Hr. 143. 33. Jahrgang. 1. KtilM des Jnmärtf Kkllim WlisIiIM Sstlttabend, 83. 1««! IW. Hm der Partei. Eine Infamie. Die.Einigkeit", das Organ der»Freien Vereinigung deutscher Gewerlschaften". leistet sich wieder einmal eine.Sensation". Diesmal aber leider auf Kosten aller bisher in Partei- und Ge- werkschaftskreisen als selbstverständlich anerlanuten solidarischen Rück- ficht und Verantwortlichkeit. AuS einem angeblichen umfangreichen Protokoll der letzten Konferenz der Vertreter der Vorstände der Zentralverbände reiht sie einige Stücke heraus, um den Parteigenossen zu denunzieren, daß Parteivorstand und Generalkommission nichts mehr fürchteten und nichts mehr mit allen Kitteln zu verhindern suchen Würden als einen von der Masse gewünschten Generalstreik. Mögen die sachlichen und persönlichen Gegensätze zwischen den sogen. Lokalisten, die die„Einigkeit" vertritt, und den Zentral- organisierten auch noch so groh sein und noch so scharf ausgetragen «erden,— die klassenbewußten Arbeiter, in einem waren sie bisher eins und sollten sie eins bleiben, darin: den staat lich organisierten Gegnern, der Polizei und dem Staatsanwalt kein Material gegen die eigenen Klassengenosien zu liefern. Die„Einigkeit hat sich über diese elementarste Forderung hinweggesetzt, sie folgt nur noch den anarchistelnden Eingängern, und sie wird die moralischen und fakttschen Folgen für ihre Infamie, es gibt kein anderes Wort, zu tragen haben. Ueber die Sache genügt ein Wort: die„Einigkeit" will aus dem, was der Genosse Silberschmidt über eine angebliche Rede des Genosien Bebel auf einer privaten Konferenz wiedergibt, beweisen, daß Bebel und durch ihn der Parteivorstand im Februar IVOS über den General streik widerrufen, was sie in Jena im September 1906 befürwortet haben. Wir können demgegenüber konstatteren, dah erstens, wenn Silberschmidt wirklich so gesprochen hat. wie er nach der .Einigkeit" eS angeblich getan haben soll, er den Genosien Bebel im wesentlichen mihverstanden hat, und zweitens, was jeder Schuljunge der Partei weih, dah für die Partei und ihren Vorstand nur das maßgebend ist, was die Parteitage beschließen; und bezüglich des polisischen Masienstreiks bleibt eS bis zu evenwell anderen ParteitagSbeschlüsien bei dem Beschlusie von Jena . I» der Augelcgeuheit Emmel-Mülhausen i. E., die schon wieder holt unsere Parteitage beschäftigte, die aber von der Mülhauser Parteiorganisation noch nicht als erledigt bettachtet wurde, hat unter dem Vorsitze deS Genossen Gerisch in Mülhausen eine Besprechung stattgefunden. Alle in der Sache Interessierten— Parteivorstand, Konttollkommission und Vorstand der Mülhauser Parteiorganisation — akzeptterten folgende Erklärung: Die Mülhauser Parteigenossen erkennen an, baß Handlungen, die der Genosie Emme! gegen den ausdrücklichen Beschluß der Parteileitung unternommen hat, den Tadel rechtfertigen, den die Konttollkommission auf Parteitagen gegen Genossen Emme! aus gesprochen hat. Die Kontrollkommission ihrerseits erklärt, daß bei der ein Wandsfreien Tätigkeit, die Genosie Emme! gegenwärtig im Interesse der Partei entfaltet, diese Vorgänge als erledigt zu betrachten sind und für die Partei keinen Grund mehr abgeben können, dem Genosien Emmel die Vertrauenswürdigkeit abzusprechen. Der Fall Braun in der Parteipresse. Eine ganze Reihe von Parteiblättern hat bis jetzt zur Meer fahrt der Genossin Lily Braun das Wort genominen und, mit zwei Ausnahmen, die Beteiligung verurteilt, teilweise, nachdem die .Richtigstellung"� des Genossen Heinrich Braun bereits zur Kenntnis genommen war. Unsere Bruderblätter haben