nach wohl schwerlich geziehen werden können, wie denn auch der zweite Teil seiner Schrift, der insbesondere das Tatsachen­material enthält, den anheimelnden Untertitel führt: Die

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So findet sich 3. B. im Ostpreuß. Landboten  " 1901 Nr. 1 ein zwischen einem Gutsbesizer( folgt genauer Name und Adresse) und seinen Arbeitern geschlossener Arbeitsvertrag, der allerdings mit Recht die Ueberschrift trägt: Ein richtiger Sklaven­vertrag." Maßt sich doch der Arbeitgeber darin die volle un­beschränkte und ausschließliche Verfügung an über die Arbeits­traft von Mann, Weib und Kind, die nur noch willenlose Ma­schinen in seiner Hand sind."

,, Unter der Rubrik: Die Not der Gutsbefizer" bringt der Ostpreuß  . Landbote" vom 1. Januar 1902 eine Schilderung von der glänzenden Einweihung eines neuen Konzertsaales im Schlosse Kapteim des notleidenden Rittergutsbesitzers Heubach. Dem prächtigen Bilde wird sofort ein anderes gegenübergestellt, nämlich das der Arbeiter desselben Herrn, die ihm davonlaufen, weil das Essen, das er ihnen liefert, ungenießbar ist." An anderer Stelle wieder desselben Blattes( 1901 Nr. 14) wird mit Behagen die allerdings etwas lange Speises und Weinkarte vom Stiftungsfest des Landwirtschaftlichen Vereins Zoppot von der Ochsenschwanzsuppe bis zum Käse und vom Zeltinger bis zum Seft abgedrudt..."

Seit dem( Wort des Kaisers über den Viehstall und die Arbeiterwohnungen in Cadinen) kommt nun( in der sozial­demokratischen Landagitation) das Thema Arbeiterwohnungen und Schweineställe" vollends nicht zur Ruhe. Und ich wieder hole: mit vollem Recht." Hiermit ist eigentlich alles zugegeben, was die bösen

Gebt und berbürgt dem Landarbeiter durch nicht ermüdende aufrichtige Fürsorge die Hoffnung auf bessere Zeiten,... helft ihm zu einer menschenwürdigen Wohnung, nehmt euch in Krant heit seiner wie seiner Familie fräftiger an, gewährt ihm bei der Arbeit sorgsameren Schuß für Leben und Gesundheit, vor allem aber macht ihn frei von dem drückenden Bewußtsein, ein Arbeiter zweiter Klasse und dem Industriearbeiter nicht gleichberechtigt zu sein. Dann wird er Zölle und indirekte Steuern leicht vers schmerzen(!) und dann wird es der Landwirtschaft an willigen Arbeitern nicht fehlen. Die Leutenot wird schwinden in dem Maße wie auf seiten der Arbeitgeber das Verständnis zunimmt für die Not der Leute, und zwar nicht bloß die materielle, sondern die vielleicht noch schwerer drückende foziale."

Wie ist uns denn? Wird nicht in der agrarischen Presse fort und fort behauptet, daß auf dem Lande, dank der patriarchalischen Fürsorge der Gutsherren, die Arbeiter ge­wissermaßen zur Familie gehören und daß für sie gesorgt werde wie für die eigenen Kinder? Wird nicht gerade dies immer als Beweis dafür angeführt, daß die Aufhebung der Gefinde­ordnung und des Landarbeitergefeßes von 1854 nicht nötig Man muß gestehen, es ist etwas absonderlich, der sei? Und nun muß ein konservativer Schriftsteller sich mit artige Dinge zur Agitation gegen die Sozialdemokratie so beweglichen Worten an die gnädigen Herren" wenden, um verwenden zu wollen. Immerhin sind das nur Einzelheiten. fie zu bitten, das alles erst einzuführen? Da muß es Doch auch was der konservative Verfasser über die Gesamt- doch wohl bis jetzt noch nicht bestehen! Und also erweisen sich lage des deutschen   Landarbeiters anführt, ist höchst lesenswert. auch hier die agrarischen Behauptungen als Schwindel. An der Hand der hier angeführten Tatsachen aus einem ( Seite 75) Auf Grund unanfechtbarer Berichte können sich konservativen Buche fann man ermessen, welche Dreistigkeit Leute, die nicht von vornherein für die Interessen des Groß­grundbefizes eingenommen und ihnen zu Liebe Bedürfnisse und dazu gehört, solche Aufrufe zu erlassen, wie die eingangs er­Rechte des arbeitenden Standes zu unterschätzen geneigt sind, wähnten. Nicht ein Wort davon ist wahr, und die Behauptung der Erkenntnis nicht verschließen, daß selbst in den gesegneten von der gesunden, gut gelohnten Landarbeit" erweist sich Provinzen Schleswig- Holstein  , Hannover  , Sachsen   wie in Braun- als ein frecher Hohn auf die Arbeiter und zugleich als eine schweig, Anhalt usw. die Landarbeiter zu nicht ge- nichtswürdige Menschenfalle für ausländische Arbeiter. ringem Teil ein klägliches Dasein fristen."

