Bei einem Streit lebensgefährlich verletzt wurde gestern der Bäckerlehrling Karl Jänisch, welcher bei dem Bäckermeister Br. in der Wolgasterstr. lS angestellt war. I. war in der Backstube mit einem anderen Lehrling in Streit geraten, welcher bald in Tätlich- leiten ausartete. Durch Schimpfworte gereizt, ergriff der Gegner plötzlich ein Backmesser und stieb es dem I. tief in den Unterleib. Schwerverletzt brach der Getroffene zusammen. In bedenklichem Zustande wurde er in das Lazarus-Krankenhaus eingeliefert. Arbeiter- Bildungsschule Berlin . Um den Unterricht in Geschichte früher zum Abschluß zu bringen, findet am nächsten Sonnabend abends pünktlich um 8Uhr im Saal VIII des Gewerkschaftshauses Unterricht statt. Schluß- abend am Dienstag, den 26. Juni, in Saal I. Wir machen die Mitglieder hierdurch nochmals auf den am Sonntag, den 24. Juni, stattfindenden Ausflug nach Tegel -Jörs- selbe aufinerksam. Treffpunkt 9 bis 10 Uhr in der Waldschänke zu Tegel , vis-a-vis Schloßreslaurant. Von 12 Uhr ab im Kurgarten zu Jörsfelde lJnhaber: Gumlich). Fahrverbindung: Sckilesischer Bahnhof— Tegel, Charlottenstrabe— Tegel i Stettiner Bahnhof- Tegel früh 7-/z Uhr. Gäste willkommen. Für gute Unterhaltung ist gesorgt. Spiele im Walde. Ueberraschungen aller Art zu Wasser und zu Land(noch nie dagewesen). Gesperrt. Die Negentenstrabe zwischen Tiergarten- und Sigis- mundstraße ist behufs Ausführung von Kanalisationsarbeiten vom 21. d. M. ab bis auf weiteres für Fuhrwerke und Reiter gesperrt. Der Allgemeine Bau-, Spar- und Wohnungsvcrein„Solidarität" (früher Bau- und Sparverein der Gemcindeangestellten) hat am 10. Juni durch Generalversaminlungsbeschluß den„Genossenschafts- Pionier" zum alleinigen Veröffeiitlichungsorgau bestimmt. Gleich- zeitig ist beschlossen worden, daß die Genossenschaft liquidieren soll. Die IbO Mitglieder erhalten ihre Geschäftseinlage vor Beendigung der Liquidation nicht ausgezahlt; das ist gesetzlich auch bei den- jenigen Genossen der Fall, deren Ausscheiden zum 31. Dezember 1903 bereits in die gerichtliche Liste eingetragen ist, denn infolge des Liquidationsbeschlusses gilt nach dem Genossenschaftsgesetz das Aus- scheiden als nicht erfolgt. Die Generalversammlung ist übereingekommen, daß die Vor- standsmitglieder(jetzt Liquidatoren) die Genossen mit anderen Bau- genossenschaften bekannt machen, namentlich mit der„Deutschen An- siedelungs-Gesellschaft" und der an diese angeschlossenen„Freien Scholle". Am Sonntag, den 24. Juni, geht ein Familienausflug zur„Freien Scholle". Abfahrt nach WaidmannSlust vorm. 9 Uhr 30 Min. vom Stettiner Bahnhof. Interessenten können sich anschließen. Nachzügler können später fahren. Feuerwehrbericht. Mit der Zunahme der sommerlichen Wärme häufen sich nach alter Beobachtung auch die Brände. Dies kann man jetzt wieder bestätigt finden. In der letzten Nacht wurde der 7. Zug nach dem städtischen Vieh- und Schlachthofe in der Thaer- stcabe 23/27 gerufen. Dort war in den Deutschen Peptonfutter- werken Feuer ausgekommen. Bei Ankunft der Wehr brannte eine Staubkammer. Durch kräftiges Wassergeben wurde die Gefahr be- seitigt. Eine Brandwache blieb während der Nacht auf dem Platze zurück. Gleichzeitig hatte die Wehr in der Gartenstr. 