sie auf ihren richtigen Wert zu schätzen gewußt, wie wir voraussahen, weshalb wir auch die Beschimpfungen und unsinnigen Unterstellungen, die die „Richtigstellung" gegen den»Vorwärts" enthält, nicht zu beant warten für nötig hielten. Streichen wollten wir diese Stellen aber auch nicht, um dem Einsender nicht billigen Vorwand zum Schreien über Vergewalttgung zu geben und weil gerade die Fassung d— Schreibens Heinrich Braun in seiner ganzen Größe zeigt. Die bemerkenswertesten Stellen aus den Notizen der Partei- blätter sind die folgenden: Leipziger BolkSzeitung:„An sich steht diese Bierreise auf der- selben Höhe, wie die„Studienfahrt", die im vorigen Jahre einige bürgerliche Parlamentarier ebenfalls auf Kosten der genannten Privat gesellschaft in die deutschen Kolonien machten. Das Mäntelchen, daS man derartigen Unternehmungen umhängt— diesmal handelt es sich darum, das deulsch-englische Verhältnis zu bessern— ist denn doch zu fadenscheinig, um ihren reinen VergnüaungS charakter verdecken zu können. Deshalb hat auch die sozialdemo kratische Presse die Einladung zur Teilnahme abgelehnt. Dr. Heinrich Braun , der Held des Dresdener Parteitages, hat ihr jedoch ent- sprachen, was sein gutes Recht ist; denn das Wochenblättchen, das er herausgibt, hat za mit der Parteipresse nichts zu tun." (Anderen Tages hat die.L. Vztg." einen Teil.der„Vorwärts Rotiz wiedergegeben.) Das Sächsische Bolksblatt(Zwickau ) druckte die Aeußerung der „Leipziger BolkSzeitung" ab. Schwäbische Tagwacht:„Soweit der„Vorwärts". Wir stimmen der Anschauung durchaus zu, daß sozialdemokratische Journalisten bei einem derartigen Arrangement nichts zu suchen haben. Der angebliche Zweck dieser festlichen Gelage soll sein, die gereizte Stimmung, die zwischen der deutschen und der englischen Presse in der letzten Zeit in verschärftem Matze hervorgetreten war, in eine freundschaftuche umzuwandeln. Auch von diesem Gesichtspunkte aus müssen die sozialdemokratischen Redakteure die Beteiligung ablehnen, denn sie haben nie eingestimmt in das chauvinistische Geheul, das die gouvernementale Presse Deutschlands so oft gegen England angestimmt hat." Freie Presse(Elberfeld -Barmen):„... Daß solche Etz- und Trinkgelage reinweg gar keinen Einfluß haben können auf den Gang der Entwickelung zweier Völker zueinander, weiß vor allen Dingen ein Sozialdemokrat. Und ein Sozialdemokrat macht denn auch einen solchen Humbug nicht mit, auch wenn er dazu eingeladen wird. So sagt der Leser mit Recht, gewiß, ein wirklicher Sozialdemokrat tut es nicht, aber Dr. Heinrich Braun init seiner Frau Lily Braun , die Herausgeber der„Neuen Gesellschaft", sie haben es fertig gebracht, die Einladung anzunehmen und Frau Lily ist mit nach London . Das ist im vorliegenden Falle dasselbe, als wenn es Herr Dr. Braun wäre, was von letzterem auch ausdrücklich anerkannt wird. Auf das Parteiwidrige ihres Verhaltens vom„Vorwärts" und der„Leipziger BolkSzeitung" aufmerksam gemacht, versendet Dr. Heinrich Braun an die Parteipresie eine lange Erklärung,. die nicht nur dem Tone, sondern auch dem intellektuellen Inhalt nach mit den tollsten Leistungen auf einer Stufe steht, die die„Freisinnige Zeitung" und die„Post" in der Regel gegen die Sozialdemokratie verbrechen. Soviel für heute. Die bürgerliche» Zeitungen— das Büloworgan. die„Köln . Ztg." an leitender Stelle-» haben sich ihres Schützlings Dr. Heinrich Braun bereits warm angenommen. Warum geht Herr Dr. Heinrich Braun nicht dahin, wohin ihn seine An- schauung über das Wesen der gesellschaftlichen Entwickelung immer wieder zieht." Sächsische Arbeiterzeitung:..... Für