Zum Beispiel:

Die Revolution in Rußland  .

Bialystok  .

Es wird dann mitgeteilt, daß die berühmten Mediziner von Voit und von Bettenkofer festgestellt haben, was zur täglichen Ernährung eines erwachsenen Menschen aller­mindestens nötig ist, und weiter heißt es, daß dies bei den Allmählich lichtet sich das Dunkel, das noch immer über den Tagelöhnern felten zu finden sein wird: " Nicht einmal bei den Arbeitern der unter Verwaltung der Greueln von Bialystok   lagert. Man darf sich nichts darauf ein föniglichen Ansiedelungskommission in Posen stehenden Güter, bilden, vorhergesehen und vorausgesagt zu haben, daß die offiziell wo laut Küchenzettel vom 26. März 1900 für die Tages- offiziösen Darstellungen erstunken und erlogen waren. Nun stellt es nahrung eines Mannes ganze 40 Pfennige an- fich unwiderleglich heraus, daß die Behörden schon vier Tage bor gefeßt sind, während das Boit- Bettenfofersche Menü, dem das bem Judenschlachten davon Kenntnis hatten, daß etwas im Anzuge faiserliche Gesundheitsamt im Gesundheitsbüchlein"( Berlin   fei. In geradezu Klassischer Weise tritt das in einem Schreiben her 1895) ausdrücklich zustimmt, unter 60 Pfennig nicht zu beschaffen

lautet:

ist. Welche Tagelöhnerfamilie aber, die nur von der Hände bor  , das ein Berliner   von einem seiner Geschäftsfreunde erhielt Arbeit lebt, kann solche Summen für die Ernährung aufwenden! und das die" Voss. Btg." zu veröffentlichen in der Lage ist. Es Die Höhe des ortsüblichen Tagelohnes", der den ganzen Verdienst in Geld und Naturalbezügen umfaßt, steigt nur ganz ausnahmsweise, 3. B. im bremischen Landgebiet, über 3 M., wäh rend er in Ostpreußen  , Posen, Schlesien   an einzelnen Stellen für männliche Arbeiter auf eine Mart, für weibliche auf 55 Pf. herabfintt. Für Kinder beläuft sich der Durchschnitt etwa auf die Hälfte. Erwägt man, daß auf die Mitarbeit der Frauen und Kinder nicht immer zu rechnen ist, so wird bei einer Zahl bon 250 bis 300 Arbeitstagen die Annahme, daß unter normalen Ver­hältnissen ein Tagelöhner mit Frau und drei bis vier Kindern über eine Gesamtjahreseinnahme bon 500 bis 750 M. zu ber­fügen hat, durchschnittlich wohl zutreffen. Dann kann aber von vollwertiger Ernährung gar keine Rede sein... Was nach Ab­zug der Kosten für Kleidung, Schule usw. zum Aufwand für

Bialystok  , 14. Juni. Während ich diese Zeilen schreibe, be­finden sich mehrere Freunde in meinem Hause, die zu mir ge= tommen sind, um sich vor dem Feinde zu verbergen. Als am Montag der Polizeimeister und ein Polizist am lichten Tage auf der Straße ermordet wurden, entstand das Gerücht, daß die Bolizei eine Rache dafür vorbereite, und daß nunmehr Plünderungen bei den Juden erfolgen werden. Der Offizier, der mit mir in demselben Hause wohnt, hat sogar der Wirtin gestern angeraten, Bialystok   für den heutigen Tag zu verlassen. Heute ist Gründonnerstag, und die Christen werden in firchlicher Prozession durch die Straßen ziehen. Während der Prozession soll jemand einen Schuß abgeben, und das soll dann das Zeichen zur Plünderung fein. Daß