30 zu tun, wo in einem Stallgebäude Feuer ausgekommen war. Kleider, Schal- decken u. a. wurden dort ein Raub der Flammen. In der Prinzen- allee 13/16 brannten abends Brennmaterialien und in der Weißen- burgerstraße 24 Holzverschläge u. a. Zweimal hatte der 7. Zug auf dem Ostbahnhof zu tun. Jedesmal brannten Preßkohlen auf Eisenbahnwagen, und in beiden Fällen mußte der 7. Zug energisch Wasser geben, um die Flammen zu löschen. Wegen eines Bodenbrandes wurde der 16. Zug nach der Lieben- walderstratze 39 gerufen. Verschlüge brannten dort. Zwei Kellerbrände beschäftigten die Wehr in der Bülowstraße 36 und Wrangelstraße 73. Außerdem wurden noch eine große Zahl Brände polizeilich gemeldet, bei denen die Wehr nicht alarmiert wurde. Vorort- JVacbnchten. Uever die Besuchsziffern der Volksschulen Schönebergs gibt Auskunft die Zusammenstellung, die der Magistrat kürz- lich wieder den Stadtverordneten hat zugehen lassen. Gegen- wärtig hat Schöneberg 14 Volksschulen mit 2 5 7 Klassen, die im April dieses Jahres mit 11883 Kindern besetzt waren. Hierbei sind mitgezählt die auf 3 Schulen verteilten 6 Hlllfsklassen, in denen im April dieses Jahres 144 schwachbefähigte Kinder saßen. Im Durchschnitt kommen auf die Schule 18— 19 Klassen, aber im einzelnen liegt die Klassenzahl zwischen 16 und 25. Auf die Klasse kommen durchschnittlich 46— 47 Kinder(wenn die Hülfs- klaffen, die ja nur schwach besetzt werden dürfen, ausgeschaltet werden). Bei Unterscheidung der einzelnen Klassenstufen stellt sich die Durchschnittsfrequenz der ersten Klaffen auf 46—41, der zweiten Klaffen auf nahezu 43, der dritten Klassen gleichfalls auf 43. der vierten Klaffen auf 47—48, der fünften Klaffen auf 48, der sechsten Klaffen auf 51—52, der siebenten Klaffen auf 51(also etwas weniger als in den sechsten Klaffen.) Im einzelnen geht aber die Klassenfrequenz von 36 bis zu 65. Wie leider üblich, finden sich die höchsten Fre- quenzen in den untersten Klaffen, in denen gerade eine be- sondere Berücksichtigung jedes einzelnen Kindes notwendig ist und darum eine sehr viel geringere Frequenz zu wünschen wäre. Den minder hohen Frequenzen begegnet man nur in oberen und obersten Klaffen. Frequenzenvon66und darüber hinaus bis 65 fallen in einigen sechsten und siebenten Klassen auf. Frequenzen von weniger als 46 sind nur in mehreren dritten, zweiten und ersten Klaffen zu bemerken. Schöneberg will sich nicht nach Berlin richten und hat das am Ende auch nicht nötig, alldieweil ja„Mutter Berlin " in den meisten Dingen ebensowenig wie„Tochter Schöneberg" ein Muster genannt zu werden verdient. Aber eine Ver- gleichung ist doch immer lehrreich. Sie ergibt, daß in Schöne- berg die durrM�rnittliche Klaffenzahl pro Schule etwas höher, die durch�nittliche Schülerzahl pro Klasse etwas geringer ist als in Berlin . Von den einzelnen Klassenstufen haben in Schöneberg die unteren durchschnittlich eine niedrigere Fre- quenz als in Berlin , die oberen durchschnittlich eine höhere Frequenz als dort. Für die oberste Klassenstufe ist hierbei zu beachten, daß in Berlin jetzt das Achtklassensystem, in S ch ö n e- berg aber noch das S i e b e n k l a s s e n sch st e m besteht, bei dem die erste Klasse eigentlich zwei Klassenstufen darstellt. In der Frage„Achtklassen- oder Siebenklassensystem" könnte übrigens Schöneberg doch von Berlin lernen. Als Berlin noch das Sechsklassen- bezw. später eine Zeitlang das Sieben- klassensystem hatte, kamen