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Nr. 155. 23. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Sonnabend, 7. Juli 1906.

Abgeordnetenbaus.

80. Sigung. Freitag, den 6. Juli, vormittags 10 Uhr.

Am Ministertische: Dr. Studt.

Auf der Tagesordnung steht zunächst ein Bericht der Geschäfts­ordnungskommission betr. die Ermächtigung zur strafrechtlichen Ver­folgung der sozialdemokratischen Schriftsteller Stange und Dornheim in Erfurt   und Schotte in Düsseldorf   wegen Beleidigung des Ab­geordnetenhauses durch den Artikel Die Pfaffeninsel" in der Tribüne" und der Voltszeitung".

Die Kommission beantragt, die Genehmigung zu erteilen. Abg. Kreitling( frs. Vp.) bekämpft diesen Beschluß. Die Abgg. Frhr. v. Erffa  ( k.), Brütt( ft.), Fervers( 3.) und Dr. Friedberg befürworten den Kommissionsbeschluß, während die Abgg. Broemel( frs. Vg.) und Dr. v. Dziemtowski( Pole) ihn be­tämpfen. Der Kommissionsantrag wird angenommen.

Es folgt die Beratung des vom Herrenhause abgeänderten Wolfs: schulunterhaltungsgesetzes. Hierzu liegt eine große Anzahl Anträge vor, insbesondere ein Kompromißantrag des Abg. Dr. v. Heydebrand ( k.), der bezweckt, die im Herrenhause angenommenen Anträge b. Klizing und v. Burgsdorff   zu beseitigen. Nach diesem Antrag foll für die Unterverteilung der Staatsmittel auf die Schulverbände vom Kreisausschusse für je fünf Jahre ein Verteilungsplan auf­gestellt werden, der der Feststellung durch die Schulbehörde bedarf. Die Lehrerberufung soll so geregelt werden, daß in Schulverbänden mit 25 oder weniger Schulstellen die Gemeindebehörde die Wahl aus drei von der Schulaufsichtsbehörde als befähigt" Bezeichneten vornehmen muß, während die größeren Gemeinden bei ihrer Wahl nur an eine bestimmte Frist gebunden sind. Die Mitwirkungsrechte der Gutsbesitzer bei der Berufung in Gesamtschulverbänden sollen wieder beseitigt werden. Als§ 60a soll eine neue Bestimmung ein­gefügt werden, nach der weitergehende Berufungsrechte der Ge­meinden aufrecht erhalten werden sollen.

Außerdem liegt eine größere Anzahl Anträge der Abgg. Cassel (( fri. Vp.) und Dr. Borsch( 3.) vor, die sich im wesentlichen mit den bereits bei der früheren Beratung im Abgeordnetenhause von diesen Parteien gestellten Anträgen decken. Abg. Dr. Porsch( 3.) will auch noch die zwangsweise Einführung von Schulfommissionen zulassen. Schließlich will Abg. Dr. v. Heydebrand( t.) durch einen allein von ihm unterschriebenen Antrag die Patronatsrechte der Gutsbesitzer in Gesamtverbänden an anderer Stelle wieder einführen.

In der allgemeinen Besprechung beantragt

Abg. Dr. v. Dziembowski( Pole) Verweisung der Vorlage an eine Kommission zur Prüfung der Frage, ob die jetzige Beratung verfassungsmäßig zulässig sei. Da der Antrag Schiffer noch nicht Gesetz sei, halte er die Beratung zurzeit für verfassungsmäßig nicht

zulässig.

Kultusminister Dr. Studt: Der Antrag Schiffer ist von beiden Häusern angenommen, und die allerhöchste Sanktion wird in den nächsten Tagen erfolgen. Ein Hindernis, die Vorlage jetzt zu be­raten, wo die Veröffentlichung kurz bevorsteht, liegt nicht vor.

Der Antrag des Abg. v. Dziembowski wird gegen die Stimmen der Freisinnigen und Polen   abgelehnt.

behörde eingeführt werden können, gegen die Stimmen des Zentrums abgelehnt. Es bleibt also bei der Herrenhausfassung.

Zu§ 47, der die Zusammensetzung des Schulvorstandes regelt, wird folgender vom Abg. Dr. v. Heydebrand( f.) gestellter Antrag der Kompromißparteien angenommen:" Umfaßt der Schulverband nur Schulen, die mit Lehrkräften einer und derselben Konfession besetzt sind, so gehört weder der Pfarrer der anderen Konfession noch der Rabbiner dem Schulvorstande an."