die Beteiligung eines Sozialdemokraten an dieser Festivität kann man nicht einmal die Grunde geltend machen, die sonst für Teilnahme an Kongressen bürgerlicher Sozialpolitiker vorgebracht worden sind. An dieser Englandreise beteiligen sich aber auch die schlimmsten Hauptmacher der Scharfmacherpresse. Wenn sich nun die Genossin Braun auch nicht notwendig der Gesellschaft dieser reaktionären Soldschreiber an- zuschließen braucht, so sollte doch eine Genossin, ehe ste an einer solchen Veranstaltung teilnimmt, die Tatsache gebührend würdigen, daß dabei die Liman und Konsorten eine Rolle spielen werden, ein Sozialdemo- krat daher dort nichts zu suchen hat...." An unserer oben ausgesprochenen Ansicht über die Beteiligung der Genossin Braun haben wir auch nach der Erklärung Heinrich Brauns nichts zu ändern. Es ist jedenfalls das Beste, wenn jeder Genosse eine so zweifelhafte Gesellschaft meidet, wie die, die dieser Tage nach England gefahren ist." BolkSfreund(Braunschweig , anschließend an die Notiz deS „Vorwärts"):„... Das ist auch unsere Meinung, und alle Recht- fertiguugsversuche, die Dr. H. Braun in einem uns heute morgen zugesandten Schriftstück unternimmt, in dem er gleichzeitig, in ähn- licher Weise wie seinerzeit in Dresden , einzelne Reichstags- abgeordnete anzurempeln versucht, können uns nicht irre machen." BolkSzeitung(Düsseldorf ):„In einer Zuschrift an die Partei- presse weist Genosse Heinrich Braun darauf hin. daß die Einladung des englischen Preßkomitees auch von Parteigenossen wie Keir Hardie u. a. unterzeichnet sei. Das ist eine Verschiebung deS Gesichtspunktes. In England mag es zurzeit noch möglich sein, daß bürgerliche und sozialistische Pressevertreter in bestimmten Fragen Hand in Hand gehen. In Deutschland ist das nicht mehr möglich. Die Schärfe des Klassenkampfes wirkt auf die Personen zurück und für einen deutschen parteigenössischen Schriftsteller ist es lediglich eine Frage persönlicher Sauberkeit, sich heute nicht mit einem Insekt an die gemeinsame Tafel zu setzen, das ihn gestern in verlogenster und erbärmlichster Weise der Polizei und dem Staatsanwalt denunziert hat." Bolksblatt(Gotha ):„Eine Anzahl deutscher Redakteure unter- nimmt, einer Einladung aus England folgend, eine Reise nach England. Die sozialdemokratische Presse hat aus guten Gründen die Einladung abgelehnt. Nur Genossin Frau Lily Braun von der „Neuen Gesellschaft" hat ihr Folge geleistet. Wir meinen, daS einfachste Taktgefühl hätte ihr verbieten sollen, in Gesellschaft eines Lieman und ähnlicher Reaktionäre eine Reise zu unternehmen, die schon dadurch ein sonderbares Gepräge erhält, daß ihr Glanzpunkt ein Empfang durch König Eduard in Windsor sein wird." Die Bremer Bürgerzeitung druckt u. a. einen Teil der .VorwärtS"-Notiz ab und bemerkt dazu:»DaS ist auch unsere Meinung." Die Frankfurter BolkSstimm» hat sich auf Auszüge aus den Auslassungen des„Vorwärts" und Heinrich BraunS beschränkt und eine eigene Aeußerung unterlassen. Das Bolksblatt für Halle brachte folgende Notiz: Genosse Dr. Heinrich Braun protestiert in schärfster Weise in einer an die Parteipresse gerichteten Zuschrift gegen die Art und Weise, wie der „Vorwärts" die Tatsache ausschlachtet, daß Frau Lily Braun an der Journalistenfahrt nach England teilgenommen hat. Braun macht darauf auftnerksam, daß dem englischen Komitee, von dem die Ein- ladung der deutschen Journalisten ausgegangen ist, auch Genosse Keir Hardie angehört, daß es sich also nicht um einen„Haufen gut- bürgerlicher englischer Journalisten" handle, wie der„Vorwärts" geschrieben hat. � � Zum