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Kr. 148. 23. Iahrgimg. u«g sei un­Gericht an- <r«i«a<» Zeugen Frtltag» 29. INi lhr Die Revoltttion in Nutzland. Die Reaktion gegen die Duuia. Täglich werden den Dumamitgliedern Drohbriefe zugesendet. Unaufhörlich verfolgt die Behörde die Absendung der Telegramme aus der Provinz an die Duma. Im Bezirle Nishuij Nowgorod ent­sandten die Bauern des Dorfes Esimjer eine Sympathieadresse an den Präfidenten der Duma und schon am anderen Tage begann eine strenge Untersuchung nach den Verfassern und Absendern des Telegramms! In manchen Orten, so z. B. im Gouvernement Saratow, läßt die Behörde überhaupt keine Versammlungen zum Zweck der Besprechung der Dumatätigkeit zu. Auch im Gouvernement Poltawa verweigerte die Administration die Erlaubnis, in den Dörfern solche Versammlungen abzuhalten. Bisher haben die Negierungsagenten aber nicht vermocht, mit diesem Vorgehen Erfolg zu erzielen. Eher kann man behaupten, daß dieser TcrroriSmus die Bauern angespornt hat, Adressen in noch größerer Zahl als zuvor abzusenden. Ein preußisch-russisches Geheimdokument. Der Redaktion desRobotnik" ist nachstehendes Dokument kn die Hände gefallen: Ganz vertraulich! Der Leiter der Sosnowicer Abteilung der Gendarmerie der Eisenbahnen. Uebersetzuug des Briefes des preußischen Grenzkommissars. Von den deutschen   Trägern(?!) in Zürich   ist an das königliche Polizeipräsidium in Berlin   die Nachricht gelangt, daß in Paris   30 Revolutionäre und einige Mitglieder der polnischen sozialistischen   Partei mit der Vorbereitung von Bomben beschäftigt sind, die durch die französische   Grenze bei St. DiS auf Konterbandenwege nach Bar im Elsaß  gebracht worden sind und von dort mit der Post nach Kattowitz   geschickt werden, von da aus über Siemianowitz nach Rußland   nach Sielce. Auf diese Weise wurden am 28. Mai acht Bomben und acht Kisten Browningpistolen geschickt, die schon gestern in Kattowitz   ankommen sollten. Die Revolutionäre und P. P. S. sind jetzt damit be- schäftigt, die Eisenbahnbrücke zwischen Sosnowice und Schoppinitz zu sprengen und einen Anschlag auf den Grenz- kommissar und Polizeirat Maedler zu verüben. Am 6. Juni sind aus Zürich   nach Kattowitz   zwecks Ueberführung der erwähnten Waffen nachstehende Personen gefahren: 1. Johann Maczkowski(eigentlicher Name Siemiradzki  ), geboren 20. Januar 1883 in Rawicz  . Haare braun, Wuchs: mittel, Student der Philologie. 2. Franz Heine(wirklicher Name Praszkow), geboren 11. November 1881 in Warschau  , 1,82 Meter groß, blonde Haare, früherer Fähnrich, jetzt Student. Sein Paß trägt den Stempel Thorn. 3. Johann von Steiner(wirklicher Name Domski), schwarze Haare, 1.69 Meter groß, geboren 7. Dezember unbekannten Jahres in Posen. Nach den erhaltenen Nachrichten sind weder die Waffen, «och die anderen Gegenstands in Kaitowis angelangt. gez. Maedler.'' Zwar kann man der Polizei allenthalben und der deutschen nicht zuletzt auch die größten Dummheiten zutrauen. Aber Herrn Maedlers phantastische Nachrichten über das Attentat auf seine werte Person, auf die Eisenbahnbrücke usw. klingen denn doch so phantastisch, daß man beinahe auf den Gedanken kommt, es sei vielleicht mit Herrn Maedlers ehrenwertem Namen Mißbrauch getrieben worden. Bon der Armee. Petersburg, 27. Juni.  (W. T. B.) Der Petersburger Tele- graphen- Agentur wird aus Batum von gestern gemeldet: Am 24. d. Mts. machte sich bei der zweiten Kompagnie der Festung«- artillerie große Erregung bemerkbar. Die Mannschaften stellten Fordermigen ivirtschaftlicher und auch auf den Dienst bezüglicher Natur. Als die Ermahnungen der Vorgesetzten nichts fruchteten, wurde eine Abteilung Kosaken   herbeigerufen, um die Kaserne zu besetzen und die Mannschaften zu verhindern, daß sie sich der Gewehre und Geschütze bemächtigten. Die Mann- fchaften beruhigten sich, doch stohen mehrere Soldaten in die Quartiere anderer Kompagnien und zwar in Gesellschaft zweier Zivilpersonen, die dann das Gerücht aussprengten, von de» Kosaken  Werde auf die zweite Kompagnie geschossen. Infolgedessen kam es auch bei mehreren anderen Kompagnien zu Ausichreitungeu i dse aufsässigen Mannschaften wurden während der ganzen Nacht von Truppen umzingelt gehalten. Am nächsten Margen gaben sie reu- mütigem Bedauern über ihr Verhalten Ausdrück und taten Ivieder ordnungsmäßig ihren Dienst. Wladikamkas, 27. Juni.  (W. T. B.) Die 18. Gebirgsbrigade, in welcher seit dem 23. Juni eine starke Gärung herrschte, feuerte gestern abend drei Schüsse aus Geschützen und Revolverschüsse aus andere Batterien ab. Zwei Bataillone des Regiments Apscherolv entwaffneten die meuternde Batterie ohne Blutvergießen. Petersburg, 28. Juni.  (28. T. B.) Auf dem Torpedoboot .Mjetki" erbrachen zwei Matrosen die Schiffslasse, raubten 3000 Rubel und entflohen. Petersburg, 28. Juni.  (B. H.  ) In Kasan   ist neuerdings eine Militäremeute ausgebrochen. In Rostow   am Don haben zwei Kosalensomien gemeutert. Sie wurden infolgedessen nach Stanitza versetzt. DieNowoje Wremja" erfahrt, daß zwei im Lager von Krasnoje Ssclo stehende Kompagnien des Prcobraschcnskischc» Leibgarde- rrgimentS eine Bcrsammlung vcraustaltetm und an den Divisionschcf eine Reihe von Forderungen stellten, uiiter denen sich auch die Forderung der Enteignung des Landes für die Bauern befand. An der Bersammlung»ahmen auch einige Untermilitärs des Semenowsche» Regiments teil. Man behauptet, daß beide Kompagnien in Stärke von 290 Mann in Begleitung von V Offizieren für die Dauer der Untersuchung in das Dorf Mcdivcd im Gouverncment Nowgorod gc> schickt worden seien. Die Soldatenmcuterei i» KurSk  . Wir sind imstande, näheres über die Meuterei des in KurSI Untergebrachten Koslowschen Regiments zu bringen. Die Unruhen begannen unter den unlängst aus der Mandschurei zurückgekehrten Kompagnien des genannten Regiments auf folgende Weise: Die Soldaten verweigerten den Wachtdienst und beriesen eine Bersammlung, an der sich 1000 Mann beteiligten, ES wurden folgende Forderungen gestellt: 1. Erhöhung der MontierungZfummen; 2. unverzügliche Entlastung der Soldaten, deren Dienstzeit schon im Jahre 190o abgelaufen ist; 3. das Recht, in der freien Zeit außer- halb der Kasernen zu verweilen; 4. dnS Recht deS unbeschränkten Besuches von Theater- und anderen Vorstellungen: ö. die Abschaffung der Uebunge» vox und nach dem Wachtdienste: 6. Verbesserung der Truppeuverpflegung. Ferner wurde beschlossen, die Forderungen der LleichSduma zu unterstützen und für die am 17./30. Oktober ver­sprochenen Freiheiten zu kämpfen. Der Kommandeur des Regiments, Oberst Jcwdokimoff, versuchte das Meeting zu vereiteln und die Redner mit blanker Waffe zum Stillschweigen zu bringen. Sein Versuch mißglückte und hatte bloß zur Folge, daß seine Uniform ein wenig zerknittert wurde. Das Meeting aber dauerte ruhig fort. Darauf wurden Soldaten anderer Regimenter und Kosaken herangezogen, um das meuternde Regiment zum Gehorsam zu ztvingen. E i n st i m m i g weigerten sich die Herbeigerufenen, gegen ihre Kameraden einzuschreiten. Kriegsznstand undaußerordentlicher Schutz". Petersburg, 28. Juni.  (Meldung der Petersburger Telegraphen- Agentur.) Ueber die Stadthauptmamischaft Kertsch Jenikol(Gouverne- meut Tannen) ist wegen der dort herrschenden bedeutenden Unruhen der Kriegsznstand verhängt worden. Petersburg, 28. Juni.  (Meldung der Petersburger Telegraphen Agentur.) Der über Bcrditschew, Taganrog  , das Dongebiet, Nishnij Nowgorod   und die Bahnlinie Moskau�Nishnij   Nowgorod   sowie über die Stadt und den Kreis Hömel verhängte außerordentliche Schutz ist bis auf weiteres verlängert worden. Die Streiks. Petersburg, 28. Juni. Der Feldarbciterausstand in dem Distrikte von Brest-Litowsk   ist allgemein. Im Jndustriebezirk von Juzowski sind 1S0OO Arbeiter eines großen Werkes ausständig. Dragoner- abteilungen sind zur Aufrechterhaltung der Ordnung eingetroffen. Wjera Sassulitsch lebt. Wir lesen in derSt. Petersburger Zeitung": Die von den Blättern gebrachte Mitteilung, wonach Wjera Sassulitsch in Jalta   ermordet worden wäre, entbehrt jeder Be- gründung. Wie die»Birsh. Wed" erfahren, ist Wjera Sassulitsch bei bestem Wohlsein; in Jalta   hat sie sich überhaupt nicht auf- gehalten. Amerika   wagt es. Washington, 28. Juni. Präsident Roofevclt bat sich da mit einverstanden erklärt, daß die von beiden Häusern des Kongresses gemeinsam gefaßte Resolution, in der dem Abscheu des Volkes der Vereinigten Staaten   über die Judenmetzeleien in Rußland   Ausdruck gegeben ist, dem Staatsdepartement übermittelt und amtlich bekannt gegeben werde. Aus de» Gefäuguisseu. Ueber die in den Moskauer   Gefängnissen herrschenden Zustände sind dieser Tage wieder Enthüllungen in die russische   Presse gedrungen, die der Gefängnisadministration keineswegs angenehm sein dürften. Es handelt sich um ein offizielles Memorandum, das das Mitglied des Aufsichtsrats des Moskauer   Gefängnis-Wohltätigkeitskomitees, Rechtsanwalt Alexejew, dem Gouverneur unterbreitet hat. Man höre: Soeben habe ich das Gouvernementsgefängnis besucht und Ge- legenheit gehabt, die unterirdischen(I) Karzer in Augenschein zu nehmen. Der Eindruck war ein entsetzlicher. Er veranlaßt mich, Sie sofort von allem Gesehenen in Kenntnis zu setzen. Die Raum Verhältnisse(ll'/aXl'/v Arschin)*) und die Form dieser steinernen Säcke mögen vielleicht gesetzmäßig sein, allein die Karzer befinden sich tief unter der Erde und sind infolgedessen so feucht, daß die steinerne Diele vollständig naß ist und die Röhren der Dampfheizung mit einer dicken Rostschicht bedeckt sind. In diesen unter- irdischen Gräbern müssen die Eingekerkerten auf der nassen Diele sitzen oder liegen; denn Sitzgelegenheiten sind nicht vorhanden, weder Bänke noch TaburettS oder wenigstens ein hölzernes Brett. Zur Nacht erhält der Gefangene eins Strohmatratze, von denen ich eine gesehen habe. Sie war schmutzig und feucht und mußte am Tage z.um Trocknen ausgehängt werden. Nicht einmal einem schlecht gepflegten Hunde könnte man solch einen Sack anbieten. Kopf listen gibt es nicht, nicht einmal Holzklötze zur Herstellung einer Kopfftclle. Das Gesetz bestrast die Verbrecher sogar mit dein Tode, doch gibt