nicht besonders viele Kinder bis zur „ersten" Klasse, obwohl bei dem Sechsklassensystem Kinder des sechsten, siebenten und achten Schuljahres, bei dem Sieben- klassensystem Kinder des siebenten und achten Schuljahres in die„erste" Klasse hineingesteckt werden mußten. Auch heute rücken in Berlin die Kinder noch nicht so zahlreich bis in die obersten Klassen auf. wie es zu wünschen wäre, aber besser sind die Verhältnisse doch geworden. Unter dem Sechsklassensystem saßen zuletzt in Klasse I rund 13 von je 166 Kindern, unter dem Achtklassensystem sitzen jetzt in den Klassen l, II, III zusammen etwa 24 von je 166 Kindern. Von diesen je 24 kommen auf Klasse III etwa 12, auf Klasse II rund 8, auf Klaffe I rund 4 Kinder. Wie aber sieht es in Schöne- berg aus? Hier sitzen von 11 883 Kindern in Klasse I nur 1668, in den Klassen II. III, IV. V, VI. VII 1328, 1632, 1853, 1923, 1959, 2636 und in den Hülfsklassen 144 Kinder. Auf K l a s s e I, die in Schöneberg Kinder des siebenten und achten Schuljahres enthält, kommen hier von je 166 Kindern nur 8—9, während Berlin in den Klassen I und II zusammen etwa 12 von je 166 Kindern hat. Gibt das nicht zu denken?_ Für die Anlegung des Schönebergcr Stadtparkcs wird nunmehr auf Beschluß der städtischen Körperschaften ein Wettbewerb ausgeschrieben werden. Das Preisgericht besteht aus je zwei Mit- gliedern des Magistrats und der Stadtverordneten- Versammlung und fünf Fachmännern des Gartenbaues. Der Park soll be- kanntlich auf dem sogenannten Fenngelände an der Erfurter- straße hergerichtet werden und den Charakter einer natürlichen Landschaft tragen. Die Parkanlage wird auf Wilmersdorfer Gebiet bis zum Wilmersdorfer See fortgesetzt und insgesamt eine Länge von 1800 Meter haben. Der Schöneberger Teil umfaßt 36 000 Quadratmeter. Er soll von allen Seiten frei zu- gänglich sein und Teichanlagen und Wasserläufe erhalten, die im Winter als Eisbahn benutzt werden können. Größere Spielplätze für Kinder sind leider ausgeschlossen, es ist nur ein kleiner Spielplatz vorgesehen.— Zur Deckung der Kosten des Parkes ist eine Anleihe von etwas, über einer Million Mark auf- genommen. Es hat sich aber herausgestellt, daß ungefähr das Doppelte dieser Summe erforderlich ist. Die betreffenden Grundstücks- besitzer suchen, wie immer in solchen Fällen, ihr Schäfchen zu scheren und haben für das zum großen Teil aus schlammigem und moorigem Untergrund bestehende, zur Bebauung gänzlich ungeeignete Gelände bedeutend höhere Preise gefordert, als sie von der Stadt ursprünglich in Betracht gezogen worden sind. Die Kosten der Her- richtung des Parkes sollen 230000 M. nicht übersteigen. Für die drei besten Entwürfe find Preise zu 3000, 2000 und 1000 M. aus- gesetzt. Charlottenburg . In seiner letzten Bcrsammlnng nahm der Verband der Fabrik-, Land-, Hülfsarbeiter und Arbeiterinnen den Bericht von der Gau- konferenz entgegen. Als Delegierter zum Leipziger VerbandStag wurde Kollege Pohl und als Ersatzmann Kollege Brandt gewählt. Ein hierauf vom Genossen Flcmming gehaltenes Referat über„die Errichtung eines Arbeitcrsekretariats", der entgegen der ablehnenden Haltung einiger Gewerkschaften die Notwendigkeit eines solchen nach- wies, fand beifällige Aufnahme. Ueber:„Die Forderungen der Sozialdemokratie" referierte in der letzten Generalversammlung des Wahlvereins Genosse