|lr. 148. 23. Jahrgang.2. Üfilnjt Ks Jotmürls" Knlim UcksdlsllFreitag. 29. InnilW.Partei-?Zngelegenkeiten.Zur Lokalliste! Am Sonntag, den 1. Juli cr.. veranstalten dieGesangvereine„Bruonia",.Einigkeit 1878",.Sängerkranz 1881",.Süd-West"..Frohsinn", gem. Chor.Thalysia" und.Malmeneschergemischter Chor"(Leitung Dirigent Malmene) unter Mitwirkung derKapelle des Garde-Kürassier-RegimentS im Etablissement.Süd-ende", Inhaber Waldemar Pielau, ein grobes Gartenkonzert. Wirmachen die Parteigenossen darauf aufmerksam, daß in Südcndesämtliche Lokale gesperrt sind. Man weise daher alle etwaangebotenen Billetts zu obigem Vergnügen entschieden zurück.Die Angestellten und Arbeiter der„Neuen Photographischen Ge-sellschast", Steglitz, veranstalten am Donnerstag, den S. Juli er.,eine Dampferpartie nach Werder, Restaurant.Bismarckshöhe".Auch dieses Lokal steht der Arbeiterschaft nicht zur Verfügung, istdaher streng zu meiden. Die Lokalkommission.Fünfter Wahlkreis. Sonntag, den 1. Juli, macht die siebenteAbteilung einen Familienausflug nach Pichelswerder. TreffpunktS'/a Uhr Bahnhof Grunewald. Abmarsch 9 Uhr durch den GrüneWald zum alten Freund.Parteigenossen von Karlshorst'. Die Versammlung än Biesdorffindet umständehalber nicht am Sonntag, den 1. Juli, sondernerst am Sonntag, den 3. I u l i. statt. Die Bezirksleitung.ßevluicr JVachncbtetioAus der Stadtverordnetenversammlung.In der gestrigen Sitzung, die die letzte vor den Sommer-ferien war, wurde den Stadtverordneten der Entwurf einerSteuerordnung für die famose Billett» und Lustbar»keitssteuer vorgelegt, aber es kam noch nicht zu einerBeratung. Die freisinnigen Fraktionen planten Vertagungbis nach den Ferien. Der Wunsch der sozialdemokratischenFraktion, für die die Genossen Singer und Ewald sprachen,ging auf sofortige Beratung und schleunigste Ablehnung derneuen Steuer, die da den Berlinern aufgepackt werden soll.Doch die Mehrheit setzte die Vertagung durch. DieFreunde der Billett- und Lustbarkeitssteuer haben hiermit eineFrist gewonnen, die sie vermutlidj zu eifriger Agitation de»nutzen werden.Die Uebersicht über dieFrequenzderGemeinde-schulen wurde von der sozialdemokratischen Fraktion auchdiesmal wieder einer Kritik unterzogen. Genosse A r o n szeigte, daß die Stadt Berlin in ihren Bemühungen, die Ueber»füllung der Klassen zu mildern, jetzt ungefähr erst auf demStandpunkt angelangt ist, der eigentlich als Norm für Dorf-schulen gilt. Aber sogar hier steht für Berlin noch vieles erstauf dem Papier, wie Arons aus den Angaben der Frequenz-Übersicht selber nachwies. Noch zahlreiche Klassen sind stärkerbesetzt als es die Schulverwaltung selber für zulässig hält.Unser Redner berührte auch die Frage des gemeinsamenUnterrichts der beiden Geschlechter und die Frage der Simul-tanschulen, die beide mit der Frequenzfrage in engerem Zu-sammenhang stehen, als es auf den ersten Blick scheinen mag.Zu einer rechten Debatte kam es nicht. Herr Cassel wichaus und wies darauf hin, daß der Posten des Schulrats fürda? Volksschulwesen augenblicklich unbesetzt ist; er kleidete dasin die klassisch schönen Worte:„Da wir leider in der Schul-Verwaltung einer geordneten Spitze entbehren."Aus dem