es keinen Kodex, nach welchem Verbrechen mit Krankheiten gerächt werden. Das ist aber in den beschriebenen Zellen unvermeid- lich. Im Namen Gottes und der Menschheit muß man sofort außer- ordentliche Maßregeln ergreifen, um diese Karzer aus der Welt zu schaffen. Die Besichtigung habe ich in Begleitung des Prokureur- gehülfen S. M. Kirillow   vorgenommen." Kitt was es sich bei der Aussperrung der Kuchbinder handelt! Ueber den Kampf, der seit dem 1. Mai im Buchbindergewerbe tobt und der von beiden Seiten mit äußerster Heftigkeit geführt wird, herrschen die widersprechendsten Ansichten nicht nur in den Kreisen des Bürgertums, sondern auch innerhalb der Arbeiterschaft, so daß es gut sein wird, loenn wir den Grund und die treibenden Kräfte der sich abspielenden Vorgänge hier bloßlegen. Zunächst einiges zur historischen EntWickelung der Tarifgemein­schaft im Buchbindergewerbe. Die Buchbinderei ist erst Ende der sechziger und Ansang der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts m die Reihen der groß- industriellen Gewerbe eingerückt. Die ersten größeren Lohnkäinpse fanden im Jahre 1873 statt, bei denen es in Leipzig   zur Schaffung eines Lohn- und Atkordtarifes kam. Das weibliche Element kam zu jener Zeit noch nicht in dem Maße in Betracht wie heute, wurde übrigens von den männlichen Arbeitern nicht für voll angesehen und fand daher damals bei der Festsetzung her Lohn- und Arbxitsbedin- gungen keine Berücksichtigung. Leipzig   blieb bis zum Jahre 1890 diejenige Stadt, in der bei jeder Lohnbewegung der Buchbinder der Akkordtarif eine wichtige Rolle spielte, während das gleiche Bestreben in Perlin   und Stuttgart  weniger in den Vordergrund trat, weil die Akkordarbeit hier nicht die Be'deutung hatte Ivie in Leipzig  . Seit dem Jahre 1900 gehören aber die drei genannten Städte einer Tansgemeinschaft an, die zwischen dem Verband deutscher Buchbindereibesitzer und dem Deut- schcn Buchbinderverband abgeschlossen wurde. Als eine ganz ein- heitliche konnte diese Tarisgemeinfchaft freilich niemals bezeichnet werden, indem nicht nur die Stundenlöhne teilweise bedeutende Unterschiede aufwiesen, sondern auch in Berlin   Sondertarife für Vorrichter und Arbeiterinnen bestanden, die höhere Preissätze wie in dem allgemeinen Tarif enthielten, wohingegen in Leipzig   und Stuttgart   Männerarbeiten, die yon Frauen hergestellt wurden, ge- ringer entlohnt werden konnten, als die Sätze des allgemeinen Tarif? zuließen. Diese buntscheckige, ungesunde Vielseitigkeit ent- sprang Verhältnissen, die in der vortariflichen Zeit sich eingenistet hatten und die auf einmal nicht beseitigt werden konnten. Diese offenbaren Mängel sollten bei der diesmaligen Erneue- rung der Tarisgemeinschaft möglichst ausgemerzt und außerdem der Kreiß der Tarisgemeinschaft weiter gezogen werden. Daß dies keine leichte Aufgabe sei, wußten auch die führenden Personen im Buchbinderverband. Sie wußten auch, daß solche durchgreifenden Veränderungen möglichst unter Mitwirkung der Prinzipale zu ge- schehen hätten und sie wandten sich deshalb bereits im Januar d. I. an den Buchbindereibesitzer-Vcrband, um mit ihm in gemeinsamen Verhandlungen die schwierige Materie zu regeln. Leider fand der Buchbinderverband statt eines Entgegenkommens die schroffste "1 1 Arschin--- 71 Zentimeter. Zurückweisung, indem ihm in einer Unterredung mit dem Buch- bindereibesitzer-Verband das