Thielicke- Friedenau. Als Delegierte für die Generalversammlung wurden die Genossen Schmidt, Kley und Schütze gewählt. Der seinerzeit schon gestellte Antrag, die proportionelle Vertretung auf der Kreisgeneral- Versammlung betreffend, wurde erneut zil stellen beschlossen. Zur Generalversammlung für Groß-Berlin wurden die Genossen Schmidt, Kley, Müller, Felsmann, Bade, Tatnsch, Rosenthal , Schnell, Richter, Schütze, Schröder, Reinsch, Will, Schmock, Hartfiel. Henschke, Gaebel, Vierk, Weißheit, Habicht, Pasche und Glowinke delegiert. Genosse Flemming forderte alsdann die Genossen auf, zu der am 11. Juli stattfindenden Gewerbegerichtswahl bereits jetzt in die Agitation einzutreten. Auch machte er nochmals auf die von der Gcwerkschafts- kommission für die ausgesperrten Lithographen und Steindrucker ausgegebenen Sammellisten aufmerksam. Ein Antrag des Genossen Löwenberg , der sein Befremden über die von der Redaktion des „Vorwärts" gemachten Bemerkungen anläßlich der Zwistigkeiten in Sorau -Forst ausspricht und das Eingreifen der Preßkommission in dieser Angelegenheit fordert, wurde abgelehnt. Rixdorf. Bon einem Straßenbahnwagen überfahren wurde gestern in der Steinmetzstraße die in der Prinz Handjcrystraße 30 wohnende unverehelichte Helene Schmidt. Sie wollte vor dem Hause Stein- metzstr. 124 den Motorwagen Nr. 1893 eines in der Fahrt befind- lichen Straßenbahnzuges der Linie 94h! besteigen, glitt von dem Trittbrett ab und fiel auf den Fahrdamm. Die Sch. stürzte so unglücklich, daß sie mit den Füßen unter den Schutzrahmen des An- Hängewagens geriet, dessen rechtes Vorderrad der Unglücklichen über den linken Unterschenkel hinwegging. Der Schenkelknochen wurde zersplittert und außerdem erlitt sie eine erhebliche Kopfverletzung. Die Verunglückte wurde nach dem Rixdorfer Krankenhause übergeführt. Gros;-Lichterfelde . Zur Wohnungsfrage. Die für alle Teile unserer Gemeinde mit Ausnahme weniger Straßenzüge an der Peripherie vorgeschriebene landhausmäßige Bebauung wirkt bezüglich der Steigerung der Bodenpreise zweifellos hemmend. Ein Vergleich mit den benach- barten, dem Hochbau preisgegebenen Ortschaften, läßt dies leicht fest- stellen. Wer aber daraus den Schluß ziehen wollte, daß auch die Wohnungsmieten diesen geringeren Bodenpreisen entsprechend billiger sein würden, befände sich in einem erheblichen Irrtum. Die Höhe der Mietspreise steht jenen in den nächsten Nachbar- gemeinden mit Hochbau und selbst denen Berlins kaum nach. Dies trifft insbesondere für kleinere Wohnungen, für die Behausung der arbeitenden Klasse zu. Man kann hierorts nickt nur von einer Wohnungsnot in finanziellem, sozialem und hygienischem Sinne reden, die überall mehr oder weniger die Besitzlosen trifft, sondern von einem ausgesprochenen Mangel an Kleinwohnungen. Der Zuzug nach den westlichen Vororten ist seil Jahren ein beträchtlicher, die Nachfrage nach kleinen Wohnungen eine bedeutende. Dazu kommt, daß die hiesigen Bauunternehmer in der Regel Häuser mit großen Wohnungen herstellen, kleinere eventuell nur im Dach- geschoß und im Keller bei höchstmöglicher Raumausnutzung und oft liederlichster Ausführung. Seit jüngster Zeit werden aber in den Neubauten sogenannte Mansarden-Wohnungen größeren Stils errichtet und zu Preisen ver- mietet, die kein Arbeiter zu erschwingen vermag. 