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eine Genchtsuntersuchung eingeleitet wurde, da er während der Wahlen zur Vossudarstwennaja-Duma die Bauern-Wahlmäuner betrunken zu machen suchte. In Astrach'an wurde die patriotische Adresse von 70 Mit fliedern der örtlichen monarchistischen Presse unterzeichnet. Jetzt er- heinen in der lokalen Presse Konterproteste, die von Hunderten und Tausenden von Bürgern unterzeichnet sind. Ein Protest ist z. B. von 14 000 Bauern unterschrieben I Es finden sich sogar Mitglieder der lokalen monarchistischen Partei, die gegen die Adresse ihrer Parteigenossen protestieren und ihren Austritt aus der Partei öffentlich erklären. In dem kleinen Städtchen P i n s k konnte man beobachten, wie auf Anordnung des SemSki Natschalnik(Landchef) die Bauern zu einem Teehaus geführt wurden, wo ihnen der Natschalnik eine politisch-patriotische Rede hielt. Er erzählte ihnen, daß die Ne- gierung den Bauern Land geben wolle, die Polen und die Juden es aber in der Duma verhinderten. Nachher sandte der Natschalnik ein im Geiste des Schwarzen Hunderts verfaßtes Tele- gramm nach Petersburg und unterstnch in ihm, daß es auf einer Versammlung von 2000 Bauern verfaßt worden sei. In Wirklichkeit waren es nicht mehr als 100 Mann. Man sieht, welchen Wert diepatriotischen' Kundgebungen desSchwarzen Hunderls" besitzen. Bestrafte Bolksschullehrer. Das Verzeichnis der fürrevolutionäre Vergehen' bestraften lettischen Lehrer wird von derAtbalss" fortgesetzt. Nach demselben sind im Wolmarschen Kreise Lehrer aus 32, im Wendenschen Kreise aus 24 und im Rigaschen Kreise aus 13 Volksschulen bestrast worden Erschossen sind im ganzen 21 lettische Bolksschullehrer, erhängt: zwei 1 1_ poUtifchc Gcberficht Berlin , den 19. Juni. Die Entscheidung im Z�alle Puttkamer. Unter obigem Titel bringt das Stuttgarter Zentrumsorgan soeben weiter einige Mitteilungen, die sich völlig mit dem decken, was wir gestern nach derFreis. Ztg.' hier wiedergaben. Das Blatt fordert sodann mit Recht, daß sich der R e i ch s t a g das gesamte Untersuchungsmaterial vorlegen lassen solle, und stellt für diesen Fall folgende besondere Fragen in Aussicht: Ist der frühere Stationsleiter Leischner von Buna vernommen worden, ebenso der Kameruner Bnreauvorstand Schubkegel, ebenso die beiden expedierenden Sek re- täre Schumacher und G r y g e r in der Kolonialabteilung? Ueber den im Reichstage auch gegen Puttkamer erhobenen Vorwurf der Urkundenfälschung finde man in der Vor entscheidung gar nichts. Nun die Paßgeschichtel Der Reisepaß sei in diesem Fall nicht von den zuständigen Beamten ausgefertigt worden. Putt kamer ließ sich vielmehr ein vorher abge stempeltes Formular geben und trug selb st den Namen v. Eckardtstein ein. Wie er bei der Anmeldung in das Anmelderegister die Eintragung eigenhändig besorgte und der Gouverneur somit Sekretärgeschäfte übernahm, so auch beim Abschied. Dabei verstieß er auch gegen die sonst üblichen Bestimmungen. Ueber den Antrag auf Ausstellung eines Passes wurde stets ein Protokoll aufgenommen, über die ausgestellten Pässe wurde ein Register geführt, in dem unter fortlaufender Nummer die ausgestellten Pässe genau vermerkt Ivurden. Alles dies sei im Falle der Eckardtstein nicht geschehen. Unter