Schluß wollen wir noch die Aeußerung eines Blatte« der- zeichnen, das kein sozialdemokratisches ist. dem aber einst Heinrich Braun sehr nahe stand. Die Aeußerung bezieht sich auch nicht aus den Fall Braun, sondern auf die Redakteursahrt an sich und lautet: „In dieser Woche sind Herausgeber und Redakteure deutscher Zeitungen und Zeitschristen in England die Gäste eines britischen Freundschaftskomitees. Auf einer gedruckten Liste, die versandt und im„Anglo-German Courier" veröffentlicht worden ist, fand ich unter denen, die die Einladung angenommen haben, auch mich genannt. Die Angabe ist falsch. Ich habe die Einladung abgelehnt. Mit der Motivierung, daß ich die gute Absicht zwar nicht verkenne, von der Ausführung mir aber politischen Ertrag nicht verspreche und nicht gewöhnt sei, von Fremden, auch von sehr respektablen, persönlichen Borteil anzu- nehmen. Der Vorteil ist diesmal beträchtlich. Die Herren haben freie Hin- und Rückfahrt, werden acht Tage lang umsonst geherbergt, gespei st und getränkt und können täglich mindestens zweimal an den Tischen der nobilit� und kontra schmausen. Nach n, einer Ablehnung noch wurde ich mit Einladungen zu Lords und Herzoginnen überschüttet.... Warum aber müssen die Vertreter der Presse, die öffentliche Meinung macheu und der Nation, der Menschheit gar Magister sein wollen, immer auf anderer Leute Kosten reisen, essen und trinken?..." So schreibt Herr— Maximilian Horden in der„Zukunft". Es kann uns gleichgültig fein, ob die Stellung, in der det Herr sich hier dem Publikum zeigt, Pose ist oder nicht. Jedenfalls hat Herr Horden hier das gesagt, was schon für den anständigen bürgerlichen Journalisten als selbstverständlich gelten sollte. Daß sich die Heraus- geber der„Neuen Gesellschaft" diese Wahrheiten aus diesem Kunde sagen lassen müssen, möchte man als verdiente Strafe be- zeichnen._ Toteuliste. In K o n st a n z starb Genosse HanS Arnold; ein Vettran der badischen Bewegung. Der Karlsruher „VolkSfreund" sagt zu der Trauerknnde:„Hat er auch in den letzten Jahren nicht mehr aktiv am Parteileben sich beteiligt, so hat er doch in den Zeiten, in welchen jede treue Seele mit Gold aufgewogen werden mußte, sein Beste« gegeben im Interesse der Partei. In den Jahren des Schandgesetzes hat er sich seine Lorbeeren errungen; sie werden ihm nie verwelken." Personalien. Für den Regierungsbezirk Magdeburg wird zum 1. Ottober ein Parteisekretär gesucht. Er muß rednerische Befähigung besitzen und sämtliche Parteigeschäfte für die zum Regierungsbezirk Magdeburg gehörenden Landkreise erledigen. Be- Werbungsschreiben mit Angabe über die bisherige Tätigkeit sind bi« zum 27. Juni zu richten an August Fabian, Magdeburg , Jakobstr-• Der«ächste Parteitag der italienischen Sozialdemokratie. Rom , den 19. Juni. (Eig. Ber.) In seiner heutigen Sitzung hat der Parteivorstand einen Antrag von 110 Parteisektionen. die über 6000 Mitglieder repräsentieren, zur Kennniis genommen, in dem die Ansagung eines Referendums über den Ort des nächsten Parteitages gefordert wird. Da das Organisationsstatut der italienischen Partei bestimmt, daß jede Frage durch Referendum ent- schiede werde, sobald ein Zehntel der Mitglieder dies beantragt— die Partei zählt 1400 Sektionen mit über 40000 Mitgliedern—, so beschloß der Parteivorstand, sofort ein Referendum über den Sitz des Parteitages einzuleiten. Wie erinnerlich, hatte der Vorstand den Kongreß auf den 7. 