300—700 und 800 M. für solche Wohnungen gelten als normale Preise. Es bleiben daher für die minder bemittelten Volksklassen hauptsächlich die allen Kom- forts entbehrenden, vom hygienischen und sanitären Standpunkt aus bedenklichen Kellerwohnungen. Und unter den Vermietern dieser „Wohnungen" gibt es nichr wenige, die nur Mieter nehmen, deren Kinderzahl das französische Normalmaß nicht überschreitet. Diese für den größten Teil der Ortsbewohner unerwünschte und schädliche EntWickelung wird noch begünstigt durch das Bestreben der Grund- besitzervereine, die Arbeiterschaft möglichst von dem Ruhesitz der satten Bürger fernzuhalten; daher auch in deren Versammlungen der ständige Ruf nach Errichtung von Wohnungen für den sogenannten Mittelstand, da die Gemeinde nun einmal von einer Handvoll Villenbesitzer nicht existieren kann und auf den Zuzug von Steuerzahlern angewiesen ist. Die ganze Misere des Wohnungs- elends kommt in der rapiden Zunahme des Schlafstellen- Unwesens zum Ausdruck, die von amtlicher Stelle durchaus be- fiätigt wird. Es wäre nun Pflicht der Gemeindeverwaltung in bezug auf die Wohnungsfrage reformatorisch einzugreifen. Keine Gemeinde in der Nähe Berlins befände sich bezüglich der Durch- führung der notivendigsten Wohnungsreformen in einer so günstigen Lage wie Groß-Lichterfelde . Aber bei der antisozialen und geradezu arbeiterfeindlichen Haltung speziell unseres Ortsparlameuts ist kauin daran zu denken. Nachdem nun noch der Nachbarort Steglitz seine Kommunal- steuern herabgesetzt hat, wird der edle Konkurrenzkampf zwischen den beiden Gemeinden mehr als bisher entbrennen und noch weniger als bisher werden Mittel für dringende sozialpolitische Forderungen in den rivalisierenden Gemeinden beivilligt werden. In letzterer Beziehung erstreckt sich die Konkurrenz zwischen Steglitz und Groß-Lichterfelde überhauptjnur auf die M i n d e st l e i st u n g e n- Nachdem es der Arbeiterschaft in Groß-Lichterfelde diesmal noch nicht gelungen ist. Vertreter ihrer Interessen in die Gemeindcver- tretuug zu bringen, um von hier aus das soziale Gewissen der bürgerlichen Klaffe zu schärfen, hat der sozialdemokratische Wahl« verein beim Gemeindevorstand und der Gemeindevertretung einen sorgfältig begründeten Antrag eingereicht, dahingehend, den Bau von Wohnungen, speziell von Kleinwohnungen durch die Gemeinde zu beschließen. Vor kurzem� ist nun die Antwort von dem Gemeindevorstande eingetroffen; sie lautet dahin, daß er„vorläufig eine abwartende Haltung" einnehmen müsse und daher dem Antrage nicht entsprechen könne. Dieser Entscheidung ist eine dreiseitige„Begründung" in Maschinenschrift beigegeben. Einer späteren öffentlichen Versamm- lung wird es vorbehalten bleiben, die Gründe des Gemeinde- Vorstandes einer eingehenden und— wie wir glauben— äußerst dankbaren Kritik zu unterziehen. Steglitz . Die Gemeindevertretung erledigte in ihrer letzten Sitzung die Tagesordnung in fünf Minuten. Bemerkenswert ist, daß der Schöffe Engelmann sein Amt niedergelegt hat. Da vor einiger Zeit auch der Schöffe Dr. Kühne seines Amtes müde wurde, so stehen nun- mehr zwei Neuwahlen in Aussicht. Irgend welches Interesse werden diese Wahlen in der Oeffentlichkeit nicht wachrufen, da die HauS- besitzer wieder, wie gewöhnlich, die neuen Herren„ernennen" werden. In geheimer Sitzung wurde der Ankauf der 3373 Quadratmeter großen Grundstücke Südendstr. 