Rest der Sitzung sind zwei Vorlagen zu er-wähnen, bei deren Beratung zur Sprache gebracht wurde, wieeigenartig der Magistrat„regiert". Einige Räume des Vieh»Hofes sollen mit Millenniumlicht beleuchtet werden. GenosseH o f f m a n n stellte fest, daß das, was die Vorlage fordert,noch gar nicht mal alles im Viehhofskuvatorium beratenworden ist. Er nannte das eine Mogelei— zum großen Verdruß des Oberbürgermeisters, der erregt antwortete. Die frei«sinnige Mehrheit trug übrigens kein Bedenken, diese Vorlagein allen Teilen anzunehmen. Ein Vertrag über die Aüf-stcllung neuer Reklameuhren, dem die Versammlungzustimmen soll, gab dem Stadtv. G c r i ck e Veranlassung, sichdagegen auszusprechen, daß der Verkehr in den Straßen nochmehr als schon bisher durch solche Unternehmungen beein-trächtigt werde. Dabei beklagte er. daß die Aufstellung derneuen Zeitungskioske sogar ohne Befragung der Stadtver-ordnetenversammlung genehmigt worden sei. Die Vcrant-Wartung hierfür fällt dem Bürgermeister Rcicke, dem Vor-sitzenden der Straßenbaudeputation, zur Last. Die naive Un-befangenheit, mit der der Herr Bürgermeister hier wiedereinmal darauflos dekretiert hat, wurde von unserem GenossenSinger scharf gerügt. Singer vertrat im übrigen denStandpunkt, daß die Stadt es überhaupt nicht einer privatenGesellschaft überlassen dürfe, öffentliche Uhren aufzustellen.Die Redner der Mehrheit fanden an dem Plan des Magistratsnicht viel auszusetzen. Die Vorlage wurde einem Ausschußüberwiesen.Zur bevorstehenden Abstimmung über den Achtuhr-Ladenschlustverbreitet der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller in Ver-bindung mit dem ZentralauZschuß hiesiger kaufmännischer Vereineein Flugblatt, in dem die Ladeninhaber aufgefordert werden, gegenden Achtuhr-Ladenschluß zu stimmen.Alle Gründe, die seinerzeit gegen die Einführung des Neunuhr-Ladenschlusses vorgebracht wurden, werden auch in diesem Flugblattwieder verwendet. Da wird zunächst wieder das Märchen vomGeschäftsrückgang aufgewärmt. Bei den großen Entfernungen undbei dem späten Schlug der Bureaus und Fabriken soll eine Ein-schränkung in der Deckung des Bedarfs großer Massen der Bevölke.rung eintreten, obwohl in demselben Atemzug gesagt wird, daß demGeschäftsinhaber durch Anstellung von Hülfskräftenbesondere Kosten entstehenl Mit der Logik stehen solcheAusführungen auf dem Kriegsfüße. Natürlich haben die Einwändeder Gegner des Achtuhr-LadenschlusseS keinerlei innere Beweiskraft.Wenn die großen Massen nur das genügende Kleingeld haben, dannwerden sie auch bis 8 Uhr Zeit finden, ihre Einkäufe zu machen.So lange die Mittel zur Deckung des Bedarfs vorhanden sind, wirddurch einen früheren Geschäftsschluß sicher kein Rückgang im Ver-brauch eintreten. Die besten Beurteiler dieser Frage sind doch sicher-lictr die großen Massen, also die Arbeiter selber. Niemand anders,als die organisierte Arbeiterschaft hat seit Jahren in Versamm-lungen erklärt, daß sie mit Einführung eines früheren Ladenschlussessehr wohl einverstanden ist, und deshalb ist der Hinweis auf dieArbeiterschaft gänzlich verfehlt. Ja, bei der Beratung des Laden.schlußgcsetzes erklärten die Vertreter der Arbeiter im