Es folgt die Beratung über die§§ 58-60, welche die Rektoren- und Lehrerberufung

regeln. Hierzu liegen die bereits mitgeteilten Anträge der Kom­promißparteien bor.

Abg. Frhr.   v. Zeblitz( ft.) bittet um Annahme des Kompromiß antrages. Der Antrag komme dem Herrenhause so weit entgegen, wie irgend möglich. Das Abgeordnetenhaus bringe damit zweifellos ein großes Opfer, das hoffentlich im anderen Hause genügend ge­würdigt werde.( Beifall rechts.)

Abg. Windler( f.) spricht im Sinne des Vorredners. Abg. Herold( 8.): Die Beschlüsse des Herrenhauses stellen eine wesentliche Einschränkung der Rechte der kleineren Gemeinden dar, die nicht berechtigt ist. Wir bitten, die früheren Beschlüsse des Abgordnetenhauses wieder herzustellen.

Abg. Dr. v. Heydebrand( f.) begründet seinen Antrag auf Aufrechterhaltung der Patronatsrechte der Gutsbesizer. Abg. Frhr. v. Zedlin( ft.): Ich kann nur mein lebhaftes Be­dauern über diesen Antrag des Vorredners aussprechen. Gerade im Interesse der konservativen Sache, der gedeihlichen Entwickelung der Selbstverwaltung und nicht zum wenigsten des Großgrund­befizes selbst bitte ich dringend, diesen Antrag abzulehnen.( Beifall links und bei den Freifonservativen. Abgeordnete der freisinnigen Volkspartei beglückwünschen den Redner zu diesen Ausführungen.) Abg. Cassel( frs. Vp.): Das gegenseitige Entgegenkommen des Abgeordnetenhauses auf der einen und des Herrenhauses auf der anderen Seite führt leider dahin, daß

Proflamierung des Massenstreits gar keine Rede war, ohne Bes fragung der Genossen eine Propaganda für den sofortigen Massen streit entfalten wollen, so hätte er damit seine Befugnisse ohne Zweifel überschritten."

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Die Rheinische 3tg." schreibt: vorstand- Generalfommission beimessen, so wichtig erscheint uns So wenig Bedeutung wir der Auseinandersetzung Partei­aber, Klarheit darüber zu erlangen, was denn eigentlich die freien Gewerkschaften im Falle eines politischen Massen­streits tun sollen. Und da meinen wir, daß die ihnen zus geschobene passive Rolle die faule Frucht eines faulen Kompromisses ist. Ueber diese Punkte des Protokolls, die uns zu Unrecht so sehr verheimlicht worden zu sein scheinen( wenigstens den Parteileitungen aller Kreise und den Parteiredaktionen hätte man sie zur Kenntnisnahme zustellen sollen) und auch uns erst am Mittwoch bekannt geworden sind, wird noch zu reden sein." Die Leipz. Voltsztg." faßt ihr Urteil nochmals dahin zusammen:

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" Tatsächlich war der Parteivorstand in vollkommenem Einverständnis mit den Massen der Partei, wenn er die preußisch- sächsische Wahlrechtsbewegung nicht für den ge­eigneten Ausgangspunkt eines Massenstreits hielt. Wenn man das" Bremsen" nennen will, so haben damals noch viele andere Leute als der Parteivorstand gebremst". Aber von Bremsen" tann überhaupt keine Rede sein, da sich gar teine Massentundgebung zugunsten eines Massen­streits bemerkbar gemacht hat, also seine erste Vorauss jezung fehlte. Deshalb ist aber nicht zu tadeln, sondern im Gegen­teil zu loben, daß der Parteivorstand für den immer doch möglichen Fall einer solchen Massenfundgebung einem etwaigen Massenstreit einen möglichst günstigen Verlauf zu sichern wünschte und zu diesem Zwecke mit der Generalfommission eine zunächst unverbindliche Ver handlung anknüpfte. In gebührender Berücksichtigung des Kölner  Gewerkschaftsbeschlusses beanspruchte er eine wohlwollende Neu­tralität der Gewerkschaften für den Fall eines politischen Massen­streiks, woraus ihm nur dann ein Vorwurf zu machen wäre, wenn er diese für die gegenwärtige Lage berechneten Vorschläge als Grundlage einer gewerkschaftlich­politischen Rooperation bei Massenstreits be Weiter führt die L. V." aus, daß es notwendig sei, die über das Protokoll der Gewerkschaftstonferenz verhängte Sekretion aufzuheben, um Klarheit über die Stellung der Gewerkschaften zur Frage des Massenstreits zu erhalten.