12—14 zum Preise von 175 000 M. zwecks Errichtung eines Feuerwehrdepots beschlossen. In der am 29. Juni stattfindenden öffentlichen Gemeindevertretersitzung wird endlich die zur Prüfung der Proteste gegen die Wahlen der dritten Klasse eingesetzte Kommission Bericht erstatten. Wie verlautet, wird die Kommission beantragen, den sozialdemokratischen Protest als unbegründet abzuweisen, trotzdem aber die Wahlen der Herren Templiner und Denckewitz für ungültig zu erklären, und zwar weil letzterem die Grundbesitzerqualifiiation fehlt und ersterer nicht mit dem Sozialdemokraten(der unter dem gleichen Mangel wie Templiner leiden soll), sondern mit dem Kom- munal- und Hausbesitzervereins-Kandidaten Käding hätte in Stich- Wahl kommen müssen. Das waren wenigstens die Protestgründe des Gemeindevorstandes gegen die Wahl, und diesen scheint sich die Kommission angeschlossen zu haben. Wir sind begierig, ob sich wirklich eine Mehrheit finden wird, die trotz der im sozialdemo- kratischen Protest gerügten Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften die Wahl des Herrn Häncke für gültig erklären wird. Im übrigen kann uns ein solcher Beschluß sehr kühl lassen; wir werden dann im Wege der Klage die behaupteten Gesetzwidrigkeiten feststellen. Karlshorst . Aushebung einer Spielhölle. In Karlshorst ist in der Nacht ein Spiclernest ausgehoben worden. Die Polizei hatte ermittelt, daß in einem dortigen Restaurant am Bahnhof nachts viel gespielt wurde und daß die Einsätze außerordentlich hohe waren. Um das Nest aus- zuHeben, begaben sich drei Beamte nach dem Restaurant und einer derselben betrat in Zivil das Lokal. Er hatte gerade den richtigen Moment abgepaßt. Die Spieler waren fest beim Jeu und als der Beamte das Bankgeld plötzlich mit Beschlag belegte, fielen die um den Tisch herumstehenden Spieler über ihn her. Es entstand zwischen den Ueberraschten und dem Beamten ein verzweifelter Kampf. In diesem Augenblick erschienen auch die beiden Kollegen auf der Bildfläche, worauf sämtliche Spieler fistiert wurden. Bernau . Die Genossen Bernaus beschloffen in ihrer letzten Wahlvereins- Versammlung, den Vertrieb des„Vorwärts" in eigene Regie zu übernehmen; zu diesem Zweck wurde eine Kommission mit den erforderlichen Vorarbeiten betraut. Die Diskussion über Punkt 10 des Parteiprogramms konnte infolge vorgeschrittener Zeit nicht ge- pflegt werden. Es wurde ferner beschlossen, die Wahlvereins-Ver- sammlungen auf den Sonnabend nach dem 13. jeden Monats und die Zahlabende auf Donnerstag nach dem 1. jeden Monats zu ver- legen. In die Lokalkommission wurde Genosse Jntemann ge- wählt. Bon den Schönower Genossen wurde gewünscht, in nächster Zeit in Schönow «ine Versammlung abzuhalten, um auch dort den sozialdemokratischen Arbeitern die Gelegenheit zum Anschluß an die Organisation zu geben. Pankow . Der Bau des Krankenhauses erfordert, wie jetzt festgestellt ist. die Anlage eines neuen Hauptschmutzwasserkanals durch die Spandauer -, Parkstraße und die Straße 1 am Schloßpark nach dem Krankenhause. Die Ausgaben für diesen Kanal betragen zirka 90 000 M. Der Jahresabichluß für das Rechnungsjahr liegt nunmehr vor, die Ein- nähme beträgt 1 368 130 M., die Ausgabe 1 040 634 M.; eS ist demnach ein Uebcrschuß von 327 318 M. vorhanden. Die Einkommen- steuer hat