Reichstage aus.drücklich, daß der Neunuhr-Ladcnschluß nicht als genügender Schutzfür die kaufmännischen Angestellten angesehen werden könne, sondernbaß der Achtuhr-Ladenschluß gefordert werden müsse.tkk zeugt von einer Kurzsichtigkeit sondergleichen, wenn Ge-schäftsinhaber ernstlich glauben� sie würden durch den Achtuhr-Ladenschluß geschädigt. Die Einführung desselben ist nicht nur eineNotwendigkeit für die Angestellten, sie ist es ebenso sehr für diekleinen Geschäftsleute, die gezwungen sind, selbst bis abends imGeschäft mit tätig zu sein. Chefs sowohl wie Angestellte haben dasBedürfnis, sich eine Stunde länger zu erholen und sich ihrer Familiezu widmen. Und die meisten Ladeninhaber haben auch eingesehen,daß sie vom früheren Ladenschluß genau so viel profitieren wie dieHandlungsgehülfen. Die 6 Jahre, die der Neunuhr-Ladenschluß.der anfänglich auch lebhaft bekämpft wurde, besteht, haben gezeigt,daß ein früherer obligatorischer Ladenschluß niemals Nachteile mitsich bringt. Aber auch das Urteil der Ladeninhaber solcher Städte,die in dieser Frage vorangegangen sind, spricht für eine Einführungdes Achtuhr-Lademchlusses.Die Geschäftsleute haben eS hier in ihrer Hand, Verbesserungenfür das gesamte Handelsgewerbe herbeiführen zu helfen. Hassent-lich benutzen sie recht zahlreich die sich jetzt bietende Gelegenheit undgeben ihre Stimme für die Einführung des AchtuhrschlufseS ab.Sache der Arbeiter aber ist es, soweit das in ihren Kräftensteht, die Geschäftsinhaber zu veranlassen, daß diese sich für denAchtuhr-Ladenschluß aussprechen. Die im Zentralverband derHandlungsgehülfen und-Gehülsinnen Deutschlands, Bezirk Berlin,organisierten Handlungsgehülfen erwarten, daß kein organisierterArbeiter bei einem Geschäftsmann kaust, der Gegner des Achtuhr-Ladenschlusses ist._Zur Eröffnung deS neue» Fernsprechamtes K, nicht auch 7,wie gestern gemeldet wurde, die pünktlich zu dem festgesetzten TerminFreitag früh erfolgt, erhalten die Inhaber von Hauptanschlüssenvon 6, Sa und 3, die sämtlich zu 6 kommen, eine kurze Anweisungdes Inhalts:..1. Anruf des Amtes: durch Abheben deS Fernhörers.2. Anruf des gewünschten Teilnehmers: geschieht vom Amte aus.3. Schlußzeichen: durch Einhängen des Fernhörers(Kurbel nichtmehr drehen). In Gesprächspausen Fernhörer nicht einhängen.Im Verkehr mit dem Amte und darüber hinaus Kurbel überhauptnicht mehr drehen. Deutlich aber nicht zu laut sprechen! Mundmöglichst nahe an die SckMllöffnung des Mikrophons heranbringen!"Eine gelbe Karte belehrt die Inhaber von Nebenanschlüssen, daß derAnruf im Verkehr zwischen der Hauptstclle und den zugehörigenNebenstellen sowie zwischen diesen durch Drehung der Kurbel er-folgt. Nebenstellen werden nicht mehr vom Amte, sondern nur nochvon der Hauptstelle angerufen.Zur Einführung der Kabel in das neue Haus mutzte eine be-sondere eiserne Brücke von 43 Meter Länge gebaut werden, die zuden neuen Sälen in der Körnerstraße empor führt. Sämtliche An-schlüsse sind sowohl an die alten wie an das neue Amt angeschlossen.In der Nacht von gestern zu heute sind etwa 60 Telegraphenarbeiterdamit beschäftigt, die alten Verbindungen durchzuschneiden und dieneuen einzuschalten. Es handelt