der laufenden Nummer 3 des PaßregifterS stehe von der Hand des damaligen Gouvernementssekretärs G r y g e r die B l e i st i f t n o t i z, daß ein gestempeltes Paßformular dem Gouverneur übersandt worden sei. Alle diese Dinge seien in der Kolonialabteilung bekannt und trotzdem die lächerliche Einrede der Gutgläubigkeit! Die Geschichte mit den E s s e.r s ch e n G e s e l l s ch a f t e n, die unS beinahe einen Aufstand gebracht hätte, liege schon mehrere Jahre zurück und jetzt endlich komme die Kolonialabteilung zu der Einsicht, daß Puttkamer deshalb nicht mehr zurückkehren könne! Also weiter! Im offenen Widerspruch zu dem Reichsbeamtengesetz lege mannun dem Gouverneur nahe, sein Entlassungsgesuch einzureichen.§ 34 des ReichSbeamtengesetzeS spreche von dauernder Unfähigkeit zur Ausübung des Dienstes, von körperlichen und geistigen Gebrechen usw. Nichts von alledem! Herr v. Puttkamer erhalte feine Pension auch ohne diese gesetzlichen Voraussetzungen. Das Blatt erinnert daran, daß der Abg. Roeren einmal in bezug auf T o g o daS Wort angewendet habe: Eine Krähe hackt der anderen die Augen nicht aus I und frägt, ob dies vielleicht auch für Puttkamer zutreffe? Weiß er zu viel! Könnte er plaudern und auch andere mitsichher unterreißen, die es noch schlimmer trieben als er? Weiß Putt- kamer auch, daß in der Gehaltsgeschichte deS Erb­prinzen trotz alle r offiziösen Dementis nicht alles klappt? Der Reichstag müsse sich diese Sache näher ansehen und auch sorgen, daß nicht aus dem Dispositionsfonds Gehaltsteile bezahlt werden! Das Matt schließt; Wahrlich, diese erste Entscheidung von einiger Bedeutung, die unter dem neuen Regime fällt, ist nicht sehr vielversprechend für die Zukunft. Die Konsequenzen könnten auch nicht aus- bleiben._ Die Stellung des Zentrums zur BerfassungSrefprm in Württemberg . Stuttgart , 13. Juni.<Eig. Ber.) Die in der SonntagSnummer desVorwärts" enthaltene Nach- richt, daß die Kammer der Abgeordneten am Sonnabend den Verfassungsreform-Entwurf in der Schluß- a b st i m m u n g mit 71 gegen eine Stimme und bei einer Stimm- enthaltung angenomn, en und daß somit das Zentrum sich schließlich doch geniert habe, gegen die Reform zu stimmen, trifft nicht zu. Bei der Nachricht ist eine Verwechselung unterlaufen, die die politische Situation in Württemberg in einem falschen Lichte erscheinen läßt. Die Schlußabstimmung zur Wer- sassungsreform fand, wie wir in der Freitagnummer be- richteten, bereits am Donnerstag statt, wobei die Reform gegen den heftigen Wider st and des Zentrums zur Annahme gelangte. Am Sonnabend fand nur die Erledigung des sogen. Landtagswahlgesetzes statt, dessen Bestimmungen fast ausschließlich technischen Charakters find und die aus der Äe- form sich ergebenden Abänderungen der Wahlmodalitäten, die Einzel« heiten der Proportionalwahl usw. regeln. Hiergegen eine besondere Opposition zu entfalten, wäre für das Zentrum zwecklos gewesen, und darauf ist auch die beinahe einstimmige Annahme des Gesetzes ®ig�en die Verfassungsrevision s e l b st läßt das Zentrum dagegen auch jetzt noch alle Minen springen. In einem fulminanten Artikel seines Stuttgarter Organs, der aus- schließlich an die Adresse der gegenwärtigen Standesherrenmajorität in der Ersten Kammer