die Rechte der Selbstverwaltung immer mehr beschränkt werden. Der neue Kompromißantrag zeigt schon wieder das Be­streben einer Annäherung an die Regierungsvorlage. Das fann nicht zum Wohle der Schule ausfallen. Wir verlangen für alle dauernde Gemeinden gleiches Recht.

promisse zu schließen. Da follte das Herrenhaus ausgleichend Abg. Dr. Friedberg( natl.): Wir sind darauf angewiesen, Kom- trachtet hätte." wirken. Das hat das Herrenhaus aber nicht getan. Wenn es seine Aufgabe darin erblickt, Kompromisse zu erschweren, so erfüllt es seine Aufgabe sehr schlecht.( Sehr wahr! rechts und bei den Nationalliberalen.) Auf die Grundlage des Antrages Graf Eulen­ burg   sich zu stellen, war meinen Freunden ganz unmöglich. Wir Antrage sind auch alle nationalpolitischen Bedenken beschwichtigt. find dem Kompromißantrage weit entgegengekommen. Mit diesem der Gemeinden. Er hätte hinzufügen können, daß niemand die Herr Cassel klagte über die Beschränkung der Selbstverwaltung Rechte der kleinen Gemeinden so sehr aufzuopfern bereit gewesen ist wie die liberalen Oberbürgermeister des Herrenhauses.( Beifall bei den Nationalliberalen.)

Abg. Graf Praschma( 3.) erklärt, daß seine Freunde gegen den Antrag des Abg. Dr. v. Heydebrand stimmen würden. Die Be­gründung, die Frhr. v. Redlik für die Ablehnung gegeben habe, fönnten seine Freunde aber nicht annehmen. Bergründung,

Abg. Schmidt- Warburg( 3.) beantragt, den Gesetzentwurf wegen der Fassung des§ 36( Simultanſchulen) gemäß Artikel 107 der Ver­fassungsurkunde einer nochmaligen Abstimmung nach 21 Tagen zu unterziehen!

Abg. Dr. Friedberg( natl.) bittet, diesen Antrag abzulehnen. Es sei zu berücksichtigen, daß die Lex Schiffer feine Verfassungs­änderung darstelle, sondern mur eine authentische Interpretation. Des­halb sei eine Abstimmung, wie sie der Antrag Schmidt- Warburg vor­sehe, nicht erforderlich.

Abg. Dr. Hahn( Bd. d. Landw.): Die Großgrundbefizer haben durch diese Vorlage in selbstloser Weise neue Lasten auf fich ge nommen. Aber auf der anderen Seite werden auch die Bürger und Bauern des Westens sehr darunter leiden. Hier wäre es nötig, zu nächst einmal den Grundsatz der wirtschaftlichen Gleichberechtigung zu proklamieren. Wenn ich auch im Interesse des Ostens nicht gegen das Gesetz stimmen fann, so fann ich doch auch im Interesse der Bürger und Bauern des Westens die Verantwortung für das Gesch nicht übernehmen. Ich werde mich daher ausnahmsweise der Ab­stimmung enthalten.

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Abg. Cassel( frf. Vp.): Wenn man das Sonderinteresse so von dem allgemeinen Intereffe überwiegen läßt, wie es der Abg. Dr. Hahn tut, dann kann man natürlich auch nicht zu einer bestimmten Stellung fommen.

Damit schließt die Generaldebatte.

Ein Antrag auf Schluß der Besprechung wird angenommen. träge werden abgelehnt. Die Kompromißanträge werden angenommen, die übrigen An­

b. Heydebrand( f.) eine von ihm in Gemeinschaft mit dem Abg. Zu den Schluß- und Uebergangsvorschriften begründet Abg. Dr. Frhr. v. 3edlik( ft.) beantragte Resolution, in der die Regierung Lehrer in Schulverbänden mit nicht mehr als 7 Schulstellen von aufgefordert wird, die Staatszuschüsse für alleinstehende und erste 500 auf 800 M. zu erhöhen.

dieses Wunsches eine jährliche Mehrausgabe von 9,6 Millionen Mark Finanzminister Frhr. v. Rheinbaben erklärt, daß die Erfüllung erfordern würde. Die Vorlage selbst lege dem Staate bereits die verpflichtung einer dauernden Ausgabe von 20-21 Millionen Mark auf. Redner bittet um Ablehnung des Antrages.