sich dabei um rund 12 700 ins Amteingeführte Hauptanschlüsse. Dazu kommen rund 6000 Neben-anschlüsse, so daß das neue Amt mit etwa 18 000 Teilnehmern er-öffnet wird. Eingerichtet ist eS zunächst für 18 000 Hauptanschlüsse,es kann aber auf ein Fassungsvermögen von 20 000 Hauptanschlüssenerweitert werden. Das Amt wird das größte in Berlin.Die Zurückziehung der Postwertzeichen zu 2 Pfennig, der Brief-marken und der Postkarten, die infolge der Beschränkung der Orts-brieftaxe auf eigentliche Briefe am 1. Juli im Reichs-Postgebietüberflüssig werden, ordnet eine Verfügung des Reichs-Postamtes an,die heute an die Postanstalten ergeht. Die Wertzeichen zu 2 Pf.,Marken wie Karten, behalten ihre Gültigkeit bis auf weiteres. Siekönnen auch künstig verwendet werden. So wird z. B.«in mit fünfZweipfennigmarken beklebter Brief zu 10 Pf. nicht beanstandetwerden. Postkarten zu 2 Pf. können durch Aufkleben einer Markezu 3 Pf. ergänzt werden. Auch ein Umtausch von Postwertzeichenzu 2 Pf. gegen andere Wertzeichen findet bis auf weiteres statt.Einzelne Marlen oder Karten werden auch gegen Bar zurück ge-nemmen. Ei» Verkauf der entbehrlich gewordenen Postwertzeichenfindet vom 1. Juli an nicht mehr statt. Die Verkehrsämter ziehendiese Wertzeichen am 30. Juni nach Dienstschluß von allen amtlichenStellen, die sich mit dem Verkaufe befassen, einschließlich der Post-agenturen, Posthülfsstellen und Markenverkaufsstellen zurück. Sieiverden vorläufig bei den Hauptkassen oder den Postamtskassen derAemter III. Klasse aufbewahrt. Die Gesamtbestände sollen genaufestgestellt werden und nach Marken, einfachen und Doppelkartengetrennt bis zum 7. Juli den Ober-Postdircktionen mitgeteiltwerden. Bis zum 16. Juli machen dann diese eine Zusammen-stellung der ganzen Bestände. Die Postanstalten werden gleichzeitigausdrücklich angewiesen, in den Schalteraushängen die etwa vorhandenen Tarife für OrtS- und Nachbarortssendungen nach den zum1. Juli eintretenden Aenderungen rechtzeitig zu berichtigen.Zur Fahrkartrnstcner hat der Bundesrat umfangreiche AuS-führungSbejtimmungen beschlossen, von denen wir die wichtigstenfür das Publikum mitteilen. Zufammnegestellte Fahrscheinhefte,Buchkarten und ähnliche Fahrtausweise, bei welchen die einzelnenScheine über Teilstrecken einer Reise lauten, stellen eine Fahrkartedar. Dasselbe gilt für die Äilometerhefte, Monats- und Zeitkarten,nicht aber für zusammengestellte Fahrscheinhefte von Reiscunter-nehmern, wenn einem die einzelnen Scheine ohne Preiserinäßigungvon den Eisenbahnen überwiesen sind. In diesem Falle wird dereinzelne Schein als Fahrkarte behandelt. Betreffen die zur Fahrtin einer lpheren Wagenklasse berechtigenden Scheine nur aus-ländische Strecken, so findet lediglich der Steuersatz für die niedrigereWagenklass« Anwendung. Wenn die zu einem Hefte, Block oder insonstiger Weise vereinigten Einzelfahrscheine alle auf dieselbe Streckelauten, so ist von jedem Scheine die Stempelabgabe dann besonderszu entrichten, wenn die Scheine vom Käufer selbst aus der Ver-bindung gelöst und die einzelnen Scheine ohne Vorzeigung d«L Umschlags verwendet werden dürfen. Fahrkarten zum halben Preissind auch dann