gerichtet ist, sucht eS diese, bei der jetzt die Entscheidung über das Gesetz liegt, nach allen Regeln der Kunst scharfzumachen. Es.enthüllt', wenn man so sagen darf, in dem Arttkeldie letzten Ziele' der VerfassungS- reform, die nur ein Vorläufer der. Entchristlichung der Volksschule', ja der Trennung von Kirche und Staat in Württemberg sei. Nun wird von den Standesherren wohl heute niemand mehr iw««klaren über die Bedeutung der Verfassungsreform für die zu- künftige politische EntWickelung des Landes sein und das Zentrumsblatt hätte sich daher kaum mehr in große Ui, kosten zu stürzen und die Ver- Handlungen des Münchener Lehrertages sowie der Stuttgarter Goethe- bundtagung als Schreckgespenster vorzuführen brauchen. Jedes Kind in Württemberg weiß allmählich, daß die jetzt zum Abschluß gelangende Verfaffungsrefonnkampagne ihren Ursprung in der Ablehnung der letzten Schulnovelle durch die Erste Kammer hatte. Diese Schul- Novelle wurde von der Ersten Kammer abgelehnt, trotzdem sie nicht etwa die geistliche Schnlaufsicht beseitigte, sondern lediglich die Fach- schulaufsicht als gleichberechtigt neben die geistliche Aufsicht setzen wollte. Wenn die Standesherren vor zwei Jahren einen Begrif davon gehabt hätten, welche politischen Folgen sie durch die Ab- lehnung diesesReförmchens" heraufbeschwören würden, so hätten sie vielleicht anders entschieden. Das Zentrumsorgan gibt nun die sittlich entrüsteten Reden wieder, mit der die Standesherren damals ihre Ablehnung motiviert haben, offenbar in der Erwartung, durch solcheGeisterstimmen" die gewünschte schreckhafte Wirkung auf die frommen Gemüter der Standesherren auszuüben. Nun kann es ja keiirem Zweifel unterliegen, daß die Ver sassungsreform die Bahn frei mackicn soll für eine Reibe von Re- k armen, die unter den gegenwärtigen Verhältnissen durchzuführen unmöglich ist. Daß sich unter diesen geplanten Reformen auch wieder die Einführung der fakultativen Fach schul- a u f s i ch t befinden wird, glauben wir annehmen zu können. Aber wir Wullen andererseits den Reformeifer der Regierung wie der bürgerlichen Parteien doch auch nicht überschätzen. So erscheint es uns schon mehr wie zweifelhaft, daß die Reformkrast beider Faktoren jemals dazu ausreichen würde, die geistliche Schulaufsicht völlig durch die weltliche zu ersetzen. Sicher aber ist, daß die Forderung der Trennung von Staat und Kirche auch in Zukunft ernstlich nur von der Sozialdemokratie und vielleicht. wenngleich auch dies noch nicht zuverlässig erwiesen ist, von der bürgerlichen Demokratie gefordert und praktisch gefördert werden wird. Die übrigen Parteien und die Regierung sowie vor allem die Erste Kammer auch in der Gestalt, die sie nach der schwebenden Verfassungsreform erhalten wird, werden aber einer solchen Forde- rung nach wie vor ganz bestimmt den denkbar kräftigsten Widerstand entgegensetzen, so daß in dieser Beziehung selbst die frömmsten Ge- müter katholischer wie protestantischer Observanz ganz beruhigt sein können. Das Zentrum legt das Schivergewicht bei der jetzt von ihm be triebenen Gespenstermalerei auf die U in g e st a l t u n g resp. E r wfe i t e r u n g. die durch die Versassungsreforin die E r st e K a m m e r erfährt. Es stellt sich so, als würde durch die neu