Abg. Frhr. v. 3edlitz( ft.) tritt für die Resolution ein. Abg. v. Heydebrand( t.) ändert seine Resolution dahin, daß statt 800 M. 700 M. gesetzt werden!

Nachdem Abg. Caffel( frs. Bp.) sich für diese Fassung aus­gesprochen hat, wird die abgeänderte Resolution angenommen. Abg. Dr. v. Heydebrand( f.) erklärt, daß seine Freunde eine stimmig die Vorlage annehmen. Das Gesetz bringe schwere Lasten

Die Sächsische Arbeiterzeitung" macht folgende Bemerkung:

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Noch ein anderer organisatorischer Mangel sei bei der Gelegen­heit erwähnt. Als die Veröffentlichung in der Einigkeit" ers folgte, teilte der Vorwärts" mit, daß er über die be­treffenden Beratungen nicht unterrichtet sei. Er vermochte daher zu der in der Besprechung zwischen Vorstand und Generalfommission behandelten Frage erst in seiner gestrigen Nummer seine Ansicht zu äußern. Danach muß angenommen werden, daß die Redaktion des Vorwärts" überhaupt nicht zu jenen Februar Besprechungen zugezogen und daß sie über ihren Verlauf auch nicht unterrichtet worden ist. Da zeigt sich von neuem in aller Eindringlichkeit, wie unhaltbar die Meinung ist, daß die Redaktion des Vorwärts" einen Anspruch auf Anwesenheit bei den partei­politisch erheblichen Beratungen des Vorstandes nicht haben soll. Da die Redaktion im Februar nicht sofortige und vollkommene Kenntnis davon erhielt, daß der Parteivorstand gegenwärtig die Propagierung des Massenstreits aus Anlaß der preußischen Wahl­rechtsbewegung ablehnte, so fonnte es nicht ausbleiben, daß sie einen Kurs nahm, den sie nicht hätte nehmen können, wenn sie genügend unterrichtet gewesen wäre und in Ueber­einstimmung mit dem Vorstande hätte vorgehen wollen. Die Artikel des Vorwärts" im Monat März und April zur preußischen Wahlrechtsbewegung ließen alles andere vermuten, als daß schon im Februar der Parteivorstand sich in der Meinung bes festigt hatte, der Gedanke des politischen Streits müsse gegenwärtig völlig beiseite geschoben werden! Es zeigt sich also auch hier die dringende Notwendigkeit, für besseres Fühlunghalten der ver­schiedenen Parteiförperschaften Sorge zu tragen. Dadurch kann vermieden werden, daß die Berliner   Politik nach außen hin den Anschein eines unsicheren Kurses erweckt!

Wenn die ,, Sächsische Arbeiter 3eitung" die Not­wendigkeit eines Zusammenarbeitens von Parteivorstand und

Ueber den Antrag Schmidt- Warburg wird bei§ 36 abge- werden. Das Gesetz sei eine Notwendigkeit, um ein jahrhundert- Vorwärts"-Redaktion daraus herzuleiten sucht, daß die Artikel des

stimmt werden.

§ 1 wird angenommen.

In§ 2 wird einem Antrage der Abgg. b. Heydebrand( f.), Dr. Friedberg( natl.) und Frhr. v. Bedlih( ft.) entsprechend bestimmt, daß Stadtgemeinden mit mehr als 25 Schulstellen mit anderen Ge­meinden oder Gutsbezirken nur unter Zustimmung aller Beteiligten zu einem Gesamtschulverbande vereinigt werden können.

Jm§ 7 hat das Herrenhaus die Bestimmung gestrichen, nach

der die Verpflichtung der auf Grund des Kommunalabgabengefeßes

von der Gemeindeeinkommensteuer befreiten Personen, zu den Volks schullasten beizutragen, durch besonderes Gesek geregelt werden soll. Auf Antrag der Abgg. v. Heydebrand( f.), Dr. Friedberg( natl.) und Frhr.   v. Zedlitz( ft.) wird die Fassung des Abgeordnetenhauses wieder hergestellt.