steuerpflichtig, wenn nur der ganze Fahrpreis 60 Pf.betragen würde. Stempelpflichtig sind also Kinderkarten zu 80 Pf.Zuschlagkarten zu 1 und 6 M, sind nicht stempelpflichtig. Zuschlag.karten, welche neben der Eisenbahnfahrkarte gelöst werden, um stattder Eisenbahn das Dampfschiff benutzen zu können oder umgekehrt.werden nicht als Zusatz-, sondern als stempclpflichtige.Hauptkarte an-gesehen. Es ist unzulässig, an Reisende bei der Abfertigung anStelle einer Fahrkarte höherer Klasse zwei Fahrkarten niedrigererFahrklasscn auszugeben. Vom Stempel befreit sind u. a. Freikartenund Freifahrscheine, Militärfahrscheine, Schülerkarten, Arbeiter-karten, Beförderungsscheine für Begleiter von Tieren oder Gütern.Bei Karten über deutsche und autzerdcutsche Strecken ist nur derFahrpreis für die deutsche Strecke stcmpclpflichtig. Ter SJodenfceist in diesem Sinne ein ausländischer See. Karten, die aber auchauf den Uferbahnen benutzt werden können, sind stempelpflichtig. DieNord- und Ostsee gilt als Inland, wenn der Dampfer zwischen in-ländischen Orten verkehrt, ohne im Ausland anzulaufen. Zu-sammengestellte Fohrscheinhefte unterliegen der Besteuerung vom1. August 1906 an auch dann, wenn sie im Ausland ausgegebenwerden oder Scheine über Strecken von inländischen nach auS»ländischen Orten enthalten.Zur Bewältigung deS FerienverkehrS werden nach Mitteilung derkgl. Eisenbahndirektivn Posen auf den Strecken Berlin-Sommer-feld, Berlin-Posen usw. zahlreiche Vorzüge verkehren.von denen wir die folgenden hervorheben: Vorzug 3, ob C h a r-lottenburg vom 30. Juni bis 11. Juli und vom 30. Juli bis14. August 7.68 vorm. bis Breslau(Kattowitz), Vorzug 6. vom1. bis 11. Juli und 30. Juli bis 14. August 4.13 nachm. bisBreslau(Kattowitz), Vorzug 221, ab Berlin, S ch l e f. B h f.,am 7.. 8. und 9. Juli 7.08 vorm. bis Breslau, Vorzug 223, am8. Juli 10.65 vorm. bis Liegnitz, Vorzug 229. vom 5. vis 8. Juli9.06 abends bis B r e S l a u- H.. am 12. und 13. August bisB r e S l a»l- dl. Vorzug 55. ab Charlottenburg, vom b. bis10. Juli, am 12. und 13. August 9.20 vorm. bis Posen, Vor-zug 201, ab S chles.Bh f., am 1.. 2.. 7.. 8. und 9. Juli 7.56 vorm.bis Ventschen. Vorzug 203, am 7. Juli 6.46 nachm. bis Pose n.Auch in umgekehrter Richtung werden zu verschiedenen HauptzügenVorzüge abgelassen werden.Merkwürdige Armenpflege! Die Armenverwaltung hat da»Recht, Rücker st attung der gewährten Unter st ützun»gen zu fordern. Sie darf sich sogar an Invalidenrentenschadlos halten und einen Teil davon einstecken, um wieder zu ihremGelde zu kommen. Das tut sie denn auch in sehr vielen Fällen—und zwar mit übertriebener Eile und ohne gebührende Rücksichtauf die Lage der Rentenempfänger. Wir haben dieses Verfahrenwiederholt geschildert und als einen inhumanen, bor-nierten Bureaukratismus gebrandmarkt. Hier ist einneuer Fall— noch skandalöser als alles, was uns bisher über denEinbehaltungseifer der Armenverwaltung bekannt war.Ein ehemaliger Buchhalter, der heute alt und krankist. bezieht eine Invalidenrente von monatlich13,60 M. Im Frühjahr sah er sich genötigt, auf einige Tagedie Gastlichkeit des städtischen Obdachs in Anspruch zu nehmen.Ganze sieben Tage verweilte er in