hinzukommenden Vertreter der Geist der Demokratie in die Kammer hineingetragen und hätte dort Gelegenheit, wahre Orgien im Untergraben der Fun- damente des Staates zu feiern. Leider hat es auch hier nicht recht. Die Elemente, die in die Erste Kanimer einrücken werden, sind die bisherigen Privilegierten der Zweiten Kammer, die dort daskow fervative" Element gebildet haben, sowie die Vertreter der Handels- und Landwirtschaftskammern, die nach Vorschlägen der Interessenten vom König. zu ernennen sind. Demokratische Elenrente ge- langen also nicht in die Erste Kammer, wohl aber erfährt sie eine Auffrischung, die nicht dasVolk", am allerwenigsten sein umstürzlerisch" gesinnter Teil gewünscht hat. die aber im aller- dringendsten Interesse der bisherigen Kammermitglieder selbst liegt, die ohne einesolche Erweiterungnächstens kaummehrin der Lage sein würden, die an sie herantretenden parlamentarischen Geschäfte zur glatten Erledigung zu bringen. Haben doch dieHohen und Erlauchten' Herren nicht einmal einen in ihrer Mitte gehabt, der fähig gewesen iväre, den schriftlichen Bericht über die Verfassungsreform an da» Plenum zu erstatten, so daß diese Arbeit einem sogenannten Lebenslänglichen", dem Staatsrat v. Heß übertragen werden mußte. Die Standesherren bekommen also schon eine Gegenleistung! Dcutlcbco Reich. Der Wahlkampf in Hannover . Der Kampf schien anfangs eine bürgerliche Kraftprobe gegen die Sozialdemokratie werden zu sollen, da sämtliche bürgerliche Par- teien sich zu gemeinsamer Verleumdung unserer Partei in dem famosen Bürgerausschuß alias Reichsverband vereinigt hatten. Während aber der Bürgerausschutz mit dem Gelde des Reichsverbandes die Sozialdemokratie durch die gemeinsten Lügen vernichtet", geraten sich die bürgerlichen Brüder ganz gehörig in die Haare. Die Fehde zwischen Zentrum und Welsen haben wir schon erwähnt; das hannoversche Zentrum ist störrisch geblieben und hält an Herrn Matthias Erzberger fest. Darüber sind die Welsen natürlich erbittert. Viel interessanter ist jedoch der heftige Zusammenstoß zwischen Weifen und Nationalliberalen. Es gibt viele Welfen, die den Eintritt ihrer Parteigenossen in den Bürgerausschuß aufs schärfste mißbilligen. Diese Unzufriedenen veröffentlichen im Hannoverschen Anzeiger" ein seitenlanges Inserat, in dem es nach einer Darlegung der VerHältniffe von 1866 heißt: AuS allen diesen Tatsachen wird klar und deutlich hervor- gehen, daß uns eine unüberbrückbare Kluft von der nationalliberalen Partei trennt, daß von einem Kompromiß zwischen uns und ihr niemals die Rede sein kann." Das ist nun auch die Meinung des welfischen Kandidaten, der in seinen Versammlungen offen erklärt, die Beteiligung der Weifen an dem Bürgerausschuß habe nur den Zweck, ihn zu ü b e r w a ch e n und zu verhindern, daß seine Agitation nur den N a t i o n a l- liberalen zugute komme. Diese welfische Verhöhnung desein- trächtigen Zusammenarbeitens" hatte die Nationalliberalen erbost, doch sie schluckten'S hinunter. Auch der welfische Vorwurf, daß die Nationallibcralen 1884 bei der Stichwahl zwischen Welfen und Sozialdemokraten den Wahlkreis an unsere Partei auslieferten, regte sie nicht besonders auf. Der nationalliberale Parteisekretär erklärte sogar offiziell, das wolle seine