ein Mehr von 20 131 M.. die Gewerbesteuer 2183 M., die Grundwertsteuer 9220 M., die Bierfteuer 4760 M. und die Umsatz- steuer 350 204 M. ergeben. Als Mehrausgaben kommen in Betracht die einmalige Teuerungszulage an Beamte und Lehrer in Höhe von 23 000 M., die Realschule erforderte 4000 M., die Gemeindeschule 17 000 M., 23 500 M. sind durch neue Lehrer- stellen und für den Straßenbau und 8300 M. für Straßenreinigung mehr verausgabt worden. Das Wasserwerk, welches Ueberschüsje liefern soll, schließt mit einem Defizit von 8800 M. ab. Der Grund hierfür liegt in dem im vorigen Jahre gefaßten unsinnigen und mittlerweile wieder aufgehobenen Beschlusie, den WasserzinS auf 15 Pf. für den Kubikmeter zu ermäßigen. Trotz des günstigen Ab- schlusses betragen die Mehrausgaben insgesamt 74 477'M. Spandau . Eine außerordentliche Generalversammlung deS hiesigen Wahlvereins beschäftigte sich am vergangenen Freitag mit dem Statut des Verbandes der Sozialdemokratischen Wahlvereine der Provinz Brandenburg . Die Versammlung erklärte sich im allgemeinen mit dem Statut einverstanden, nur beschloß sie zu den§§ 2, 3 und 7 folgende Aenderung zu empfehlen: Zu§ 2, Kontrolle der vier Parteiblätter:„Vorwärts",„Märkische Volksstimme",„Branden- burger Zeitung" und„Fackel" durch je eine Preßkommission, zu§3, aus der Agitationskommission, welche von sämtlichen Wahl- kreisen gewählt wird usw. und zu§ 7, alljährlich vor dein deutschen Parteitag findet eine Provinzial-Parteikonferenz statt, jedoch ist der Bor st and verpflichtet, nach Be- darf, solvie auf Antrag von min bestens sechs Wahlkreisen eine Provinzial-Konferenz einzu- berufen usw._ Das Tegeler Strandschloß vom Feuer zerstört. Das den Berliner Ausflüglern bekannte Strandschluß zu Tegel ist gestern von einem verheerenden Feuer heimgesucht worden. Der etwa 50 Meter im Geviert haltende zweistöckige massive Eis- schuppen, der Aussichtsturm des Vorderhauses und der große Tanz- fiial wurden total eingeäschert. Zwei Pferde und zwei Schweine kamen in den Flammen um. Das Feuer entstand aus noch nicht aufgeklärter Ursache im Eisschuppen, in den auch einige Viehställe eingebaut waren. Mit unheimlicher Schnelligkeit griffen die Flammen um sich. Als die Ortsfeuerwehr eintraf, bildete der große Schuppen ein einziges Feucrmeer, das eine enorme Hitze verbreitete. Bald erschien auch die Wehr des Borsigwerkes. der dann die von Reinickendorf , Wittenau , Waidmannslust , Lübars , Hermsdorf und Glienicke ölgten. Aber selbst der vereinte Angriff vermochte dem verheeren- den Elemente keinen Einhalt zu tun. Die Flammen sprangen auf den Aussichtsturm über und gleichzeitig auch auf den parterre liegenden Saal im Ouergebäude. D i e W a fserleitung gab nicht genügenden Druck, und dieser Umstand war be- sonders fatal. Da blieb schließlich nichts anderes übrig, als Berlin um Hülfe anzugehen. Wäre dieses gleich von vornherein geschehen, hätte das Feuer so große Ausdehnung nicht erreichen können. Brandmeister Steiner griff mit dem Löschzuge aus der Pankstraße wirksam ein und trug wesentlich dazu bei, daß das Vorderhaus ge- rettet wurde. Anfangs war das Gerücht verbreitet, daß ein Mann unter einer einstürzenden Mauer verschüttet worden sei, doch stellte sich dieses schließlich als falsch heraus. Dagegen waren zw-i
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