8. und 9. September nach Rom einberufen. Gegen diesen Beschluß haben die Reformisten von Anfang an agitiert und die Verlegung deS Kongresses nach Bologna ge- fordert, einem Zentrum der reformistischen Bewegung, das bereits zweimal Sitz des Parteitages war. Es ist sehr zweifelhaft, ob das Referendum zugunsten der Reformisten entscheide». Ueber die Tagesordnung des Parteitages und die be- treffenden Referenten setzte der Parteivorstand fest, daß nach den üblichen Berichten des Parteivorstandes, der ParlamentSftaktion und des„ A v a n t i" folgende Referate gehalten werden: Die politische Haltung der Partei. Referenten: Labriola (Syndikalist), Morgari(Zentrum) und Modigliani (Re- formist). Beziehung ber Partei zu den Gewerkschaften. M o c ch i(Shn- dikalist) und Cabrini(Reformist). Beziehung der Partei zu der Parlamentsfraktion. Leone (Syndikalist), R i g o l a(Zentrum). Beziehung der Partei zur sozialistischen Presse. Ettore C i c c o t t i(unbestimmte Richtung). Antimilitarismus. R o m u a l d i(Zentrum). Allgemeines Stimmrecht. Bentini(Reformist). Der Schwerpunkt'wird auch bei diesem Kongreß, wie bei den vorigen, in der Frage der Tendenzen liegen, die in den ersten drei Punkten der Tagesordnung heftig aufeinanderplatzen müssen. Lichtbildervorträge über daS Rom der Antike und der Renaissance. Genosse Theodor v. Wächter, der seit einigen Jahren in Rom als Sprachlehrer lebt, möchte seine Romstudten dazu verwerten, in populären Borträgen mit Lichtbildern all die Schönheitsschätze des Roms der klassischen Antike und der Renaissance auch solchen nahe zu bringen, denen keine eigene Romfahrt möglich ist. Genosse Wächter hat sich hierzu mit dem Besitzer eines trefflichen Projektionsapparates und von über 800 Lichtbilder»(meist Reproduktionen des alten Rom ) zu einer solchen BortragStour verbunden, und sind vorerst folgende Borträge geplant: 1. Die Götter Roms(und Griechenland »), ihre Statuen, Tempel und Feste. 2. Der Bacchuskult, seine Lebens- freudigkeit und seine Bedeutung für Kunst und Poesie. 8. DaS Rom der Kaiserzeit, seine Paläste, Tempel, Theater und Bäder. 4. Pompeji . wie es ist und war und seine Wandgemälde. 6. Michelangelo als Wiedererwecker des antik-klasftschen Humanismus in seinen Sonetten, Statuen und Gemälden.— ArbeiterbildungSvereine oder GeWerk- schaften, die zur Veranstaltung dieser Vorträge freundlichst behülflich fein wollen, sind gebeten, dies möglichst bald Genossen Wächter mit- teilen zu wollen an die Adresse des Genossen ReichstagSabgeordneteu Schlegel, Eßlingen , Neue Welt. Soziales. Wer Alkohol bekämpft, wird feines Amtes entsetzt! DaS ist der Inhalt der ungeheuerlichen Verfügung, die gestern abend dem Vorstande der Krankenkasse zu Weißensee bei Berlin seitens des Dr. Pape zugegangen ist. Der Vor- stand erhielt folgendes Sendschreiben des Dr. Pape, das den Sachverhalt darlegt: In der Sitzung vom 20. dieses Monats hat der Vorstand be- schlössen, unserer Verfügung vom 13. dieses Monats, worin in eingehender Begründung die beantragte Genehmigung zur Be- schaffung von 1000 Exemplaren der Broschüre„Alkohol und Ge- sundheit" versagt wurde, entgegenzuhandeln und 690 Exemplare der Broschüre anzukaufen. Obwohl der Borstand auf Grund der bereits schwebenden Vorgänge, ferner auf Grund der Kenntnis der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes vom 13. April 1905 und der über diese Entscheidung in mehreren Kongressen erstatteten Berichte und gepflogenen Verhandlungen ftch klar bewußt ist, daß er sich dadurch m direkten Gegensatz zu den ge- setzlichen Bestimmungen stellt, da der Vorstand durch diesen Be- fchlutz sich jetzt zum wiederholten Male weigert, unseren zur gesetzmäßigen Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten erlassenen im Gesetz begründeten