Partef�gern wieder gut machen; komme der Welfe mit dem Sozialdemo- kraten in Stichwahl, so würden die National- liber alen samt und sonders den Welfen wählen. Der welfische Kandidat v. Dannenberg aber erwiderte mit bitterem Hohne, daß es. wenn die Nationalliberalen in die Stichwahl kämen, einen Wählern völlig frei stehe, den Sozialdemo- kraten zu wählen. Das verschnupfte die Nationalliberalen natürlich, aber wirkliche Empörung gestatteten sie sich doch erst, als die Weifen sie in einem Aufruf wegen ihres Verhaltens von 1866 als die Partei des Landesverrates hinstellten. Nun kochte die nationalliberale Seele. In einem Flugblatt erklärten sie nun: N jemand möge aber auch annehmen, daß ein na t i o n a l l i b e r a l e r Parteibeschluß vorliege, unter allen Umständen für den Welfen zu stimmen, wenn dieser in die Stichwahl komme. Die Aeutzerung eines Parteigenossen in einer Versammlung des Bürgerausschusses wird hier und da so ausgelegt. Es kann versichert werden, daß einer Kampfesweise gegenüber, wie sie derHannoversche Anzeiger" vom 10. Juni aufweist, auch in den Augen dieses Parteigenossen das Tischtuch zer- chnitten bleibt. Nach den betreffenden Erklärungen des welfischen Kandidaten in der Wählcrversammlung vom 13. d. M. wird ein Zusammengehen mit den Welfen innerhalb der national- liberalen Partei als unmöglich angesehen werden." Unsere Genossen sehen diesen Katzbalgereien halb belustigt, halb angeekelt zu, sind dabei aber kräftig für die Partei tätig. Am Freitag wird sich das Resultat ihrer wackeren Arbeit zeigen. * Am Montag abend sprach imWintergarten" zu Hannover Genosse Bebel in einer von 6000 Personen besuchten Versamm- lung unter stürmischem Beifall der Erschienenen. Zu gleicher Zeit hatte. auch der Reichsverband gegen die Sozialdemo- k r a t i e nach demKriegerheim" eine Wählerbersammlung ein- berufen, in der der bekannte Agitator Ermert aus Waldenburg die Sozialdemokratie vernichten wollte. Die vielen Taufende, die imWintergarten' kernen Einlaß finden konnten, zogen nun nach demKriegerheim". Bald war der große geräumige Saal bis anf den letzten Platz gefüllt, mehr als 3000 Wähler waren erschienen. Den Veranstaltern der Versammlung wurde angst und bange vor diesen Menschenmassen, die beschimpft werden sollten und nun er- schienen waren, diese Beschimpfungen selbst mit anzuhören. Da kam dem Äeichsvcrband ein Retter in höchster Not. Die Gasleitung versagte. Trotz häufiger Versuche gelang es nicht, die Lanipcn anzuzünden, und so mußte der Vorsitzende bekannt geben, daß die Versammlung nicht stattfinden könne,weil wir kein Licht haben". Daß der Grund des Nichtbrennens der Lampen dem Reichsverband zur Last fällt, ist sonnenklar. Aber schon in der Versammlung wurde die perfide Aeutzerung gemacht, die Sozial- demokraten hätten die Gasleitung zerstört! Am anderen Morgen machte der Reichsverband bekannt, daß eine polizeiliche Untersuchung erfolgt sei, deren Ergebnis ihm wie folgt bescheinigt worden ist: Durch polizeiliche Untersuchung im Beisein eineS Beamten der hiesigen Gasanstalt ist festgestellt worden, daß vor Beginn der Versammlung die Gasleitung des Kaisersaales von ruchloser Hand in Unordnung gebracht worden war. Während die Beleuchtung am Tage zuvor tadellos wie immer