der Familienabteilung, dannwurde er mit 10 M. Unterstützung entlassen. Jetzt plötzlich im Junihat man ihm einen Teil seiner Rente mit Beschlagbelegt. Bei der Auszahlung am Monatsanfang wurden ihm4,60 M. abgezogen, und einig« Tage nachher bekam er von der Ver-sicherungsanstakt die Nachricht, daß die Armenverwaltung für dieVerpflegung im Obdach sowie für die Mietsunterstützung 13,42 M.beansprucht. Diese Summe werde ihm in'den drei Monaten Juni,Juli, August in Beträgen von 4,60 M., 4,60 M., 4,42 M. von seinerRente abgezogen werden.Man traut seinen Augen nicht, wenn man das liest. DieArmenverwaltung soll vorhandene Not lindern, beginnende Notabwehren, womöglich die Entstehung von Not im voraus verhüten.Und was tut sie hier?! Sie nimmt einem Mann, der monatlichganze 13,60 M. Rente bezieht, drei Monate hindurch je ein Dritteldieser Summe. Statt Not zu lindern, abzuwehren.zu verhüten— schafft sie selber eine Notlage.Und das zu dem Zweck, dem Stadtsäckel die für Berlin lächerlichgeringe Summe von 13,42 M. wieder zuzuführen! Das Verfahrenmag sehr geeignet sein, den Armen Berlins daS städtische Obdachnoch mehr als bisher zu verleiden, was ja bekanntermaßen einHerzenswunsch des im Obdach kommandierenden„richtigen Mannes"ist. Aber für unsere Gemeindeverwaltung sind solche Vor-komm nisse doch geradezu schmachvoll. Nun fehltnur noch, daß man sogar von denjenigen Obdachlosen, die nur füreinzelne Nächte beherbergt werden, die Verpflegungslosten eintreibt.Suppe und Brot, die man ihnen in der Fröbelstraße serviert, kosteniVj Pf. pro Tag und Kopf. Vielleicht versucht man eS mal. obnicht auch dieser Betrag sich wieder herausschinden läßt. UebrigenSwerden die MietSuntcrstützungen doch zum Teil aus einem kleinenWohltätigleitsfonds gezahlt, der alljährlich auS milden Spendenzusammengebracht wird und den durch Etat bewilligten Betrag er-ganzen soll. Wie konnte man dann da dem Manne den vollenBetrag wieder abfordern?Das Vorkommnis verliert nichts von seiner Bedeutung durchden Umstand, daß der Buchhalter sich gegen die Schmälerung derRente gewehrt hat und daß auf seine Eingabe die A r m e n v e r-waltung geantwortet hat, sie verzichte auf die 13,42 M.Das hätte sie vorher tun sollen, vorher hätte sie sich erkundigensollen, ob der Mann das entbehren kann oder nicht. Aber sie hates für human gehalten, Anspruch auf einen Teil der Rente zu er-heben, sie ihm bereits für einen Monat kürzen zu lassen und nunruhig zu warten, ob den Mann der Hungertreiben wird, sich zu melden. Erst als der Not-leidende, den die Armcnverwaltung selbst in Not gebracht hatte, kamund bat—, da erst hielt sie es für ihre Pflicht, zu verzichten. Aberauch jetzt wurde die Notlage, die die Armenverwaltung geschaffenhatte, nicht etwa sofort beseitigt. Vom 18. Juni datiert der Brief.durch den der Verzicht ausgesprochen wird, am 22. Juni ging erbei dem Notleidenden ein— und noch am 28, Juni wartete derMann auf Rückzahlung l_Zur Schröpfung des biertrinkenden Publikums.Ueber den Inhalt des zwischen den Ringbrauereien ab-geschlossenen Geheimvertrages zur Preiserhöhungfür Lagerbier zirkulierten die verschiedensten Gerüchte. Jetztwerden Mitteilungen verbreitet, die