Ultimatum gestellt wurde: Die Tarif- gemeinschaft so wie sie besteht auf weitere 5 Jahre gelten zu lassen, ohne daß nur ein Punkt geändert würde; anderenfalls würden die Prinzipale nach dem 1. Mai ihre Maßnahmen treffen. Mit diesenMaßnahmen" zögerte man auch nicht, und zwar nahm man die Maifeier in Berlin   zum Anlaß, um auch den größten Teil der völlig unbeteiligten Arbeiter in Leipzig   und Stuttgart   aufs Pflaster zu werfen.. Die späteren Vorkommnisse sind ja bekannt: nur so viel sei daher gesagt, daß man den bisherigen Scheingrund für die geschehene Slussperrung, die Maifeier, völlig fallen gelassen hat und offiziell seitens des Vorstandes des Deutschen   Buchbinderei- besitzer-Verbandcs brutal, aber wenigstens wahrheitsgemäß, cr« klärt:> Wir erkennen den Buchbinderverband nicht mehr an. Unsere Mitglieder geben Mitgliedern Ihres Verbandes keine Stellung in ihren Betrieben." Die Begründung für diese industriefeudalenMaßnahmen" ist genau so fadenscheinig wie diejenige vor acht Wochen. Dafür, daß der Buchbinderverband ganz gewaltige Opfer gebracht hat, um die Lohn- und Ilrbeitsverhältnisse außerhalb des Bannkreises der Tarif- gemeinschaft zu heben und andere Städte für die Tarifgemeinschaft reif zu machen, während der Prinzipalsvcrband nicht einen Finger krumm gemacht hat, wird ihm noch der Vorwurf zuteil, hinter dem Rücken seiner Tarifkontrahenten Sondextarise abgeschlossen zu haben. Seinegroße Unwissenheit in wirtschaftlichen Fragen" soll der Buchbinderverband auch dadurch bewiesen haben, daß er die fluch- würdige Heimarbeit beseitigen wollte, die leider mehr und mehr Ein» gang im Berufe findet. Trotzdem der Bnchbindereibesitzerverband in einem offiziellen Schreiben vom 21. März 1900 unumwunden zugibt, daßdie Kosten der Lebenshaltung des Einzelnen auch in den letzten Jahren weiter gestiegen sind",»erweigert er in demselben Schreiben mit einer ganz unverständlichen Logik,aus diesem Grunde eine Erhöhung der Minimalstundenlöhne und der Akkordlöhne zu bewilligen." Von einem sozialpolitischen Verständnis oder gar einem Eni. gegenkommen gegenüber berechtigten Forderungen merkt man bei den Arbeitgebern des Buchbindergewerbes nichts. Das unverfälschte Scharfmachertum spielt auch hier die Trümpfe aus, was nicht wunder zu nehmen braucht, wenn man bedenkt, daß der Vorsitzende des Unternehmerverbandes zugleich 2. Vorsitzender des Verbandes säch- sischer Industrieller ist. Er fühlt sich als ein kleiner Stumm, und in swlzer Ueberhebung glaubt er den Buchbinderverband mit Stumps und Stiel ausrotten zu können. Das wird ihm auf keinen Fall gc- lingen. Aber der Kampf ist unzweifelhaft ein sehr schwerer, und es wird nicht nur der ganzen Kraft des Vuchbinderverbandes selbst, sondern auch der Hülfe der übrigen Arbeiterschaft bedürfen, tvenn er aus demselben mit Ehren hervorgehen soll. Braucht man auch keine Furcht wegen der beabsichtigten Ver- nichtung deS Verbandes zu haben, so liegt doch die Gefahr nahe, daß er für die nächste Zukunft für das wichtigste Gebiet seiner Tätigkeit ausgeschaltet wird. Und darum handelt es sich in erster Linie>8 dem dem Buchbinderverband aufgezwungenen Kampf. Hus der Partei. Erklärung. In der Generalversammlung des Metallarbeiterberhandes, die am 24. Juni in derNeuen Welt" tagte, hat der Genosse Cohen gegenüber einer Erklärung des Genossen Düwell, daß die Preß- kommisflon aus eigener Initiative zu der