funktionierte. waren heute anf der Bühne und auf dem Boden über dem Saal Veränderungen und Zerstörungen vorgenommen, die nur ein Ein- geweihter ausgeführt haben konnte und die auch nur nach ein- gehender Untersuchung festgestellt werden konnten. Die Polizei- liche Untersuchung ist eingeleitet und wird hoffentlich den Schuldigen zu der gebührenden Strafe heranziehen." Auffällig ist diese Bescheinigung jedenfalls. Woher weiß die Polizei, daß die angeblichen Beschädigungen vonruchloser Hand" herrühren? Woher weiß sie, daß die Beleuchtung am Tage vorher tadellos" funktioniert hat? Welches Interesse hat die Polizei an der.gebührenden Bestrafung" des Täters? Wollte die Polizei überhaupt etwas bescheinigen, dann die Art der Beschädigungen, sie ist aber keineswegs berechtigt, einem anderen ohne jede Untersuchung die private Meinung und Hoffnung eines Polizeibeamten zu Wahlzwecken amtlich zu be- scheinigen. DenEingeweihten" festzustellen, daran hat der Reichs- verband das größte Interesse, denn auf ihm lastet der Vorwurf der Feigheit. Hält er doch die neue Versammlung ab am Mittwoch, an einem Tage, für den die Sozialdemokratie selbst 10 Versamm» lungen einberufen hat. Dann wird die Gasleitung des Krieger- heims wohl funktionieren, weil nicht so viele Sozialdemokraten erscheinen werden._ Die Erhöhung des PostkartenportoS! Wie offiziös verlautet, wird die Erhöhung des Post« kartenportos im Stadt- bezw. Landbestellbezirk sowie die Erhöhung für das Porto der außerordentlichen Zeiwngs- beilagen schon am 1. I u I i d. I. in Kraft treten. Die Postkarte wird von 2 auf 6 Pf. erhöht, so daß der frühere Zustand wieder hergestellt wird. Am Donnerstag werde sich der Bundesrat mit dieser Angelegenheit endgültig befassen, worauf eine entsprechende Verordnung des Reichskanzlers ergehen werde. Die bürgerliche Reichötagsmehrheit hat bekanntlich in einer Resolution zu den neuen Steuergesetzen der Regierung zu dieser Volks- und verkehrsfeindlichen Maßnahme direkt aufgefordert, und die Regierung apportiert willig diese Gabe, obwohl sie ihren eigenen Versprechungen beim letzten Postgesetz geradezu ins Geficht schlägt.-_ Zum Inkrafttreten des ZigarettensteuergesetzeS. DieNorddeutsche Allg. Zeitung" erinnert: Das in Nr. 31 dcSReichsgesetzblattes" veröffentlichte Zigarettensteuergesetz vom 3. Juni 1906 tritt am l. I u l i d. I. i n K r a f t. Nach diesem Gesetze find sämtliche Per. sonen, die gewerbsmäßig Zigaretten. Zigarettentabak, Zigaretten. hülsen oder Zigarettenblättchen herstellen, und ebenso sämtliche Personen, die sich gewerbsmäßig mit dem Verkaufe der angeführten Waren befassen(also auch Zigarren- oder Kolonialwarenhändler, sowie Gastwirte usw.. die Zigaretten, Zigarettentabak oder Zigarettenhülsen oder-Blättchen verkaufen), verpflichtet, dieS der Steuerbehörde(dem Steueramt oder Zollamt, in dessen Bezirk die Fabrik oder die Verkaufsstelle liegt), sofort, jedenfalls aber noch vor dem 1. Juli dieses Jahres anzumelden. Die Anmeldung der Hersteller von Zigarettentabak, Zigaretten und Zigarettenhüllen hat schriftlich in doppelter Ausfertigung zu erfolgen und muß auch die Bezeichnung ber Waren, die hergestellt werden, sowie eine An- gäbe darüber enthalten, ob und in welchen Räumen etwa auch ein Kleinverkauf der Erzeugnisse stattfindet. Die Hersteller haben gleichzeitig mit der Anmeldung eine B?