In§ 23 hat das Herrenhaus die Genehmigung des vom Kreis­ausschusse aufgestellten Lastenverteilungsplanes durch die Schul­aufsichtsbehörde gestrichen. Auf Antrag der Kompromißparteien wird auch diese Bestimmung wieder hergestellt.

Die folgenden Paragraphen werden debattelos erledigt. Zu §36 begründet

Abg. Schmidt- Warburg( 3.) seinen Antrag auf Wiederholung der Abstimmung nach 21 Tagen, da eine Verfassungsänderung vor­liege.( Beifall im Zentrum.)

Kultusminister Dr. Studt bestreitet, daß eine Verfassungsände­rung vorliege, und bittet das Haus, dem Antrage keine Folge zu geben.

Abg. Dr. Friedberg( natl.) wendet sich ebenfalls gegen den An­trag Schmidt- Warburg.

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Abg. Dr. Porsch empfiehlt den Zentrumsantrag und bekämpft den freisinnigen Antrag zu§ 36, wonach die vom Herrenhause ein­gefügte Bestimmung gestrichen werden soll, daß die Zusammensetzung des Lehrlörpers sich nach der Konfession der Schüler richten soll. Meine Freunde werden wie unsere Gesinnungsgenossen im Herrenhause troh unserer Bedenken für das Gesetz stimmen. Würde aber der erwähnte Streichungsantrag angenommen, so würden wir uns zu unserem Bedauern genötigt sehen, gegen das Gesetz zu stimmen.( Beifall im Zentrum.)

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Abg. Frhr. v. Zedlig ist keineswegs entzückt von dem Zusage des Herrenhauses, hält ihn aber nicht für wichtig genug, um auf die Gefahr eines Konflittes mit dem Herrenhause und des Scheiterns der Vorlage an ihm festzuhalten.( Beifall rechts.)

Ein Schlußantrag wird hierauf angenommen.

§ 36 wird unter Ablehnung aller Abänderungsanträge in der

Herrenhausfassung angenommen. Ueber den Antrag Schmidt- Warburg auf Wieders holung der Abstimmung soll am Schluß der ganzen Beratung ab. gestimmt werden.

Die folgenden Paragraphen werden debattelos erledigt.

3u§ 45 wird ein Antrag Porsch( 3.) auf Wiederherstellung der vom Herrenhause( Antrag Herzog Trachenberg) gestrichenen Bestimmung, daß besondere konfeffionelle Schulfommissionen( Schul­borstände) in den Gemeinden auf Anordnung der Schulaufsichts

altes Unrecht zu beseitigen.( Beifall rechts.)

Abg. Dr. Hahn( Bd. d. L.) verteidigt sich gegen den Vorwurf, daß er mit der Stimmenthaltung keine praktische Politik treibe. Der Rest des Gesetzes wird angenommen.

Der Antrag Schmidt- Warburg auf nochmalige Abstimmung nach 21 Tagen wird gegen die Stimmen des Zentrums, der beiden freisinnigen Parteien und der Polen   abgelehnt.

Die Schulunterhaltungsvorlage wird in der Gesamtabstimmung gegen die Stimmen der beiden freisinnigen Parteien und der Polen  

angenommen.

Nach Erledigung einiger Petitionen ist die Tagesordnung erschöpft. Nächste Sibung: Sonnabend 3 Uhr( Wahlprüfung, Petitionen, etwa vom Herrenhause zurückommender Geseßentwürfe). Schluß: 5% Uhr.

,, Vorwärts" im März und April d. J. alles andere hätten vermuten lassen, als daß der politische Massenstreit zur Verschärfung der Wahl­rechtskampagne im Augenblick nicht hätte in Frage kommen können, so bedient sie sich für einen an sich richtigen Gedanken einer durch­aus irrigen Begründung. In keinem Artikel des Vor­wärts" ist direkt oder indirekt auf eine gegenwärtige" Prokla­mierung des Massenstreiks angespielt worden. Dazu deckte sich die Auffassung der Redaktion zu ſehr mit der Auffassung des Partei­

vorstandes.