beweisen, daß die Bestimmungendieses Vertrages wesentlich von dem abweichen, was die Brauereienbisher darüber verlauten ließen. Vor allem gilt, der Vertrag nichtbloß bis April n. I., sondern für 10 Jahre. Die Erhöhung desLagerbierpreises, der bisher 15 Pf. pro Liter betrug, wird wiefolgt vorgeschrieben. Brauereien, die 10000 Hektoliter brauen,müssen den Hektoliter mit 16 M. verkaufen, Brauereien, die bis20 000 Hektoliter brauen, mit 1 6. V 0 M. und bei mehr als 20 000Hektoliter mit 17 M. Die Preiserhöhung beträgtalso 1 M., 1,6 0 M. und 2 M. Darlehen, die den Wirtenvon den Brauereien bisher zinslos gegeben wurden, müssen künftigmit 4 Proz. verzinst werden, außerdem ist für das von der Brauereigelieferte Inventar eine Leihgebühr von 10 Proz. zu entrichten,die dem Wirt aber gut geschrieben wird. An Stelle der bisherigenTonnenberechnung wird die Hektoliterbcrechnung eingeführt, dasSpundgeld wird abgeschafft. Bierverleger bekommen dasBier einen Pfennig billiger als die Gastwirte. Inhaber vonGartenlokalen, die das von der Brauerei geliehene Inventarwährend des Winters nicht bei sich unterbringen können, müssen imnächsten Sommer dieselben Gebühren dafür bezahlen wie neueKunden.—> Auch die übrigen Punkte des Vertrages bedeuten fürdie Wirte eine Verschlechterung ihrer Lage gegen früher und fürdas biertrinkende Publikum eine ganz gewaltige Schröpfung.Berliner Elektrische Strasicnbahn, Aktiengesellschaft. Im Rat-Hause fand gestern vormittag die ordentliche Generalversammlungstatt. Nach dem Geschäftsbericht hat die Verkehrssteigerung auf denLinien Behrenftraße— Treptow und Mittelstraße— Pankow— Mendel-straße angehalten, dagegen war auf der Zweiglinie Niedcr-Schön-Hausen der Verkehr gering. Er nahm auch nur sehr langsam zu,doch wird infolge der regen Bautätigleit in Nieder-Schönhausen aufeine günstigere EntWickelung gehofft. Mit den Nebenerträgen, z. B.Erlös aus den Reklamen in den Wagen, Haltestellenanzeiger usw.betragen die Gesamteinnahmen 1 314 331 M.(-1- 91 676 Mi), diereinen Betriebausgaben belaufen sich auf 802 704 M.(— 44 993Mark). Die Verminderung ist auf die durchgesetzte Befreiung vonStaat», und Gemeindesteuern sowie auf Ersparnis an dem Strom-verbrauch zurückzuführen. Die Versammlung genehmigte die vomVorstande vorgelegte Bilanz nebst Gelvinn- und Verlustrechnungfür 1906 und beschloß, von dem Reingewinn von 309 888 M. 6 Proz.Dividende auf das Aktienkapital von 6 Millionen Mark zu verteilen.Der Siemens u. HalSke Aktiengesellschaft werden 12936 M. über.wiesen. Neugewählt in den AufsichtSrat wurden Geheimer BauratKyllmann und Stadtkämmerer Steininger.Bei der Musterung vom Tode überrascht wurde gestern derMetallarbeiter Landgraf aus der Steinmetzstraße 66. L. war indem Ersatz-KommissionSgMude in der Heidestraße zur letztenStellung erschienen und sollte noch einmal untersucht werden. Desjungen Mannes bemächtigte sich dabei eine so große Erregung, daßer plötzlich vom Schlage getroffen zusammenibruch. Die anwesendenMilitärärzte bemühten sich sofort um L., und als der von derUnfallstation in der Eichendorffstraße hinzugerufene Arzt erschien,kennte er nur noch den durch Herzschlag eingetretenen Tob.'e::»statine».