Neugründung eines Metallarbeiterverbandes Stellung genommen habe, laut Bericht im Vorwärts" vom 26. Juni folgendes ausgeführt: UebrigenS sei Düwell bezüglich der Preßkommisston falsch unterrichtet: Erst auf Veranlassung der Ortsverwaltung habe sie dem neuen Verbände denVorwärts" gesperrt." Demgegenüber erklären wir: In der Sitzung der Preßkommisston vom 0. Juni beschäftigte diese sich auf Anregung des Genossen Mayer mit der fraglichen Neugründung. ES wurde ausdrücklich fest- gestellt, daß weder die Gewerkschaftskommission, noch derM.-V." an die Preßkommission mit Anträgen oder Wünschen herangetreten sind. Daraufhin wurde widerspruchslos beschlossen, der netten Organisation denVorwärts" zu sperren und an die Gewerkschaftskommission das Ersuchen zu stellen, Einigungsverhandlungen in die Wege zu leiten. Am 7. Juni früh hat der Obmann der Pretzkommission diesen Beschluß der Gewerkschaftskommission telephonisch übermittelt und am 3. I u n i die Mitteilung wiederholt. Am Nachmittag dieses TageS fand dann die Ar�schußsitzung statt, in der über die Sache verhandelt wurde. In dieser Sitzung ist übrigens auch noch konstatiert worden, daß die Preßkommission nicht auf Veran- lassung des Metallarbeiterverbandes, sondern aus eigener Initiative Stellung genommen hat. Die obige Behauptung des Genoffen Cohen ist mithin nach jeder Richtung unwahr. Gleichzeitig sei auch noch festgestellt, daß der Genosse Freythaler in der PreßkommissionSsitzung nicht gegen die Sperrung deSVor- wärt«" für die neue Organisation sich ausgesprochen hat, er hat lediglich dafür plädiert, daß Versuche gemacht werden sollten, die Zwistigkeiten innerhalb der Organisation beizulegen. Die Preßkommission. Ein Slrtikel und zwei Opfer. Unter der Spitzmarke:Im G a r n i s o n l a z a r e t t" ver« öffentlichte dieSächsische Arbeiterzeitung" Ende Juli 1905 eine Skizze, die in der Hauptsache eine allgemein gehaltene Schilderung des Lebens und Treibens in einem Lazarett war. Die Säle und Gänge einer solchen Anstalt werden geschildert, und schließlich ver- weilt der Verfasser im Saale der Schwerkranken, wo ein Unter- offizier einige Kranke schikaniert und ein Assistent unter cynischen Redensarten in oberflächlicher Weise seines Amtes waltet. Es war eine allgemein gehaltene Abhandlung, die allerdings einige lokale Anklänge hatte; es schien aber ausgeschlossen, daß jemand eine Kritik der Zustände im Dresdener   Garnisonlazarett darin er- blicken könnte. Dennoch stellte das Kriegsministerium Strafantrag. weil durch den Artikel das Personal des Dresdener Lazaretts be­leidigt worden sei! Vor der bekannten Becker-Kammer kam die Sache zur Verhandlung. Obwohl Professor Dr. Schumann als Sachverständiger pesiandete, es handle sich um eine allgemein ge- haltene Schilderung von künstlerischem Werte, in der ohne Lokali- sierung ganz allgemeine Zustände beim Militär in d e r Weise ge- schildert würden, wie die Beherlein und Frhr. v. Schlicht mehrfach getan hätten, wurde Genosse R i e m zu 6 W o n a t e n Gefäng- niS verurteilt. In dieser iSerhandlung schon kam zum Ausdruck, daß der Land- gerichtSdirektor Becker in dem Genossen Wendel den Verfasser der Notiz vermutete. W. wurde auch als Zeuge vernommen; er ver- weigerte aber, nach der Verfasserschaft befragt, die Aussage, worauf der Vorsitzende erklärte, er überlasse eS der Staatsanwaltschaft, die vötigev Konjezuenzen daraus zu ziehen!