Anordnungen nachzukommen, so sehen wir uns als Aufsichtsbehörde veranlaßt, den Vorstand seiner Amtsbefugnisie hiermit zu entheben und die Verwaltung der Kasse selbst zu übernehmen. Von diesem Beschlüsse erhalten Sie als Vorsitzender der Kasse Kenntnis mit der Aufforderung, sich fortan jeglicher Amtshandlung in Krankenkassenangelegenheiten zu enthalten. Dr. Pape. Unseren Lesern ist bekannt, daß im Gegensatz zu der Auffassung des Gemeindeschöffen Dr. Pape die bayerische Re- gierung und eine Anzahl Behörden und Gerichte, so das Land- gericht in Bielefeld , das Oberlandesgericht in Hamburg usw. entschieden haben, daß es das Recht und die Pflicht der Krankenkassenvorstände ist, derartige Broschüren auf Kosten der Kasse zu verbreiten. Selbst wenn aber die Rechts- auffassung des durch Rechtskenntnis nicht bekannten Dr. Pape zutreffend wäre, so wäre dennoch die Enthebung des Bor- standes ein ganz krasser Mißbrauch der Aussichtsbefugniffe. Bei Gelegenheit der Beratung des ß 42 der Krankenkassen-Novelle wurde hervorgehoben, daß möglicherweise irgend eine schikanöse Aufsichtsbehörde vielleicht auf den Gedanken verfallen könnte, in ähnlicher Weise, wie seinerzeit die Trierer Krankenkasse vexiext wurde, einen Vorstand ivegeil ordnungsmäßiger Anschaffung solcher Broschüren, Berauslagung von Kosten für Kongrefse und dergleichen andere Rechtsauffassung als der der Aufsichtsbehörde seines Amtes auf Grund der von der Regierung vorgeschlagenen Fassung des§ 42 zu entheben. Die Regierungsvertreter und die Redner der bürgerlichen Parteien stellten eine solche Mög- lichkeit als eine beleidigende Zumutung Beamten gegenüber entrüstet in Abrede. Es wurde dann durch das Bor- gehen der Sozialdemokraten durchgesetzt, daß an Stelle der von der Regierung vorgeschlagenen Fassung, die nur Von einer„groben Borletzung der Amtspflichten" als Anitsentsetzungsgrund sprach, ausdrücklich die jetzige Fassung„grobe Verletzung der Amtspflichten in bezug auf die Kassenführung" gesetzt wurde. Feierlichst verkündeten Graf v. Posadowsky und die Redner der bürgerlichen Parteien, daß die Möglichkeit solchen Mißbrauches völlig ausgeschlossen sei. Der Weitzcnfeer Fall zeigt, daß trotz alledem der von den Sozialdemokraten aus der weiteren Fassung herausgelesene mögliche Mißbrauch in der Tat eingetreten ist. Auf die formellen Verstöße, deren fich Dr. Pape bei dem Erlaß seiner Verfügung außerdem schuldig gemacht hat, gehen wir nicht ein. Selbstverständlich werden die erforderlichen Rechtsmittel gegen ein so schreiendes Unrecht ergriffen werden. Im Interesse der Kassen und im Interesse der Arbeiterklasse mutz verlangt werden, daß gegen das schädigende Austreten von Behörden gegen die Selbstverwaltung der Kassen energisch eingeschritten wird. Der Umfang, den die von Gerichten und auch vom Oberverwaltungsgericht konstatierten behördlichen Ueb«-griffe erreicht haben, wäre ohne das Treiben der frei- sinnigen und ultramontanen Feinde der Selbstverwaltung der Arbciterinstitutionen kaum möglich. Wohlfahrtsplage eu gros? Eine private VeretnS-,.Versicherungöbsnk" für Arbeiter und Angestellte sowie für deren Hinterbliebene wird im großen Um- fange über ganz Deutschland von deutschen Kapitalisten geplant. und zwar in erster Linie für die großindustriellen Unternehmungen in Rhcinland-Westfalen und Lothringen . Ihr Sitz soll Düsseldorf werden und zu den Gründern gehören bekannte Großindustrielle, Großkaufleute und Regierungsbcamte. Die Leporelloliste der scharf- macherischen Gründernamen newit unter vielen anderen: Ober-
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