Von der Notwendigkeit einer möglichst engen Fühlung zwischen Parteivorstand und Vorwärts"-Redaktion sind diese beiden Körper­schaften natürlich genau so überzeugt, wie die Redaktion der Sächsischen Arbeiterzeitung". Der Parteivorstand hält es für seine selbstverständliche Pflicht, von geplanten politischen Aktionen die Redaktion jedesmal rechtzeitig in Kenntnis zu setzen. Er hat uns zudem ausdrücklich versichert, daß er die Redaktion auch von seiner Ein seltsames Mißverständnis. Wir lesen in der StraßVerhandlung mit der Generalfommission in Kenntnis gesezt hätte, burger Freien Presse": wenn es sich nicht seiner Auffassung nach um eine unverbindliche Besprechung gehandelt hätte, die eine bevorstehende parteipolitische Attion einzuleiten feineswegs beabsichtigte.

Parteivorstand und Massenstreit.

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Zur Frage des politischen Massenstreits und den bekannten Borgängen zwischen Generalfommission und Parteivorstand nimmt der heutige Vorwärts" in einem Leitartikel Stellung. Wenn der Parteivorstand tatsächlich erklärt habe, daß er nicht die Absicht habe, den politischen Massenstreit zu propagieren, so handelte er gegen den Beschluß des Jenaer   Parteitages und hat seine Befugnisse überschritten. Er hat nicht das Recht, in Rücksicht auf das gute Ein­bernehmen mit der Generalfommission den Beschluß zu ignorieren. Auch die Gewerkschaften dürften bei der Durchführung des Massenstreits nicht Neutralität üben, sondern müßten die moralische Verantwortung mit übernehmen.

Unser Straßburger Parteiorgan lieft also aus unserem Artikel gerade das Gegenteil von dem heraus, was wir in Wirklichkeit gesagt hatten. Allerdings war durch ein Versehen des Sezzers ein­mal das Wörtchen nicht" weggeblieben. Wir berichtigten diesen Druckfehler nicht, weil wir glaubten, daß trotzdem der Sinn unserer Ausführungen ganz unzweifelhaft sein müsse. Die Stelle unseres Artikels, auf die sich die Freie Presse" bezieht, lautet unter Ginzufügung des durch Sperrdruck hervorgehobenen nicht" folgender­

maßen:

Dunkel ist der Rede Sinn. Jm, Zimmerer" lesen wir: Die Hoffnung, daß die 31 Anarcho- Sozialisten, die dieses Dokument ihres Berrates verantwortlich zeichnen", sich ihren Plaz außerhalb unserer Arbeiterbewegung für alle Beiten ge­sichert" haben, teilen wir freilich nicht. Es befinden sich Leute darunter, die noch ganz andere Vergehen gegen die moderne Arbeiterbewegung auf dem Kerbholz haben als diesen Verrat, und sie sind noch immer tüchtige Genossen" geblieben. Uebrigens scheint so ziemlich allgemein die Auffassung zu herrschen, daß diese 31 Anarchos nur eine Art Kulisse bilden, wohinter sich die eigentlichen Macher versteden. Das ist zwar feine Entlastung der verantwortlichen" Einund­dreißig, aber ihre hintermänner werden schon auf der Hut sein, damit jenen tein Leid geschieht. In der ganzen Angelegenheit handelt es fich um einen boshaften Angriff auf den Genossen Bebel. Nur steht nicht fest, ob der Zweck des Angriffs dahin ging, Bebel nach einer bestimmten Richtung hin zu bugsieren oder sein Ansehen in der Oeffentlichkeit zu untergraben. Wir werden die Angelegenheit in den Augen behalten und eventuell später darauf zurückkommen."

Wenn also der Parteivorstand in seiner Besprechung mit der Generallommiffion erklärte, daß er nicht die Absicht hege, gegen Wir vermögen den Sinn und Zwed dieser mysteriösen An­wärtig, d. h. im Augenblick der Wahlrechtsagitation, den politischen spielungen nicht zu begreifen. Wer soll denn als eigentliche Macher" Massenstreit zu propagieren, so verstieß er damit nicht nur nicht hinter den 31 Anarchos" stehen? Offenbar doch in der Partei gegen Sinn und Wortlaut der Resolution, sondern er hielt sich einflußreiche Streise, denn sonst fönnten sie jenen doch keinen Schutz durchaus ihm Nahmen seiner Pflichten und Befugnisse. Ja noch gewähren. Wir glauben wirklich, daß man lieber auf solch dunkle mehr: Hätte der Parteivorstand in diesem Augenblick, wo doch Anspielungen verzichten sollte, wenn man doch nicht in der Lage ist, bon einer Willenslundgebung der Gesamtpartei zugunsten der iroend etwas Greifbares vorzubringen.