-> schreibung der Betriebs- und Lagerräume, sowie der damit in Ver- bindung stehenden oder unmittelbar daran angrenzenden Räume vorzulegen. Zigarren-, Rauchtabak- und Kautabakfabrikanten, die nebenbei Kleinhandel mit Zigaretten betreiben, haben ebenfalls eine Be. schreibung ihrer Kleinverkaufsräume dem Steueramt vorzulegen. Ferner haben sowohl die Hersteller wie auch die Verkäufer und Händler ein Verzeichnis der am 1. Juli d. I. in ihrem Besitz befind- liehen Vorräte an Zigaretten, Zigarettentabak. Zigarettenhülsen und Zigarettenblättehen unter Angabe deS Kleinverkaufspreises des Zigarettentabaks und der Zigaretten, sowie der Stückzahl der Hülsen und Blättchen aufzustellen und spätestens bis zum 7. Juli ebenfalls in doppelter Ausfertigung der Steuerbehörde cinzu» reichen. Für die Anzeigen und Anmeldungen ist ein bestimmtes For. mular nicht vorgeschrieben._ Folgen des ZigarettensteuergesetzeS. Die Zigarettenfirma Lipp- stadt u. Co. in Frankfurt a. M. hat am Sonnabend mit Ausnahme von einem Arbeiter und zwei Arbeiterinnen sämtlichen Ar» b e i t e r n und Arbeiterinnen zum I.Juli gekündigt. weil sie das System der Regierung dazu zwinge. Aus anderen Städten liegen ähnliche Nachrichten vor. Die Klassenkirche. Wie neuere Meldungen ergeben, hat Pfarrer K o r e l l wegen der Stichwahlparole für die Sozialdemokratie im Wahlkampse zu Darmstadt -Großgerau vom hessischen Oberkonsistorium einem Verweis erhalten. DaS Oberlonsisiorium verspricht, in Bälde eine offizelle Darstellung ddzu zu aeben. Man darf be- begierig darauf lein, wie die kirchliche Behörde die Parteinahme der Z rche für die Reaktion rechtfertigen wird. Die Sozialdemokratie wird auf jeden Fall Nutzen daraus ziehen. Denschlimmsten polnischen Hetzer" sollte der Generalsekretär deS OstmarkenvereinS Dr. S ch o n I tz in Schöneberg bei Berlin den Erzbischof von Posen, Dr. v. Stablewski in einer Versammlung zu Krefeld genannt haben. Schänitz hatte sich deshalb am Dienstag zu Krefeld vor dem Strafrichter wegen Beleidigung des Erzbischofs zu verantworten. Er bestritt, daß er die inkriminierte Wendung auf }en Erzbischof angewendet habe, der Bericht des Zemrumsblattes .Niederrheinische Volkszeitung", der ihm das sagen lasse, sei un- richtig. Der Redakteur des Blattes, der den Bericht verfaßt hatte. war als Zeuge geladen. Nach mehrstündiger Verhandlung, über die noch kein Bericht vorliegt, erfolgte Freisprechung des An- geklagten. Oberpräsidentenwechsel. Offiziös wird jetzt bestätigt, daß der Oberpväsident von SchleAwig-Holstein, Freiherr v. WilmowSki an Stelle des scheidenden Oberpräsidcnten von Sachsen nach Magdeburg geht. Oberpräsident von Schleswig- Holstein wird der Regierungspräsident v. Dewitz, bisher in Frankfurt a. O. An dessen Stelle wird Regierungspräsident der bisherige vortragende Rat im Zivillabinett Geheimer Oberregierungsrat v. Valentini. Der letztere wird durch Geheimen Regierungsrat v. Eisenhardt. Rothe ersetzt. Welcher bereits vortragender Rat im Zivilkabinett war. Südwestafrika-Opfer. Die amtliche Verlustliste enthält am 16. Juni folgende Angaben: Am 12. Juni 06 verstorben: Gefreiter Robert Ließ, gebore» am 21. 12. 85 zu Flölevstein. ZMez; im